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Philippe Muray, in Deutschland noch völlig unbekannt, in Frankreich in den letzten Jahren zu einem Kultautor von Jahrhundertformat avanciert, hat in diesem brillanten literarischen Langessay einen so umstrittenen wie gewichtigen Beitrag zu Leben und Werk des infernalischen Louis-Ferdinand Céline geschrieben. Es ist für deutsche Leser die erste umfassende Auseinandersetzung mit dem Phänomen Céline, der wie kein anderer Widerstände provoziert und Fragen nach dem Bösen in der Literatur, den Grenzen der Kunst und ihrer Moralität aufwirft. Diesen unlösbaren Fragen geht Muray in seinem eleganten,…mehr

Produktbeschreibung
Philippe Muray, in Deutschland noch völlig unbekannt, in Frankreich in den letzten Jahren zu einem Kultautor von Jahrhundertformat avanciert, hat in diesem brillanten literarischen Langessay einen so umstrittenen wie gewichtigen Beitrag zu Leben und Werk des infernalischen Louis-Ferdinand Céline geschrieben. Es ist für deutsche Leser die erste umfassende Auseinandersetzung mit dem Phänomen Céline, der wie kein anderer Widerstände provoziert und Fragen nach dem Bösen in der Literatur, den Grenzen der Kunst und ihrer Moralität aufwirft. Diesen unlösbaren Fragen geht Muray in seinem eleganten, klugen und pointierten Essay auf den Grund und erweist sich selbst als einzigartiger Autor.
Autorenporträt
Muray, PhilippePhilippe Muray, 1945 in Angers geboren, war ein französischer Philosoph, Essayist und Schriftsteller. Er veröffentlichte vier Romane und 1981 unter dem Titel Céline einen Langessay über Leben und Werk von Louis-Ferdinand Céline, der mehrfach wiederaufgelegt wurde und 2012 in der Übersetzung von Nicola Denis bei Matthes & Seitz Berlin erschien. Muray, dessen antimodernistisches Werk in den letzten Jahren u. a. für Michel Houellebecq zu zentraler Bedeutung aufstieg, starb 2006 in Paris.

Denis, NicolaNicola Denis, 1972 in Celle geboren, arbeitet als freie Übersetzerin im Westen Frankreichs. Sie wurde mit einer Arbeit zur Übersetzungsgeschichte promoviert. Für Matthes & Seitz Berlin übersetzte sie u. a. Werke von Alexandre Dumas, Honoré de Balzac, Éric Vuillard, Pierre Mac Orlan und Philippe Muray. 2021 erhielt sie den renommierten Prix Lémanique de la traduction.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Das Buch sei keine Einführung in das Werk Célines, warnt Joseph Hanimann den Leser. Dafür, meint er, trete der Autor inhaltlich und auch stilistisch viel zu exzentrisch auf. Philippe Murays beachtenswerter Versuch, wie Hanimann findet, in seiner Studie über Céline das Original gleichsam nachzubilden, scheint Hanimann selbst jedoch weniger zu stören. Der Trick des Rezensenten besteht darin, Céline einfach zu vergessen und das Buch als Porträt einer hypothetischen Figur zu lesen, in der sich Genie (der Romane) und Teufel (der Pamphlete) vereinen. So beschert ihm der Band sozusagen durch die Hintertür durchaus wertvolle Einsichten über Célines Schreibpraxis.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.11.2012

