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Musik aus acht Jahrhunderten und doch mehr als nur Musikgeschichte. Dieses Buch möchte Musik in ihrem geheimen Inneren aufspüren: in ihren Werken selbst. Schlüsselwerke aus der uns wenig bekannten Zeit zwischen Spätmittelalter und Barock bis hin zu Werken der jüngsten Gegenwart. Schlüsselwerke haben, wie der Begriff schon sagt, etwas geöffnet und ausgelöst, haben einen "Kanon" ins Leben gerufen, eine Tradition begründet, eine Entwicklung initiiert, eine Bruchstelle gesetzt. Und: Schlüsselwerke überdauerten, auch wenn manche heute erst wieder zum Vorschein kommen oder nur Spezialisten bekannt…mehr

Produktbeschreibung
Musik aus acht Jahrhunderten und doch mehr als nur Musikgeschichte. Dieses Buch möchte Musik in ihrem geheimen Inneren aufspüren: in ihren Werken selbst. Schlüsselwerke aus der uns wenig bekannten Zeit zwischen Spätmittelalter und Barock bis hin zu Werken der jüngsten Gegenwart. Schlüsselwerke haben, wie der Begriff schon sagt, etwas geöffnet und ausgelöst, haben einen "Kanon" ins Leben gerufen, eine Tradition begründet, eine Entwicklung initiiert, eine Bruchstelle gesetzt. Und: Schlüsselwerke überdauerten, auch wenn manche heute erst wieder zum Vorschein kommen oder nur Spezialisten bekannt waren.

Drei Autoren schreiben von den großartigsten Werken und den Kleinoden. Jedes Werk wird auf einer Buchseite in seiner Charakteristik und bezogen auf sein Umfeld verständlich beschrieben. Jedes Werk lässt sich einzeln lesen, soll aber zugleich die Neugier auf den Zusammenklang wecken, aus dem sich eine einzigartige Musikwelt entfaltet, die auf diese Weise auch ihre Geschichte erzählt.

Diese "Schlüsselwerke" sind als Buch für alle gedacht, die entdecken, sich orientieren und einen kurzweiligen Überblick über die zentralen Werke der europäisch geprägten Kunstmusik in Geschichte und Gegenwart verschaffen wollen. Dank der jüngsten Online-Verfügbarkeit so gut wie aller hier beschriebenen Werke lässt sich dieses Buch auch hörend lesen.

Die Autoren:
Bernd Asmus, geb. 1959. Komponist und Musiktheoretiker. Studium von Musikerziehung, Gitarre, Musiktheorie und Komposition. Lehrt Musiktheorie an der Musikhochschule Stuttgart.

Claus-Steffen Mahnkopf, geb. 1962. Komponist und Autor. Studium von Komposition, Musiktheorie, Klavier, Musikwissenschaft, Philosophie und Soziologie. Lehrt Komposition an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig.

Johannes Menke, geb. 1972. Musiktheoretiker und Autor. Studium von Oboe, Schulmusik, Musiktheorie, Komposition, Germanistik und Musikwissenschaft. Lehrt Historische Satzlehre und Theorie der Alten Musik an der Schola Cantorum Basiliensis in Basel.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.07.2019

Wie man eine Tonart über die Klaviatur nagelt
Darüber kann man nach dem Hören reden: Zwei Musiktheoretiker und ein Komponist versammeln einen Kanon musikalischer Werke

Wer heute über Meisterwerke der Musik sprechen will, segelt zwischen Skylla und Charybdis, und zwar bei wenig Wind. Auf der einen Seite droht das Monster einer einseitigen Musikauffassung: Wer nichts als den westlichen Kanon in den Blick nimmt, übersieht den Rest der Welt, die nicht verschriftlichte Musik, das künstlerische Mittelmaß oder den Pop, ignoriert aber vor allem die Machtkonstellationen, die zur Auswahl von Meisterwerken und ihrer Kanonisierung geführt haben. Auf der anderen Seite aber sitzt ein Ungeheuer, das nur darauf wartet, dass man sich in der Unendlichkeit des Vorhandenen verliert und kaum mehr weiß, wo rechts und wo links, was hoch- oder minderwertig ist, was überhaupt Musik und musikalische Bildung sind.

Mit anderen Worten, diese Meerfahrt ist nicht einfach, und dennoch gibt es immer wieder Seeleute, die sie unternehmen. Gerade sind die Musiktheoretiker Bernd Asmus und Johannes Menke sowie der Komponist Claus-Steffen Mahnkopf dieses Wagnis eingegangen. Aus dem Umfeld der Freiburger Musikhochschule stammend und heute in Stuttgart, Basel und Leipzig lehrend, haben die drei einen Band mit Werkkommentaren vorgelegt, auf dem offiziell "Schlüsselwerke der Musik" steht, der aber inoffiziell noch einmal einen Kanon präsentiert.

