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Der Vergleich des Hausarbeitstages in Ost- und Westdeutschland bietet einen spannenden Zugriff für eine geschlechterhistorische Analyse der Zeit von 1939-1994.Bereits 1939 hatten die Nationalsozialisten den unbezahlten »Waschtag« mit Blick auf die dienstverpflichteten nicht-jüdischen deutschen Frauen in der Kriegswirtschaft eingeführt. Ab 1947/48 wurde er auf Initiative der KPD in mehreren west- und ostdeutschen Ländern als bezahlter »Hausarbeitstag« und ohne rassistische Einschränkungen gesetzlich fortgeschrieben. Zu Beginn des Kalten Krieges wollte keine Seite der anderen nachstehen, wenn es…mehr

Produktbeschreibung
Der Vergleich des Hausarbeitstages in Ost- und Westdeutschland bietet einen spannenden Zugriff für eine geschlechterhistorische Analyse der Zeit von 1939-1994.Bereits 1939 hatten die Nationalsozialisten den unbezahlten »Waschtag« mit Blick auf die dienstverpflichteten nicht-jüdischen deutschen Frauen in der Kriegswirtschaft eingeführt. Ab 1947/48 wurde er auf Initiative der KPD in mehreren west- und ostdeutschen Ländern als bezahlter »Hausarbeitstag« und ohne rassistische Einschränkungen gesetzlich fortgeschrieben. Zu Beginn des Kalten Krieges wollte keine Seite der anderen nachstehen, wenn es darum ging, den »Trümmerfrauen« den Alltag zu erleichtern. Aber nach Währungsreform und doppelter Staatsgründung hätten die westlichen Unternehmen ebenso wie die »Volkseigenen Betriebe« die »Hausarbeitstage« gern abgeschafft. Westliche Politiker warnten die Frauen vor sinkenden Arbeitsmarktchancen, die Gewerkschaften sahen ihr Ziel »gleicher Lohn für gleiche Arbeit« in weite Ferne gerückt. Östliche Planwirtschaftler versprachen den »werktätigen Muttis« mehr Wäschereien und Krippenplätze bei Verzicht auf ihre Hausarbeitstage. Arbeiterinnen, Angestellte und Beamtinnen wehrten sich in der DDR wie im Westen erfolgreich gegen die Streichung des »Hausarbeitstages«. Im Westen zogen sie zu Tausenden vor die Arbeitsgerichte, im Osten überschütteten sie die Führungsspitzen mit Beschwerdebriefen. Divergierende Vorstellungen von einer gerechten Rollenverteilung standen zur Debatte. In der deutsch-deutschen Geschichte des »Hausarbeitstages« wurden darüber hinaus Frauen-, Männer- und Familienbilder entworfen, die trotz mancher Ähnlichkeiten von den politischen Kontrahenten gegeneinander gerichtet wurden. Im Vergleich der beiden politischen Systeme werden die jeweiligen Besonderheiten in den gesellschaftlichen Regulierungsversuchen präzisiert und die langfristig wirksamen Strukturen, Vorstellungen und Wertungen herausgearbeitet, die die Geschlechterverhältnisse der Moderne kennzeichnen.
Autorenporträt
Carola Sachse, geb. 1951, Professorin (i.R.) für Zeitgeschichte an der Universität Wien.Veröffentlichungen u.a.: Human Rights, Utopias, and Gender in Twentieth-Century Europe, Central European History 44/1 (Mithg., 2011); Der Hausarbeitstag. Gerechtigkeit und Gleichberechtigung in Ost und West 1939-1994 (2002).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.11.2002

Hinweis

POLITISCHE WÄSCHE. Das Projekt begann unter zweifelhaften Prämissen: "Keinesfalls darf durch die zu starke Arbeitsbelastung die erwerbstätige Frau in ihrem natürlichen Mutterberuf geschädigt werden." So begründete das Reichsarbeitsministerium 1939 das Desiderat eines monatlichen Hausarbeitstages für Frauen, die ob des Männermangels in der Industrie vermehrt zum Einsatz kamen. Gesetzliche Vorschrift wurde er 1943 aber, um Fehlzeiten zu verringern: Eine zweischneidige Maßnahme, deren positive Seite zudem auf die "arischen" Frauen beschränkt blieb, die sich den Lohnausfall leisten konnten. Die widersprüchliche Entstehung des Hausarbeitstages und seine aufschlußreiche Geschichte in den deutschen Nachkriegsgesellschaften verfolgt nun Carola Sachse in einer reich dokumentierten sozialhistorischen Analyse; sie macht ihn zum "Brennpunkt" eines geschlechterpolitischen Systemvergleichs. In der alten Bundesrepublik wurde im Zuge der Trennung von Öffentlichkeit und Privatsphäre das Recht auf einen Hausarbeitstag schließlich abgeschafft. In der DDR hingegen blieb es bis zur Wiedervereinigung bestehen, allerdings nur für verheiratete Frauen. Wirklich in Frage gestellt wurde die weibliche Zuständigkeit für den Haushalt - so der überraschende Befund - nur von alleinerziehenden Männern, die ebenfalls für Hausarbeit entlohnt werden wollten. (Carola Sachse: "Der Hausarbeitstag". Gerechtigkeit und Gleichberechtigung in Ost und West 1939-1994. Wallstein Verlag, Göttingen 2002. 504 S., br., 32,- [Euro].)

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Ulrike Baureithel ist überrascht, dass eine schon seit langem "feministisch" aktive Historikerin wie Carola Sachse erst jetzt eine Untersuchung über eine Einrichtung vorlegt, die in der NS-Zeit eingeführt wurde und in der Nachkriegszeit sowohl in der DDR als auch in der BRD mehr als nur ein "Frauenpolitikum" war. Gemeint ist der "Hausarbeitstag", der bis Ende 1991 Frauen zugestanden wurde, um sich, vom Arbeitgeber bezahlt, den häuslichen Arbeiten quasi "entgeltlich" widmen zu können, informiert die Rezensentin. Die Kontroversen, die über diesen Tag über Jahrzehnte geführt wurden, hat Sachse "materialreich", "umfassend" und "ambitioniert" aufgearbeitet, lobt Baureithel, kritisiert aber auch manche Redundanzen und hätte gerne noch weiter als bis in die Nazi-Zeit zurückgeblickt. Trotzdem aber sei die Studie "facettenreich" und gerade spannend an den Punkten, an denen die Autorin die widersprüchlichen Bewertungen von Hausarbeit thematisiere.

© Perlentaucher Medien GmbH