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David Graeber, der bedeutendste Anthropologe unserer Zeit, entfaltet eine fulminante und längst überfällige Fundamentalkritik der globalen Bürokratie! Er erforscht die Ursprünge unserer Sehnsucht nach Regularien und entlarvt ihre Bedeutung als Mittel zur Ausübung von Gewalt.
Wir alle hassen Bürokraten. Wir können es nicht fassen, dass wir einen Großteil unserer Lebenszeit damit verbringen müssen, Formulare auszufüllen. Doch zugleich nährt der Glaube an die Bürokratie unsere Hoffnung auf Effizienz, Transparenz und Gerechtigkeit. Gerade im digitalen Zeitalter wächst die Sehnsucht nach Ordnung…mehr

Produktbeschreibung
David Graeber, der bedeutendste Anthropologe unserer Zeit, entfaltet eine fulminante und längst überfällige Fundamentalkritik der globalen Bürokratie! Er erforscht die Ursprünge unserer Sehnsucht nach Regularien und entlarvt ihre Bedeutung als Mittel zur Ausübung von Gewalt.

Wir alle hassen Bürokraten. Wir können es nicht fassen, dass wir einen Großteil unserer Lebenszeit damit verbringen müssen, Formulare auszufüllen. Doch zugleich nährt der Glaube an die Bürokratie unsere Hoffnung auf Effizienz, Transparenz und Gerechtigkeit. Gerade im digitalen Zeitalter wächst die Sehnsucht nach Ordnung und im gleichen Maße nimmt die Macht der Bürokratien über jeden Einzelnen von uns zu. Dabei machen sie unsere Gesellschaften keineswegs transparent und effizient, sondern dienen mittlerweile elitären Gruppeninteressen. Denn Kapitalismus und Bürokratie sind einen verhängnisvollen Pakt eingegangen und könnten die Welt in den Abgrund reißen.
Autorenporträt
David Graeber (1961-2020) war Professor für Anthropologie an der London School of Economics und Autor der Weltbestseller 'Schulden', 'Bullshit Jobs' und 'Bürokratie' und Vordenker von 'Occupy Wall Street'. Völlig überraschend starb David Graeber am 2. September 2020 in Venedig. Sein letztes großes Werk 'Anfänge. Eine neue Geschichte der Menschheit' erschien postum im Frühjahr 2022 bei Klett-Cotta.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

David Graeber ist ein Anarchist und als solcher glaubt er, dass weniger staatliche Strukturen im Zweifelsfall zu einer gerechteren Gesellschaft führt, erklärt Rezensentin Lisa Herzog. Es wundert sie also wenig, dass Graeber in seinem Buch "Bürokratie" eben diese zur Zielscheibe seiner Kritik macht. Interessant ist sein Buch vor allem, weil er die Bürokratie nicht nur kritisiert, sondern auch den gefährlichen Reiz herausarbeitet, den die Fantasie der perfekten Mess- und Organisierbarkeit hat, so die Rezensentin. Für Herzog geraten dabei allerdings Machtmechanismen zu kurz, die nicht auf bürokratische Institutionalisierung angewiesen sind. Sie würde lieber in und mit der Bürokratie dieser ein menschliches Antlitz geben, als das Kind mit dem Bade auszuschütten und sie ganz abzuschaffen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.02.2016

Papierkram und Albträume
Von enttäuschender Technologie und der gefährlichen Lust an Regeln: Der Aktivist und Anthropologe
David Graeber skizziert eine linke Bürokratie-Kritik. Warum man sein neues Buch lesen sollte
VON JENS BISKY
Lieber übers Wetter plaudern, als auf Beamte, Behörden, Papierkram schimpfen. Dazu ist doch längst alles gesagt. Und ohne Bürokratie geht es wohl kaum. Eine komplexe Welt braucht Ordnung und Regeln, je komplexer, desto mehr. Und haben nicht gegen die Bürokratie jene am lautesten gewettert, die alle öffentlichen Angelegenheiten, die Kultur, Gesundheit, Bildung dem Markt überlassen wollten? Ronald Reagan etwa glaubte, die schlimmsten Worte in englischer Sprache würden besagen: „Ich bin von der Regierung und ich komme, um zu helfen.“
  Nein, an der Seite dieser Marktradikalen möchte man lieber nicht stehen. „Deregulierung“ klingt schön und gut, aber sie hat, wie heute jeder weiß, entscheidend zum Crash des Jahres 2008 beigetragen. Füllen wir also brav die uns zugedachten Formulare aus, ohne Bürokratie geht es nicht. Nur transparenter sollten die Entscheidungen werden, vielleicht hilft eine neue Transparenz-Behörde.
