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Seit Jahren siedeln sich junge Rechtsextreme bewusst in ländlichen Regionen an, um dort generationsübergreifend »nationale Graswurzelarbeit« zu betreiben. Dieser unauffällige Aktionismus ist gegen die moderne und liberale Gesellschaft der Großstädte gerichtet, es herrschen alte Geschlechterbilder und autoritäre Erziehungsmuster vor. Die Aussteiger von rechts betreiben ökologische Landwirtschaft, pflegen altes Handwerk und nationales Brauchtum, organisieren Landkaufgruppen und eigene Wirtschaftsnetzwerke, die bundesweit agieren. Sie bringen sich in örtlichen Vereinen ein und gehen in die lokale…mehr

Produktbeschreibung
Seit Jahren siedeln sich junge Rechtsextreme bewusst in ländlichen Regionen an, um dort generationsübergreifend »nationale Graswurzelarbeit« zu betreiben. Dieser unauffällige Aktionismus ist gegen die moderne und liberale Gesellschaft der Großstädte gerichtet, es herrschen alte Geschlechterbilder und autoritäre Erziehungsmuster vor. Die Aussteiger von rechts betreiben ökologische Landwirtschaft, pflegen altes Handwerk und nationales Brauchtum, organisieren Landkaufgruppen und eigene Wirtschaftsnetzwerke, die bundesweit agieren. Sie bringen sich in örtlichen Vereinen ein und gehen in die lokale Politik, um Umweltschutz mit »Volksschutz« zu verbinden und eine angebliche »Überfremdung « zu verhindern.Die beiden ausgewiesenen Rechtsextremismus-Experten Andrea Röpke und Andreas Speit verfolgen seit Jahren diese kaum beachtete Entwicklung. Sie zeigen die historischen Wurzeln und aktuellen Vernetzungen auf, die bis in die Parlamente reichen. Dabei wird deutlich: Hier handelt es sich um eine unterschätzte Gefahr.
Autorenporträt
ANDREA RÖPKE, geboren 1965, ist Politologin und freie Journalistin. Ihre Inside-Recherchen im Neonazi-Milieu wurden in diversen Fernsehmagazinen wie Panorama, Fakt, Kennzeichen D und Spiegel TV sowie auch in Spiegel, Focus und Stern veröffentlicht.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.09.2019

Brauner Heimatschutz
Umweltfragen werden auch von Rechtsextremisten zunehmend thematisiert und instrumentalisiert

Umweltschutz und ökologisches Leben liegen im Trend. Junge Menschen mieten Schrebergärten, Schüler gehen auf die Straße, um für den Klimaschutz zu demonstrieren, die Grünen haben einen enormen Zuwachs. Dass Naturschutz jedoch nicht nur grün und schon gar nicht unpolitisch sein muss, zeigen die Journalisten Andrea Röpke und Andreas Speit in ihrem neuen Buch: "Völkische Landnahme. Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos" widmet sich der Frage, wie rechtsnationale und völkische Bewegungen schon seit langer Zeit versuchen, Natur- und "Heimatschutz" für sich zu beanspruchen.

Röpke und Speit sind Experten auf dem Gebiet des Rechtsextremismus, seit Jahren beschäftigen sie sich intensiv mit verschiedensten Aspekten der Szene. Gemeinsam haben sie mehrere Bücher verfasst, etwa über Frauen in der Neonazi-Szene oder die Geschichte rechter Gewalt. Diese Expertise wird auch in "Völkische Landnahme" deutlich: Sehr detailliert und an unzähligen Beispielen zeigen die Autoren, wie völkische Bewegungen mehr und mehr den ländlichen Raum erobern. Sie unterwandern die lokale Infrastruktur und vernetzen sich dabei gleichzeitig deutschlandweit. Rechtes Gedankengut wird dabei oft über Generationen weitergegeben, Aussteiger gibt es wenige. Da völkische Bewegungen einem verloren geglaubten, ursprünglichen Idyll hinterhertrauern, spielen Natur- und Umweltschutz innerhalb der Szene eine große Rolle. Publikationen, wie die Zeitschrift "Umwelt & Aktiv", die sich auf den ersten Blick lediglich Umweltthemen widmen, entpuppen sich bei genauerem Hinsehen als Kommunikationsplattform neuer Rechter.

