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Im November 2015 werden Can Dündar, Chefredakteur der regierungskritischen Tageszeitung »Cumhuriyet«, und Erdem Gül, Hauptstadtkorrespondent, verhaftet. Die türkische Staatsanwaltschaft wirft ihnen Spionage und Verrat von Staatsgeheimnissen vor, Staatspräsident Erdogan stellt persönlich Strafanzeige und fordert lebenslange Haft. Hintergrund ist ihre Berichterstattung über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an syrische Extremisten. Nach drei Monaten kommen die Journalisten vorläufig frei. Anfang Mai beginnt der Prozess: Dündar wird zu sechs, Gül zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt;…mehr

Produktbeschreibung
Im November 2015 werden Can Dündar, Chefredakteur der regierungskritischen Tageszeitung »Cumhuriyet«, und Erdem Gül, Hauptstadtkorrespondent, verhaftet. Die türkische Staatsanwaltschaft wirft ihnen Spionage und Verrat von Staatsgeheimnissen vor, Staatspräsident Erdogan stellt persönlich Strafanzeige und fordert lebenslange Haft. Hintergrund ist ihre Berichterstattung über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an syrische Extremisten. Nach drei Monaten kommen die Journalisten vorläufig frei. Anfang Mai beginnt der Prozess: Dündar wird zu sechs, Gül zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt; das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
In »Lebenslang für die Wahrheit« erzählt Dündar die ganze Geschichte von der Entdeckung der geheimen Waffenlieferungen über die Entscheidung, das belastende Filmmaterial zu veröffentlichen, bis zu den Ereignissen, die der Veröffentlichung folgten: Die Drohungen, die er und die Redaktion erhalten haben, die Angst vor Terroranschlägen, seine Zeit in Einzelhaft. Dündars Aufzeichnungen aus dem Gefängnis zeigen, dass sein Widerstand ungebrochen ist und er nicht aufgeben wird im Kampf für Presse- und Meinungsfreiheit.
Autorenporträt
Can Dündar, geboren 1961, studierte Journalismus in Ankara und London und promovierte 1996 in Politikwissenschaften. Er schrieb für diverse Zeitungen, publizierte über zwei Dutzend Bücher und produzierte zahlreiche Fernsehdokumentationen. Er war Chefredakteur der renommierten Tageszeitung Cumhuriyet und schreibt die Kolumne "Meine Türkei" in der Wochenzeitung Die Zeit. Er ist Gründer und Chefredakteur der journalistischen Plattform #Özgürüz. Dündar lebt und arbeitet zurzeit in Berlin im Exil. Bei Hoffmann und Campe erschienen seine Bücher Lebenslang für die Wahrheit (2016) und Tut was! / Bir sey yap! (2018).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Christiane Schlötzer schöpft mit Can Dündars Gefängnistagebuch Mut und Hoffnung. Hoffnung auf eine andere Türkei als diejenige Erdogans, dessen geheime Waffentransporte nach Syrien der Autor aufdeckte und dafür in Isolationshaft kam. Dass der Chefredakteur der Zeitung "Cumhuriyet" mit klarem Blick das Böse vom Guten in der Türkei scheidet, findet sie dankenswert. Das Kafkaeske der Haft kann ihr Dündar auch vermitteln, vor allem aber die aufbauende Haltung dessen, der mit Stift und Papier optimistisch gegen Lüge und Machtmissbrauch streitet.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.09.2016

Ein hochbesorgter Brief an Präsident Erdogan
Weil er Staatsverbrechen aufdeckte, landete er im Gefängnis: Jetzt protokolliert der Journalist Can Dündar seine Haftzeit

Die dreihundert Seiten, geschrieben im türkischen Gefängnis Silivri, sind ein wichtiges Dokument Zeitgeschichte. Can Dündar, der unbeugsame Chefredakteur der ältesten Tageszeitung der Türkei "Cumhuriyet", hatte sich über Monate auf kleinen Bedarfsscheinen des Gefängnisses handschriftliche Notizen gemacht. Er beschrieb in der Stille der Isolationshaft die "finstere Zeit", in die Präsident Recep Tayyip Erdogan die Türkei geführt hat; die Macht, mit der Erdogan über das Land und die nicht mehr unabhängige Justiz herrscht; die Freiheiten, die es in der "Neuen Türkei", die Erdogan beschwört, nicht mehr gibt.