  Gegen Argumentationsketten wie diese richtet sich das jüngste Buch des Anthropologen David Graeber, das im vorigen Jahr auf Englisch erschien, „The Utopia of Rules“, und in diesen Tagen auf Deutsch herauskommt (Bürokratie. Die Utopie der Regeln. Aus d. Englischen von Hans Freundl, Henning Dedekind. Klett-Cotta, Stuttgart 2016, 329 S., 22,95 Euro, E-Book 17,99 Euro). Der Anarchist Graeber lehrt an der London School of Economics; berühmt wurde er als Unterstützer der Occupy-Bewegung; sein Buch „Schulden. Die ersten 5000 Jahre“ war in vielen Ländern ein Bestseller.
  „Bürokratie“ – der Respekt gebietende Titel der deutschen Übersetzung führt den Leser ein wenig in die Irre. Das Buch enthält drei lose miteinander verbundene Essays – und einen Aufsatz über den Christopher-Nolan-Film „The Dark Knight Rises“, den Graeber als Anti-Occupy-Werk versteht und verwirft. An keiner Stelle aber versucht er, eine Geschichte der Bürokratie zu schreiben, auch unternimmt Graeber keine größeren definitorischen Anstrengungen. Was er braucht, übernimmt er von Max Weber oder soziologischen Untersuchungen aus den Sechziger- und Siebzigerjahren. (In Deutschland ist davon wenigstens das „Peter-Prinzip“ bekannt, wonach in hinreichend großen Hierarchien jeder die Stufe seiner Inkompetenz erreicht.)
  „Deregulierung“, stellt Graeber gleich am Anfang richtig, werden verschiedene Vorgänge genannt: Bei Fluggesellschaften und Telekommunikationsunternehmen wurden Regeln, die wenige große Firmen begünstigten, so verändert, dass nun mehrere mittelgroße Unternehmen miteinander konkurrieren. Im Bankwesen aber war es anders: Die Konkurrenz mittelgroßer Banken wurde transformiert hin zu einem System, in dem große Finanzkonglomerate dominieren – zu groß, um sie untergehen zu lassen. „Deregulierung“ ist eines dieser Neusprech-Wörter, die aufkamen als – etwa seit 1971 – ein Bündnis zwischen Staat und Finanzwirtschaft entstand. Die Ideologie dieses Bündnisses nennen viele „Neoliberalismus“. Bürokratiehistorisch ereignete sich der „Aufbau globaler administrativer Strukturen“ im Namen von „Freihandel“ und „freien Märkten“. In den Firmen, im Alltag, im Umgang untereinander sind bürokratische Verfahren der Leistungsmessung, Abrechnung, Optimierung, der Kontrolle immer wichtiger geworden – für Graeber ist dies das „eherne Gesetz des Liberalismus“: Je stärker Marktkräfte gefördert werden, desto mehr Vorschriften, mehr Verwaltungsarbeit, mehr vom Staat beschäftigte Bürokraten. Um die herrschenden Kräfte der Gegenwart zu verstehen, reicht es nicht, die liberale Legende von „Markt“ gegen „Staat“ oder „Unternehmer“ gegen „Bürokraten“ zu vergessen. Man dürfe auch, so Graeber, die Bedeutung von Gewalt nicht unterschätzen; man denke nur an die Sicherheitskräfte, die jedes Treffen der Globalisierungsbürokratie schützen müssen. Merke: „Immer wenn von ,freien Märkten‘ die Rede ist, empfiehlt es sich, nach dem Mann mit dem Schießeisen Ausschau zu halten.“ Polizisten sind Bürokraten in Uniform, sie ertragen eines nicht: dass man ihre Macht, die Situation zu definieren, infrage stellt.
