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«Der großartigste lateinamerikanische Autor aller Zeiten.» Susan Sontag
Was wäre geschehen, hätte nicht Jesus die Bergpredigt gehalten, sondern der Teufel? Was, wenn Männer und Frauen ihre Seelen und Rollen tauschten? Joaquim Maria Machado de Assis, berühmtester Klassiker Brasiliens und Vorbote des Magischen Realismus, stellt in seinen Erzählungen ironisch alle Konventionen auf den Kopf. Lustvoll spielt er mit den Erwartungen seiner Leser und lotet Grenzen aus: von Gut und Böse, Vernunft und Wahnsinn, bürgerlichem Schein und Sein. Dieser Auswahlband versammelt Machado de Assis' beste…mehr

Produktbeschreibung
«Der großartigste lateinamerikanische Autor aller Zeiten.» Susan Sontag

Was wäre geschehen, hätte nicht Jesus die Bergpredigt gehalten, sondern der Teufel? Was, wenn Männer und Frauen ihre Seelen und Rollen tauschten? Joaquim Maria Machado de Assis, berühmtester Klassiker Brasiliens und Vorbote des Magischen Realismus, stellt in seinen Erzählungen ironisch alle Konventionen auf den Kopf. Lustvoll spielt er mit den Erwartungen seiner Leser und lotet Grenzen aus: von Gut und Böse, Vernunft und Wahnsinn, bürgerlichem Schein und Sein. Dieser Auswahlband versammelt Machado de Assis' beste Geschichten - allesamt Neu- und deutsche Erstübersetzungen - zu einem Panorama kompromissloser Originalität.
Autorenporträt
Joaquim Maria Machado de Assis (1839-1908) wurde in Rio de Janeiro geboren. Aus einfachsten Verhältnissen stammend, arbeitete er als Journalist und im Staatsdienst. Sein vielseitiges literarisches Werk umfasst Lyrik, Theaterstücke, über 200 Erzählungen und 9 Romane, darunter 'Die nachträglichen Memoiren des Bras Cubas' und 'Dom Casmurro'. Er war Mitbegründer und erster Präsident der Brasilianischen Akademie für Sprache und Dichtung.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.07.2018

Ihr seid das Salz der Finanzwelt
Hier hält der Teufel eine Bergpredigt: Erzählungen des Brasilianers Joaquim Maria Machado de Assis
Es ist müßig, auf den Rang dieses Schriftstellers hinzuweisen. Ein ums andere Mal wurde Joaquim Maria Machado de Assis zum Klassiker ausgerufen, aber noch die emphatischsten Erklärungen haben es nicht vermocht, ihn ins allgemeine Bewusstsein zu heben. Wenig hilfreich war es, dass der Brasilianer mit schöner Regelmäßigkeit zum Begründer der lateinamerikanischen Literatur ausgerufen wurde, zu einer Sterngestalt, ohne die Jorge Luis Borges und Gabriel García Márquez nicht denkbar wären.
Tatsächlich hat Machado de Assis mit beiden wenig gemein, weder teilt er die erzählerische Askese des Argentiniers, noch die Opulenz des Kolumbianers. Er ist eine ganz und gar eigensinnige Randgestalt, tief verhaftet zudem im 19. Jahrhundert. Sein philosophischer Esprit ist an den Werken Flauberts und Maupassants geschult, sein leichthändiger Zugriff auf gesellschaftliche Grundkonflikte, sein Interesse daran, wie sich die Sitten verändern und die Milieus vermischen, an spanischen Erzählern wie Benito Pérez Galdós. Am ehesten aber lässt er sich mit einem anderen Sonderling der vorletzten Jahrhundertwende vergleichen, einem, der ebenfalls von Rand des europäischen Horizonts her schreibt (zu dem Machados Rio de Janeiro durchaus zählt), mit Italo Svevo aus Triest.
Nun steckt in jedem Literaturkritiker auch ein Missionar. Wollte er das, was er selber schätzt, nicht unbedingt auch anderen nahebringen, hätte er den Beruf verfehlt.
Aber wie bei Svevo muss man sich bei Machado de Assis irgendwann bescheiden: Wenn die anderen ihn auch niemals mindestens jährlich lesen werden, man selbst wird es weiterhin tun. Dankenswerterweise gibt es ja hier und da in den Verlagen den einen oder anderen Exoten, der diese abseitige Vorliebe teilt und dafür sorgt, dass alle Jahre wieder eine Perle des geschätzten Autors übersetzt wird.
Zuletzt war das, im Falle Machado de Assis’, vor neun Jahren das „Tagebuch des Abschieds“ in der Friedenauer Presse, jetzt bringt der Manesse Verlag einen Band Erzählungen unter dem Titel „Das babylonische Wörterbuch“ heraus, eine kleine, sehr abwechslungsreiche Auswahl aus den insgesamt 226 Geschichten des Autors. Es finden sich darin jene „contos fluminenses“, die Geschichten aus der gehobenen Gesellschaft Rio de Janeiros also, in der auch Machados Romane angesiedelt sind, die melancholisch-ironischen Meisterwerke „Dom Casmurro“ oder „Die nachträglichen Memoiren des Brás Cubas“ etwa (längst sind noch nicht alle Romane übersetzt, und die übersetzten nicht unbedingt noch lieferbar). Dazu gehören zwei Dreiecksgeschichten, die beide so tödlich wie überraschend enden. Man merkt ihnen wie auch den anderen Erzählungen an, dass sie zuerst für Zeitschriften- und Zeitungsveröffentlichungen bestimmt waren, sie zielen auf den Leser, der gut unterhalten, intellektuell aber auch herausgefordert werden möchte.
Letzteres ist noch stärker der Fall in den philosophisch-theologischen Erzählungen. Die Leichtigkeit, mit der Machado die Geschichte von Adam und Eva neu erzählt oder von den Erfahrungen des Teufels berichtet, eine eigene Kirche zu gründen, verblüfft gleichwohl. Am Ende von „Das babylonische Wörterbuch“ steht dann auch eine weitere Teufelsgeschichte, oder besser eine der Bergpredigt nachgebildete „Predigt“ des gefallen Engels. In ihrer Aktualität ist sie derart überraschend, dass es einen glatt umhaut: „Ihr seid das Salz der Finanzwelt“, predigt der Teufel da seinen Anhängern, „es ist nicht nötig, euren Bruder zu töten, damit euer sei das Erdenreich. Es genügt, ihm das letzte Hemd vom Leib zu reißen.“ Weiter empfiehlt der Teufel, die erbeuteten Hemden nicht in der Erde zu verstecken, stattdessen „leget eure Schätze lieber auf eine Bank in London, wo weder Rost noch Motten sie zerfressen.“
Machado des Assis schrieb das, wohlgemerkt, 1893 und nicht 2018. Wie überhaupt gar nicht zu glauben ist, welch gedankliche wie sprachliche Frische von diesen Erzählungen auch nach mehr als hundert Jahren noch ausgeht. Nicht zuletzt der Übersetzerin Marianne Gareis ist zu verdanken, dass wir wenigen Eingeweihten uns damit vergnügen können.
TOBIAS LEHMKUHL
Joaquim Maria Machado de Assis: Das babylonische Wörterbuch. Aus dem Portugiesischen von Marianne Gareis. Mit einem Nachwort von Manfred Pfister. Manesse Verlag, München 2018. 254 Seiten, 20 Euro.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.08.2018

