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Ein kurzer, spitzer Schrei, dann das Rauschen des Wasserhahns. Sosehr sich der Vater der jungen Sara auch bemüht wegzuhören, Saras grausiges Essensritual läßt sich nicht leugnen: Seine Tochter verspeist lebendige Vögel. Nur so, scheint es, bewahrt sie sich einen rosigen Teint und glänzende Augen. Wovor es sie noch bewahrt, kann man erst nach und nach erahnen.Verstörende Momente bilden den Kern von Samanta Schweblins zupackenden Erzählungen. Wo die Grenzen zwischen Realem und Phantastischem verschwinden, taucht der Leser ein in eine aberwitzige Welt, die traumartig überscharf die unsere…mehr

Produktbeschreibung
Ein kurzer, spitzer Schrei, dann das Rauschen des Wasserhahns. Sosehr sich der Vater der jungen Sara auch bemüht wegzuhören, Saras grausiges Essensritual läßt sich nicht leugnen: Seine Tochter verspeist lebendige Vögel. Nur so, scheint es, bewahrt sie sich einen rosigen Teint und glänzende Augen. Wovor es sie noch bewahrt, kann man erst nach und nach erahnen.Verstörende Momente bilden den Kern von Samanta Schweblins zupackenden Erzählungen. Wo die Grenzen zwischen Realem und Phantastischem verschwinden, taucht der Leser ein in eine aberwitzige Welt, die traumartig überscharf die unsere spiegelt.Keine andere literarische Gattung ist in Argentinien so beliebt und hat eine so lange Tradition wie die der Erzählung. Samanta Schweblin, von der argentinischen Literaturkritik bereits als die beste Erzählerin ihrer Generation gefeiert und mit Cortázar und Bioy Casares verglichen, schafft mit starker Stimme und starken Bildern einen eigenen, wundersamen Erzählkosmos.
Autorenporträt
Schweblin, Samanta§
Samanta Schweblin wurde 1978 in Buenos Aires geboren. Für ihren Erzählungsband Die Wahrheit über die Zukunft erhielt sie 2008 den Premio Casa de las Américas sowie den Juan-Rulfo-Preis, für den Band Sieben leere Häuser erhielt sie den Premio de narrativa breve Ribera del Duero de España. Ihre Bücher sind in 25 Sprachen übersetzt. Samanta Schweblin lebt und arbeitet in Berlin.
Ammar, Angelica§
Angelica Ammar, geboren 1972 in München, studierte Ethnologie und Romanistik in München, Madrid und Paris. Seit 2007 lebt sie in Barcelona und ist dort als Übersetzerin tätig.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Eberhard Falcke ist nur froh, dass das diesjährige Gastland der Frankfurter Buchmesse Argentinien ist, denn nur dadurch kämen deutschsprachige Leser nun in den ganz außerordentlichen Genuss der Erzählungen von Samanta Schweblin. Die 1978 geborene Autorin gründet ihren Erfolg in Argentinien ausschließlich auf ihren Kurzgeschichten, deren zweiter Band nun erweitert um eine zusätzliche Erzählung auf Deutsch vorliegt, freut sich der Rezensent. Manches erinnert Falcke zwar durchaus an die Schauerromantik, aber Schweblin dosiert ihre Geschichten so genau, ohne zuviel zu verraten, dass das Kippen ins Unheimliche, Ungewöhnliche viel subtiler geschieht, wie der Rezensent anerkennend feststellt. Stilistisch brillant und sprachlich originell nennt er die Geschichte geschrieben, deren beunruhigende Plots die Autorin aber nicht in "fantastischen Spukwelten" findet, sondern in der argentinischen Alltagswelt, erklärt Falcke noch, der dem Band ein "beträchtliches literarisches Gewicht" attestiert.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.07.2010

