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Unter Ausschluss der Öffentlichkeit
In der repräsentativen Demokratie ist es Aufgabe der Parlamente, Gesetze auszuarbeiten und zu verabschieden. Mittlerweile entwickeln transnationale Netzwerke jedoch viele globale Standards und Normen, die von den Parlamenten nur noch übernommen und in Gesetze überführt werden. Beispielsweise das International Accounting Standards Board (IASB): eine rein private Organisation, finanziert von den »Big Four«, den vier großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften KPMG, Deloitte, PricewaterhouseCoopers und Ernst&Young. Die von dem Board aufgestellten Regeln und…mehr

Produktbeschreibung
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit

In der repräsentativen Demokratie ist es Aufgabe der Parlamente, Gesetze auszuarbeiten und zu verabschieden. Mittlerweile entwickeln transnationale Netzwerke jedoch viele globale Standards und Normen, die von den Parlamenten nur noch übernommen und in Gesetze überführt werden. Beispielsweise das International Accounting Standards Board (IASB): eine rein private Organisation, finanziert von den »Big Four«, den vier großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften KPMG, Deloitte, PricewaterhouseCoopers und Ernst&Young. Die von dem Board aufgestellten Regeln und Vorschriften, die sogenannten International Financing Reporting Standards (IFRS), werden von allen EU-Mitgliedsstaaten und über 90 weiteren Ländern übernommen (in der EU durch die Verordnung 1606/2002 als unmittelbar geltendes Recht). Durch diese Privatisierung der Entscheidungsprozesse wird die Demokratie entkernt. Niemand weiß, wie viele Gruppen dieser Art weltweit Regeln etablieren. Schätzungen gehen von mehr als 2000 aus. Fritz Glunk zeigt auf, was hinter den Kulissen passiert und wie wir dieser Entwicklung entgegenwirken können. Stephan Lessenich (Vorwort): »Kaum je ist dieser Prozess der wirtschafts- und wachstums-, output- und profitabilitätsgetriebenen Entmachtung der parlamentarischen Demokratie durch ihre 'eigene' Exekutive so punktgenau und scharfsinnig dargelegt worden wie in diesem Buch.« Heribert Prantl über den Autor: »Fritz Glunk ist ein journalistischer Literat, der in seinen Editorials seine Gedanken klug und dünkelfrei aufschreibt.«
Autorenporträt
Fritz R. Glunk war nach dem Studium der Geschichte und der Germanistik von 1966 bis 1981 in der Auslandskulturpolitik tätig. Er ist Gründungsherausgeber des kulturpolitischen Online-Magazins 'Die Gazette'. Zahlreiche Übersetzungen und Buchveröffentlichungen, darunter 1996 'Der gemittelte Deutsche' und 1999 'Dantes Göttliche Komödie'.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.01.2018

Ohne Auftrag
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Fritz R. Glunk über die
Macht privater Netzwerke
Wer überall nur Schatten sieht, der läuft Gefahr, bald selbst einen davonzutragen. Allein deswegen empfiehlt es sich, dem wachsenden Angebot verschwörerischer Literatur mit Vorsicht zu begegnen. Die meisten Mutmaßungen über Krypto-Eliten und sonstige geheime Zirkel erzählen von der Welt als einem furchtbar deprimierenden Ort, ohne die deprimierenden Zusammenhänge wenigstens zu erklären. Dem Titel zufolge droht Fritz R. Glunks Aufsatz über „Schattenmächte“ und darüber, „wie transnationale Netzwerke die Regeln unserer Welt bestimmen“ in diese Kategorie zu fallen: ein bisschen zu übellaunig, ein bisschen zu andeutlerisch, ein bisschen zu besserwisserisch.
All dies ist „Schattenmächte“ jedoch nicht. Der Übersetzer und Literaturwissenschaftler Glunk hat vielmehr einen in weiten Teilen sachlichen Zustandsbericht des Staates und der Demokratie geschrieben. Dass dieser einen am Ende trotzdem ein wenig deprimiert zurücklässt, ist dem Autor nicht vorzuwerfen. Die Ursache dafür ist vielmehr im Gesamtzusammenhang zu suchen, und diesen beschreibt Glunk kurz zusammengefasst so: Nationalstaaten hätten durch Deregulierung und Privatisierung ihren Verlust an Souveränität und Bedeutung selbst eingeleitet. Die so entstehenden Lücken hätten supranationale und wenigstens mittelbar legitimierte Verbünde wie die Europäische Union nur in geringem Maße gefüllt. Immer gewichtiger würden stattdessen Netzwerke privater Akteure, die durch Absprachen, Produktzulassungen oder Quasi-Regulierungen inzwischen eine beängstigende Machtfülle erreichten. Wo der gemeine Bürger je nach Produkt das Handelsgesetzbuch oder ein Ministerium für zuständig halte, liege die Gewalt eigentlich längst bei internationalen Konferenzen und Councils, über deren Entscheidungswege nichts bekannt sei und deren Vertreter niemand kenne geschweige denn gewählt habe oder zur Rechenschaft ziehen könne.
Das Problem, so Glunk, sei nicht nur, dass die Souveränität aus der Sichtweite staatlicher Zuständigkeit abgewandert sei. Das Problem sei mehr noch, dass immer schwerer zu klären sei, wo sie sich jetzt befinde. Ob bei Medikamentenzulassung oder Finanzmarktregulierung: Überall gibt es intransparente, nicht überschneidungsfreie Netzwerke ohne Adressen und ohne definierte Zuständigkeiten, legitimiert allein durch die Folgsamkeit der durch sie bestimmten Praxis und ein von Bürgern als irgendwie in Ordnung empfundenes Markt-Ergebnis. Dieser „normativen Kraft des Faktischen“, die gewachsene demokratische Strukturen zügig auszuhöhlen vermag, fordert Glunk schließlich wieder mehr eine „faktische Kraft des Normativen“ entgegenzusetzen. Wie sehr er selbst an diese Kraft glaubt, lässt er im Ungefähren.
CORNELIUS POLLMER
Fritz R. Glunk:
Schattenmächte.
Wie transnationale
Netzwerke die Regeln
unserer Welt bestimmen. dtv premium München 2017. 192 Seiten, 12,90 Euro.
E-Book: 10,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Es öffnet die Augen für eine mächtige Maschinerie, die sich im Schatten verbirgt. Dass er diese Schattenmächte ins Licht der Öffentlichkeit holt, macht Glunks Buch so spannend wie wichtig. Marc Engelhardt Deutschlandfunk 20171204