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Der Sommer hält Einzug in die tiefen Wälder von Wild Thyme, Pennsylvania, und für Officer Farrell hat er nichts als Ärger im Gepäck. So muss er sich in dieser vom industriellen Niedergang schwer gezeichneten Region nicht nur mit kleinkriminellen Mitbürgern und den zerstörerischen Auswirkungen des grassierenden Heroinhandels auseinandersetzen, sondern auch die spurlos verschwundene Penny Pellings finden, eine drogenabhängige Mutter, die mit ihrem Freund in einem heruntergekommenen Wohnwagen hauste. Henry Farrell startet eine groß angelegte Suchaktion, und bald wird in Tioga County ein Toter…mehr

Produktbeschreibung
Der Sommer hält Einzug in die tiefen Wälder von Wild Thyme, Pennsylvania, und für Officer Farrell hat er nichts als Ärger im Gepäck. So muss er sich in dieser vom industriellen Niedergang schwer gezeichneten Region nicht nur mit kleinkriminellen Mitbürgern und den zerstörerischen Auswirkungen des grassierenden Heroinhandels auseinandersetzen, sondern auch die spurlos verschwundene Penny Pellings finden, eine drogenabhängige Mutter, die mit ihrem Freund in einem heruntergekommenen Wohnwagen hauste. Henry Farrell startet eine groß angelegte Suchaktion, und bald wird in Tioga County ein Toter entdeckt - Pennys Dealer? Mit der Ruhe des Jägers begibt sich Farrell in die Schattenwelt eines zum Albtraum gewordenen american dream, doch der Vermisstenfall entwickelt sich mehr und mehr zu einem Labyrinth aus Geheimnissen, deren Aufdeckung die ganze Region erschüttern wird ...
Autorenporträt
Tom Bouman ist Schriftsteller und Musiker und arbeitete früher als Verlagslektor. Er lebt mit Frau und Tochter im nordöstlichen Pennsylvania.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Nach seinem Debüt "Auf der Jagd" kehrt Tom Bouman in das kleine Städtchen Wilde Thyme im Nordosten Pennsylvanias zurück. Der örtliche Polizist Henry Farrell hat eine Affäre mit einer verheirateten Frau, aber ansonsten ist fast alles beim Alten geblieben. Noch immer machen die alteingesessenen Clans krumme Geschäfte, das Land und Leben ist vom Fracking und der damit verbundenen Profitgier bedroht. Noch immer sorgen die neureichen hinzugezogenen Städter für Konflikte. Doch dann verschwindet die drogensüchtige Penny Pellings - und Farrell deckt Geheimnisse auf. Wie der Vorgänger liest sich "Im Morgengrauen" sehr literarisch und ruhig, doch dann kommt es zu einer großen und mehreren kleinen Wendungen, die unerwartete Düsternis bringen. Es entsteht eine reizvolle Spannung zwischen Plot und Stil, in der Bouman ein bekanntes Krimimuster aufgreift, welches zunächst gar nicht zu diesem Fleckchen Erde zu passen scheint, sich aber doch wundersam in die Eigenheiten des Ortes einfügt. Die Welt in Wilde Thyme war schon immer nur auf den ersten Blick idyllisch. Es bleiben Wunden zurück, die nur sehr langsam heilen werden - und die nächste Katastrophe bahnt sich für Henry Farrell bereits an.

© BÜCHERmagazin, Sonja Hartl (sh)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.07.2018

Und kein Fake ist völlig falsch
Krimis in Kürze: James Rayburn, Dietrich Kalteis und Tom Bouman

Muss man eigentlich nach einer Regel suchen, wann Roger Smith einen neuen Thriller als Roger Smith und wann er ihn als James Rayburn schreibt? Nicht ernstlich - solange sich da kein Qualitätsgefälle zeigt. Das ist auch im neuen Rayburn, der einfach "Fake" (Klett-Cotta, 383 S., geb., 16,95 [Euro]) heißt, nicht zu erkennen. Das Buch ist mit der gewohnten Härte geschrieben, die Konstruktion ist filigran, die politische Unterfütterung auf der Höhe der Zeit.