Gute Verwirrung statt schlechter Ordnung
Wegbereiter in die Moderne: "Das babylonische Wörterbuch" des brasilianischen Autors Joaquim Maria Machado de Assis

Joaquim Maria Machado de Assis ist der große Klassiker der brasilianischen Literatur. Sein Nimbus beruht vor allem auf der erzählerischen Raffinesse seiner drei großen Romane, die er in den Jahren zwischen 1881 und 1899 verfasst hat. Obwohl alle drei Romane in deutschen Übersetzungen vorlagen oder -liegen, konnte er sich hierzulande nie seinem Rang gemäß durchsetzen. Anders übrigens als beispielsweise in Amerika, wo er von Susan Sontag bereits als der "großartigste lateinamerikanische Autor aller Zeiten" gefeiert wurde.

Im Jahr 1839 wurde Machado de Assis als Sohn einer portugiesischen Wäscherin und eines afro-brasilianischen Anstreichers in Rio de Janeiro geboren. Autodidaktisch arbeitete er sich zu hohen Staatsämtern, zu literarischem Ruhm und zum Gründer der Brasilianischen Akademie der Literatur hoch, deren erster Präsident er wurde. 1879 erlitt er einen durch seine Epilepsie ausgelösten Zusammenbruch. Im Anschluss an diese persönliche Zäsur entstanden seine großen Romane.

Machado de Assis' Erzählen gilt als Wegbereiter der Moderne. Ohne ihn würde selbst die Gegenwart der brasilianischen Literatur ein anderes Gesicht tragen. Die dreizehn Erzählungen, die der Manesse Verlag gemeinsam mit einem vorzüglichen Nachwort von Manfred Pfister jetzt unter dem Titel "Das Babylonische Wörterbuch" versammelt hat, sind ebenfalls alle in achtziger und neunziger Jahren entstanden. Sie geben einen klaren Eindruck davon, wie Machado de Assis der Brückenschlag zwischen Tradition und Moderne gelingen konnte: Schaut man auf den Resonanzraum, in dem sich die Erzählungen bewegen, beziehen die Texte ihr Material offensichtlich noch aus dem klassischen Bildungsfundus. Sie spielen im Garten Eden oder erzählen von der Arche Noah.

