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Ein epochales Werk, das unseren Blick auf Richard Wagner verändern wird.
Nach heutigen Maßstäben hätte Wagner spätestens 1855 mit den Erfolgen von Rienzi und Lohengrin finanziell ausgesorgt haben müssen. Statt dessen musste er Bettelbriefe schreiben und Mäzene suchen, wegen seiner Sucht nach Luxus, aber auch, weil das frühe 19. Jahrhundert ernsthafte Komponisten schlechter entlohnte als spektakuläre Virtuosen. Wagner gelang es, um sich und sein Schaffen einen Mythos zu kreieren, der ihm neue finanzielle - und künstlerische - Möglichkeiten eröffnete.
Zu diesem Mythos gehörte, dass Richard
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Produktbeschreibung
Ein epochales Werk, das unseren Blick auf Richard Wagner verändern wird.

Nach heutigen Maßstäben hätte Wagner spätestens 1855 mit den Erfolgen von Rienzi und Lohengrin finanziell ausgesorgt haben müssen. Statt dessen musste er Bettelbriefe schreiben und Mäzene suchen, wegen seiner Sucht nach Luxus, aber auch, weil das frühe 19. Jahrhundert ernsthafte Komponisten schlechter entlohnte als spektakuläre Virtuosen. Wagner gelang es, um sich und sein Schaffen einen Mythos zu kreieren, der ihm neue finanzielle - und künstlerische - Möglichkeiten eröffnete.

Zu diesem Mythos gehörte, dass Richard Wagner als deutscher Künstler von der jüdischen Presse ungerecht behandelt, von dem jüdischen Komponisten Meyerbeer getäuscht und von dem jüdischen Musikverleger Schlesinger ausgebeutet wurde - faustdicke Lügen, wie Drüner aus den Quellen zeigt. So wie Luxus, Seide und Parfüms, weibliche Zuneigung, tiefe Freundschaften (Nietzsche, Liszt) brauchte Wagner zum Komponieren sehr lange diesen antisemitischen Impuls. Zu seiner Selbstinszenierung gehörte auch das Rezitieren und Deklamieren seiner Dichtung im engsten Kreise, woraus er die Sprachmelodie und die Inspiration gewann. Diese Biografie zeigt, wie Wagner nicht nur als Komponist, Regisseur und Dirigent wegweisend wirkte, sondern auch das Berufsbild des sich immer wieder neu erfindenden Intellektuellen in Deutschland maßgebend prägte.
Autorenporträt
Ulrich Drüner, 1943 in Frankreich geboren, hat Musik und Musikwissenschaft studiert und über Richard Wagner promoviert. Er war Bratschist im Stuttgarter Kammerorchester und im Orchester der Staatsoper Stuttgart. 1983 gründete er ein Musikantiquariat und arbeitete bei Rundfunk- und Fernsehproduktionen über große Komponisten mit. 2006 veröffentlichte er das Buch "Mozarts Große Reise. Sein Durchbruch zum Genie 1777-1779". Seine Biografie "Richard Wagner. Die Inszenierung eines Lebens" (Blessing 2016) wurde von der Kritik als Meilenstein der Literatur über diesen Komponisten gefeiert. Ulrich Drüner lebt in Stuttgart.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Es mag schon Lob genug sein, dass Rezensent Robert Jungwirth die neue Wagner-Biografie nach den zahlreichen Vorgängerinnen nicht für überflüssig befindet, sondern ganz im Gegenteil als äußerst bereichernd. Auch wenn nicht jede These ihn restlos überzeugen kann und es dem Text mitunter an sprachlicher und inhaltlicher Einheitlichkeit mangelt, so bleibt am Ende doch ein überraschend positiver Eindruck, freut sich der Rezensent. Hervorhebenswert findet er die sehr differenzierte Aufmerksamkeit, die Drüner Wagners offensichtlich und regelmäßig zur Schau gestelltem Antisemitismus schenkt. Überhaupt, meint Jungwirth, wird der abwägende, unideologische Blick auf den Komponisten dem Schaffen und der Person Richard Wagner auf jeden Fall eher gerecht als polarisierende Darstellungen wie sie bei Wagner oft üblich seien.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.07.2016

Schlafhüter mitsammen, wacht auf!