Es geht um eine heikle Aufgabe für den ausgemusterten Agenten Pete Town. Eine amerikanische Geisel des IS, weltbekannt durch ihre amerikakritischen Auftritte in IS-Videos, ist offenbar durch eine amerikanische Drohne zu Tode gekommen. Das darf nicht sein, weil es aussichtsreiche Friedensverhandlungen gefährdet. Und so soll Town, der Mann für die tollen Narrative, diese Ärztin durch eine gute Inszenierung am Leben halten, was nicht einfach ist, weil ihr Ehemann, ein alternder Frauenheld und gescheiterter Schriftsteller, unberechenbar ist und weil es einflussreiche Leute gibt, die gar kein Interesse am Frieden haben, weil er die Profite aus dem Waffenhandel kappt.

Town fühlt sich wie der Mann im Wetterhäuschen seiner Großmutter, der nur bei Regen heraustritt, wogegen die strohblonde Frau im Dirndl den Sonnenschein ankündigt. Das ist von einer Selbstironie, die sehr angemessen ist angesichts der Komplikationen, die sich bei seiner Mission ergeben. Und weil kein Fake völlig falsch ist, kommt Town gegen Ende des Plots zu dem paradoxen Schluss: "Wenn etwas nie passiert ist, heißt das noch lange nicht, dass es nicht trotzdem wahr ist."

Diese Logik ließe manche der Kiffer schwindeln, die in "Shootout" (Suhrkamp, 342 S., br., 9,95 [Euro]) auftauchen. Geschrieben hat das Buch der gebürtige Kölner Dietrich Kalteis, der seit seiner Kindheit in Kanada lebt. Man muss ihn nicht gleich mit Elmore Leonard vergleichen, um die Qualitäten dieses Thrillers zu würdigen, zu denen dessen deutsche Übersetzung leider nicht gehört. Abwegig ist allerdings der Bezug zu Leonard auch nicht, vor allem wenn man sich das Personal anschaut, das Kalteis in dem Roman rund um den kanadischen Wintersportort Whistler herum versammelt, wo sich neulich noch die G-7-Finanzminister trafen und wo Touristen hinkommen, um Einheimischen dabei zuzusehen, wie sie große Käseräder den Berg hinabrollen.

Auch bei Kalteis geht es um Märkte und Anteile, um Strafe und Vergeltung für handelswidrige Maßnahmen. Der lokale Anbauer Grey ist ein freundlicher Monopolist, eher Hippie-Nachfahre als Hipster, mit dezentralem und kleinteiligem Vertrieb. Der Sohn des nicaraguanischen Mafioso, der mit ein paar Handlangern im orangefarbenen Angeberauto auftaucht, um einen Claim abzustecken, hat die Aura der blutigen Unfähigkeit, die konkurrierende "Indo-Army" zeigt ihm gleich, womit er zu rechnen hat - und das sind bestimmt nicht die schlechtgelaunten Polizisten, die keine Lust auf Provinz haben.

Kalteis setzt dabei immer wieder ein paar gute Sprüche ab, übertreibt es aber nie mit der Kifferlässigkeit. Seine Art Humor hat auf dem Buchcover ihren passenden Ausdruck gefunden. Es zeigt die kanadische Flagge mit ein paar Kugellöchern. Und das Ahornblatt wurde durch eine Hanfpflanze ersetzt.

Die nordamerikanische Provinz ist auch der Schauplatz von Tom Boumans Romanen. "Auf der Jagd" war ein ganz starkes Debüt (F.A.Z. vom 7. Mai 2017). "Im Morgengrauen" (Ars Vivendi, 350 S., br., 22,- [Euro]) bleibt nicht dahinter zurück. Es ist eine Wiederbegegnung mit dem Polizisten, Witwer und ehemaligen Somalia-Kämpfer Henry Farrell in Wild Thyme, Pennsylvania. Henry erzählt in der ersten Person, er ist selbst ein Teil dieser Hillbilly-Welt; er kennt das Gesetz, und er kennt die Überlebensstrategien der Menschen, die sich dort durchschlagen müssen, und deshalb weiß er auch, dass man manchen Dingen besser ihren Lauf lässt. "Als Polizist in einer kleinen Gemeinde muss man aufpassen, den Einwohnern nicht allzu sehr auf den Geist zu gehen."