Einmal gruseln
macht fünf Pesos
Horrorkramladen: Erzählungen der
Argentinierin Samanta Schweblin
Dieses Buch ist so etwas wie ein tragbares Gruselkabinett, ein Geheimniskramladen in Handtaschenformat. Mit tonnenschweren Megastars wie Borges oder Cortázar sollte man es nicht erschlagen, auch wenn die Argentinierin Samanta Schweblin, geboren 1978 in Buenos Aires, fest in der phantastischen Erzähltradition ihres Landes verwurzelt ist. „Die Wahrheit über die Zukunft“ heißt ihr Erzählungsband auf Deutsch, der spanische Titel „Pájaros en la boca“ ist da weniger vornehm: Vögel im Mund, das trifft genau die Mischung aus zartem Flaum und Zombietum, die diese vierzehn Geschichten auszeichnet.
Sara, das Mädchen in „Der Mund voller Vögel“, ist so ein adrettes Killerwesen. Bisher war sie ein blässliches Trennungskind, aber als der Vater und Ich-Erzähler in die Wohnung seiner Exfrau beordert wird, muss er feststellen, dass seine Tochter muskulös wirkt und rosig glänzt. Solche Metamorphosen bedeutet selten etwas Gutes in Schweblins Erzählungen, die in der Steppe spielen, in lädierten Kleinfamilien, Spielzeugläden und heruntergekommenen Raststätten. Eine tückisch summende Leuchtschrift mit Wackelkontakt kann man sich selbst dazudenken. Klassisch moderne Nicht-Orte sind das, auf die das Unheimliche mit aller Wucht niedergeht. Seine Krallen fährt es schon in den ersten Sätzen aus, und dann dauert es meistens nur wenige Momente, bis das mal mehr, mal weniger deutlich enthüllte Schauerszenario steht. Samanta Schweblin ist Filmwissenschaftlerin, was den Horror-Einschlag zwischen zarten David-Lynch- und rustikaleren George-A.- Romero-Anklängen erklären mag.
Im Fall der verwandelten Sara lässt die Blutspur nicht lange auf sich warten: „Als sich Sara zu uns umdrehte, war der Vogel nicht mehr da. Ihr Mund, ihre Nase ihr Kinn und ihre beiden Hände waren blutverschmiert. Sie lächelte beschämt, ihr riesiger Mund verzog und öffnete sich, und ihre roten Zähne ließen mich in einem Satz aufspringen.“ In der Raststätten-Geschichte geht es nicht ganz so direkt zur Sache. Ein alter Mann sitzt dort am Tresen und erzählt für fünf Pesos von einem Bergarbeiterdorf, in dem die Kinder in einem selbst gegrabenen Stollen verschwunden sind.
Diese paranormalen Miniaturen gelingen immer dann, wenn der Reißzahn nur halb entblößt, das Monster nur am aufgestellten Nackenhaar der Ich-Erzähler erahnbar wird. Manchmal gehen Samanta Schweblin aber auch die Karussellpferdchen durch, dann sind einfach zu viel Lunapark, Freakgefuchtel und Traumgesichte zusammengepackt. Der nonchalant-lässige Tonfall der Erzählungen trifft aber – auch in Angelica Ammars Übersetzung – immer ins Schwarze, und deshalb nimmt man auch ein wenig Splatter-Manierismus in Kauf. „Na komm schon, Freundchen, sagte der dicke Barmann und zwinkerte mir zu“ – fünf Pesos für ein Bier sind fällig, damit der Alte seine Geschichte erzählt. Und die sind gut angelegt. JUTTA PERSON
SAMANTA SCHWEBLIN: Die Wahrheit über die Zukunft. Aus dem Spanischen von Angelica Ammar. Suhrkamp Verlag, Berlin 2010. 129 Seiten, 19,80 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.08.2010

Den Mund völler Vögel

Die Geschichten der Argentinierin Samanta Schweblin stecken voller Gewalt und Geheimnisse. Jetzt liegt ihr beklemmender Erzählband "Die Wahrheit über die Zukunft" auf Deutsch vor.

