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Seit langem gelten die "Murder Ballads" als Herzstück der amerikanischen Folkmusik. Traditionell bewegen sich diese Songs zwischen Fiktion und Wirklichkeit, erzählen von Verbrechen, Mord und ähnlichen Gräueltaten. Diese rohen Erzählungen von Liebe und Verrat, von Rache und Tod, werden von Generation zu Generation weitergetragen. Sie sind wie dunkle Shortstoriesim Gewand populärer Musik - unter anderem interpretiert von Johnny Cash oder Nick Cave.Der ideale Ausgangspunkt für eine Sammlung von Horror-Comics. In seiner düsteren Geschichtensammlung In the Pines wählt der niederländische Zeichner…mehr

Produktbeschreibung
Seit langem gelten die "Murder Ballads" als Herzstück der amerikanischen Folkmusik. Traditionell bewegen sich diese Songs zwischen Fiktion und Wirklichkeit, erzählen von Verbrechen, Mord und ähnlichen Gräueltaten. Diese rohen Erzählungen von Liebe und Verrat, von Rache und Tod, werden von Generation zu Generation weitergetragen. Sie sind wie dunkle Shortstoriesim Gewand populärer Musik - unter anderem interpretiert von Johnny Cash oder Nick Cave.Der ideale Ausgangspunkt für eine Sammlung von Horror-Comics. In seiner düsteren Geschichtensammlung In the Pines wählt der niederländische Zeichner und Autor Erik Kriek fünf dieser "Murder Ballads" als Inspiration für fünf außergewöhnliche und schaurige Erzählungen, die stets das Böse im Menschen suchen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.04.2016

