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Die Stadt ist ihr Revier, hier streifen sie umher, die jungen Leute dieser von der Wirtschaftskrise gebeutelten Gegend im äußersten Westen Irlands. Stets auf dem Sprung, stets bereit zu einer Schlägerei, dem rettenden Rausch oder der schnellen Nummer, ohne echtes Ziel, aber immer auf der Suche. Sie sind Türsteher, Kleinkriminelle oder Tankwarte, sie sind so rücksichtslos wie weichherzig, doch wenn es um Gefühle geht, lassen sie lieber Taten sprechen. Jungs wie Jimmy, der seine Liebeserklärung auf das umgeworfene Auto seines Rivalen malt, wie Tug, der Schrecken der Stadt, dem das Schicksal…mehr

Produktbeschreibung
Die Stadt ist ihr Revier, hier streifen sie umher, die jungen Leute dieser von der Wirtschaftskrise gebeutelten Gegend im äußersten Westen Irlands. Stets auf dem Sprung, stets bereit zu einer Schlägerei, dem rettenden Rausch oder der schnellen Nummer, ohne echtes Ziel, aber immer auf der Suche. Sie sind Türsteher, Kleinkriminelle oder Tankwarte, sie sind so rücksichtslos wie weichherzig, doch wenn es um Gefühle geht, lassen sie lieber Taten sprechen. Jungs wie Jimmy, der seine Liebeserklärung auf das umgeworfene Auto seines Rivalen malt, wie Tug, der Schrecken der Stadt, dem das Schicksal eines vermissten kleinen Jungen nicht aus dem Kopf geht. Oder wie die Gangster Arm und Dympna, deren Schicksal besiegelt ist, als sie einen Job so richtig vermasseln.Colin Barrett, so die New York Times, 'versteht sich blendend darauf, Momente einzufangen, in denen es bei jemandem richtig mies läuft' - und das tut er mit Mitgefühl und großem Spaß. In seinen gefeierten Erzählungen gehen schwarzerHumor, Gewalt und Zärtlichkeit eine unwiderstehliche Liaison ein.
Autorenporträt
Colin Barrett, 1982 geboren, wuchs in der irischen Grafschaft Mayo auf. Er arbeitete zunächst für eine Mobilfunkfirma in Dublin, studierte dann bis 2009 Creative Writing am University College Dublin. Sein Debüt Junge Wölfe (Young Skins) wurde mit vielen wichtigen Preisen ausgezeichnet. Colin Barrett arbeitet an seinem ersten Roman, der ebenfalls bei Steidl erscheinen wird. Er lebt in Dublin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Schuster bleib bloß bei deinen Leisten, warnt Rezensent Friedhelm Rathjen den jungen irischen Autor Colin Barrett, der nun mit "Junge Wölfe" sein Short-Story Debüt auch in Deutschland veröffentlicht hat. In Barretts Fall sind diese Leisten "meisterhafte" Short-Storys über die Lethargie des Lebens im abgeschiedenen Westen Irlands, die vor allem von einer außergewöhnlichen, präzisen Sprache, gleichzeitig anschmiegsam und rau, getragen werden. Weniger souverän kann Barrett mit komplexen Handlungsstrukturen umgehen, wie Rathjen bei einer der längeren Storys bemerkt. Er rät dem Autor, es bei Kurzgeschichten zu belassen, denn wirklich gut sei er immer da, wo die Erzählungen "skizzenhaft offen" bleiben. Das sind dann alles andere als nur Fingerübungen, meint der Rezensent und hofft auf eine Renaissance der irischen Short Story.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.05.2016

Auf dem Treibholzweg im irischen Hinterland
Jung, heißblütig, melancholisch: Colin Barrett porträtiert eine Haudrauf-Generation, die nicht aus ihrer Haut kann

Jung sein und das Unglück kultivieren, das ist Arbeit. All die brummenden Bierschädel und gebrochenen Nasen, das muss man schon wollen. Wo es doch so viel bequemer wäre, ein schmieriger Yuppie zu werden: Banklehre, Pharmareferent, Bürokauffrau, das geht doch selbst in Irland. Aber im Kosmos von Colin Barett, dem gar nicht mehr so jungen irischen Jungtalent - vor seiner Autorenkarriere übrigens Mobilfunkfirmen-Yuppie in Dublin -, wird auf Buckelei und Hochschlafkarrieren gepfiffen, hält man sich lieber mit Türsteherjobs, Cannabis-Deals und Billard-Abzocke über Wasser (respektive Whiskey), auch wenn es dafür Hiebe setzt.

