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Wolfgang Büscher, Eva Demski, Thea Dorn, Katharina Hacker, Peter Härtling, Michael Lentz, Sibylle Lewitscharoff, Patrick Roth und Feridun Zaimoglu klären ihr Verhältnis zur Romantik. Das Freie Deutsche Hochstift in Frankfurt am Main beheimatet die weltweit bedeutendste Sammlung zu dieser Schlüsselepoche der deutschen Geistesgeschichte, darunter einen großen Autographen-Schatz mit wertvollen Originalen von Novalis, Brentano, Eichendorff und vielen anderen. Die Sammlung wird künftig im Deutschen Romantik-Museum in direkter Nachbarschaft zu Goethes Geburtshaus präsentiert.Neun zeitgenössische…mehr

Produktbeschreibung
Wolfgang Büscher, Eva Demski, Thea Dorn, Katharina Hacker, Peter Härtling, Michael Lentz, Sibylle Lewitscharoff, Patrick Roth und Feridun Zaimoglu klären ihr Verhältnis zur Romantik. Das Freie Deutsche Hochstift in Frankfurt am Main beheimatet die weltweit bedeutendste Sammlung zu dieser Schlüsselepoche der deutschen Geistesgeschichte, darunter einen großen Autographen-Schatz mit wertvollen Originalen von Novalis, Brentano, Eichendorff und vielen anderen. Die Sammlung wird künftig im Deutschen Romantik-Museum in direkter Nachbarschaft zu Goethes Geburtshaus präsentiert.Neun zeitgenössische Autorinnen und Autoren haben für eine Veranstaltungsreihe des Hessischen Rundfunks aus diesem Bestand jeweils eine Handschrift ausgewählt und ihr persönliches Verhältnis zur Romantik geschildert. Der Geschichte des Schriftstücks, seiner Gestaltung oder der Biografie seines Verfassers nähern sie sich dabei auf sehr persönliche Weise an.
Autorenporträt
Ursprünglich als Jungfrau geplant, zieht Thea Dorn intuitiv ein doppeltes Feuerzeichen vor und kommt - vier Wochen zu früh - am 23. Juli 1970 in Offenbach zur Welt. Die Löwefrau mit Aszendent Schütze geht nach dem Abitur ins antarktische Südgeorgien, um dort das Verhalten der Kaiserpinguine zu erforschen. Später arbeitet sie als Dozentin für Philosophie an der Freien Universität Berlin und hält Seminare zu Fragen der modernen Ethik und Ästhetik. Veröffentlichungen: Sie veröffentlicht die Kriminalromane 'Berliner Aufklärung', 'Ringkampf' und 'Die Hirnkönigin' und erhält den Raymond-Chandler-Preis. Ihr Theaterstück 'Marleni' wird im Januar 2000 in Hamburg uraufgeführt. Nach einem für Feuerzeichen typischen anfänglichen Skeptizismus nähert sich Dorn durch die intensive Arbeit an den Astrokrimis der Weisheit der Sterne. 'Seit ich weiß, daß fast kein Krimiautor Fische ist, schaue ich bei manchen Menschen genauer hin.'

Peter Härtling, geboren am 13. November 1933 in Chemnitz, Gymnasium in Nürtingen bis 1952. Danach journalistische Tätigkeit; von 1955 - 62 Redakteur bei der 'Deutschen Zeitung', von 1962 - 70 Mitherausgeber der Zeitschrift 'Der Monat', von 1967 - 68 Cheflektor und danach bis Ende 1973 Geschäftsführer des S. Fischer Verlages. Seit Anfang 1974 lebt er als freier Schriftsteller in der Nähe von Frankfurt. 1992 wurde der Autor mit dem "Lion-Feuchtwanger-Preis" ausgezeichnet. 1995 erhielt er das Große Bundesverdienstkreuz, 2001 den "Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises" und 2006 den "Gerty-Spieß-Literaturpreis". 2007 wurde Peter Härtling für sein Lebenswerk mit dem Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten geehrt, 2011 erhielt er den "Großen Preis" der Deutschen Akademie für Kinder-und Jugendliteratur, 2012 wurde ihm der "Jacob-Grimm-Preis" verliehen und 2014 der Hessischen Kulturpreis. Peter Härtling verstarb im Juli 2017.