Nebenher arbeitet Henry auch noch für seinen besten Freund Ed, den besten Holzbauer in der Gegend, raucht sein Marihuanapfeifchen, aber wenn ein Fall ihn packt, ist er ein guter Jäger. Diesmal geht es um das Verschwinden einer jungen Frau. Ihr Freund, auch er mit Drogenproblem, ist verdächtig, aber der Fall zieht schnell weitere Kreise und entzieht sich Henrys überschaubaren Zuständigkeiten. Tom Boumans Roman ist weniger Krimi als Sittenbild und soziales Porträt eines Amerikas, das auch durch Fracking oder Schutzzölle nicht "great again" werden wird. Es ist ein hartes, ein illusionsloses und gut geschriebenes Buch, dessen große Empathie sich Henrys liebevoll-realistischem Blick auf seine Heimat verdankt.

PETER KÖRTE

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.09.2018

Reh inmitten von Schakalen
Der sensible Kriminalroman „Im Morgengrauen“ von Tom Bouman
In den Appalachen im Nordosten Pennsylvanias, wo die Leben wie flackernde Neonröhren implodieren und die Bohrgeräte der Fracking-Unternehmen tiefe Wunden ins Erdreich reißen, führt in Tom Boumans Krimis eine Armee Gesetzloser ihren Abnutzungskrieg gegen den Staat und seine auf verlorenem Posten kämpfende Vertreter. Zum Beispiel gegen Officer Henry Farrell, der schon ein Protagonist des 2017 erschienenen Romans „Auf der Jagd“ war.
Und auch in „Im Morgengrauen“ sieht sich Farrell, der für die US-Streitkräfte in Somalia kämpfte und in seine Heimat zurückgekehrt ist, von Holzdieben, Wilderern, Säufern und Drogensüchtigen umstellt wie ein Reh von einer Horde räudiger Schakale. Das spielt vor dem Hintergrund einer atemberaubenden Natur, die wie betäubt von den geschilderten Vorgängen schweigt. Auch hier herrscht Krieg – an allen Fronten gleichzeitig.
Die Appalachen-Region wird von einer Generation Gottloser beherrscht, die so alt und so müde wirkt, als hätte sie schon alles hinter sich, von um sich schießenden Teenagern, in deren Hirnen das Crack alle Träume ins Abseits befördert hat. Wer hier überlebt, in Trailerparks oder verrotteten, zu Drogenhöhlen umfunktionierten Abrissbuden, spült seine letzten Reste Angst oder Hass mit ein paar Dosen Bier weg: „Hört man mit dem Trinken auf, haut es einen um und bringt einen am Ende noch ins Grab, wenn man es falsch anstellt. Und wenn man nicht aufhört, bringt es einen auch ins Grab, nur langsamer.“
Tom Boumans Romane sind behutsam gezeichnete Bilder des Lebens im gottverlassenen Nirgendwo – Sozialstudien vom entzündeten, schorfigen Rand der amerikanischen Gesellschaft, ohne Larmoyanz oder falsches Pathos. Man kennt die typischen Hinterwäldler-Kulissen aus den Romanen von Daniel Woodrell, dem ungekrönten König des Country-Noir, und wenn der große Denis Lehane, Verfasser von Welterfolgen wie „Shutter Island“ und „Mystic River“, den ehemaligen Verlagslektor und Musiker Boumann einen „grandiosen Autor“ nennt, dann liegt er richtig. Denn Bouman erzählt die alte „High Noon“-Geschichte vom Mann, der von Gott und der Welt verlassen für Recht und Ordnung kämpft, auf seine Weise neu.
