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»Weder Geld noch Kleider will ich von dir, von jetzt an nenne ich nur noch einen Vater, den im Himmel!« Mit diesen Worten entsagte der aus einer wohlhabenden Familie stammende Giovanni Battista Bernardone, genannt Franz von Assisi (1181/82-1226), dem Besitz, lebte von da an ein Leben in Armut, stets darauf bedacht, Gutes zu tun und in der Nachfolge Jesu zu leben. Der zunächst als Sonderling Abgetane wurde zum Gründer eines der bedeutsamsten Orden des Mittelalters, aus dem viele große Gelehrte stammten.Der Kirchenhistoriker Volker Leppin nähert sich Franziskus aus neuer Perspektive: Er rückt…mehr

Produktbeschreibung
»Weder Geld noch Kleider will ich von dir, von jetzt an nenne ich nur noch einen Vater, den im Himmel!« Mit diesen Worten entsagte der aus einer wohlhabenden Familie stammende Giovanni Battista Bernardone, genannt Franz von Assisi (1181/82-1226), dem Besitz, lebte von da an ein Leben in Armut, stets darauf bedacht, Gutes zu tun und in der Nachfolge Jesu zu leben. Der zunächst als Sonderling Abgetane wurde zum Gründer eines der bedeutsamsten Orden des Mittelalters, aus dem viele große Gelehrte stammten.Der Kirchenhistoriker Volker Leppin nähert sich Franziskus aus neuer Perspektive: Er rückt die verschiedenen Beziehungsgefüge in den Vordergrund und verabschiedet sich vom Rahmen reiner Chronologie. Franziskus' Beziehungen sind von Konflikten mit der Familie, der Gesellschaft und der Kirche geprägt, aber auch von der Fähigkeit, andere für sein Tun zu begeistern. Leppin erschafft so das großartige Porträt eines faszinierenden, von seiner Mission überzeugten und bedeutsamen Mannes.
Autorenporträt
Volker Leppin ist evangelischer Theologe und lehrt Kirchengeschichte an der Eberhard Karls Universität Tübingen; davor war er zehn Jahre in derselben Funktion an der Friedrich-Schiller-Universität Jena tätig. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Scholastik und Mystik des späten Mittelalters, die Biographie und Theologie Luthers sowie die Aufklärung. Nikolas Jaspert, geb. 1962, studierte Geschichte, Kunstgeschichte, Hispanistik und Anglistik in Berlin und Madrid. Nach Professur für die Geschichte des Mittelalters an der Ruhr-Universität Bochum und der Direktion des Zentrums für Mittelmeerstudien ist er seit 2013 Professor für Mittelalterliche Geschichte in Heidelberg. Zahlreiche Publikationen zur Geschichte der Iberischen Halbinsel, der Kreuzzüge und der Ritterorden im Mittelalter.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.01.2019

Der Sonnengesang ist kein Accessoire für Naturschützer

Streetworker oder strenger Bußprediger? Volker Leppin zielt mit seiner Biographie auf den Menschen Franz von Assisi.

Franziskus redete mit dem Vieh und den Vögeln, und sein Sonnengesang scheint wie berauscht von "Bruder Sonne", "Schwester Wasser" und "Mutter Erde" - ist der Heilige nicht der erste Lehrmeister ökologischer Andacht der Natur? Franziskus zähmte mit Worten den Wolf von Gubbio, der im Gegenzug von den Bürgern versorgt wurde - Dialog und nicht Gewalt bewirkt Wunder. Franziskus verschenkte seinen Besitz und teilte das Leben der Armen - lebt dieser frühe Streetworker nicht vor, dass Christen und Kirchen etwas abgeben sollten vom Reichtum?

Ökologie, Dialogbereitschaft und soziale Einstellung: So viel passgenau aktuelle Zeitgenossenschaft eines Mannes, der um 1181 geboren wurde und 1226 starb, macht misstrauisch. Zumal wenn man weiß, dass noch unsere Urgroßeltern in Franziskus den kirchenfrommen Almosengeber, Wundertäter und Erfinder der Weihnachtskrippe sahen. Der in Tübingen lehrende evangelische Kirchenhistoriker Volker Leppin legt jetzt eine Franziskus-Biographie vor, die kein einliniges, von Ambiguität bereinigtes Porträt zeichnet, sondern einen Menschen in seiner Widersprüchlichkeit und Sperrigkeit gegenüber landläufigen Erwartungen.

