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Wo bist du glücklich gewesen? Warum hast du beim Fußball geweint? Wessen Bücher würdest du auswendig lernen? Fragen eines deutschen Journalisten an einen ukrainischen Schriftsteller, der ein Jahr in Berlin verbringt. Sieben Tage lang sprechen Egon Alt und Juri Andruchowytsch über Habsburg im Sowjetlook, über Bahnhöfe, Grenzpfähle und vergessene Träume, über verbotene Musik, Rekruten in der Roten Armee und die legendären Happenings der Performance-Gruppe BuBaBu. Sieben Kapitel »über mich und die Zeit, in der ich lebe«, wie der 48jährige Juri Andruchowytsch im Vorwort zu seinem neuen Buch…mehr

Produktbeschreibung
Wo bist du glücklich gewesen? Warum hast du beim Fußball geweint? Wessen Bücher würdest du auswendig lernen? Fragen eines deutschen Journalisten an einen ukrainischen Schriftsteller, der ein Jahr in Berlin verbringt. Sieben Tage lang sprechen Egon Alt und Juri Andruchowytsch über Habsburg im Sowjetlook, über Bahnhöfe, Grenzpfähle und vergessene Träume, über verbotene Musik, Rekruten in der Roten Armee und die legendären Happenings der Performance-Gruppe BuBaBu. Sieben Kapitel »über mich und die Zeit, in der ich lebe«, wie der 48jährige Juri Andruchowytsch im Vorwort zu seinem neuen Buch schreibt.
Von der Katastrophe im Jahr 1969, als Dynamo Kiew gegen Spartak Moskau verlor, bis zu dem Moment, als Breschnews Sarg mit voller Wucht ins Grab donnerte, vor Millionen Fernsehzuschauern in der ganzen Sowjetunion, deren Zusammenbruch sich hiermit ankündigte. Vom Putsch in Moskau bis zur orangen Revolution und der Katerstimmung danach. Der exzessive Dialog, der ihn mit seinem Leben und Schreiben konfrontiert, ist ein spannendes Stück Zeitgeschichte: Selten greifen Privates und Politisches so eng ineinander wie in diesem ironischen Porträt eines Autors, der sich selbst nicht über den Weg traut.
Autorenporträt
Juri Andruchowytsch, geboren 1960 in Iwano-Frankiwsk/Westukraine, dem früheren galizischen Stanislau, studierte Journalistik und begann als Lyriker. Außerdem veröffentlicht er Essays und Romane. Andruchowytsch ist einer der bekanntesten europäischen Autoren der Gegenwart, sein Werk erscheint in 20 Sprachen. 1985 war er Mitbegründer der legendären literarischen Performance-Gruppe Bu-Ba-Bu (Burlesk-Balagan-Buffonada). Mit seinen drei Romanen Rekreacij (1992; dt. Karpatenkarneval, 2019), Moscoviada (1993, dt. Ausgabe 2006), Perverzija (1999, dt. Perversion, 2011), die unter anderem ins Englische, Spanische, Französische und Italienische übersetzt wurden, ist er unfreiwillig zum Klassiker der ukrainischen Gegenwartsliteratur geworden. Sabine Stöhr, 1968 geboren, studierte Slawistik in Mainz und Simferopol. Seit 2004 übersetzt sie aus dem Ukrainischen, v.a. die Werke von Juri Andruchowytsch und, gemeinsam mit Juri Durkot, das Romanwerk von Serhij Zhadan. 2014 wurde sie mit dem Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung ausgezeichnet. Ebenfalls 2014 erhielt sie, gemeinsam mit Juri Durkot und dem Autor, den Brückepreis Berlin für Die Erfindung des Jazz im Donbass von Serhij Zhadan. 2018 wurde Sabine Stöhr und Juri Durkot der Preis der Leipziger Buchmesse verliehen für ihre Übersetzung des Romans Internat von Serhij Zhadan.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.10.2008

Egon Alt lebt nicht mehr
Schlaflos in Europa: Juri Andruchowytschs Memoiren

Vor einigen Jahren ließ sich Juri Andruchowytsch in Berlin von einem Reporter namens Egon Alt interviewen. Lange hatte sich der ukrainische Schriftsteller gegen ein Treffen gesträubt, weil er noch davon träumte, einen neuen Roman zu schreiben. Die beiden freundeten sich aber sogar an, auch "weil nach dem dritten Brandy" klar war, "dass unsere Lieblingsgetränke in benachbarte Kästchen des alkoholischen Periodensystems gehören, wenn es ein solches gäbe".