Das in seiner Konzentration auf postpubertär prätentiöses Herumhängen erstaunlich reife Debüt "Junge Wölfe" (im Original: "Young Skins") porträtiert in seinen locker verbundenen Erzählungen eine verlorene Generation im irischen Hinterland, mit Ironie, aber noch mehr mit Empathie. Es ist die Perspektive junger heißblütiger Männer, die der Autor einnimmt. Er heult mit den Wölfen nach Bier, Joints, Faustkampfselbstbestätigungen und Frauen, lässt seine Helden Sprüche klopfen, die jeden Spaghetti-Western zierten: "Ich schätze mal, nicht in der Stimmung zu sein ist die beste Stimmung, um mit diesen beschissenen Indianern fertig zu werden."

Und doch ist nicht der maskuline Kitsch das Hauptkennzeichen dieser fast zärtlichen Geschichten, sondern die erzählerische Volte, stets eine unerwartete Sensibilität, eine anrührende Verletzlichkeit unter der harten Schale sichtbar zu machen. Die Dosenbier-Jungs tragen schwer an der Tatsache, dass man sie zurückgelassen hat in ihrer Pose, dass die Welt sich weitergedreht hat, während sie blieben, wer sie waren. Die Stadt mag ihnen gehören, aber mit Mitte zwanzig beginnt den Protagonisten zu dämmern, dass es ein Außen gibt. Das treibt sie freilich nicht zum Aufbruch, sondern tiefer hinein ins Dunkel.

Der Ich-Erzähler streift an der Seite seines muskelbepackten, sensiblen Freundes Tug durch die Gegend, trifft auf die Jugendliebe Marlene, die ihn am Vorabend noch einmal rangelassen hat. Doch jetzt ist sie mit ihrem Kind unterwegs, auch der Vater ist dabei, ein Ring funkelt vielsagend an ihrem Finger. Wenig später liegt das malträtierte Auto des Verlobten wie ein hilfloser Käfer auf dem Rücken, ein Akt purer Muskelkraft, und so romantisch wie verzweifelt prangt ein "Heirate mich" auf der Beifahrertür. "Dreh die Zeit zurück" bedeutet dieser Hilferuf in Wahrheit. Mögen muss man sie einfach, die ungestümen Helden dieses Buches. So ist Tug, das reizbare "Riesenbaby", von der Geschichte eines verschwundenen kleinen Jungen so erschüttert, dass er kaum an etwas anderes denken kann. Bat, ein liebenswerter Außenseiter und Alkoholiker, seit er grundlos fast zu Tode geprügelt wurde, will ein guter Freund sein, nimmt eine Einladung in die Höhle der Löwen an, aber scheitert an seinen Dämonen.

Die einnehmendste Erzählung ist jene von den beiden Kleinkriminellen Dympna und Arm. Die Figurenkonstellation ähnelt jener der Eröffnungserzählung. Auch Arm(strong) ist ein sensibler Muskelprotz, ein ehemaliger Boxer, der vor allem als Dympnas Waffe fungiert, sollten Cannabis-Kunden nicht rechtzeitig zahlen. Ein nichtiger Anlass reicht, damit aus der brüchigen Handelspartnerschaft ein Privatkrieg wird, den der Autor in Tarantino-Manier auskostet. Während alles aus dem Ruder läuft, kommt Arm, der aus Dummheit Ungeheuerliches tut, beim therapeutischen Reiten seinem behinderten Sohn näher. Erstmals wird Arm selbst bei der Hand genommen, obwohl für ihn keine Rettung mehr möglich ist.