Kann man denn über Richard Wagners Leben und Werk noch Neues sagen? Ulrich Drüners großartige Biographie führt vor, wie das geht, und räumt dabei mit einigen Traditionen auf.

Als mit Pomp und Umständen vor drei Jahren der zweihundertste Geburtstag Richard Wagners gefeiert wurde, kam eine Schwemme von Wagner-Büchern heraus. Die wertvollsten waren Wiederveröffentlichungen. Daneben gab es viele Zweitverwertungen. Die Wagner-Biographik schien nunmehr eingetreten in eine Phase der hagiographischen Dakapos, allenfalls gab es Fußnoten zu vermehren. Sogar der Streit um Wagners Antisemitismus, der spätestens seit 1976, seit dem Artikel von Hartmut Zelinsky über die "feuerkur" des "Parsifal" viele kritische Federn in Bewegung gesetzt hatte, war nun wenn nicht beigelegt, so doch im Stadium der Waffenruhe. Die Wagner-Briefausgabe ist inzwischen gediehen bis zum vierundzwanzigsten Band, auch die kritische Werkausgabe wächst weiter. Was also, um Wotans willen, hat Ulrich Drüner jetzt noch auf mehr als achthundert Seiten Neues zu sagen über Wagner?

Der Klappentext stellt den Autor vor als "Musikexperten". Das ist untertrieben. Ulrich Drüner ist mehr als das, er ist ausgewiesener Wagner-Experte, der sich auf drei verschiedenen Ebenen mit dem Objekt seiner Begierde befasst: als Musikwissenschaftler, als Musiker und als Musikantiquar. Die legendäre Wagneriana-Sammlung des Stuttgarter Musikantiquariats Drüner und das mit dieser Sammelarbeit über Jahre hinweg entstandene Netz an Informationen und Informanten reichern seine Darstellung von Wagners Leben und Werk an mit überraschendem Bildmaterial und mit apokryphen Textquellen aller Art. Kein Albumblatt, keine Notiz kann so marginal sein, dass sie hier nicht, im Kontext zitiert, neues Licht werfen könnten auf scheinbar Bekanntes.

Da ist beispielsweise jene bislang unbekannte Karikatur, die Franz von Lenbach auf die Rückseite eines Patronatsscheines der ersten Bayreuther Festspiele setzte. Sie zeigt Cosima und Richard Wagner 1874 am Ufer des Tegernsees. Man muss diesen Zettel nur einmal neben Lenbachs offizielle, staatstragende Wagner-Porträts halten. Oder noch besser, man vergleiche diese Zeichnung mit der berühmten Daguerrotypie, die Fritz Luckhardt 1872 in Wien aufnahm - Cosima sitzend, zum Meister aufblickend -, dann lässt sich die Tiefe des doppelten Bodens zwischen Leben und Lebensentwurf, Wirklichkeit und Legende ermessen.

Was Lenbach im hohen Künstlerpaar offenbar auch noch erblickt hat, das war das Spießige, Kleinliche: die Xanthippe und ihr Pantoffelheld. Dass es neben der offiziellen stets auch noch andere Wahrheiten gibt, mag an sich keine Überraschung sein. In Bezug auf Richard Wagner gibt es da immer noch etliches zu korrigieren. Etwa: Wagners Hungerjahre in Paris, zwischen "Rienzi" und "Fliegendem Holländer". Über die geschmeidige, mit Komplimenten reichlich geblümte Unterwürfigkeit, die aus den Bettelbriefen Wagners an seinen Gönner Giacomo Meyerbeer spricht, der ihn in dieser Zeit entschieden förderte, haben sich die Biographen bislang gewundert, oder sie haben diesen Aspekt weggelassen.