Im Zentrum des Bandes stehen 268 Werke von über 170 Komponisten und 11 Komponistinnen, er reicht von der frühen Mehrstimmigkeit über eine Machaut-Motette, ein Rondeau von Dufay oder eine Missa von Desprez bis hin zu Monteverdis "L'Orfeo", Couperins Vingt-Cinquième Ordre für Cembalo, Bachs "Kunst der Fuge" oder Händels "Rinaldo". Es gibt Kommentare zu Glucks "Orfeo ed Euridice", Haydns "Abschiedssymphonie" oder Clementis "Gradus ad Parnassum", zu Mozarts Streichquintett KV 516, Beethovens Großer Fuge und Meyerbeers "L'Africaine". Kompositionen von Schubert, Berlioz, Chopin und Schumann werden diskutiert, Werke von Liszt und Wagner dürfen nicht fehlen, von Bruckner und Brahms, Fauré oder Tschaikowsky, und selbstverständlich wird das zwanzigste Jahrhundert eingeleitet mit dem Urteil, dass Schönberg mit der Tonalität gebrochen habe, "sprich dem System der allgemeinen musikalischen Verständlichkeit, um eine Musik in die Welt zu setzen, die bald darauf ,Neue' genannt wird und seither den Namen für ein ganzes Jahrhundert geben wird".

Es sind die alten, schönen Geschichten über den Beginn der Moderne, die damit erzählt werden, zugutehalten aber kann man den Autoren, dass sie das vergangene Jahrhundert danach auf bislang ungekannte Weise in Augenschein nehmen. Fast ein Drittel des Buches ist ihm und dem frühen 21. Jahrhundert gewidmet, den Werken von Ives, Schreker, Varèse, Honegger, Boulanger, Carter, Bernstein, Nono oder Gubaidulina. Und auf einmal gibt es sogar einen Kommentar zu Glenn Goulds Aufnahmen von Bachs "Goldberg-Variationen" aus den Jahren 1955 und 1982, halb angemessene, halb schon verschämte Erinnerung daran, dass es bei der Beschäftigung mit dem Kanon auch denkbar wäre, Einspielungen oder Live-Aufführungen in den Blick zu nehmen.

Den Schlusspunkt des Bandes macht Unsuk Chins Oper "Alice in Wonderland" von 2007. "Willkürlich", schreiben die Autoren dazu im Vorwort, "immerhin kann sie aber als Komponistin dort symbolhaft stehen, waren doch in der Musikgeschichte bis dato Komponistinnen eher spärlich vertreten." Dieser Kommentar, der weder problematisiert, dass "die Musikgeschichte" ein Fabrikat ist, noch auf Kenntnisnahme der inzwischen reich vorhandenen Forschungsliteratur zu Komponistinnen baut, zeigt die Crux des Bandes, der historiographisch zwar nicht vom Fleck kommt, doch dabei großen Mut beweist.

Ohnehin: Hat man sich einmal dafür entschieden, die kompositorische Perspektive zu bespielen (nicht die der Auftraggeber, der Widmungsträger oder jener, die die Aufführungen bestreiten), ist die Diskussion darüber müßig, wer oder was noch so alles fehlt; im Schlusswort thematisieren die Autoren dafür ausführlich, wen sie gern berücksichtigt hätten und doch nicht berücksichtigen konnten.

Viel wichtiger aber ist, dass sie ihre "Schlüsselwerke" im Wortsinne als Türöffner auffassen, die zeigen, welche Kompositionen schön, beeindruckend und von Einfluss auf spätere waren. Zu alldem gehört ein spürbarer Enthusiasmus, gehört andererseits große pädagogische Energie, die nur manchmal über das Ziel hinausschießt: weil sie simplifiziert ("Die Werke in Moll sind anders", steht als Überschrift über Mozarts Rondo KV 511), plakativ wird ("Publikumsliebling, häufig eingesetzt in der musikalischen Erziehung", heißt es über Britten) oder recht naiv nacherzählt: Einmal mehr ist da etwa von Bizets Carmen als "lebenshungriger Zigeunerin" zu lesen, die von Don José aus Eifersucht getötet wird, "nachdem er alles für sie aufgegeben hat". Probleme dieser Art sind vermutlich ein Pferdefuß, den Versuche zur Popularisierung von Wissen fast stets mit sich bringen.

Auch sprachlich neigt sich der Band der avisierten unbewanderten Leserschaft zu, selbst wenn vereinzelt noch Fachbegriffe auftauchen, die im mehrseitigen Glossar nicht erklärt werden. Menkes Einträge sind derweil didaktisch exzellent aufbereitet, Asmus' Texte leben von ihrer respektvollen Herangehensweise, Mahnkopf (der eben mit einem Buch zur "Philosophie des Orgasmus" aufwartete) bringt kecke Zuspitzungen, untermischt mit Stilblüten wie der, dass die Musik sich am Ende von Prokofjews 7. Klaviersonate aus Sackgassen "herauswindet, um schließlich die Tonart B-Dur affirmativ über die Klaviatur zu nageln". Kurz, es ist ein farbiger, in vielfältiger Weise anregender Band, geeignet als Nachschlagewerk, mehr noch aber als Gesprächsvorlage darüber, wie sich Wissen über Musik gestalten soll und kann.

CHRISTIANE TEWINKEL

Bernd Asmus, Claus-Steffen Mahnkopf und Johannes Menke: "Schlüsselwerke der Musik".

Wolke Verlag, Hofheim am Taunus 2019.

304 S., geb., 26,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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