Diese Verbindungen, so zeigen Röpke und Speit auf erhellende Weise, haben eine Tradition, die in die Anfänge des zwanzigsten Jahrhunderts zurückreicht. Damals bildeten sich naturverbundene Bewegungen, die sich in einer Vielzahl von Vereinsgründungen niederschlugen. Nicht alle waren zwangsläufig rechts, doch gingen Natur- und Heimatschutz häufig Hand in Hand. Einige von ihnen haben bis heute ihren Einfluss nicht verloren: "Nationalsozialismus und heutiger Rechtsextremismus sind ohne die politische Vorarbeit durch zahlreiche Bünde, Gilden oder Landsmannschaften aus den 1920er Jahren nur schwer denkbar", schreiben die Autoren.

Im Dritten Reich wurde Naturschutz gefördert, da der Mensch, so der Gedanke, sich in der ihn umgebenden Landschaft widerspiegele: "Sie kann das edle Antlitz seines Geistes und seiner Seele ebenso wie auch die Fratze des Ungeistes, menschlicher und seelischer Verkommenheit sein", heißt es beispielsweise 1942 in der "Landschaftsfibel". Die Landschaft konnte zu diesem Ziel durchaus auch geformt werden, so wurden etwa um Auschwitz herum Hecken für die heimische Vogelwelt angelegt und Naturschutzgebiete beantragt. Eine Vielzahl der damaligen Umweltschützer blieben nach dem Zweiten Weltkrieg aktiv und haben auch postum noch einen guten Ruf. Dies gilt nicht nur für die rechte Szene. Naturschutz, so lange die Annahme, habe nichts mit Politik zu tun.

Röpke und Speit wollen das Gegenteil beweisen. Dabei ist die Gründlichkeit, mit der sie diverse Protagonisten und Strömungen aufzählen, beeindruckend. Das führt aber zuweilen dazu, dass es schwerfällt, den Überblick zu behalten. Einige Schlüsselfiguren tauchen zwar immer wieder auf, eine Vielzahl der Namen gehen nach einmaliger Nennung jedoch wieder unter. Dass die meisten der zahlreichen Biographien nur kurz angerissen werden, mag dem Anspruch geschuldet sein, die komplexen Strukturen der völkischen Szene so vollständig wie möglich erfassen zu wollen. So kommen einzelne Figuren jeweils nur kurz in den Blick, doch entsteht ein vielseitiges Panorama der unterschiedlichen Gruppierungen, das teilweise fast ins Groteske reicht: "Stukkateur Jens Beutel, aus dem nahe gelegenen Bad Bibra stammend, nannte sich bei Facebook lange ,Mühlenschrat Lichtsucher'. Sein Markenzeichen ist der Zwirbelbart, oft trägt er eine mit Fantasieemblemen verzierte Kopfbedeckung", heißt es etwa an einer Stelle.

Das völkische Spektrum versammelt ein ganzes Sammelsurium von kuriosen Persönlichkeiten und Biographien aus allen möglichen Richtungen. Sprösslinge strammer Neonazi-Dynastien treffen auf Esoteriker, Anhänger der Waldorf-Bewegung und Gründungsmitglieder der Grünen. Viele dieser Verbindungen sind überraschend - und erschreckend. In "Umwelt & Aktiv" erklärt Rainer Langhans "wie ,richtig' es sei, keine Berührungsängste gegenüber rechten Tierrechtlern zu haben". Als durchgeknallte Spinner sollte man diese Leute aber nicht abtun. Röpke und Speits Buch ist auch deshalb so gut, weil es zeigt, welche Gefahr von scheinbar abseitigen Gruppen und Vereinen ausgeht.

ANNA VOLLMER

Andrea Röpke / Andreas Speit: Völkische Landnahme. Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos.

Ch.Links Verlag, Berlin 2019. 208 S., 18, - [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.10.2019