Mit dieser Absicht erfüllt der Autor natürlich einerseits eine typische heutige Erwartung an eine Biographie. Andererseits zeigt er plausibel, dass etwa der Sonnengesang nicht als modisches Accessoire jedweder Naturschutzgruppe taugt. Denn gelobt wird im Refrain Gott der Herr: Laudato si, mi Signore. Franziskus orientiert sich an Psalm 148 und am dritten Kapitel des Danielbuches. Nicht Geschöpfe werden gepriesen, sondern der Herr durch seine Kreaturen und dafür, dass es sie gibt. Unverwechselbar spricht die Person des Franziskus nur aus dem Erleben aller Geschöpfe als Geschwister. Darum die Tiergeschichten seines Legendenkranzes.

Im Sonnengesang gibt es eine an die Bergpredigt Jesu erinnernde Seligpreisung der in Frieden Lebenden, am Ende dann die Drohbotschaft vom Gericht: "Wehe denen, die in tödlicher Sünde sterben." Auch das entspricht der Bergpredigt, deren Gerichtsworte gern überlesen werden. Leppin zeigt, dass Franziskus in seinen Predigten ebenfalls nicht nur liebevoll und zart spricht, sondern als zeittypisch strenger Bußprediger.

Franziskus wollte es den Vögeln des Himmels nachtun, die laut Bergpredigt nicht säen, ernten oder Vorräte anlegen und dennoch vom himmlischen Vater ernährt werden. Um den Heiligen sammelte sich eine uneinheitliche Armutsbewegung. In der anfänglich auf Priester kaum angewiesenen Unmittelbarkeit ihrer Jesus-Nachfolge hätten diese Gruppen eine gefährliche Konkurrenz für die verfasste Kirche werden können. Doch die Papstkirche hielt rasch so wohlwollend wie kontrollierend die Hände über die neue Gruppe. "Was die Kirche nicht verhindern kann", schreibt Kurt Tucholsky, "das pflegt sie wenigstens zu segnen."

Schon anderthalb Jahre nach dem Tod wurde Franziskus heiliggesprochen und eine erste Biographie in Auftrag gegeben. Überarbeitungen, neue Biographien und Wunderberichte folgten. Verwischen die frühen Quellen Spuren eines Dramas, in dem Kirche und Franziskanerorden die eigentlichen Absichten des Revolutionärs Franziskus neutralisierten? Oder ergibt sich aus dem Erhaltenen das historisch zutreffende Bild eines Mannes, der keineswegs kirchenfern sein wollte? Davon handelt die "franziskanische Frage", die durch Neufunde wie eine 2015 publizierte Vita aus den dreißiger Jahren des dreizehnten Jahrhunderts neue Nahrung erhält. Leppin lässt den geduldigen Leser an der Schwierigkeit teilhaben, angesichts der verzwickten Quellenlage das Leben des Franziskus nacherzählen zu wollen. Thema für Thema prüft der Verfasser, was an den ältesten Zeugnissen wohl "dran" sein könne, wie er gern sagt. Seine Antwort erfolgt weniger streng quellenkritisch denn nach der historischen oder psychologischen Plausibilität des jeweiligen Einzelfalles. Das ist methodisch riskant, mag aber für dieses Sujet angemessen sein. Die Ergebnisse sind selten ganz neu und werden oft vorsichtig formuliert: So könnte es gewesen sein.