Leider starb Egon Alt kurz nach Übersendung der Interview-Mitschnitte auf der A 93. "Sekundenschlaf", bemerkt Andruchowytsch lakonisch im Vorwort zu seinem neuen Buch, das im Ukrainischen den Untertitel "Anstelle eines Romans" trägt und das angebliche Interview enthält. Denn Egon Alt ist natürlich nichts anderes als ein Alter Ego des Meisters des Verwirrspiels, der in diesem Buch einmal sagt: "Es ist wirklich passiert, denn ich habe es mir ausgedacht." Juri Andruchowytsch, geboren 1960 im westukrainischen Iwano-Frankiwsk, ist vor allem für seine Erkundungen und Erfindungen zur Geschichte und Geographie Mittelosteuropas bekannt. In arabeskenreichen Essays und Romanen überschüttete er seine Leser mit Wissen und Phantasmen über eines der größten und zugleich unbekanntesten Länder Europas: die Ukraine.

In "Geheimnis" legt der Autor nun eine ironische Maskerade an, ohne auf den bewährten Stoff zu verzichten. Die Figur "Egon Alt" stellt kritische oder einfühlsame Fragen zu Leben und Werk, die "Juri Andruchowytsch" je nachdem ungeduldig oder ausschweifend beantwortet - wenn er nicht die Textkenntnis seines Gegenübers lobt. Wieder erweist sich der Schriftsteller als Romantiker, als "Gogolianer". Die Herausgeberfiktion lässt eine persönliche Erzählstimmung entstehen - die richtige Temperatur für diese schillernden Memoiren.

Geheim war vor allem das innere Leben des jungen Andruchowytsch, der früh ein heimliches Notizbuch führte und zu Zeiten der sowjetischen Gerontokratie nicht hoffen durfte, veröffentlicht zu werden. Aus dem Versuch, literarische Alternativen für die Ukraine zu entwickeln, entstand fast so etwas wie ein geheimes Paralleluniversum. Schon während des Studiums in Lemberg begann er, sich aus den Sedimenten der ehemals zur Donaumonarchie gehörenden galizischen Stadt "ein anderes, schöneres Lemberg" herbeizuträumen. Natürlich war die Idee einer an Europa orientierten Ukraine auch eine Kampfansage an den Terror der sowjetischen Zentralperspektive. Nach dem Studium arbeitete Andruchowytsch in einer Druckerei in Iwano-Frankiwsk, bevor er 1983 eingezogen wurde. Die Passagen über die Sowjetarmee, die den Rekruten in die innere Emigration zwang, sind besonders eindrücklich. Schwachsinnige Arbeiten, systematischer Schlafentzug, kollektives Prügeln - die "Evolution vom Tierchen zum Vieh" - waren nur durch engen Kontakt zur Familie und zu Freunden wie Mykola Rjabtschuk, dem Spiritus Rector der ukrainischen Literatur, zu überleben.

Zurück in der Druckerei, bedeutete die Perestrojka für Andruchowytsch endloses nächtliches Warten auf die Druckfreigaben für die Reden Gorbatschows; parallel formierte sich die Dichter-Dreieinigkeit BuBaBu - Burleske, Balagan (Jahrmarktsbude), Buffonade - und rollte mit ihrem "lyrischen Karneval" die ukrainische Provinz von hinten auf. Politischer Protest und avantgardistische Poesie griffen ineinander, mit dem Ergebnis, dass die Ukraine unabhängig wurde und Andruchowytsch heute als ihr wichtigster intellektueller Botschafter gilt.