Das Gleiche gilt für die offenbar aufrichtige Wertschätzung, die Wagner den Opern Meyerbeers entgegenbrachte, in Artikeln und Briefen. Man fasste folglich Wagners Hass auf Meyerbeer, der zwanzig Jahre später in seiner Schrift über das "Judentum in der Musik" aufs Widerlichste explodierte, als einen Meinungsumschwung auf, den es in alle Richtungen zu psychologisieren galt. Drüner ist der erste Wagner-Biograph, der hier, gestützt auf zeitgenössische Quellen, so etwas wie Kontinuität feststellt. Er führt den Nachweis, dass Wagner bereits in den Vierzigern in Paris nicht ganz aufrichtig war zu den Freunden, die ihn förderten. Wagner inszenierte von Anfang an sich selbst, sein Leben; um seiner Musik zum Erfolg zu verhelfen, war ihm fast jedes Mittel recht, auch Fälschungen und Lügen.

Wagners Einkünfte während seines Paris-Aufenthaltes 1840/1841, weist Drüner nach, waren überdurchschnittlich hoch. Die finanzielle Unterstützung, die er Meyerbeer verdankte, war beträchtlich, wie auch die geöffneten Türen im Musikbetrieb, für die jener sorgte, keineswegs unnütz waren, wie Wagner später behauptete. Ähnlich wie einst Volkmar Braunbehrens die Legende vom verarmten Genie Mozart aufklärte, so enttarnt Drüner nun den Paris-Mythos vom darbenden Wagner. Allein die Klavierauszüge zu Gaetano Donizettis Oper "La Favorite", die der Musikverleger Meyerbeers, Maurice Schlesinger, bei Wagner in Auftrag gab, brachten ein Honorar von 1950 Franc ein, womit Wagner für mehr als ein Jahr seine Miete hätte zahlen können.

Insgesamt hat Schlesinger an Wagner in einem Zeitraum von nur fünf Monaten für Artikel und Kopien eine Summe von 4570 Franc gezahlt. Ein fürstliches Honorar! In summa hat Wagner, so errechnet Drüner, bei seinem Paris-Aufenthalt 6750 Franc verdient, wobei die Kaufkraft von 6000 Franc heute in etwa einem Betrag von 120 000 bis 150 000 Euro entspricht. Kurzum: Wagner war kein armer Schlucker. Er wurde auch nicht in Paris in den Schuldturm geworfen. Schulden machte er gleichwohl, beträchtliche, denn er gab sein Geld, wie Mozart auch, sofort wieder aus, schneller, als er es einnahm. Warf es zum Fenster hinaus, feierte, bestellte sich für seine Luxuswohnung teure Möbel, Seidentapeten, Samtröcke - diese Leidenschaft teilte der junge mit dem späten Wagner. Auch in diesem kleinen Teil der Wahrheit, die mit Musik zunächst wenig zu tun zu haben scheint, steckt also Kontinuität.

Ulrich Drüner spricht schon im Vorwort mit Pathos von einer notwendigen "Neubewertung" Wagners und der Spur der "Wahrheit" oder vielmehr der Wahrheit, die er ans Licht bringen will. Denn er setzt den heiklen Begriff kursiv oder in Parenthese. Dass es mehrere Wahrheiten geben kann, relative und subjektive, stellt jeden Biographen vor Probleme, im Falle Richard Wagners aber, der seine Autobiographie "Mein Leben" als Propagandaschrift zur Durchsetzung seiner Werke verfasste, wiegt das besonders schwer. "Bei Wagner", schreibt Drüner, "kann ,Wahrheit' sein, was anderen als glatte Lüge vorkommt... ,Wahr' ist für ihn in allererster Linie, was seine Schöpfungsbedingungen fördert." Und das mit Erfolg: Wagners Leben, sein Schaffen, aber auch seine Kunstauffassung wurden nicht nur von ihm selbst mit romanhaften Zügen ausgestattet, sondern auch von der Mit- und Nachwelt ausgeschmückt. Selbst die musikwissenschaftliche Wagner-Rezeption trägt, zumindest in Deutschland, romanhafte Züge.

