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Im Jahr 1827 wird Peter von Scholten als Günstling des Königs mit klarem Auftrag nach Westindien geschickt: Fülle die königlichen Schatzkammern mit Reichtümern aus der Kolonie - ohne Rücksicht auf Menschenleben. Doch für Peter von Scholten sind auch Sklaven Menschen, eine Einstellung, für die ihn die Plantagenbesitzer hassen. Auf seiner Seite stehen die Humanisten Maria Eide und ihr Mann Mikkel, die den Sklaven Gehör verschaffen wollen, und vor allem die freie, wohlhabende Einheimische Anna Heegaard, in die Peter sich verliebt. Und die Zeiten ändern sich: Die Sklaven erheben sich gegen ihre…mehr

Produktbeschreibung
Im Jahr 1827 wird Peter von Scholten als Günstling des Königs mit klarem Auftrag nach Westindien geschickt: Fülle die königlichen Schatzkammern mit Reichtümern aus der Kolonie - ohne Rücksicht auf Menschenleben. Doch für Peter von Scholten sind auch Sklaven Menschen, eine Einstellung, für die ihn die Plantagenbesitzer hassen. Auf seiner Seite stehen die Humanisten Maria Eide und ihr Mann Mikkel, die den Sklaven Gehör verschaffen wollen, und vor allem die freie, wohlhabende Einheimische Anna Heegaard, in die Peter sich verliebt. Und die Zeiten ändern sich: Die Sklaven erheben sich gegen ihre Unterdrücker, und Peter von Scholten erklärt sie gegen den Willen seines Königs für frei. In Nacht und Nebel muss er die Insel verlassen - und wird Anna nie wiedersehen.
Ein fesselnder historischer Roman über Freundschaft und Leidenschaft, Macht und Machtverlust und die Frage, was uns eher antreibt: die Sucht nach Vergnügen oder die Liebe?
Autorenporträt
Vraa, MichMich Vraa, geboren 1954, lebt als Journalist, Schriftsteller und Übersetzer mit seiner Familie in Odense, Dänemark. Er übertrug u.a. Jonathan Franzen, Ernest Hemingway und Don DeLillo ins Dänische. Sein Roman Die Hoffnung (Hoffmann und Campe 2017) wurde von der Kritik hochgelobt und war für zahlreiche Preise nominiert.

Sonnenberg, UlrichUlrich Sonnenberg lebt und arbeitet als freier Herausgeber und Übersetzer aus dem Dänischen und Norwegischen in Frankfurt am Main. 2013 erhielt er den Übersetzerpreis des Staatlichen Dänischen Kunstrats.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.06.2019