Die neunziger Jahre brachten nicht nur die Abkehr von der Lyrik und die Hinwendung zum Roman; sie waren vor allem ein Jahrzehnt der Reisen. In Zügen und Bussen pendelte Andruchowytsch zwischen Ost und West. Die endlosen holprigen Fahrten sind leitmotivisch verarbeitet. Das funzelige Licht, der Alkohol, die Gerüche und Begegnungen auf engstem Raum schütteln auch den Leser durch. Zum Schluss des Buches fahren Andruchowytsch und Egon Alt mit der S-Bahn durch Berlin, ein Sinnbild für den nach wie vor geteilten Kontinent. Hier definiert der Autor den Begriff "Europa", dessen Dehnfähigkeit er schon in anderen Büchern erprobte, ganz losgelöst vom Raum: "Meiner Ansicht nach ist Europa überall dort, wo Menschen glauben, dass sie in Europa sind."

Im allerletzten Abschnitt sitzt der kleine Juri wieder mit seinem geliebten Vater im Zug nach Prag. Es ist das Jahr 1968, in dem der Achtjährige erstmals die frühlingshafte Verführungskraft von "Europa" und "Westen" entdeckte. Es scheint, als wäre er noch immer unterwegs in eine Stadt der Hoffnung, auf der Suche nach Alternativen zu dem, was real existiert.

JUDITH LEISTER

Juri Andruchowytsch: "Geheimnis". Sieben Tage mit Egon Alt. Aus dem Ukrainischen übersetzt von Sabine Stöhr. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008. 387 S., geb., 24,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.12.2008