  Es sind Formulierungen und Beobachtungen wie diese, die den politischen Schriftsteller David Graeber für Freunde des Meinungsstreits interessant machen, erst recht im deutschen Kontext, wo der linke Diskurs so oft überakademisiert und entpolitisiert zugleich ist. Hier aber reflektiert ein kluger Kopf seine politischen Erfahrungen, seine Beobachtungen als Zeitgenosse und stellt sie anschaulich, in prägnanten Formulierungen dar, zu denen man sich verhalten muss. Ja, Graeber irrt hier und da, er übertreibt, er würde möglicherweise durch eine BWL-Prüfung fallen, Historiker werden ihm vorhalten, dass der Schrecken der Sowjet-Bürokratie nicht hinreichend mit Lenins Begeisterung für die deutsche Post zu erklären ist – aber Graeber gelingt, was er sich vorgenommen hat. Er skizziert eine Bürokratie-Kritik von links, damit nicht länger der Anti-Bürokratismus von rechts nachgeplappert werden muss, damit nicht länger „linke Reformprojekte“ das Elend der Bürokratie mit den Fehlern des Kapitalismus vermengen.
  Für diesen Grundriss einer Kritik der gegenwärtigen Bürokratie spielt die Technologie eine zentrale Rolle, genauer: die Technologie in der gesellschaftlichen Imagination. Gemessen an dem, was um die Mitte des 20. Jahrhunderts erwartet wurde, nimmt sich der technologische Fortschritt bescheiden aus. Noch immer fehlen fliegende Autos, Kolonien auf dem Mars und Unsterblichkeitspillen. Erklärt wird dies meist durch eine Herabsetzung der früheren Träumereien, zu versponnen, zu naiv. Wirklich? Graeber sieht die Ursache dafür in einer Verlagerung der Investitionen: Nicht länger gefördert wurden Technologien, die zu alternativen Zukunftswelten hätten führen können, sondern „Technologien, die Arbeitsdisziplin und soziale Kontrolle fördern“. Am Beispiel der Universitätsreformen, die offenkundig auch in London das Optimieren an die Stelle des Experimentierens gesetzt haben, kann man die Fantasie tötende kulturelle Grundstimmung gut veranschaulichen. Auch das ein Teil der neoliberalen Umgestaltung, laut Graeber definiert durch die Vorherrschaft politischer Imperative über ökonomische: Statt den Kapitalismus zu einem langfristig funktionsfähigen Modell zu machen, wurde dafür gesorgt, dass er als die einzig mögliche Wirtschaftsform erscheint. Das wird dann sehr witzig erhellt durch eine Deutung von „Star Trek“ als einer schöneren, funktionierenden Sowjetunion und die Betrachtung der Fantasy-Welten als antibürokratische Fantasien, die uns mit der real existierenden Bürokratie versöhnen. Einem völligen Verzicht auf bürokratische Techniken redet auch Graeber nicht das Wort, aber er will zwischen hilfreichen Regeln und Regeln als Selbstzweck unterscheiden. Wer sich versichern will, dass es anders sein könnte, dass man daher auch anders und angstfrei auf die Gegenwart schauen kann, der sollte dieses unterhaltsame, durch Beziehungssinn witzige, politisch heitere Buch lesen. Wer glaubt, dass es morgen so sein soll, wie es heute ist, der fülle Formulare aus.
Christopher Nolans Film
„The Dark Knight Rises“
versteht er als Anti-Occupy-Werk
„Star Trek“ deutet er
als nur eine schönere, bessere,
funktionierende Sowjetunion
Bürokomplex in Hongkong, auch hier gilt das Paradox des Liberalismus: Je größer die freien Kräfte des Marktes, desto stärker die Bürokratie.