Der Kolonialist
als Schnapspflaume
Mich Vraas Sicht auf dänische Sklavenhalter
Ein historischer Roman über die Karibik verheißt malerische Natur, sinnliche und schöne Menschen, Musik, Exotik und vielleicht auch philosophische Positionen, wie man sie von Daniel Defoe oder Saint-John Perse kennt, um europäische Autoren zu nennen. Mich Vraa, Däne, lässt die Natur beiseite und unternimmt stattdessen ein literarisches Experiment. Er verteilt seinen Romanstoff auf eine Vielzahl von Stimmen, die Zeugnis geben von einer Zeit, als Dänemark einen König und Kolonien in den Antillen hatte.
Die Jungferninseln Saint John und Saint Thomas waren im 17. Jahrhundert noch kampflos zu haben gewesen, Saint Croix wurde Frankreich abgekauft. Es findet sich dort eine vielfältige Gesellschaft: Nachkommen von Piraten und Verbannten, die zur Besiedlung hergeschickt wurden, Pflanzer aller möglichen Nationen, und eine große Mehrheit versklavter Afrikaner. Vraa hat sich den Moment vor der Emanzipation der Sklaven für die Handlung seines Romans ausgesucht, als deren Einfuhr auf die dänischen Inseln schon verboten war, sodass darüber nachgedacht wurde Arbeitskräfte zu züchten. Die Zuckerrohr-Pflanzer sahen ihre Profite gefährdet, aber ihren Niedergang hat vor allem der europäische Rübenzucker bewerkstelligt.
Vraa gestaltet sein Thema – übrigens als Trilogie, der Roman „Die Hoffnung“ erschien 2017, der dritte wird wohl folgen – nicht linear, sondern mit versetzter Chronologie. So erzeugt er den Charme des gewissermaßen pointillistischen Tableaus einer konkreten Situation, was reizvoll ist, ein wenig Aufmerksamkeit abfordert, aber so verfasst und übersetzt ist, dass man gern folgt.
In seinem Nachwort hält Vraa fest, er habe sich auf historische Dokumente gestützt und daraus zitiert. Kenntlich gemacht hat er solche Dokument-Zitate nicht. Vielmehr klingen manche Tagebuchauszüge, als seien sie speziell für heutige Leser verfasst. So können wir vermuten, dass ein Textstück historisch ist, ein anderes nicht, oder gleich davon ausgehen, dass alles Fiktion ist, und dass die paar historischen Personen als Dekor dienen, um den Roman realistisch zu machen.
Als historisch verbürgte Person gereizt habe ihn Peter von Scholten, gibt Vraa an, der Gouverneur Dänisch Westindiens von 1836 bis 1848. Scholten sei vom König auffällig protegiert worden, ohne dass man gewusst hätte wieso. Das schmückt Vraa aus. Seine hübsche Idee besteht darin, dass Scholten als dänischer Beamter in der reichen Kolonie Geld abzweigt für des Königs außereheliche Kinder und es in London deponiert. Ähnlich unterhaltsam ist der makabre Einfall, dass ein – etwas exzentrischer – Verwaltungsbeamter seinen Leichnam in einen mit Rum gefüllten Bleisarg einlegen lässt, der nach Jahren der Lagerung in Kopenhagen eintrifft, leck schlägt und einen Festrausch unter den Schauerleuten auslöst.
Im Zentrum des Romans steht außerdem Maria Eide, die schon in „Die Hoffnung“ vorkam, Tochter eines aufständischen Sklaven, der eine Weiße vergewaltigt hatte. Ein philanthropisch gesinnter Arzt und Pflanzer vermacht Maria seinen Landsitz, auf dem sie eine Schule für Sklavenkinder einrichten will.
Dazu kommt Anna Heegaard, die uns als vermögende Tochter europäischer Herren und ihrer afrikanischen Bediensteten vorgestellt wird. Sie verlässt ihren Liebhaber, um sich mit Scholten zu liieren, der sie bei offiziellen Anlässen, weil sie „Mulattin“ ist, als Personal präsentiert. Dabei ist Scholten im Roman ein wahrer Freund der Schwarzen, er spricht mit ihnen ihr Pidgin, er nimmt an ihrem Wohl und Wehe Anteil und wird von ihnen als „Massa Peter“ verehrt.
Der Zeitzeuge Victor Schoelcher, der französische Kämpfer für die Befreiung der Sklaven der Karibik, hat die etwas menschlicheren Zustände auf den dänischen Karibikinseln lobend erwähnt, während zuvor die schlechte Behandlung auch freier Arbeiter daheim in Dänemark für Widerwillen gesorgt hatte. Schoelcher hat sich sogar anerkennend über Peter von Scholten geäußert, aber das kommt bei Vraa nicht vor.
Bei den Pflanzern ist Scholten folgerichtig unbeliebt. Für sie sind die Afrikaner handelbare Gegenstände. Als es 1848 auf Saint Croix, nach Haiti, nach den britischen Inseln, nach Schoelchers Einsatz in den französischen Kolonien, zu Sklavenerhebungen kam, floss kaum Blut – ein Verdienst Scholtens und des Sklavenanführers Buddhoe. In Dänemark führte das prompt zu einer Anklage wegen Veruntreuung, von der Scholten sich nur mühsam rehabilitieren lassen konnte.
Ein Szenario der Weltgeschichte also mit zahlreichen Konfliktlinien und menschlichen Schicksalen: jede Menge Stoff für Romane. V. S. Naipaul hat in „The Loss of El Dorado“ ein ähnliches Verfahren angewandt, aber er hat nichts als Dokument ausgegeben, was keines war, sondern lieber Fragen gestellt.
Vraa will seine historischen und fiktiven Personen für sich selbst sprechen lassen. Das entfaltet vor allem dann eine besondere Wirkung, wenn seine Helden als gegenwärtig beschreiben, was im Rückblick zu erzählen nicht interessant wäre. Wie zum Beispiel der Staat Dänemark nach den Regeln heutiger globaler Investoren die Inseln schlicht fallenlassen will, weil sie sich nicht mehr rentieren. Oder die Inkonsequenz der Philanthropen, die sich für die Freiheit der Sklaven einsetzen, bei sich daheim aber weiterhin Personal als Eigentum behalten. So streift Vraa durch einen Abschnitt dänischer Vergangenheit, greift sich, was ihm in sein Vorhaben passt und lässt aus, was zu weit führen würde, und macht vor, wie man historische Stoffe behandeln kann, ohne dass ein konventioneller Roman daraus wird.
RUDOLF VON BITTER
Die menschlicheren Zustände
auf den dänischen Karibikinseln
sind lobend erwähnt worden
Mich Vraa: Jetzt seid ihr frei. Roman. Aus dem Dänischen von Ulrich Sonnenberg. Hoffmann und Campe,
Hamburg 2019.
494 Seiten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Rudolf von Bitter nimmt Mich Vraa nicht übel, dass er sich in seinem Roman (Teil einer Triogie, informiert uns Bitter) nach Belieben bei der Historie über die Kolonialzeit der Dänen auf den Antillen bedient, munter in der Chronologie springt und Dokument-Zitate nicht kennzeichnet. Ein unkonventioneller Text mit vielen Konfliktlinien und umfangreichem Personal entsteht so allemal, findet er. Den Moment der Loslösung der Sklaven kann der Autor so unterhaltsam in farbigen Tableaus darstellen, meint der Rezensent. Dass Vraa seine Figuren weitgehend selbst sprechen lässt, schafft Gegenwärtigkeit, erklärt Bitter einen Appeal der Geschichte.

© Perlentaucher Medien GmbH
»So streift Vraa durch einen Abschnitt dänischer Vergangenheit [...] und macht vor, wie man historische Stoffe behandeln kann, ohne dass ein konventioneller Roman daraus wird.« Rudolf von Bitter Süddeutsche Zeitung, 26.06.2019