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Herida Duro ist das einzige Kind von Zef Duro. Weil ein männlicher Erbe fehlt, wird sie Marijan gerufen und wächst in Männerkleidung wie ein Junge auf. Doch unter den Männern bleibt sie Beobachterin. Die Umbrüche im 20. Jahrhundert verändern das Leben in Albanien. Vom ländlichen Lazarú, wo die Partisanen kämpfen, führt Heridas Weg in die Hauptstadt Tirana, dort muss sie mit ihrem Freund Gjon harte Arbeit verrichten. Während Gjon ein Flüchtlingsschiff besteigt, um Elend und Zensur zu entgehen, macht Herida Karriere im neugegründeten 'Kinostudio', der nationalen albanischen Filmproduktion, die…mehr

Produktbeschreibung
Herida Duro ist das einzige Kind von Zef Duro. Weil ein männlicher Erbe fehlt, wird sie Marijan gerufen und wächst in Männerkleidung wie ein Junge auf. Doch unter den Männern bleibt sie Beobachterin. Die Umbrüche im 20. Jahrhundert verändern das Leben in Albanien. Vom ländlichen Lazarú, wo die Partisanen kämpfen, führt Heridas Weg in die Hauptstadt Tirana, dort muss sie mit ihrem Freund Gjon harte Arbeit verrichten. Während Gjon ein Flüchtlingsschiff besteigt, um Elend und Zensur zu entgehen, macht Herida Karriere im neugegründeten 'Kinostudio', der nationalen albanischen Filmproduktion, die ganz im Dienst des Machthabers Enver Hoxha steht. Ihr eigenes Werk kann sie frei erst in Italien verwirklichen, wohin sie ins Exil geht. In Rom freundet sie sich mit dem umstrittenen Regisseur Paolo Piermonte an und findet dort auch den provozierenden Stoff für ihren ersten unabhängigen Film.In seinem epischen Roman, der Heridas Geschichte immer wieder mit Gegenwelten, Träumen und Rauschzuständen verwebt, fängt Michael Roes die Entwicklung eines Lebensgefühls jenseits der Geschlechterkategorien ein. Vom Rande Europas und von den Ausgegrenzten kommt für ihn wahre Kunst.
Autorenporträt
Michael Roes, geboren 1960 in Rhede/Westfalen, lebt in Berlin. Mehrjährige Aufenthalte im Jemen, in Israel, Algerien und den USA bilden den Hintergrund für viele seiner Bücher, Essays, Theaterstücke, Radiofeatures und Filme. 1993 erhielt er den Else-Lasker-Schüler-Preis, 1997 den Literaturpreis der Stadt Bremen, 2006 den Alice Salomon Poetik Preis für sein Gesamtwerk. 2012 erreichte er mit seinem Roman »Die Laute« die Longlist des Deutschen Buchpreises. Bei Schöffling & Co. erschien 2017 sein Roman »Zeithain«, mit dem er für den Preis der LiteraTour Nord nominiert war. »Herida Duro« ist sein dreizehnter Roman.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.07.2019

Aus dem Düstertal über
Tirana nach Rom
Michael Roes erzählt von Außenseitern
Drei Orte, drei Welten, drei Geschichten – ein Flechtwerk ist dieser Roman, aber die Stränge sind nicht gleich stark. Im Zuge der Erzählbewegung vom Dorf Lazarú irgendwo tief in den albanischen Bergen weiter nach Tirana, der Hauptstadt Albaniens, weiter nach Rom werden die Eindrücke schwächer, die Erlebnisse flacher und die Akteure verlieren merklich ihre anfängliche Kontur und Aura. Das funktioniert nach dem wohlbekannten Prinzip, dass das unbekannte Fremde erst einmal die größte Aufmerksamkeit und Leseneugier fesselt. Also bleibt der erste Teil, der ins abgründig-archaische Düstertal von Lazarú führt, am direktesten in der Wirkung, während die römische Elegie um den Filmemacher Paolo Piermonte, dessen Ähnlichkeit mit Pier Paolo Pasolini und dessen Schicksal kaum verdeckt ist, viel Gewolltes, Angestrengtes und letztlich doch Vertrautes zu beschwören sucht. Aber das Erblassen der Bilder und das Nachlassen der Spannung im Zuge des Romangeschehens kann Michael Roes nicht bannen.
Der Autor, Jahrgang 1960, ist in seinen Büchern und Filmen verliebt in den inneren und äußeren Exotismus individueller und gesellschaftlicher Ferne, in die Grenzbereiche des auch sexuell Außenseiterischen, Versteckten und Verschwiegenen, fasziniert von Ritualen, Gelübden, Tabus, Träumen und überzeugt von der erneuernden Kraft aus diesen Regionen.
In „Herida Duro“ geht es um eine Virgjinesha, eine Schwurjungfrau, die in dieser Funktion die Rolle des nicht vorhandenen Sohnes in einer albanischen Bauernfamilie übernehmen muss, öffentlich den Mannesnamen Marijan trägt und Männerkleider anzieht. Herida/Marijan erzählt von den erbarmungslosen bluträcherischen Gesetzen ihres Dorfes noch zu Partisanenzeiten, die weder Habgier, Diskriminierung noch Vergewaltigung, Mord und Totschlag verhindern. Ins dann kommunistische Tirana gekommen muss sie/er mit Gjon, dem Nachbarsjungen und Freund, in einer Schlachtfabrik unter härtesten Bedingungen arbeiten.