In freien Ländern mache sich strafbar, wer ein Verbrechen begehe, schreibt Dündar in seinem morgen auf Deutsch erscheinenden Buch. In der Türkei aber werde vor Gericht gestellt, wer Verbrechen aufdecke. So wie er, als er der Veröffentlichung eines Berichts zustimmte, der geheime türkische Waffenlieferungen an islamistische Extremisten in Syrien enthüllt hat. Damit forderte er Erdogan heraus. So ordnete am 26. November 2015 ein Gericht Untersuchungshaft für Dündar und Erdem Gül an, den Leiter des Hauptstadtbüros von "Cumhuriyet".

Und Dündar wurde der prominenteste Häftling in dem 2008 eröffneten "Internierungslager", das westlich von Istanbul 15 000 politischen Gegnern Erdogans Platz bietet. Schließlich forderte am 27. Januar 2016 die Anklage für Dündar wegen "Spionage" zweimal lebenslänglich, einmal davon unter erschwerten Bedingungen, dazu weitere dreißig Jahre Haft. Als "Beweise" dienten zweiundfünfzig Kolumnen, die Dündar geschrieben hatte.

Das Verfassungsgericht hob am 26. Februar das Urteil auf. Dündar und Erdem Gül waren wieder auf freiem Fuß. Zwei Richter, die sich dafür eingesetzt hatten, wurden später suspendiert. Unversehens standen Dündar und Gül wieder vor Gericht; sie wurden am 6. Mai 2016 wegen des Verrats eines Staatsgeheimnisses zu je fünfzehn Jahren und zehn Monaten Haft abermals verurteilt. Diskret schob ihnen die Justiz ihre Reisepässe zu. Dündar, der an jenem 6. Mai bei einem Mordanschlag unverletzt geblieben war, lebt heute nicht in der Türkei.

Mit vielen Einzelheiten zeichnet Dündar nach, wie es zum Aufmacher vom 29. Mai 2015 gekommen war. Über großen Fotos stand: "Hier sind die Waffen, die Erdogan leugnet!" Die Geschichte bezog sich auf einen Vorfall am 19. Januar 2014, als die türkische Gendarmerie nahe der Grenze zu Syrien einen Lastwagen des Geheimdienstes MIT festgehalten hatte. Ein Video, das ein Angehöriger der Gendarmerie machte, dokumentiert, wie sich die Gendarmen und die Geheimdienstler stritten, wie die Gendarmen auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft den Lastwagen öffneten und durchsuchten, wie sie dabei schwere Munition fanden, etwa Mörsergranaten. Der Regierung in Ankara war immer wieder vorgeworfen worden, sie unterstütze in Syrien Al Qaida und den IS. Nun wurde sie in flagranti ertappt.

Der Vorfall wurde im Parlament diskutiert, keine Zeitung fasste das heiße Eisen aber an. Aus dem Parlament wurde das Video der Zeitung "Cumhuriyet" zugespielt. Can Dündar und seine Redakteure sahen nun den Beweis, dass der türkische Geheimdienst Waffen nach Syrien liefere. Sie stellten sich zwei Fragen: Ist das Dokument echt? Ist seine Veröffentlichung im Interesse der Öffentlichkeit? Sie beantworteten beide Fragen mit einem Ja.