Huzulische Salzteigpferde
Juri Andruchowytsch besichtigt sein mythisches ukrainisches Dasein
Der westliche Vampirismus hat auch den Osten zu überwältigen versucht, und die Berliner Stadtteile Prenzlauer Berg und Mitte haben sich diesem Zugriff schnell ergeben. Doch es gibt noch etwas Stärkeres, einen Osten, der auf keiner Landkarte existiert, eine Terra incognita, die erst erfunden werden musste. Es war ein bis dato völlig unbekannter Autor namens Juri Andruchowytsch, der die westlichen Grenzsucher im Jahr 2003 plötzlich auf die Erkenntnis stieß: das Geheimnis liegt in der Ukraine. „Das letzte Territorium” hieß sein überrumpelnder Essayband. Hier tummelte sich ein ungeahnter Sowjet-Pop mit einer verwirrenden ethnischen und sprachlichen Vielfalt, hier gingen die öffentliche Leere und eine anarchische, ungebändigte Lebensgier zusammen. Andruchowytsch wies auch darauf hin, dass sich bis hierher das alte Habsburgerreich erstreckte: Galizien und die Bukowina bilden weitgehend den Westteil der heutigen Ukraine, mit Städten wie Lemberg und Czernowitz. Das entspricht nicht mehr dem trauten Diskurs von „Mitteleuropa”. Dies ist Sowjet-Zone.
Andruchowytsch wurde schnell zur Symbolfigur des neuen, aufbrechenden Osteuropa. Man munkelte von seiner Lyrik-Performancegruppe „Bu-Ba-Bu”, die zur Zeit der Perestrojka auftrat. Von Andruchowytschs Romanen, die in der schmalen Literaturszene der Ukraine eine Katalysator-Wirkung entfalteten, sind bisher zwei auch auf Deutsch erschienen; der Ukraine-Faktor ist mittlerweile eingekreist. Hier setzt sein neuestes Buch an: „Geheimnis”. Der Autor geht dabei dem Ursprung der von ihm mitgeschaffenen Mythen nach. Eine letzte Sammlung der Bestände?
Der Untertitel lautet nicht etwa „Roman”, sondern „Sieben Tage mit Egon Alt”. Es handelt sich um einen einzigen großen Dialog: fett gedruckt sind die Fragen eines gewissen Egon Alt, normal gedruckt die Antworten, die augenscheinlich der Autor selbst gibt. In seinem „möglichen Vorwort” schreibt Andruchowytsch, dass Egon Alt, ein deutscher Journalist, ein mehrtägiges Interview mit ihm führen wollte. Andruchowytsch hielt sich ein Jahr lang als DAAD-Stipendiat in Berlin auf, und derlei Anfragen wurden ihm immer lästiger. Doch dieser Egon Alt war nicht abzuschütteln, und untergründig wird auch klar, warum. Es handelt sich nämlich um einen Doppelgänger von Andruchowytsch. Beispielsweise hat er „alle möglichen absurden, aber gleichzeitig irgendwie auch nützlichen Gegenstände” in seinen Taschen: „darunter eine Trillerpfeife, ein vorsintflutliches Kartenspiel mit schwarzweißen pornographischen Abbildungen und ein huzulisches Salzteigpferd”.
Die Huzulen sind jenes ominöse Bergvolk in den Karpaten, das durch Andruchowytsch überregional bekanntgeworden ist und auch während des Sowjetreichs seine Drakula-, Volks- und Veitstanz-Tradition beibehalten hat. Die Trillerpfeife verweist auf das Fußballspiel, das im Laufe des Buches eine Motivkette entwickelt: vom Klub „Hurrikan” in Andruchowytschs Heimatstadt Iwano-Frankiwsk bis zur epochalen Heimniederlage von Dynamo Kiew gegen Spartak Moskau 1969. Und das pornographische Kartenspiel wird in den Schilderungen von Kindheit und Jugend immer wieder auftauchen, als einziges Zeugnis für die Existenz von Sexualität.
Hinter Egon Alt verbirgt sich also ein literarischer Sparringspartner, er kommt aus dem Genre der romantischen Personenspaltungen. Einmal erinnert sich Andruchowytsch an die Platte „Wish You Were Here” von Pink Floyd, „mit dieser kolossalen Suite am Anfang und am Schluss, du weißt schon...”, und Egon Alt fällt traumwandlerisch ein: „Shine On You Crazy Diamond”. Kann es etwas Schöneres geben?
Geradezu huzulenmäßig kommt Andruchowytschs Mitteilung daher, dass das Buch aus dem Deutschen übersetzt werden musste, da er mit Egon Alt in Berlin aufs Geratewohl Deutsch gesprochen habe, und der Mitschnitt sei auch nicht übermäßig bearbeitet oder literarisiert worden. Es liest sich also an der Oberfläche wie Kneipengeplauder, und im Notfall kann sich der Autor ästhetisch darauf zurückziehen. Aber gleichzeitig gibt es die Chance, Verwirrung zu stiften, Tiefe zu verstecken, Zeiten und Räume wild durcheinanderzuwirbeln. Andruchowytsch erzählt seine Biographie und fügt ihr dadurch ständig neue Facetten hinzu.