Ein kleines, meist blasses Mädchen verspeist lebendige Vögel, um einen rosigen Schimmer auf ihre Wangen zu zaubern; ein erfolgreicher Maler wird von dem Moment künstlerisch inspiriert, in dem er den Kopf eines Mitmenschen auf den Asphalt schlägt; ein junges Paar macht in der nächtlichen Steppe sprichwörtlich Jagd auf sein Glück, um mit Netzen ein ungezähmtes, rustikales Etwas, einen Nachkommen, zu fangen.

Der Realität von Samanta Schweblins Erzählungen sind die Gewalt und das Unerklärliche inhärent. Kaum merklich bricht sich das Unheimliche in den verstörenden Kurzgeschichten der 1978 in Buenos Aires geborenen Autorin Bahn. Das Albtraumhafte und Surreale manifestiert sich im Alltag der Protagonisten, als gelte es, die Wirklichkeit zu untergraben und unter der arglosen Oberfläche ein bedrohliches Unbewusstes zutage zu fördern.

Kein Wunder, dass Samanta Schweblin in ihrer Heimat mit literarischen Vorbildern wie Adolfo Bioy Casares oder Julio Cortázar verglichen wird, die beide in ihren Werken die Grenzen zwischen Realität und Fiktion ausloteten. Mit ihrem ambitionierten Erzählband "Die Wahrheit über die Zukunft" reiht sie sich ein in die argentinische Tradition der sogenannten Neophantastik und bereichert sie um eine ebenso feinsinnige wie kluge Perspektive, fernab der eskapistischen Weltflucht. Ihr Tonfall ist unaufdringlich, unterkühlt und dennoch verständnisvoll; mal ist ihre Direktheit unbarmherzig, mal hält sie die narrativen Motive und die unterschwellige Faszination für das Grauen in einer unheilvollen Schwebe. Der vordergründige Grusel um seiner selbst willen ist ihre Sache nicht. Darüber hinaus ist ihr Gespür für erzählerische Ökonomie bewundernswert.

Mit wenigen lakonischen Sätzen und winzigen Details konfrontiert sie ihre psychologisch glaubhaft charakterisierten Figuren, deren subjektive Wahrnehmung sich rasch auf den Leser überträgt, mit dem Unfassbaren: "Von Zeit zu Zeit fand ich eine Feder, während ich meinen täglichen Verrichtungen nachging", berichtet der Vater beispielsweise in "Der Mund voller Vögel". Die aufgrund der Ernährungsgewohnheiten ihrer Tochter Sara bestürzten, in ihrer Zuneigung jedoch standhaften Eltern schwanken zwischen dem Drang, sich von ihrem eigen Fleisch und Blut innerlich zu distanzieren, und dem Wunsch, das alles möge nicht wahr sein.

Doch die Wahrheit der Worte und die Logik der Sprache kann niemand verleugnen. Sie kommt immer dann zum Vorschein, wenn es hinter dem vermeintlich Rätselhaften um Themen geht, die das allgemein Menschliche berühren, wie Elternliebe oder der Kinderwunsch. Samanta Schweblin gelingt es, ihren Erzählungen ein beklemmendes Geheimnis mit auf den Weg zu geben, das wir alle zu kennen glauben. Das macht "Die Wahrheit über die Zukunft" zu einer gleichermaßen spannenden wie anspruchsvollen Lektüre.

ALEXANDER MÜLLER

Samanta Schweblin: "Die Wahrheit über die Zukunft". Erzählungen. Aus dem Spanischen von Angelica Ammar. Suhrkamp Verlag, Berlin 2010. 130 S., geb., 19,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Der schmale Band liegt leicht in der Hand, sein literarisches Gewicht ist jedoch beträchtlich.«
Eberhard Falcke, DIE ZEIT