Barrett trifft den melancholischen Grundton solcher Lebensvergeudungen. Es ist kein depressiver Ton, eher ein lakonischer, der zu Herzen geht, wenn unaufgeregt erkennbar wird, dass der Weg dieser Figuren im Kreis führt, dass sie in einem Alter, in dem man für gewöhnlich zur Eroberung der Welt schreitet, schon am Ende sind. Wo der Fokus ein wenig verschoben wird, etwa auf die kurze romantische Affäre zweier Liebesversehrter, die sich bei den Anonymen Alkoholikern kennengelernt haben, lässt die Spannkraft der Erzählungen merklich nach, verheddert sich Barrett in gesucht wirkenden Bildern und Motiven ("Boatman Tavern" heißt die Spelunke, in der die Männer mit dem Bootsmann Tod hadern). Mit den übrigen Geschichten aber darf man einen Abend lang wieder ein bisschen jung und dumm sein.

OLIVER JUNGEN

Colin Barrett: "Junge Wölfe". Erzählungen.

Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser. Steidl Verlag, Göttingen 2016. 224 S., geb., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.05.2016

Trau nicht der Sonnenuhr
Slang und Schweigen: Dem irischen Autor Colin Barrett ist mit seinem Erzählband „Junge Wölfe“ ein suggestives Debüt gelungen
Der eher schmächtige Dympna versorgt seine Kleinstadt mit Marihuana. Sieh dich vor, sonst leg ich meinen Arm um dich, sagt er zu Leuten, die ihm blöd kommen, und mit Arm meint er seinen Leibwächter Douglas Armland. Arm war mal Boxer und den Grund, warum er das Boxen aufgegeben hat, erklärt er so: Sie müssen Leuten wehtun wollen. Das ist der Antrieb. Dauernd müssen sie Leuten wehtun wollen. Arm hat einen fünfjährigen behinderten Sohn, den er manchmal zu seiner Reittherapie begleitet. In der Geschichte „Ruhig mit den Pferden“ geht ein Pferd plötzlich durch, mit dem kreidebleichen Arm auf dem Rücken. Der Titel der Geschichte täuscht. Am Ende werden die Kleinstadtganoven durchdrehen, und eine filmreife Spirale der Gewalt wird drei Tote produzieren.    Der junge irische Autor Colin Barrett, der mit dem Erzählband „Junge Wölfe“ sein gelungenes Debüt hinlegt, stammt aus der Grafschaft Mayo. Seine sieben Geschichten, im Originaltitel „Young Skins“, spielen eben dort, im Nordwesten Irlands: Der Atlantik, das zerklüftete Kinn des Küstensaums mit seinen von Möwen heimgesuchten Felsvorsprüngen, ist nah. Es ist eine wilde, etwas herbe Landschaft, aber diese jungen Wölfe, die auf der Suche nach irgendetwas, nach Liebe oder wenigstens Sex, über Straßen und leere Parkplätze, Tankstellen und durch alkoholgeschwängerte Pubs und Clubs streifen, haben oft keinen Sinn für die Schönheiten der Natur. Ich bin jung, und von uns Jungen gibt es hier nicht viele, aber ich übertreibe nicht, wenn ich sage, die Stadt gehört uns, sagt jemand in der ersten Geschichte vertraulich. Sie sind Türsteher oder Kleinstadtganoven, und oft erfahren wir gar nichts über ihre Jobs, nur dass sie in Kneipen rumhängen, eimerweise Guinness trinken, geschickt Billard spielen und irgendwelchen Mädchen nachtrauern, die sich längst abgeseilt haben.