Dündar schreibt: "Ich wusste, dass eine Straftat kein Geheimnis sein konnte." Erdogan sah das anders und sagte dem Staatssender TRT: "Ich habe ihn angezeigt. Die Person, die das als Aufmacher brachte, wird dafür teuer dafür bezahlen." Zunächst ließ der Staat Zeit verstreichen. Erst nachdem Erdogans AKP am 1. November 2015 im Parlament die absolute Mehrheit zurückerlangt hatte, begann das Verfahren. Erste Amtshandlung der neuen AKP-Regierung war, Can Dündar und Erdem Gül am 24. November die Vorladung vor ein Istanbuler Gericht zuzustellen. Der Tag war für die Türkei auch deshalb wichtig, weil an jenem Morgen die Türkei ein russisches Kampfflugzeug an der Grenze zu Syrien abgeschossen hat und Erdogan indirekt gestand, dass der Lastwagen vom 19. Januar 2014 Waffen transportiert hatte.

Am 26. November begann der Prozess gegen Dündar und Gül. Der Prozess als solcher verhöhnte bereits den Rechtsstaat. Grotesk wurde er, als die Staatsanwalt zu "beweisen" versuchte, dass Dündar auf Veranlassung der Gülen-Bewegung gehandelt habe. Grotesk deshalb, weil keine andere Zeitung schon so lange und eindrücklich vor der Gefahr der Gülen-Bewegung gewarnt hatte.

Als der Prozess lief, fand sich Dündar in Josef K. wieder, dem Helden in Kafkas Roman "Der Prozess". In der Isolationshaft wurde er dann zum Gefangenen von Stefan Zweigs "Schachnovelle". Und er erinnerte sich an den mittelalterlichen Mystiker al Halladsch, der schrieb: "Die Hölle ist nicht der Ort, der an dem du leidest, sondern der, an dem niemand hört, dass du leidest."

Ohne Verbitterung, sondern immer wieder mit Witz und Humor schildert Dündar die Monotonie der zweiundneunzig Tage in Silivri. Kollegen, die bereits einmal in Haft waren und ihn besuchen durften, gaben ihm Ratschläge, um gesund zu bleiben. Etwa: "Treib Sport. Der Hof ist kurz, wenn du auf und ab gehst, schadest du deinen Fußgelenken. Lauf Runden mindestens eine Stunde lang." Oder: "Das Essen ist sehr fett. Spül, was dir vorgesetzt wird, mit Wasser ab, wärm es im Teekessel neu auf." Ein Anwalt riet ihm, wie er von buntem Zeitungspapier Farbe abschaben könne, um in der grauen Eintönigkeit farbige Bilder zu malen.

Niemand hörte ihn in seiner Zelle. Doch seine handschriftlichen Notizen wurden die Stimmen, die die Welt draußen von ihm vernahm. Er schrieb Artikel an viele Zeitungen, Briefe an Merkel und Hollande, an Cameron und Renzi. Er erfuhr von der hässlichen Schmierenkampagne der Staatsmedien gegen ihn, den Familienmenschen, sowie gegen seine Frau und ihren Sohn. So erkannte er einerseits: "Auf Kerkerboden keimt Hass hervorragend." Anderseits erschienen vor seinen Augen alle die Großen, die wegen ihrer Überzeugungen eingekerkert waren, wie der Tscheche Julius Fucik, der vor seiner Hinrichtung schrieb: "In wie viel tausend Gefängniszellen ist die Menschheit wohl auf und ab gelaufen, um voranzukommen?"

Eindrucksvoll sind die Kapitel, in denen Dündar schildert, wie die großen Köpfe der modernen Türkei nicht ohne ihre Erfahrungen in den Kerkern des Landes denkbar sind. Etwa der Dichter Nazim Hikmet, die Schriftsteller Orkan Kemal, Kemal Tahir und Sabahattin Ali, der Cineast Yilmaz Güney. Als es noch keine Isolationshaft gegeben habe, sei die Zelle weniger ein "Ort der Besserung" gewesen als vielmehr ein Bildungszentrum - "den Aufstand, der unterdrückt werden sollte, förderte sie erst recht". Das Gefängnis war über lange Zeit die Akademie der türkischen Intellektuellen, unter Erdogan kehrt das zurück.