Festmahl für die Totenvögel
Fasziniert von Mord und Totschlag: Erik Krieks gezeichnete „Murder Ballads“
Der Kriminalroman ist ein Kind des 19. Jahrhunderts, aber von Mord und Totschlag haben die Menschen sich früher schon gerne erzählen lassen. Im englischen Sprachraum stillten dieses Bedürfnis die „Murder Ballads“. Sie schildern nicht die Aufklärung eines Verbrechens, sondern kreisen um die Tat selbst, deren grausige Faszination auch dann nicht geringer wird, wenn der Mörder schließlich am Galgen endet. Auswanderer aus dem United Kingdom nahmen ihre „Murder Ballads“ mit in die USA, wo sie später im Repertoire von Folk und Country & Western eine eigene Nische bildeten. Die alten Lieder wurden vielfach abgewandelt, und neue kamen hinzu. Das Aufblühen von Americana und Alternative Country hat den „Murder Ballads“ dann einen erheblichen Popularitätsschub beschert. Mit „Where the Wild Roses Grow“ gelang Nick Cave und Kylie Minogue, unterstützt durch einen suggestiven Video-Clip, 1995 auch in Deutschland ein großer Hit.
  Nun hat der Zeichner Erik Kriek fünf dieser Balladen als Comics umgesetzt. Das Unternehmen war nicht ohne Risiko. Denn ihre Wirkung entfalten diese Texte ja gerade als Lieder, durch den vokalen und instrumentalen Vortrag und nicht zuletzt durch den Reim, der in seiner Verkettung von Wörtern hier nichts Spielerisches hat, sondern die Fatalität des Geschehens spiegelt. All dies entfällt beim Wechsel in ein anderes Medium. Hinzu kommt, dass Kriek sich einige große Freiheiten erlaubt hat: Er adaptiert nicht einfach, er gestaltet um.
  Bei „Pretty Polly“ bezieht er sich auf eine weniger bekannte, längere Version des Traditionals. In ihr wird nicht nur geschildert, wie Willie seine schwangere Braut Polly tötet, sondern auch was danach geschieht: Der Mörder flieht auf ein Schiff, wird dort aber von der Ermordeten heimgesucht und buchstäblich zerrissen. Diese lineare Handlung spaltet Kriek in drei Zeitstränge auf, zwischen denen er hin und her springt. Dazu erfindet er unter anderem ein neues Ende: Willie hüllt sich in Pollys Kleider, bevor er, wahnsinnig geworden, über die Reling ins Meer stürzt.
  Nahezu parodistisch wirkt Krieks Umgang mit „Where the Wild Roses Grow“. Im Duett von Nick Cave und Kylie Minogue wird die schöne Eliza Day, die alle nur „Wild Rose“ nennen, von einem namenlosen Mann bedrängt, entjungfert und am dritten Tag ihrer Bekanntschaft am Fluss mit einem Stein erschlagen. „All beauty must die“, raunt der Mörder. Kriek hat der schmierig-misogyne Unterton, den dieses Lied hat, offenbar missfallen. Er macht aus dem hilflos-passiven Mädchen eine toughe junge Frau, die vor dem Kettensträfling, der eines Tages in ihrer Hütte auftaucht, nicht die mindeste Angst hat und sich ihm letztlich in krimineller Energie als weit überlegen erweist.
  Aus den „Murder Ballads“ werden auf diese Weise moderne Crime- und Horror-Storys. Dadurch geht einiges an archaischer Wucht verloren. Wettgemacht wird der Verlust allerdings durch Krieks erzählerischen Einfallsreichtum und durch seine Zeichnungen, die in ihrer Verbindung von subtil getuschten Schwarz-Weiß-Kontrasten mit einer von Ballade zu Ballade wechselnden Farbe etwas Holzschnitthaftes haben. Viele Details verstärken die beklemmende Atmosphäre: Wenn Willie und Polly in einem Fluss baden, regnen von einem Baum tote Blätter auf sie herab, und über ihnen ist kein Himmel zu erkennen, nur tiefdunkler Waldsaum.
  Erik Kriek, geboren 1966, ist Niederländer. Fast so vorzüglich wie „Murder Ballads“ ist „Vom Jenseits“, seine vor drei Jahren auf Deutsch erschienene Adaptation von mehreren H. P. Lovecraft-Storys. Von deren existenzialistischem Grusel lässt sich durchaus eine Verbindung zum aktuellen Werk ziehen: In beiden Fällen werden hinter der Fassade des Alltäglichen plötzlich alle Sicherheiten erschütternde, dämonische Kräfte offenbar. Den „Murder Ballads“ beigefügt ist eine CD. Auf ihr sind, zum Teil mit Erik Kriek als Sänger, alle Titel des Comics in ihren ursprünglichen Fassungen zu hören – eine wunderbare Erweiterung der Lektüre.
CHRISTOPH HAAS
Erik Kriek (Text und Zeichnungen): In the Pines. 5 Murder Ballads. Mit einem Nachwort von Jan Donkers. Aus dem Niederländischen und Englischen von Katrin Herzberg und Benjamin Mildner. Avant Verlag, Berlin 2016. 128 Seiten, 24,95 Euro.
Aus den traditionellen Balladen
macht Kriek moderne Crime- und
Horrorstorys in düsteren Bildern
Der Geliebten das Grab
geschaufelt: Holzschnittartige
Zeichnungen mit düsteren Details
schaffen eine beklemmende
Atmosphäre. Alle Illustrationen
in dieser Beilage entnehmen wir dem Band „In the Pines“ von Erik Kriek.
abbildungen (6): Avant verlag 
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Fünf Mordballaden dienen Erik Kriek als Inspiration für die vorliegende Graphic Novel, erfahren wir von Ralph Trommer. Ästhetisch orientiert sich der niederländische Zeichner an den ambitionierten Horrorcomics aus dem Hause EC der 50er Jahre, schreibt der Rezensent weiter und erläutert, dass die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert angesiedelten Geschichten der fünf Balladen in einen losen dramatischen Zusammenhang zueinander gebracht werden. Gerade hier entpuppe sich Kriek als "souveräner Erzähler", der es versteht, seine morbiden Geschichten raffiniert und mit Sorgfalt im Detail zu konstruieren. Auch die Gestaltung überzeugt den Rezensenten: Orientiert an der "organischen" Seitenarchitektur von Altmeister Will Eisner erzielt der Zeichner eine traumartige Atmosphäre, die von der Musik der beiliegenden CD noch gestützt wird. Alles in allem ein Musterbeispiel dafür, was geschehen kann, wenn sich eine ästhetische Form von der anderen inspirieren lässt.

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