Machado de Assis zitiert Shakespeare und liebt Anspielungen auf lateinische und griechische Meister: "Der Ring des Polykrates" lautet der Titel einer Erzählung, aber auch Homers "Odyssee" oder Plinius' "Naturkunde" spielen eine prominente Rolle. Auf Deutsche Verhältnisse übersetzt, kann man sagen: Es wirkt, als würde Machado de Assis im selben Becken fischen wie Schiller und Goethe. Aber was er dann mit seinem Materialfang macht, ist keine Klassik, sondern eigentlich schon Moderne - oder doch zumindest Romantik: Seine pointierte und amüsante Erzählkunst beruht dabei auf einer Poetik der Vertauschung. Frei nach Tieck gilt für den brasilianischen Autor: Eine gute Verwirrung ist mehr wert als eine schlechte Ordnung. In den Erzählungen hat daher nicht Gott, sondern der Teufel die Welt erschaffen. Statt Jesus hält jetzt Satan die Bergpredigt. In Noahs Arche ist die Hölle los. Denn dort schlagen sich dessen Söhne im Kampf um das in Zukunft zu verteilende Land schon mal prophylaktisch die Köpfe ein. Und in einem fernen Land bricht unter Gelehrten ein Streit aus, ob nicht nur die Körper, sondern auch die Seelen ein Geschlecht haben. Woraufhin der Regent des Landes und seine Konkubine kurzentschlossen ihren Geist in den Körper des jeweils anderen eindringen lassen.

Für denjenigen, für den dieser Seelenverkehr zu phantastisch klingt, hat der vielseitige Machado de Assis selbstverständlich auch den Klassiker literarischer Vertauschung parat: die Dreiecksbeziehung, bei der die Ehefrau des einen Freundes zur Geliebten des anderen wird. Wobei Machado de Assis die Ehefrau an der Schwindsucht sterben, den besten Freund über ihren Tod verzweifeln und den sadistischen Ehemann über die Verzweiflung des anderen in Verzückung geraten lässt. Machado de Assis schafft sich seine literarischen Freiheiten, indem er alle zuvor gültigen Normen auf den Kopf stellt. Für den Großmeister literarischer Verdrehung gilt selbst schon die These, dass in einer Rivalität zweier Männer um eine Frau, das Begehren, das zwischen den Konkurrenten zirkuliert, nicht weniger intensiv ist als das Begehren, das sie auf die Frau richten.

Das Geheimnis von Machado de Assis verqueren Geschichten besteht aber nicht allein darin, seinen Lesern vor Verwirrungen und Verwicklungen den Kopf schwirren zu lassen. Vielmehr kontrastiert die Poetik der Vertauschung mit seinem ernsthaften anthropologisches Interesse an den großen menschlichen Gefühlen einerseits und mit seiner präzisen Sprache andererseits. So erst entsteht der ironische Machado-de-Assis-Ton: "Glaubet nicht an die Mär von zerrissenen Gemeinschaften. Denn wahrlich ich sage euch, alles lässt sich flicken, und wenn nicht in derselben Farbe, dann in einer anderen Farbe", tröstet ausgerechnet der Teufel seine Gemeinde. Falls man bislang einen Riss in seiner Belesenheit hatte, mit diesem Band lässt er sich auf bunteste Weise flicken.

CHRISTIAN METZ

Joaquim Maria Machado de Assis: "Das babylonische Wörterbuch". Erzählungen.

Aus dem Portugiesischen von Marianne Gareis, Melanie P. Strasser. Nachwort Manfred Pfister. Manesse Verlag, München 2018. 256 S., geb., 20,- [Euro].

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'Buch des Monats Juni 2018' der Darmstädter Jury:

»Er nahm die Mächtigen auf´s Korn, er entlarvte die Camouflage der Unterdrücker, mit Laurence Sterne wurde er verglichen, als brasilianischer Cervantes bejubelt, als Erfinder der lateinamerikanischen Moderne gepriesen, von Stefan Zweig gewürdigt, von Salman Rushdie verehrt und Susan Sontag rühmte ihn als 'großartigsten lateinamerikanischen Autor aller Zeiten'.

Aus dem umfangreichen Werk (Lyrik, Prosa, Dramen) wurden für diesen Band dreizehn skurrile Geschichten ausgewählt, die in ihrer Absurdität so irrwitzig wie bestürzend sind. Da schlüpft eine Frau in die Seele des Mannes und umgekehrt, der Teufel hält die Bergpredigt, die Moral wird auf den Kopf gestellt, den Leser soll´s tüchtig gruseln beim Blick in den Zerrspiegel, beim Anblick bitterböser Maskerade.

Machado de Assis (1839-1908), in Rio de Janeiro geboren, Enkel entlassener Sklaven, früh verwaist, an Epilepsie leidend, hangelte sich schreibend aus dem Armutssumpf über den Journalismus in die Elite der schreibenden Zunft und wurde erster Präsident der Brasilianischen Akademie für Sprache und Dichtung.

Neun der vorliegenden Texte sind deutsche Erstübersetzungen.

Dieses fein gestaltete Brevierchen möchte man nicht mehr aus der Hand legen.« Darmstädter Jury Buch des Monats e.V.