Ohne die beispiellose Solidarität in der Türkei und in aller Welt hätte Dündar seine Zuversicht kaum bewahrt. Der amerikanische Vizepräsident Joe Biden traf sich bei einem Besuch in der Türkei mit Dündars Familie, und Dündars Freund Mete Akyol startete auf einem Holzstuhl vor dem Gefängnistor am 2. Dezember eine "Wache der Hoffnung". Nie blieb bis Dündars Freilassung dieser Holzstuhl, der Erdogans Thron herausforderte, leer. Und am 15. Dezember fand vor dem Gefängnis eine legendäre Redaktionssitzung von "Cumhuriyet" statt.

Das Buch endet mit einem offenen Brief Dündars an Erdogan, in dem er diesem für die Inhaftierung dankt. Dadurch sei er geschützt gewesen, "vor der wachsenden Bürgerkriegsatmosphäre im Land". Erst durch seine Inhaftierung habe die ganze Welt von den Waffenkonvois des türkischen Geheimdienstes erfahren, erst aus dem Gefängnis heraus habe die ganze Welt gehört, was er über die Kriegsgefahr und den türkischen Unrechtsstaat schreibe, erst dank Erdogan und dessen Scharfmachern habe er eine Solidarität erfahren, wie er sie sich jahrelang gewünscht habe. Dündar unterzeichnete den offenen Brief mit "Hochbesorgt". Das muss jeder sein, der dieses Buch liest. Dabei erzeugt es auch etwas Optimismus. Denn die Türkei besteht nicht allein aus der Welt Erdogans. Es gibt auch weiter viele Demokraten. Wie Can Dündar.

RAINER HERMANN

Can Dündar: "Lebenslang für die Wahrheit".

Aufzeichnungen

aus dem Gefängnis.

Aus dem Türkischen von

Sabine Adatepe, Nachwort von Karen Krüger. Hoffmann und Campe, Hamburg 2016. 304 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.09.2016

