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Das Unangemessene würdig missachten
Die erste Autobiographie des legendären Schauspielers: Dieter Mann erinnert sich an seine Theaterarbeit, an Begegnungen mit großen Kollegen, an Kollisionen, etwa mit der Zensur, an Erfolge und Misserfolge. In seinen Gesprächen mit Hans-Dieter Schütt lässt Dieter Mann ein halbes Jahrhundert Theatergeschichte Revue passieren - hochintelligent, unterhaltsam und beglückend. Weit über vierzig Jahre war Dieter Mann prägender Schauspieler am Deutschen Theater Berlin, von 1984 bis 1991 auch sein Intendant, war Plenzdorfs Wibeau, Lessings Tempelherr, Goethes…mehr

Produktbeschreibung
Das Unangemessene würdig missachten

Die erste Autobiographie des legendären Schauspielers: Dieter Mann erinnert sich an seine Theaterarbeit, an Begegnungen mit großen Kollegen, an Kollisionen, etwa mit der Zensur, an Erfolge und Misserfolge. In seinen Gesprächen mit Hans-Dieter Schütt lässt Dieter Mann ein halbes Jahrhundert Theatergeschichte Revue passieren - hochintelligent, unterhaltsam und beglückend. Weit über vierzig Jahre war Dieter Mann prägender Schauspieler am Deutschen Theater Berlin, von 1984 bis 1991 auch sein Intendant, war Plenzdorfs Wibeau, Lessings Tempelherr, Goethes Clavigo, Shakespeares Ariel, Hauptmanns Wehrhahn, Botho Strauß' Odysseus - und, und, und. In Manns Biographie gingen Lust und Last eine zerrende Balance ein: der Arbeiter als Künstler und der Künstler als Arbeiter. Der Berliner, ein Acht-Klassen-Schüler, hatte Dreher gelernt, ging zur Arbeiter-und-Bauern-Fakultät. Poesie und Theater waren ihm eine hohe Festlichkeit. Er erzählt, er habe als junger Mensch, wenn er eine Schallplatte hörte, nicht geraucht. In seinen Gesprächen mit Hans-Dieter Schütt erinnert sich Dieter Mann an sein Leben. Ein Streifzug durch ein halbes Jahrhundert Bühnengeschichte.

»Wenn ich mit ihm zusammenarbeitete, trug mich das Gefühl einer schönen Verlässlichkeit, aber da war auch eine dauernde Spannung, die aus dem Willen kam, Fragen wichtiger zu nehmen als Antworten.« Thomas Langhoff über Dieter Mann

»Präzise, entschieden, niemals fahrig, ein charmanter Kerl, muss man schon sagen. Bühnenfüllend, raumgreifend.« Inge Keller über Dieter Mann
Autorenporträt
Dieter Mann wurde am 20. Juni 1941 in Berlin geboren. Nach dem Besuch der Volksschule und einer Lehre als Dreher war er als Facharbeiter in einem Berliner Werk tätig. Nach Abitur und Schauspielstudium wurde er 1964 von Friedo Solter an das Deutsche Theater verpflichtet. Hans-Dieter Schütt, 1948 in Ohrdruf geboren, Studium der Theaterwissenschaften in Leipzig, ist heute Journalist. Zahlreiche Veröffentlichungen. Zuletzt Herausgeber des Gesprächsbuches von Gregor Gysi und Friedrich Schorlemmer ¿Was bleiben wird¿.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.06.2016

Arbeit am Möglichkeitssinn
Ein Gaukler und Gentleman: Dieter Mann denkt für seine Autobiographie in Gesprächen mit Hans-Dieter Schütt über sein Leben, das Theater und die DDR nach

Wenn er sich als junger Mensch zu Hause eine Schallplatte mit klassischer Musik auflegte, war es für den Schauspieler Dieter Mann selbstverständlich, dabei nicht zu rauchen. Und wenn er ins Theater ging, zog er seinen einzigen guten Anzug und ein weißes Hemd an. Kunst war für ihn schon damals eine Angelegenheit von höchster Wertigkeit, der man sich festlich und mit aller Konzentration zu stellen habe. Das ist bis heute nicht anders geworden, weshalb er betont: "Ich bin Parteigänger eines präzisen Theaters, bei dem mehr mitgeteilt als hingenuschelt wird. Sprache ist wichtig - sonst bin ich beleidigt, als Zuschauer und als Schauspieler."

Es ist diese klare Haltung, die den 1941 in Berlin geborenen Dieter Mann als Person wie als Künstler und auch als Intendanten auszeichnete. So wechselte er gegen den passiven Widerstand der Eltern, die im Zweiten Weltkrieg alles inklusive der Hoffnung auf bessere Zeiten verloren hatten und es lieber gesehen hätten, wenn er bei seinem soliden Lehrberuf Dreher geblieben wäre, nach dem Abitur an der Arbeiter- und Bauernfakultät 1962 an die Berliner Schauspielschule: "Vom Spitzendreher zum Spitzenschauspieler", zitiert Schütt eine beliebte Klischeeformulierung in den DDR-Medien.