Foto: Bob Sacha/Corbis
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»David Graeber gelingt eine Grundsatzkritik am Wirtschaftssystem. Wo die Politik zum Dienstleister der Wirtschaft wird, gerät die vermeintlich neutrale Bürokratie zur Interessenpolitik.« Eike Gebhardt, Deutschlandradio Kultur Buchkritik, 2.5.2016 »Ein fulminanter Angriff auf das Prinzip Bürokratie - und auf unsere heimliche Lust an ihr... Graeber stellt Fragen, die gestellt werden müssen.« Lisa Herzog, Zeit Literatur, März 2016 »Am Ende erscheint Bürokratie gerade nicht als der Versuch, Gerechtigkeit und Transparenz zu schaffen, sondern als schweres liberales Ideenerbe. In einem Jahr, in dem Amerika eine seiner wichtigsten politischen Konstanten, den Liberalismus, überdenken wird, ist Graebers Buch deshalb von besonderer Bedeutung,« Mara Delius, Philosophie Magazin, April/Mai 2016 »Wie sehr Graebers Buch einer neuen "linken Bürokratiekritik" auf die Sprünge helfen kann, wird sich erst weisen müssen. Dass es sich dabei um eine politisch und intellektuell wichtige Aufgabe handeln würde, macht dieses Kompendium unorthodoxer Gedanken aber schon jetzt deutlich.« Christoph Winder, Der Standard, 5.3.2016 »Wer ... anders und angstfrei auf die Gegenwart schauen kann, der sollte dieses unterhaltsame, durch Beziehungssinn witzige, politisch heitere Buch lesen. Wer glaubt, dass es morgen so sein soll, wie es heute ist, der fülle Formulare aus.« Jens Bisky, Süddeutsche Zeitung, 19.2.2016 »Für Europa und die USA kann er zeigen, wie ausgerechnet die Ideologie der marktkonformen, staatsfernen und deregulierten Gesellschaft zu einem Mehr an Regulierung, also Regeln, Verfahren, Formularen, Vorschriften, Zertifikaten und entsprechend damit befassten Beamten und Angestellten geführt hat.« Christian Schlüter, Frankfurter Rundschau, 23.2.2016 »Selten hat jemand so humoristisch und dabei so radikal und klug über dieses uns alle terrorisierende Thema geschrieben.« TOA-Magazin, Juli 2016 »Ein ganz wohltuender Schubser, um aus dem eigenen festgefahrenen Denken auch mal auszubrechen.« detektor.fm, 26.7.2016 »Mit seinen Beobachtungen und Reflexionen über unsere moderne Gesellschaft und ihre inneren Widersprüche hat David Graeber einen wichtigen Beitrag zu gesamtgesellschaftlichen Kontroversen vorgelegt.« Jonas Grygier, hsozkult.de, 15.7.2016 »Eine ungemein erhellende, spannende und sogar vergnügliche Lektüre.« Gitta List, Schnüss Das Bonner Stadtmagazin, Mai 2016 »Eine lesenswerte Gesellschaftsanalyse.« Das Büro, Juli 2016 »Angefüllt mit provokativen Beobachtungen und linksorientierter Forschung. Graebers Buch spannt den Bogen von geistreichen Comic-Buch-Analysen bis hin zu einer tiefschürfenden Diskussion weltverändernder Technologien, die es noch gar nicht gibt. Es entzaubert die vorherrschenden Denkmuster unserer Zeit. Die moderne Bürokratie gaukelt uns vor, die Welt sei von Natur aus rational, doch die Wurzeln dieser Vorstellung reichen, wie Graeber scharfsinnig beobachtet, bis zu den alten Pythagoreern zurück.« John Gray, The Guardian »Ein scharfsinniger, kluger und äußerst lesenswerter Bericht darüber, wie der aufgeblähte Staatsapparat funktioniert - beziehungsweise nicht funktioniert, je nachdem, wie man die Dinge betrachtet.« Kirkus Reviews »Aufrüttelnd.« Boston Globe »Ein zischender, umwerfender Knaller von einem Buch... Unsere zeitgenössischen Bürokraten sind in Wirklichkeit genau wie du und ich: Sie verwalten und vermarkten sich permanent.« The Literary Review »Überzeugend... Graeber wollte mit diesem Buch eine Debatte über das Kosten-/Nutzenverhältnis von Bürokratie lostreten. Das ist ihm auf ganzer Linie gelungen.« The Observer »Graeber untersucht Aspekte der bürokratischen Moderne, an die sich normalerweise niemand herantraut, weil sie so unbequem sind. Unkonventionell und witzig.« Steven Poole, New Statesman »David Graeber ist ein amerikanischer Anthropologe, der gleich mehrere Talente in sich vereint: Er ist ein verblüffend originärer Denker [...] und es gelingt ihm, komplizierte Sachverhalte klar und amüsant zu vermitteln.« The Telegraph…mehr