  Ein Gegenstück zu der actiongetriebenen, sehr langen Erzählung im Drogenmilieu ist die kurze, aber atmosphärisch ebenso starke Story „Der Mond“. Sie spielt – in sehr gemächlichem Erzähltempo – in einem phlegmatischen namenlosen Nest an einem namenlosen Fluss. „Galway ist zwar nicht so weit weg“, sagt Martina Boran zu Val, die wie sie in der Peacock Bar arbeitet, „aber für Leute wie dich könnte es auch der Mond sein“. Martina studiert in Galway, die Arbeit in der Bar war nur ein Sommerjob für sie, die Bettgeschichte mit Val nur ein Intermezzo. Doch Val, der dort als Chef-Türsteher arbeitet und diesen Chef gegenüber den noch nicht volljährigen, aber erlebnishungrigen Teenagern auch gern mal raushängen lässt, hat sonst nicht viel gelernt, und damit stehen seine Chancen, das kleine Nest zu verlassen, gleich null. Galway ist für ihn tatsächlich so unerreichbar wie der Mond. Es ist eine kleine, grausame Geschichte.
  Die jungen Wölfe schweigen viel, besonders über ihre Gefühle, wovon sie reichlich haben, und wenn sie reden, dann in einem coolen Slang der Straße, mit kleinen Tupfern ironischer Selbstreflexion. Von diesem manchmal auch groben Ton hebt sich die erzählende Stimme, die wie in „Der kleine Clancy“ auch der unglückliche „Held“ der Story sein kann, sprachmächtig ab, nuanciert bis in feinste Verästelungen.
  Oft entspinnen sich von Pausen gesäumte Gespräche, in denen das Entscheidende ungesagt bleibt. Und häufig macht sich der erzählende Beobachter, der alles weiß, aber nicht alles preisgibt, über seine jungen Wölfe lustig. Oder sie besorgen das selbst: „Lass gut sein, Tug, will ich sagen, aber ich sage nichts. Eigentlich besteht Freundschaft genau darin: nichts zu sagen, statt etwas zu sagen.“ Oft scheinen diese Freundschaften unter den schweigsamen jungen Männern tiefer als die unentschlossenen und tristen Bettgeschichten.
  Auch in „Der kleine Clancy“ geht es um ein geheimnisvolles Band zwischen zwei jungen Männern: zwischen dem erzählendem Ich, smart, ironisch, auch durchaus lebenserfahren, und seinem Freund Tug, einem Riesenbaby mit Bärenkräften, dessen Äußeres Marlon Brando in „Apocalypse Now“ nachempfunden ist. Auch hier hat sich ein Mädchen abgeseilt, von einem anderen Mann schwängern lassen. Die Tätowierung einer Sonnenuhr ziert Marlenes inzwischen wieder windhundstraffes Bäuchlein. Hardcore, sagt Tug ergriffen über die Gefühle seines Freundes, der sich schnoddrig über seinen Schmerz hinwegschummeln will. Tug wird dem unglücklich Verliebten zu helfen versuchen. Nur soviel zu seinem unkonventionellem Freundschaftsdienst: auf dem roten Leineneinband der deutschen Ausgabe sehen wir ein umgedrehtes Auto, das hilflos wie ein Käfer seine vier Räder in die Luft streckt.
  Doch auch hier hat der Titel der wunderbar ironisch getönten Geschichte nichts mit dem Thema zu tun. „Der kleine Clancy“, das bezieht sich auf den erst zehnjährigen Jungen Wayne Clancy, der spurlos verschwunden ist, und um den Tugs Gedanken immerfort kreisen. Doch wir erfahren nicht, was dem kleinen Clancy widerfahren ist, ob er tot ist oder noch lebt. So wie überhaupt nicht alles aufgelöst wird bei Colin Barrett, lieber lässt er viele weitere Geschichten hinter einer einzigen lauern.
  Mit seiner sprachlichen und psychologischen Finesse ist dieser feine Erzählband, von Hans-Christian Oeser angemessen ins Deutsche übertragen, ein starkes literarisches Debüt, dem man viele Leser wünscht.
EVA SCHÄFERS
Galway ist nicht weit, sagt
jemand, aber für dich
könnte es auch der Mond sein
  
  
  
  
Colin Barrett: Junge Wölfe. Stories. Aus dem Englischen von Hans Christian Oeser.
Steidl Verlag, Göttingen 2016. 224 Seiten, 20 Euro. E-Book 14,99 Euro.
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