Feridun Zaimoglu, geboren 1964 im anatolischen Bolu, lebt seit über 30 Jahren in Deutschland. Er studierte Kunst und Humanmedizin in Kiel, wo er seither als Schriftsteller, Drehbuchautor und Journalist arbeitet. Er war Kolumnist für das Zeit-Magazin und schreibt für die Welt, die Frankfurter Rundschau, Die Zeit und die FAZ. 2002 erhielt er den Hebbel-Preis, 2003 den Preis der Jury beim Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt und 2004 den Adelbert-von-Chamisso-Preis. 2005 war er Stipendiat der Villa Massimo in Rom. Im selben Jahr erhielt er den Hugo-Ball-Preis, 2007 den Grimmelshausen-Preis und 2010 den Jakob-Wassermann-Literaturpreis. 2012 wurde Feridun Zaimoglu mit dem Preis der Literaturhäuser ausgezeichnet, außerdem mit dem Berliner Literaturpreis 2016 der Stiftung Preußische Seehandlung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.01.2018

Suchen wir also das Zauberwort

Mit Kaltwasser aus der Trance: Was kommt dabei heraus, wenn sich neun moderne Autoren über die Romantiker-Handschriften des Hochstifts beugen?

Zehntausend Blätter haben sich im Nachlass von Clemens Brentano erhalten, das Ergebnis einer fünf Jahre langen Beobachtung einer einzigen Frau. Zwischen 1818 und 1824 verbrachte er viele Tage im westfälischen Dülmen am Krankenbett der ehemaligen Näherin, Nonne und Haushälterin Anna Katharina Emmerick, deren Visionen er mitschrieb und so ihre spätere Seligsprechung nicht unwesentlich beförderte. Außerdem führte er Protokoll über das Befinden der von Krankheiten gebeutelten Frau und hielt Form und Position ihrer Stigmata fest, während eine staatliche Kommission sie als Betrügerin eingestuft hatte.

Eines dieser Blätter ist nun Gegenstand einer genaueren Betrachtung geworden, die indes weit über den Inhalt des Papiers hinausgeht. Sie stammt von der Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff und ist im Rahmen einer Veranstaltungsreihe entstanden, die - durchgeführt unter anderem vom Hessischen Rundfunk und dem Freien Deutschen Hochstift - neun moderne Autoren mit jeweils einer Romantiker-Handschrift aus den Beständen des Hochstifts konfrontierte. Die Beteiligten waren ersichtlich frei, was die Wahl der Autographen wie auch die Natur ihrer Beschäftigung damit angeht - mal wird, wie bei Thea Dorn, die eigene Geschichte und die Gründe für die Wahl gerade dieses Textes explizit gemacht, mal verschwindet dies, wie bei Michael Lentz, ganz hinter der genauen Analyse der Handschrift, die es zu betrachten gilt, und der ihres Umfelds.

Sibylle Lewitscharoff wählt für ihre Auslegung des Brentano-Blattes einen Weg, der ebenso anschaulich wie farbig den Autor im Allgemeinen vorstellt und dann speziell dessen Emmerick gewidmete Zeit: "Alles an diesem Fall ist sonderbar. Man stelle sich vor: Ein bedeutender Dichter mittleren Alters, dessen poetisches Talent längst anerkannt ist, ein Mann, der aus einer schwerreichen Familie stammt und in hochmögenden gesellschaftlichen Kreisen verkehrt (wenn auch des Öfteren als Störenfried), bequemt sich ans Krankenlager eines bitterarmen, von Rachitis gezeichneten Wesens in der Provinz, einer mageren kleinen Nonne, die als abgezehrtes Elendshäuflein im Bett liegt, kaum stehen oder gehen kann." Lewitscharoffs Blick ist auch im Weiteren schonungslos, sie stellt Mutmaßungen über Brentanos Beweggründe ebenso an wie über die Umstände, die Emmericks Weg in die religiöse Verzückung befördert haben. Aber sie verliert dabei nicht aus den Augen, was diese Angelegenheit in den Augen der Nachwelt und speziell in den eigenen so besonders macht: die Tatsache, dass es eben Brentano mit all seinem dichterischen Genius war, den diese Obsession ereilt hatte: "Wenn es gut rezitiert wird, gerate ich bei so manch einem Gedicht Brentanos regelrecht in Trance, dann wieder schrecke ich hoch, als hätte man mich im Schlaf mit einem Kübel Kaltwasser überschüttet", schreibt sie, ganz so, als befände sie sich im Märchen und lernte wunschgemäß das Fürchten.