Wo die netten Nazis ackern
Andrea Röpke und Andreas Speit beleuchten das Milieu von völkischen Siedlern, die sich in ländlichen Regionen niederlassen
und dort oft unbemerkt Einfluss auf die Dorfgemeinschaft ausüben – ganz im Sinne einer Blut-und-Boden-Tradition
VON ANGELIKA BENZ
Wer sind die Siedler, die sich bevorzugt in Gebieten ansiedeln, die von Landflucht betroffen sind, Ökohöfe bewirtschaften und sich naturverbunden und heimatliebend zeigen? Dieser Frage sind Andrea Röpke und Andreas Speit mit ihrem Buch „Völkische Landnahme. Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos“ nachgegangen. Sie tauchen dabei ein in ein beunruhigend wirkendes Milieu von ideologisch gefestigten Rechtsextremen, die sich systematisch in menschenleeren Regionen niederlassen und dort „politische Raumgewinnung für antiemanzipatorische und antihumanistische Ressentiments“ betreiben. Mit ihrem Ziel, eine „rassisch“ geprägte Gesellschaft zu etablieren, stellen sie eine bislang unterschätzte und oft unerkannte Gefahr für die Demokratie dar.
Völkische Siedler, die sich sozial und politisch vernetzen, gemeinsam Kinder großziehen und Einfluss auf die Strukturen vor Ort nehmen wollen, finden sich mittlerweile in fast allen Bundesländern, sie denken dabei, so Röpke und Speit, nicht von Wahlperiode zu Wahlperiode, „sondern in viel größeren Zeiträumen. Es geht ihnen um eine nachhaltige politische Wende“.
Das Buch bietet einen hilfreichen Kontext, der mit Fehleinschätzungen und Missverständnissen aufräumt – wie der Annahme, dass sich Rechtsradikalismus und eine ökologische Lebenseinstellung widersprächen. Röpke und Speit erläutern, dass bereits im Nationalsozialismus Natur-, Umwelt- und Heimatschutz eine Rolle spielte. Wenn völkische Siedler Bauernhöfe in ländlicher Region kaufen, Vieh artgerecht und ökologisch halten, sich in der Gemeinschaft nützlich machen, Schulen aufbauen und sich aktiv in Elternvertretungen, im Waldschutz und in Umweltinitiativen engagieren, schlüpfen sie also keineswegs in den Schafspelz, um andere zu täuschen, sie leben vielmehr eine der Blut-und-Boden-Tradition und völkischem Brauchtum verbundene Einstellung.
Die Nachbarschaftshilfe ist echt und entspringt der Idee, gemeinsam stark zu sein. Dass in der Gemeinschaft nicht alle erwünscht sind, kommt dann erst nach und nach ans Licht, denn bei allen Unterschieden „eint sie alle der Glaube, dem deutschen Volk stehe eine ,Überfremdung‘ durch Zuwanderung und Islamisierung bevor, die es in seiner ganzen Existenz bedrohe“. Besonders angefeindet werden dabei die Grünen, denen vorgeworfen wird, durch Flüchtlingsfreundlichkeit der Umwelt und der Tierwelt großen Schaden zuzufügen.
Die Autoren nehmen den Leser mit auf eine Reise durch Projekte und Konzepte der völkischen Landnahme. Sie erläutern die Bedeutung gezielter Ansiedlung mehrerer Familien im gleichen Dorf, des Engagements in Dorfgemeinschaften, verweisen auf den politischen Sinn von Jugendfahrten, Gefährtenschaften, von Veranstaltungen, kurzum, sie zeigen die „nationale Graswurzelarbeit“, hinter der System steckt. Sie beschreiben Kunst, Literatur, Musik und Theater als „kulturelle Mittel zur völkischen Platzgewinnung im vorpolitischen Raum“ und zeigen damit eine Säule des völkischen Siedlungskonzeptes, die vor allem für Ahnungslose zunächst harmlos und unverfänglich wirkt. Ein Blick auf die Besucher der Aufführung „Wilhelm Tell“ (übrigens eine in rechten Kreisen durchaus sinnstiftende Figur) der Laienschauspielgruppe Friedrich Schiller, die im Herbst 2018 in Bischofswerda stattfand, macht indes deutlich, welche Bedeutung derlei Veranstaltungen haben: Hardliner der rechtsextremen Szene waren – auch aus der Schweiz und Österreich – angereist und machten die Kulturveranstaltung zu einem Treffpunkt des rechtsextremen Milieus.
Eindrücklich sind die beschriebenen Reaktionen der Dorfbewohner, die von „Aber die sahen aus wie Ökos“ über „Ja, aber die machen wenigstens was“ bis hin zu „Die haben doch aber auch recht“ reichen. Entsetzen über die Infiltrierung nach Erkennen der wahren Intention oder Gesinnung der neuen Siedler, Versuch der Gegenwehr, hilfloses Mitansehen und das bewusste Inkaufnehmen – für all diese Reaktionen finden sich zahlreiche Beispiele.