Gjon versucht dem unmenschlichen Elend und der bedrohlichen Zensur des stets gegenwärtigen Geheimdienstes zu entfliehen auf einem Boot nach Italien. Herida/Marijan gerät in die albanische Filmbranche im Dienste des Diktators Enver Hoxha, macht sogar Karriere als Chefbeleuchterin. Der Film wird bei den Filmfestspielen in Venedig ausgezeichnet. So gelangt sie/er schließlich nach Rom, freundet sich mit dem Regisseur Piermonte an, wird dessen Kameramann und dreht endlich den eigenen Film über die Jugend von Jesus, „Gioventù di Gesù“.
Parallel dazu läuft die düstere, von Todes- und Dämonenängsten durchdrungene Geschichte der steinzeitlichen Jäger Tawo und Iwo und des von ihnen gefangenen Mädchens Chawa, das von einem feindlichen Volk abstammt. Dabei wechselt die Perspektive, mal erzählt Tawo, mal Chawa, mal der Autor. Roes schwebt dabei, musikalisch gesprochen, eine Art kontrapunktische Struktur vor. Doch es fehlt im gesamten Roman nahezu alles an Licht, Helligkeit, gar an Glanz und Farben jenseits von Anthrazit, Gräue und filziger Dunkelheit.
So liegt über dem Ganzen ein untilgbarer Schleier des Stumpfen, auch Dumpfen und Freudlosen. Gewiss, Roes erzählt intensiv von der Trostlosigkeit römischer Vorstädte, in denen Junkies, Stricher, Flüchtlinge, Kleinkriminelle in heruntergekommenen Wohnlöchern dahinvegetieren und sich herumtreiben. Er versteht es, die brütende Brutalität und die nahezu ausweglosen Sozialzwänge der albanischen Hinterwäldler zu beschreiben, erst recht die grausigen Blut-, Kot- und Fleischorgien des Schlachthauses. Besonders eindringlich gelingen Roes alle Wahrnehmungen des Olfaktorischen: Selten sind Schweiß, Kotze, Rotz, Blut, Urin, alle möglichen Varianten des Fauligen, Pilzigen, Schmutzigen und so fort so eindrücklich und geradezu liebevoll geruchsecht geschildert worden.
Aber das alles kann am Ende die zunehmende Ermüdung nicht aufhalten. Es entfaltet sich zuletzt leider kein von Wissbegier erfülltes kreatives Neuland, sondern das Erzählganze wirkt in einer seltsam unräumlichen kontrastarmen Gleichtönig- und Gleichförmigkeit nach.
HARALD EGGEBRECHT
Michael Roes: Herida Duro. Roman. Verlag Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2019. 584 Seiten, 28 Euro.
Die Schwurjungfrau muss
die Rolle des
fehlenden Sohnes übernehmen
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»Lichtverhältnisse als Poesiezauber gepaart mit realistischer Bildsprache. [...] Hier verzahnt sich die sachliche Sprache des Autors mit dem Ablauf des Filmdrehs auf großartige Weise.« Andreas Trojan, Diwan Büchermagazin »Ein hemmungslos epischer Roman.« Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau »Virtuos und kraftvoll erzählt.« Ronald Schneider, ekz »Michael Roes erzählt in seinem neuen Roman ein aufwühlendes Leben vom Rand Europas und jenseits der Geschlechter.« Elisabeth Weller, lift »Wer die Prosaarbeiten - aber auch die Filme! - von Michael Roes kennt, der weiß, wie wichtig ihm das Moment der Interkulturalität ist.« Andreas Puff-Trojan, ORF »Michael Roes (...) hat mit Herida Duro erneut ein kolossales Werk vorgelegt. Er zeichnet in seinem Roman ein barockes Textgemälde, das durch seine Üppigkeit überwältigt.« Dirk Fuhrig, Deutschlandfunk Kultur »Michael Roes hat das große Talent, sich in fremde, archaische Welten einzufühlen, sie plastisch zu machen.« Joachim Scholl, Deutschlandfunk Kultur »Ein Weg von der Peripherie ins Zentrum, von der Tradition in die Moderne. Man kann sehen, welche dramatischen historischen Veränderungen in so ein kleines Menschenleben hineinpassen.« Mario Scalla, hr2 Kultur »In einer sehr präzise beschreibenden Sprache baut der Autor eine Welt auf, die uns fremd ist.« Helmut Voith, Schwäbische Zeitung »Michael Roes gießt Heridas Geschichte in die Gattung des Entwicklungs- und Künstlerromans, bringt innerhalb des etablierten Erzählmusters aber eine neuartige Perspektive zum Ausdruck.« Silke Horstkotte, taz »Ein literarisches Ereignis.« Der Dicke Katalog der Schwulen Buchhändler…mehr