Lewitscharoff ist nicht die einzige Autorin dieses Bandes, die sich einem Autograph Clemens Brentanos zuwendet - ihm widmen sich drei von neun Beiträgern, darunter auch Peter Härtling, der aus dem "Lureley"-Lied (in dessen zweiter Fassung) auf verblüffende Weise das Schriftbild mit dem Klang des Gedichtes verbindet und den Metamorphosen der Figuren nachgeht: Entsprechen die drei Ritter, die jene verderbenbringende Zauberin aus enttäuschter Liebe zum Kloster begleiten sollen und am Rheinfelsen schließlich verlieren, nicht dem dreifachen Echo "Lureley" am Ende des Gedichts, gefolgt von der rätselhaften allerletzten Zeile: "Als wären es meiner drei"? Und Klang ist es auch, der Feridun Zaimoglus Brentano-Beitrag wesentlich strukturiert, der - ausgehend von einem tatsächlichen, 1802 verfassten Brief des Romantikers an Karoline von Günderrode - einen Briefwechsel imaginiert, in dem sich die junge Stiftsdame bestens gewappnet gegen Brentanos Anzüglichkeiten zeigt.

Das zweite Drittel der Beiträge gilt Joseph von Eichendorff, was nicht nur dem erstaunlich reichen Bestand an Autographen dieses Autors im Hochstift geschuldet ist, sondern wiederum dem Klang dieser Texte, etwa im Fall des Gedichts, das wir unter "Schläft ein Lied in allen Dingen" kennen und sich auf dem Handschriftenblatt noch umgeben von weiteren, später verworfenen Strophen und Notizen zeigt, was Thea Dorn sehr einleuchtend deutet. Wolfgang Büscher nimmt sich eines Tagebuchblatts Eichendorffs an, Katharina Hacker des Entwurfs zum Gedicht "Des Kindes Leben und Tod" von 1814. Die übrigen Texte gelten Handschriften von Friedrich Schlegel, der Günderrode und Novalis.

Was also ist Romantik, eingefangen in diesem willkürlichen Spiegel einer Zeit, die - Thea Dorn betont das mit großem Nachdruck - von antiromantischen Tendenzen geprägt zu sein scheint? Vielleicht ist das eigentlich romantische Ereignis gerade die Reaktion der einen Texte auf die anderen, in redlichem interpretatorischen Fleiß ebenso wie im schieren Überschwang, so dass man manchmal meint, geradezu ein Knistern zu spüren, besonders dort, wo sich vom einen zum nächsten und dann zum dritten und vierten ein Motiv, ein Gedanke bewegt. Die Autographen werden dadurch nicht zu Zeitgenossen, natürlich nicht. Aber wir Zeitgenossen beginnen zu ahnen, welch ein Kosmos in diesen Autographen auf uns wartet.

TILMAN SPRECKELSEN

Konrad Heumann, Karoline Sinur (Hrsg.): "Welch kleiner Teufel führt Ihre Hand?" Autoren der Gegenwart im Dialog mit Handschriften der Romantik.

Verlag Waldemar Kramer, Wiesbaden 2017. 128 S., Abb., geb., 24,- [Euro].

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