Die beliebte Vorstellung vom Rebellen Franziskus ist für Leppin ebenso glattgeschliffen, wie es auf Papst- und Ordenstreue gebürstete Darstellungen einst waren. Radikal war die Diskrepanzerfahrung des Franziskus. Damals zerfiel die alte städtische Ordnung, Geld wurde zur Stell- und Daumenschraube sozialer Beziehungen. Viele verarmten, der Vater des Franziskus gehörte als reich gewordener Kaufmann zu den Gewinnern. Franziskus ertrug den Widerspruch zur Sozialkritik Jesu nicht, die er wörtlich nahm. In den auch juristischen Auseinandersetzungen mit dem Vater erlebte Franziskus den Ortsbischof als denjenigen, der ihn schützte. Franziskus war kein theologisch ausgebildeter Mann, doch ein Menschenkenner, eigenwillig, manchmal weltfremd. Nicht immer folgte er einer geraden, durchdachten Linie. In einer skurrilen Episode suchte er während des fünften Kreuzzuges 1219 in Ägypten den Sultan al-Kamil zum Christentum zu bekehren, der ihn vermutlich als einen harmlosen Verrückten heimschickte. Der Friedensstifter Franziskus wurde für Leppin zugleich Teil der Kreuzzugsbewegung, ob er wollte oder nicht.

Franzikus' Ideen standen quer zum Christentum der meisten Menschen, doch wollte er nicht, dass seine Anhängerschaft zu einer neuen Kirche mutierte. Ihm lag an der päpstlichen Predigterlaubnis, er entwarf eine Regel, die dem ursprünglich nicht geplanten, bald groß werdenden, in Provinzen aufgeteilten Orden Struktur gab und 1223 päpstlich bestätigt wurde, gewährte dabei gelehrten Theologen und Juristen wie Hugolin Mitwirkung, zumal als ihm die Gemeinschaft über den Kopf wuchs. Er gab die Leitung aus der Hand, versuchte dann doch wieder einzugreifen. Sein Testament, das Distanz zu manchem verrät, was aus dem Orden geworden war, wurde 1230 von Hugolin, der nun Papst Gregor IX. war, für rechtlich nicht bindend im Gegensatz zur Regula erklärt - für Leppin ein formal korrekter, doch unerquicklicher Akt. Sein Porträt bleibt bewusst schwebend, unscharf, ungewiss. Ernest Renan, der die berühmteste Jesus-Biographie des neunzehnten Jahrhunderts verfasste, schrieb einmal, Franziskus sei der einzige Mensch außer Jesus gewesen, der ein vollkommen klares und naives Bewusstsein von der eigenen Sohnschaft gegenüber dem himmlischen Vater gehabt habe.

Nach der Lektüre von Leppins Buch darf man fragen: Wissen wir das so genau? Ergeht es uns mit Franziskus nicht ähnlich, wie es der Leben-Jesu-Forschung erging? Die Epoche Renans glaubte Albert Schweitzer zufolge, den historischen Menschen Jesus auf sich zukommen zu sehen: "Aber er blieb nicht stehen, sondern ging an unserer Zeit vorbei und kehrte in die seinige zurück."

ROLAND KANY

Volker Leppin: "Franziskus von Assisi".

wbg / Theiss Verlag , Darmstadt 2018. 368 S., Abb., geb., 29,95 [Euro].

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»Wer das neue Buch von Volker Leppin liest, wird danach all seine Klischees über Bord werfen.« Deutschlandfunk »Streetworker oder strenger Bußprediger? Volker Leppin zielt mit seiner Biographie auf den Menschen Franz von Assisi.« Frankfurter Allgemeine Zeitung »Jetzt hat der evangelische Theologe Volker Leppin eine wissenschaftlich fundierte und zugleich gut lesbare Biografie dieser faszinierenden Persönlichkeit geschrieben.« Der Sonntag »Gute, fundierte Franziskus-Biografie.« Wort und Antwort »Leppins Biographie des Franziskus von Assisi ist wohltuend nüchtern gehalten, ausnehmend gut geschrieben und vermittelt dabei viel von der bleibenden Faszination dieses besonderen Mannes aus dem Mittelalter. Das ist eine Menge.« (Zeitzeichen) »...Leppin legt jetzt eine Franziskus-Biographie vor, die kein einliniges, von Ambiguität bereinigtes Porträt zeichnet, sondern einen Menschen in seiner Widersprüchlichkeit und Sperrigkeit gegenüber landläufigen Erwartungen.« (Frankfurter Allgemeine)