Jedenfalls sieht Drüner es so: Er steckt die Wagner-Biographik pauschal in drei Schubladen. Die "wilhelminische" Wahrheit, ausformuliert von Wagners erstem Biographen Carl Friedrich Glasenapp, beschrieb den Künstler als deutsche Lichtfigur. Die zweite, die "hitlerische" Wahrheit, habe Glasenapps "nationalistisch-biologistischer Selbstvergewisserung" dann den Rassenwahn der Nationalsozialisten hinzugefügt. Zweck der dritten Wahrheit über Wagner, der "bundesrepublikanischen", die "ihr Unwesen seit Juli 1951" treibe, seit der Wiedereröffnung der Bayreuther Festspiele, sei es, Wagners Musik zu reinigen und zu retten vor jedweder Ideologie, zur Not auch vor den Wagnerschen Wahrheiten selbst, weshalb die Werkbetrachtung vom Biographischen getrennt, die (holde) Kunst vom (schmutzigen) Leben befreit werde.

Aber es geht in diesem Buch nicht nur um Wagner-Legenden. Als ausübender Musiker - er spielte Bratsche im Stuttgarter Opernorchester - ist Drüner bestens vertraut mit dem Dilemma, dass auch böse Menschen schöne Lieder haben. Drüner verschränkt die Werkbetrachtung - unter Berücksichtigung der Leitmotivtechnik - mit der Lebensbeschreibung, er erklärt das eine aus dem anderen, ohne Lebenslügen zu schönen, aber auch, ohne die Musik zu denunzieren als planes Abbild der Wirklichkeit. Es ist ein bewundernswürdiger Akt ausbalancierter Ambivalenz, der sich durch die Musikkapitel zieht.

Der wahre Hass Wagners auf Meyerbeer, als dessen Schüler er sich doch einst bezeichnet hatte, war musikalischer Natur, wie am Schock-Erlebnis des "Prophète" erklärt wird. Und dass am Ende der Autor und Musiker Drüner mit der nämlichen Schonungslosigkeit das eigne Schock-Erlebnis mit dem "Parsifal" offenlegt, spricht für sich. Im "Parsifal", der "letzten Karte" Wagners, siegt die Musik. Sie ist die Sprache jenseits der Sprachen, wie Schumann es formulierte - Drüner fügt hinzu: die auch der "Sagbarkeit des Gesprochenen vorausklingen kann". Und nennt Wagner, eben des "Parsifals" wegen, mit den Worten Nietzsches den "großen Wohlthäter meines Lebens".

Eine weitere bundesrepublikanische Wagner-Baustelle, die Drüner nebenbei aufräumen möchte, ist die Antisemitismusdebatte. Auch hier sprechen die Quellen, die er befragt, von mehr Kontinuität, als es anderen Autoren lieb sein mag. Dem Wagner-Forscher Udo Bermbach weist er gar selektives Zitieren nach, um die eigene, Wagner entlastende Schlussfolgerung nicht zu gefährden. Mit solcherlei Anmerkungen macht sich ein Autor natürlich nicht gerade Freunde in der Branche. Aber Ulrich Drüner gehört nicht zur Branche der Wagner-Apologeten. Er will wohl auch nicht dazugehören. Sein Buch wird ihm dafür hoffentlich viele Freunde erwerben unter denen, die Musik lieben, gute Recherche und spannende Lektüre.

ELEONORE BÜNING

Ulrich Drüner: "Richard Wagner". Die Inszenierung eines Lebens. Biografie.

Blessing Verlag, München 2016. 832 S., Abb., geb., 34,99 [Euro].

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"Der Meister als Produkt fortwährender Selbstinszenierung - dieses großartige Buch macht selbst Kenner klüger." Wolfram Goertz, Die Zeit