Sein Vater taucht gleich in mehreren Verkörperungen auf. Als bleibende Erinnerung an ihn steht an mehreren Stellen des Buches eine Zugfahrt der Familie in den sechziger Jahren nach Prag. Der Autor ist noch ein Kind, aber die abenteuerlichen Wege, um zur sowjetischen Grenzstadt Tschop zu kommen, ans Ende der Welt, sind fest in der Erinnerung verankert, der Übergang zur tschechoslowakischen Station Cierna nad Tisou, die zwölfstündige Fahrt dann zu Onkel und Tante in Prag. Die Landschaft, die Wälder, die Berge: für den Vater, Förster von Beruf, tut sich ein Traum auf, hier entsteht eine Frühform für die Vorstellung von Glück. Und es ist naheliegend, dass diese Wälder- und Gebirgszugfahrt nach Prag noch einmal als Anrufung am Schluss des gesamten Buches steht, völlig unvermittelt nach einem ebenfalls glücksverheißenden Aufstieg mit Egon Alt auf den Berliner Teufelsberg.
Die Exerzitien der Schul- und Studentenzeit, die Erfahrungen bei der Armee und die ersten schriftstellerischen Versuche: Das wirkt zunächst zwar alles ganz treuherzig, aber man ist gewarnt. Es sind dies Arabesken einer mittelosteuropäischen Postmoderne, in der alle Gewissheiten schwinden und äußere Ordnungen ständig zerfallen. Die Zeit als Student am Polygraphischen Institut im Lemberg, das chaotische Studentenwohnheim, die bürokratischen Wirrnisse und der Trost durch diverse alkoholische „Trinkbrühen” – das bringt Stoffe mit sich, die wir längst auch aus den Romanen kennen. „Geheimnis”: Dieses Buch jongliert mit den eh schon längst ins Vibrieren geratenen festen Vorstellungen von Literatur und Leben. Und es ist merkwürdig: Da, wo es langsam in die Gegenwart rückt, da, wo der Schriftsteller Andruchowytsch berühmt wird und die „orangene Revolution” in der Ukraine mit vorantreibt, gar bei der Enttäuschung über diese orangene Revolution und den gegenwärtigen Zuständen – da gibt es Leerstellen im Gespräch mit dem Alter Ego Egon Alt. Da entziehen sich beide, A&A, wie Luftgeister. Es bleibt nur der Text, und der übersteht alles durch Mehrdeutigkeit.
Juri Andruchowytsch ist zur Zeit wieder für ein Jahr in Berlin, als Stipendiat am Wissenschaftskolleg. Als Projekt gibt er an, „eine Enzyklopädie meiner Städte” zu schreiben, „eine Verkörperung meiner langjährigen Geopoetik”. Es geht immer weiter. Und lebt von dem geheimen Wissen, dass die ukrainischen Zustände vielleicht das Modell für die Entwicklung der Welt überhaupt abgeben, dass sie die Avantgarde für den Westen sind. Wir sind bereits in der Ukraine, ohne es zu merken. HELMUT BÖTTIGER
JURI ANDRUCHOWYTSCH: Geheimnis. Sieben Tage mit Egon Alt. Aus dem Ukrainischen von Sabine Stöhr. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main. 387 Seiten, 24,80 Euro.
Mit „Wild Dances” gewann Ruslana Lyschytschko 2004 den Eurovision Song Contest. Ihr Lied nutzte Motive der Huzulen-Folklore. Juri Andruchowytsch hatte dem Bergvolk bereits zu Bekanntheit verholfen. Foto: Osman Orsal / AP
Juri Andruchowytsch, 1960 in Iwano-Frankiwsk geboren Foto: imago
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Ilma Rakusa ist hin und weg von Juri Andruchowytschs Lebensgeschichte "Geheimnis?. Das "erzählerische Glanzstück? bringt dem Leser den Autor und einen bewegenden Abschnitt Zeitgeschichte unglaublich nah, schwärmt Rakusa. Der 1960 geborene Ukrainer rollt in einem Gespräch mit einem hartgesottenen Alter Ego, "Egon Alt?, die eigene Biografie auf. Der Rezensentin zufolge erlebt der Leser Andruchowytschs Kindheit im westukrainischen Iwano-Frankiwsk, seine Jugendexzesse in Lemberg, die Schrecken des Armeedienstes und die Arbeit im Literaturinstitut in Moskau. Besonders die Sequenzen zur russischen Besatzung hält die Rezensentin für bemerkenswert. Die Zeit des Aufbruchs vor dem Zerfall der Sowjetunion mache sich Andruchowytsch mit genauso viel "erzählerischem Impetus? zueigen wie die Phase bis zur Orangen Revolution. Das Politische sei in dieser Erzählung ausschlaggebend, meint Rakusa, und der Leser werde anhand politischer Eckpfeiler mit so viel Schwung durch die Jahrzehnte katapultiert, dass es einem die "Sprache verschlägt?. Rakusas hohem Lob zufolge ist dies ist eine mitreißende, emotionale, aber nie ins Kitschige abdriftende Schilderung, welche den Leser zum Teil schockiert, aber immer auch tröstet.

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