Der ungeteilte
Pamphletist
Philippe Murays Studie über
Louis-Ferdinand Céline
Es gibt Fälle, wo der brillante Stil sich überschlägt gegenüber dem Lauf der Argumente und wie die Radspeichen in alten Wildwestfilmen plötzlich rückwärts zu laufen scheint. So einen Fall bietet dieses Buch. Der 2006 verstorbene Essayist Philippe Muray fand erst in seinen späten Lebensjahren zur Berühmtheit jenes Zeitkritikers, der den Fortschrittsglauben, die über den sozialdemokratischen Daumen gepeilte Menschenrechtsmoral, das linkslastig gute Gewissen und andere Grundmythen unserer Gegenwart unerbittlich aufs Korn nahm und der mit seiner scharfen Analyse des neuzeitlichen „homo festivus“ zum wertvollen Spielverderber wurde.
  Seine 1981 erstmals erschienene, 2001 überarbeitete Céline-Monographie war das Werk eines Sechsunddreißigjährigen, der nach ein paar Romanen und Theaterstücken zwar wusste, dass er keiner literarischen, politischen oder wie auch immer gearteten Bewegungen angehören wollte, der aber offenbar noch nicht genau wusste, wohin ihn sein Eigensinn trieb. Diese Ungewissheit ist unter dem stilistischen Prachtkleid der vorliegenden Studie zu spüren. Eine Studie, die einem der großen Anrüchigen des letzten Jahrhunderts galt.
  Wir nehmen dem Autor gern ab, dass die Céline-Lektüre für ihn eine „Stunde null“ war und ihn zwang, mit seinen Literaturvorstellungen noch einmal von vorn anzufangen. Wie er sich damit aber anstellte und funkensprühend Célines Gesamtwerk durchbürstete, gab wohl ihm selbst mehr mit auf den Weg als dem Leser. Und dass wir hier eine Übersetzung lesen, die mit Sprachtalent, Erfindungsgeist und bemerkenswertem philologischem Aufwand den Glanz des Originals nachzubilden sucht, schafft eine zusätzliche Schranke.
  Man muss dieses Buch mit dem dichten Zitat- und Anspielungsteppich also entweder als solider Céline-Kenner lesen, oder aber man vergisst gleich den realen Schriftsteller und goutiert das Porträt einer hypothetischen Figur, die vor dem Hintergrund eines politischen Donnerwetters aus Populismus, Faschismus, Stalinismus und wildem Antisemitismus ihr Genie versprühte.
  Muray weigert sich, Céline in zwei Hälften zu zerlegen und den großen Romanautor, der seiner Zeit eine neue Sprache von den Lippen las, vom widerlichen Pamphletisten abzutrennen. „Es gibt keine zwei Célines, da es nur einen gibt.“ Im engen Raum dieses Pleonasmus liegt Murays Ansatz. Unsere Schwierigkeit mit Céline, schreibt er, gleiche unserer Schwierigkeit mit dem ganzen Jahrhundert, diesem Zeitalter „des absoluten Mordens“, dem Céline eine Literatur hinzuzufügen gewagt habe.
  In diesem Schriftsteller kohabitierten der archaische Übeltäter und der progressive Befreier, so dass für Muray die eigentliche Frage ist, wie das ein Leben lang durchzuhalten war. Muray vertieft sich aber nicht nur in Célines Werk, sondern analysiert spiegelbildlich auch das Vergessen der Nachkriegsgesellschaft, die den Autor zunächst ins dänische Exil schickte und dann in der Rezeption selektiv wegsteckte. Wo das Buch sich nicht in reizvollen Stilwirbeln verliert, bringt es ein paar wertvolle Einsichten.
  Warum Céline für das Schreiben seiner Romane jeweils Jahre brauchte, die mitunter auch langen Pamphlete hingegen in kurzer Zeit ausspuckte, sei nie schlüssig erklärt worden, staunt Philippe Muray. Er sieht dahinter nicht nur eine Frage zweier komplementärer Schreibvorgänge, von denen der letztere, jener der Pamphlete, den Hass erotisiert und mit einem narzisstischen Partner – dem mit einer besonderen Lustfähigkeit fingierten Juden – egomanisch zu einer Art vorzeitiger Ejakulation führt. Wenn Pamphlete und Romane bei Céline einander durchdringen, erklärt Muray das als Ergebnis aus einem gegenüber dem Normalfall umgekehrten Mechanismus. Sind bei Schriftstellern, die auch pamphletistisch tätig waren, die Streitschriften meistens Texte, wo überschüssige Aversionsenergie abgelassen wird, so seien bei Céline gerade die Romane gesättigt mit Negativität, schreibt der Autor.
  Den Tänzerinnen- und Feenzauber hingegen, der im Werk neben Überdruss, Elend, Krankheit, Sarkasmus und Tod ebenso präsent ist, sieht er eher hinter der Wutrhetorik der Kampfschriften herumgeistern. Muray macht bei Céline ein existentielles Problem aus, das darin bestand, „mit dem, was ihm wirklich am Herzen lag, keine Kunst machen zu können“, sondern nur Polemik, und „nur das im Schreiben sublimieren zu können, was ihn selbst in Furcht und Schrecken versetzt“.
  Die Art, wie trotz gelegentlichem Argumentationsleerlauf solche Aspekte aus dem Werk geschält, aufgerollt und in den größeren Rahmen jener literarischen Moderne gestellt werden, die ihre Heroen von Sade bis Artaud, Genet und Kafka gern durch die Gitterstäbe realer oder fiktiver Gefängnisse genoss, macht dieses Buch lesenswert auf eine ganz eigene Weise. Als Einführung ins Werk Célines ist es nicht geeignet. Man kann die sieben Themenkapitel aber als Einzelessays lesen und je nach Bedarf von ihnen abwechselnd viel oder gar nichts behalten.
JOSEPH HANIMANN
Philippe Muray: Céline. Aus dem Französischen übersetzt und mit einem Nachwort von Nicola Denis. Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2012. 254 Seiten, 29,90 Euro.
Muray weigert sich, Céline in
zwei Hälften zu zerlegen, den
großen Autor und den Geiferer
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.02.2013

Höchste Einsätze

"Die Träume der literarischen Moderne sind voller Gefangener." So beginnt das im Original bereits vor dreißig Jahren erschienene, später noch einmal überarbeitete Buch des 2006 verstorbenen französischen Essayisten Philippe Muray über Louis-Ferdinand Céline. Und nachdem der Autor unter anderen Ezra Pound in Pisa, Antonin Artaud in der Anstalt von Rodez, Jean Genet im Gefängnis von Fresnes, Robert Desnos in Auschwitz, Kafka in Prag und Marcel Proust in seinem korkgetäfelten Schlafzimmer am Boulevard Haussmann als Beleg aneinanderreiht, erfahren wir, solches Gefangensein lasse "unsere Epoche Sprache und Delinquenz gleichsetzen, das Schreiben einsperren und das Wort mit dem dreifachen Fluch von Zuchthaus, Psychiatrie und tödlicher Einsamkeit strafen". Man merkt da gleich, dass dieser Autor sich in eine Tradition stellte, die nur mit höchsten Einsätzen zu spielen bereit ist. Auch auf Kosten gewagter Konstruktionen, wie jene eben, welche gleich zum Auftakt die Moderne zum Träumen bringt. Und was die erste Seite verheißt, die folgenden erweisen es - nämlich den unerbittlichen Willen und eine erstaunliche rhetorische Durchhaltekraft, auf der Höhe solcher aufs Ganze gehenden Diagnosen und radikalen Vollmundigkeiten zu bleiben. Wer das auszuhalten bereit und mit Céline bereits vertraut ist, wird dieser Darstellung des großen Skandalösen vielleicht etwas abgewinnen können. Aber anstrengend bleibt es jedenfalls, das unablässige rhetorische Gewitter zu Einsichten und Argumenten zu kondensieren. (Philippe Muray: "Céline". Aus dem Französischen und mit einem Nachwort von Nicola Denis. Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2012. 264 S., geb., 29,90 [Euro].)

hmay

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