In Boumans Erstling „Auf der Jagd“ ging es um zwei Morde, in Farrells zweitem Fall ist es das Verschwinden einer Drogensüchtigen namens Penny Pellings, das ihn in die vermüllten Hinterzimmer der amerikanischen Gesellschaft führt. Und Farrell, der in seiner Freizeit am liebsten auf seiner Fiddel musiziert und Freunden beim Hausbau hilft, weiß, dass nur der ans Ziel kommt, der auf seiner Suche geduldig bleibt. Farrell glaubt sich also keineswegs am Ziel, als man den Lebensgefährten der Vermissten, Kevin O’Keeffe, festnimmt und ihn des Mordes beschuldigt. In seinen Augen läuft der wahre Täter weiter frei herum.
Da beginnt für den Mann erst sein langer, von zahlreichen Leichen gepflasterter Weg durch Pennsylvanias Weiten. Die Geschichte rollt langsam an, aber dann weitet Bouman sie mit einem hochfeinen Sensorium für die Risse und Verwerfungen in den Psychen der von ihm Porträtierten zu einem faszinierenden Panorama des amerikanischen Lebens im großen Abseits, im toten Winkel.
„Ein totes Junkiemädchen jenseits der Grenze – da hast du nicht viel in der Hand“, sagt man dem Ermittler, und so irrt er weiter über „Schrottplätze, die als Werkstätten firmierten“, vorbei an „Wohnwagen, die an Generatoren hingen wie Halbtote an Beatmungsgeräten“.
Und selbst als er einen Killer festsetzt und dem Mann, der eisern schweigt, die Daumenschrauben ansetzt, kommt er nicht wirklich weiter. Aber es ist ihm schon bald klar, dass es hier „um mehr geht als um Penny. Gedulde dich noch ein bisschen. Um diese Jahreszeit bleibt sie eh noch eine Weile frisch.“
Fans rasanter Whodunits werden Boumans Romane als betulich empfinden, weil ihr Verfasser seine als Kriminalromane getarnten Milieustudien erkennbar behäbiger taktet und inszeniert. In diesen bewusst gebremst inszenierten Geschichten ticken die Uhren anders. Doch der idyllische Schein trügt: Hier erspürt einer seismografisch genau einen ganz bestimmten Gesellschaftszustand, indem er – ähnlich wie einst William Faulkner, der die zerbrechende Ordnung des Südens beschrieb – die innere Zerstörung am Beispiel der Appalachen vorführt. Unter der Oberfläche sind weitreichende Verschiebungen im Gang. Und Bouman, der die Gegend bestens kennt, lässt keinen Zweifel daran, dass es sich dabei um Veränderungen handelt, die bereits im Begriff sind, sich fortzupflanzen, von den Rändern hinein ins Innerste von Amerika.
Noch haben sie nicht die Zentren erreicht. Noch tobt dieser schmutzige Krieg an den rostigen Gürteln der Gesellschaft, in Hillbilly-Land, wie J. D. Vance die Region in seinem Buch „Hillbilly-Elegie“ nannte, wo Verlierer gegen Verlierer kämpfen. Doch die geborenen Gewinner, die in den Großstädten hocken, sollten sich nicht zu sicher fühlen. Die gröberen Lebensformen machen bereits mobil. Cormac McCarthy hat diese Botschaft bereits vor Jahren in Romanen wie „Verlorene“ vorformuliert. Tom Bouman verleiht ihr mit seinen grandiosen Büchern nun eindrucksvoll Nachdruck.
PETER HENNING
„Wohnwagen, die an
Generatoren hingen wie
Halbtote an Beatmungsgeräten“
Die Gewinner in den den
Großstädten sollten
sich nicht zu sicher fühlen
Tom Bouman:
Im Morgengrauen.
Kriminalroman.
Aus dem Englischen von Anke Caroline Burger und Anna-Christin Kramer.
Verlag ars vivendi,
Cadolzburg 2018.
320 Seiten, 22 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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