Mit Kafka im Knast
Aufklärer und Mutmacher: Can Dündars Bericht
Ahmet Altan schreibt Bücher, die Millionenauflagen erreichen, seit 10. September ist der türkische Autor Altan, 66, Häftling. Wie sein Bruder Mehmet, ein Wirtschaftsprofessor. Ihr angebliches Vergehen: Sie sollen in einer TV-Show am 14. Juli geheimnisvolle Hinweise auf den tags darauf stattfindenden Militärputsch gegeben haben. Hoch absurd ist das. Schriftsteller aus aller Welt, unter ihnen etwa die Nobelpreisträger J. M. Coetzee und Orhan Pamuk, haben einen Appell zur Freilassung der Brüder unterzeichnet. Wie es den Altans im Gefängnis ergehen mag, kann man sich gut vorstellen, wenn man Can Dündars Bericht aus der Hochsicherheitsanstalt Silivri liest.
  Dündar hatte als Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung Cumhuriyet im Mai 2015 zugestimmt, ein Video zu veröffentlichen, das ein türkischer Gendarm 2014 gedreht hatte. Es zeigte einen Waffentransport des Geheimdienstes MIT nach Syrien. Die Anklage verlangte für Dündar zwei Mal lebenslänglich, wegen Spionage und Verrat von Staatsgeheimnissen. Die deutsche Übersetzung des Buches nimmt das Strafmaß in den Titel: „Lebenslang für die Wahrheit“. Im Türkischen heißt das Gefängnistagebuch, das Dündar handschriftlich auf „Bedarfsscheine“ für Alltagsgegenstände notierte, schlicht „Tutuklandık“, Verhaftet. Auch für Dündar und seinen ebenfalls weggesperrten Ankara-Korrespondenten Erdem Gül gab es eine große Solidaritätswelle. Wenn Dündar den Einfallsreichtum seiner einheimischen Unterstützer beschreibt – ob sie sich nun auf einem einfachen Holzstuhl vor der Haftanstalt als „Wächter“ ablösen oder den Gefängniszensor mit Briefwechseln überwältigen – dann wird dem Leser klar, wie falsch es ist, die Türkei immer nur danach zu beurteilen, was ihr Präsident tut.
  Recep Tayyip Erdoğan ist bei Dündar oft nur der „Palast“ oder der „Thron“, erst am Ende spricht er ihn direkt an, in einem bitter-ironischen Brief. Darin bedankt sich der Journalist dafür, dass ihm Erdoğan, der ihn persönlich angezeigt hatte, damit eine große Bühne bereitet hat. Und für die „Ruhe“, die er in der Zelle fand: „Da ich über kein von Ihnen abgehörtes Telefon mehr verfügte, las ich Bücher, die ewig liegen geblieben waren“, und „schrieb sogar unbekümmerter, da ich nicht mehr die Verhaftung durch Sie zu fürchten hatte“. Dündar lässt sich von seinen Besuchern Bücher von Schriftstellern bringen, die vor ihm Hafterfahrung machten. Gefängnisliteratur ist in der Türkei schon immer bestsellerverdächtig gewesen, zu den Autoren, die oft Jahre hinter Gittern lebten, gehören die ganz Großen des türkischen Literaturkanons: Nazım Hikmet, Yaşar Kemal, Sabahattin Ali. Kemal nannte das Gefängnis die „Schule der türkischen Literatur“. Eindrücklich beschreibt Dündar das Kafkaeske seiner Isolationshaft (Buntstiftverbot, Hofgang wie ein Hund im Käfig). Nach 40 Tagen dürfen er und Gül eine Zelle teilen, nach 92 Tagen sind sie frei, das Verfassungsgericht urteilt, der Haftbefehl sei zu Unrecht ergangen. „In Ankara gibt es noch Richter“, schreibt Dündar. Und: „Ich trat vom Tor der geschlossenen Vollzugsanstalt Silivri über in den ‚offenen Vollzug der Peinigungsanstalt‘ Türkei.“
  In erster Instanz wird Dündar Anfang Mai zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt, er legte Berufung ein. Vor dem Gerichtsgebäude entgeht er knapp einem Mordanschlag. Wie viele andere, die derzeit Angst vor Verfolgung haben müssen, ist der 55-Jährige inzwischen außer Landes. Wie lange sein erzwungenes Exil dauern wird, dürfte davon abhängen, wann die Türkei wieder zu einem Staat wird, in dem Recht und Gewaltenteilung gelten. Dündar wird seine Kritik an Erdoğan kaum mäßigen, er ist damit auch kein bequemer Dissident für die Europäer, beispielsweise, wenn er das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei wortreich kritisiert. Sein Buch ist eine fesselnde und sogar aufbauende Lektüre, weil hier einer mit der einfachsten Waffe des Aufklärers, mit Stift und Papier, gegen Lüge und Machtmissbrauch kämpft und weil Dündar ein grundoptimistischer Mensch ist, ein Mutmacher, der in Momenten der Verzweiflung stets zurückfindet zu seinem Metier: „Ich drehte einen Dokumentarfilm mit den Augen.“ Siliviri, so heißt es in diesen Tagen, sei nun total überfüllt, die Inhaftierten müssten sich beim Schlafen abwechseln.
CHRISTIANE SCHLÖTZER
92 Tage musste der Chefredakteur
im vergangenen Jahr
in Istanbuler Haft verbringen
  
Can Dündar:
Lebenslang für die Wahrheit. Aufzeichnungen aus dem Gefängnis. Aus dem Türkischen von Sabine Adatepe. Hoffmann und Campe, Hamburg 2016.
304 Seiten, 22 Euro. E-Book: 16,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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»Die dreihundert Seiten, geschrieben im türkischen Gefägnis Silivri, sind ein wichtiges Dokument Zeitgeschichte.« Rainer Hermann FAZ, 07.09.2016