Das Buch zeigt aber auch in erschreckender Weise, wie sich der Rechtsruck seit Pegida und AfD bemerkbar macht. Die Mitglieder des rechten Spektrums, ob in rechtsradikalen Vereinen, Parteien, Bruderschaften oder sonstigen Zusammenschlüssen, trauen sich deutlich weiter aus der Deckung als zuvor. Bei Feierlichkeiten und Fahrten nehmen sie ganz offen teil, dabei entsteht eine „Entgrenzung des Milieus“. Sympathien werden offen gezeigt, man gibt sich freundschaftlich verbunden. Völkische Siedler nehmen an Veranstaltungen von Pegida oder der AfD teil, Aktivisten der „Identitären Bewegung“ besuchen Veranstaltungen der völkischen Siedler. Röpke und Speit zeigen an vielen Beispielen, wie prominente Vertreter für die Idee werben. Björn Höcke etwa, der die „wahre“ Volksgemeinschaft auf dem Land sieht und in einem Vergleich zu Asterix und Obelix von der „Rückeroberung“ aus den gallischen Dörfern spricht oder Götz Kubitschek, Mitbegründer des Instituts für Staatspolitik (IfS), der in der völkischen Siedlung einen fruchtbaren Weg sieht und davon spricht, dass leere Gehöfte und örtliche Kameradschaften vorrätig seien und dass es nur einer Führung bedürfe. Immer wieder ist die Rückbesinnung auf Altes, Gutes, Heimatverbundenes das Thema. Bei der Natur- und Heimatverbundenheit sind Hass, Hetze und Verschwörungstheorien immer präsent und allgegenwärtig.
Röpke und Speit liefern mit ihrem detailreichen Überblick einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung über die Szene der völkischen Siedler. Sie machen aufmerksam auf eine unterschätzte Gefahr, die auch auf dem Radar der Sicherheitsbehörden nicht oder nicht ausreichend auftaucht. Es ist eine Gefahr, die alle betrifft, und darum fordern die beiden zu Recht einen kritischen Diskurs, der im privaten wie im öffentlichen Raum stattfinden muss. Sie warnen jedoch vor dem Fehler, den Protagonisten der Szene Gesprächsangebote zu machen, denn so harmlos sie mit ihren Nachbarschaftsinitiativen und Vereinsaktivitäten auch wirken mögen, „sie wollen nicht über eine offene Gesellschaft reden, sondern diese komplett umwälzen und in Teilen gar durch eine straff hierarchische, völkische Gesinnungsgemeinschaft ersetzen, in der das Grundrecht auf Gleichheit aller Menschen nicht mehr gilt“.
Angelika Benz ist Historikerin, die zu Nationalsozialismus und DDR-Geschichte forscht. Zuletzt erschien von ihr: „Handlanger der SS. Die Rolle der Trawniki-Männer im Holocaust“.
Zur „Wilhelm Tell“-Aufführug
in Bischofswerda kam rechtes
Publikum sogar aus der Schweiz
Viel Platz und leer stehende Häuser – da freuen sich viele über neue Nachbarn. Dass die manchmal ein krudes Weltbild haben und auf Missionierung aus sind, bleibt oft verborgen.
Foto: Regina Schmeken
Andrea Röpke,
Andreas Speit:
Völkische Landnahme.
Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos.
Ch. Links-Verlag, Berlin 2019.
208 Seiten, 18 Euro.
E-Book: 12,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Röpke und Speits Buch ist auch deshalb so gut, weil es zeigt, welche Gefahr von scheinbar abseitigen Gruppen und Vereinen ausgeht. Anna Vollmer, FAZ Röpke und Speit liefern mit ihrem detailreichen Überblick einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung über die Szene der völkischen Siedler. Angelika Benz, Süddeutsche Zeitung Ein Buch für noch ahnungslose Dorfbewohner, engagierte Bürger und den Verfassungsschutz, der bestimmt wieder von nichts weiß. Frank Willmann, neues deutschland Das glänzend recherchierte, lesenswerte Buch »Völkische Landnahme« zeigt sehr eindrücklich, dass Naturliebe auch Menschenhass bedeuten kann. Wolfgang M. Schmitt, Rhein-Zeitung Die Autoren erweisen sich auch in diesem Buch als gute Kenner der Materie. Armin Pfahl-Traughber, hpd Ein im besten Sinne aufklärerisches Buch. Johannes Hartl, Bell Tower