Noch während des Studiums holte ihn der Regisseur Friedo Solter 1964 direkt ans Deutsche Theater, einst gerühmt als Haus mit einem der besten Ensembles im ganzen deutschsprachigen Raum. Dort war er bis 2006 fest engagiert. Seine intellektuell durchdrungenen, sensibel austarierten, nie kumpelhaft herabgezogenen Rollen machten ihn zu einem prägenden Schauspieler erst im östlichen, dann im vereinigten Deutschland. Genannt seien, stellvertretend für viele Figuren, Goethes Clavigo (1972), der Antonio in dessen "Torquato Tasso" (1975), der Lopachin in Tschechows "Der Kirschgarten" (1984), der Wehrhahn in Hauptmanns "Der Biberpelz" (1993), Odysseus in "Ithaka" von Botho Strauß (1997), Schillers Wallenstein (1999) oder dessen Philipp II. in "Don Karlos" (2000), schließlich Shakespeares König Lear (2008).

Trotzdem hat er sich nie mit dem Gedanken anfreunden können, seine Memoiren zu Papier zu bringen. Als Meister der Verwandlungskunst und der Vergänglichkeit - denn welche Kunst wäre flüchtiger als die des Schauspielers, von der ungeachtet Fotos, Filmen und Kritiken nichts bleibt als die Erinnerung der Zuschauer - fürchtete er die Festlegung auf das geschriebene Wort, die unaufhebbare Einbindung zwischen zwei Buchdeckel.

Nun hat er jedoch das langjährige Werben des Journalisten, Kritikers und leidenschaftlichen Interviewers Hans-Dieter Schütt erhört und sich glücklicherweise zu einer "Autobiographie in Gesprächen" bereit erklärt. Gar nicht mal so sehr an den einzelnen Rollen, sondern vielmehr an ihm wichtigen Stationen seines ganzen Lebens entlang erzählt Dieter Mann hochkonzentriert und völlig unsentimental über seine Herkunft (einfache Verhältnisse), seine Jugend (vom VEB Schleifmaschinenwerk "in der Industrieöde" zum Theater), sein künstlerisches Ethos ("Hingabe ja, Preisgabe nein") und das, was für ihn auf und jenseits der Bühne entscheidend ist: die Arbeit am Möglichkeitssinn, wie ihn ein Robert Musil verstand, um der als schnöde empfundenen Realität immer noch eine Dimension, eine Farbe, eine ungeahnte Chiffre abzuringen.

Hans-Dieter Schütt stellt gute Fragen ohne investigativen Ehrgeiz und erweist sich als Gesprächspartner auf Augenhöhe. Dieter Mann nimmt die Anregungen, auch wenn sie mitunter ein wenig provokant wirken - "Warum sind Sie überhaupt in der DDR geblieben?" - mit Ernst und Offenheit auf: "Viele Gründe. Ich blieb, weil die Bundesrepublik kapitalistisch war. Weil ich daran glaubte, dass es bei uns vorwärtsgehen würde." Später schildert er, dass sich in seiner Zeit als Intendant des Deutschen Theaters 1984 bis 1991 trotz der zahlreichen Gastspiele im Ausland bloß eine "Republikflucht" ereignet habe - durch einen kurzfristig ausgebüchsten Bühnenmeister, der unbedingt einmal die Akropolis sehen wollte und danach brav wieder zurückkehrte. Dieter Mann konnte das nachvollziehen, obwohl er sich dachte: "Was sind wir nur für Idioten!"

Geistreich, mit Humor und bescheiden bis zur Verletzlichkeit lässt er an einer außerordentlichen Künstlerbiographie teilhaben, die es in solch einer Konstellation - das geteilte Deutschland, der Wettkampf der politischen wie ästhetischen Systeme - nie mehr geben wird. Insofern ist "Schöne Vorstellung" über den persönlichen Bezugsrahmen hinaus auch ein packender Rückblick auf Wohl und Wehe, Theater und Film, Leben und Kunst in der DDR und dann in der neuen Bundesrepublik. Ein Verzeichnis von Dieter Manns Theaterrollen und eine Filmographie sowie eine beredte Auswahl an Fotos runden das Buch ab.

Als er es in den Kammerspielen des Deutschen Theaters Berlin präsentierte, sagte Dieter Mann als Freund der offenen Worte gleich zu Beginn, dass er seit einiger Zeit an der Parkinson-Krankheit leide und dass er sich bemühen wolle, damit selbstverständlich umzugehen. Wie es überhaupt so seine Art ist, konnte man da im Publikum stillschweigend ergänzen. Am kommenden Montag wird dieser fabelhafte Gaukler und Gentleman fünfundsiebzig Jahre alt.

IRENE BAZINGER

Dieter Mann: "Schöne Vorstellung". Eine Autobiographie in Gesprächen mit Hans-Dieter Schütt.

Aufbau Verlag, Berlin 2016. 332 S., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Irene Bazinger gratuliert Dieter Mann zum 75. Das Buch, das der Schauspieler sich selbst und seinem Publikum zum Geschenk macht, gefällt ihr nicht nur wegen der enthaltenen Fotos, dem Theaterrollenverzeichnis und der Filmografie so gut. Manns persönlichen Bezugsrahmen, seine Einlassungen im Gespräch "auf Augenhöhe" mit Hans-Dieter Schütt zu seinen Lebens- und Wirkensstationen, sieht die Rezensentin nämlich immer wieder transzendiert hin zu Fragen zur DDR-Kunst. Damit wird die Biografie des Mannes, der nach dem Motto "Hingabe ja, Preisgabe nein" arbeitete, für sie zum spannenden Rückblick auf Leben und Kunst in diesem Regime allgemein.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Das Buch trägt passenderweise den Titel 'Schöne Vorstellung' [...]« Schweriner Volkszeitung 20160620