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Brian Milner ist ein hervorragender Zeichner und talentierter Filmemacher: Die surreale und verfremdete Realität seiner Tagträume, in denen er sich häufig verliert, fängt er in Bildern ein, die eine besondere Sogkraft entwickeln... Seine häufige geistige Abwesenheit bringt ihm in seinem Freundeskreis den Ruf als Sonderling ein. Als die anziehende Laurie in sein Leben tritt, der sein Freund Jimmy eine Hauptrolle in ihrem nächsten gemeinsam produzierten Filmprojekt zugedacht hat, weiß er nicht, wie er ihr begegnen soll...In "Daidalos" werden Träume zu Inspirationsquellen für die Fiktion - und…mehr

Produktbeschreibung
Brian Milner ist ein hervorragender Zeichner und talentierter Filmemacher: Die surreale und verfremdete Realität seiner Tagträume, in denen er sich häufig verliert, fängt er in Bildern ein, die eine besondere Sogkraft entwickeln... Seine häufige geistige Abwesenheit bringt ihm in seinem Freundeskreis den Ruf als Sonderling ein. Als die anziehende Laurie in sein Leben tritt, der sein Freund Jimmy eine Hauptrolle in ihrem nächsten gemeinsam produzierten Filmprojekt zugedacht hat, weiß er nicht, wie er ihr begegnen soll...In "Daidalos" werden Träume zu Inspirationsquellen für die Fiktion - und Kamera oder Bleistift zum Werkzeug, die Brücke zwischen Imagination und Realität zu schlagen. Seiner eigenen Biografie so nah wie nie zuvor greift Charles Burns ("Black Hole") hier Mittel der Psychoanalyse auf, um ein verschlüsseltes Abbild seiner eigenen Jugend zu zeichnen.
Autorenporträt
Charles Burns, 1955 in Washington, D. C. geboren, gilt dank seiner atmosphärischen, von starken Schwarzweißkontrasten geprägten Zeichnungen als einer der großen Stilisten des Comics. Neben Illustrationen für The New Yorker oder Rolling Stone entwarf Charles Burns auch Bühnenbilder und Plattencover.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.03.2020

Jugend vor dem Toaster
Alte Traumata im neuen Charles-Burns-Comic
Der himmlische Raum ist frei, dort wollen wir ziehen, sagt Daidalos bei Ovid, zu seinem Sohn Ikarus, es ist die klassische Geschichte von Aufschwung und Höhenflug, Vermessenheit und Absturz. Eine erste Anspielung auf den Mythos, von dem die neue Graphic Novel von Charles Burns den Titel hat, gibt es, wenn der junge Brian plötzlich auf einer Party in eine Art Trance oder Traum gleitet, er steht einsam am Rande einer Felsenklippe, die Sonne ist schon tief am Himmel. Brian ist nackt, er weiß nicht, wie er hierher gekommen ist, aber das beunruhigt ihn nicht weiter. „Ich brauche mich nur leicht abzudrücken, schon schwebe ich.“
Brian ist ein typischer Burns-Held, notorisch in der Teenager-Clique für seine Abseitigkeit. Während die anderen Party machen, trinken und kiffen, hockt er in der Küche und zeichnet, Absonderliches, Abartiges: einen Jungenkörper im Hemd, aber aus dem Kragen kommen nicht Hals und Kopf hervor, sondern eine quallige Masse, mit gebündelten Polypengreifern. „Es dauert eine Weile, bis mir klar wird, dass das, was ich da zeichne, ich selbst bin.“ Das Selbstporträt eines Alien. Coming of age, der Stoff aus dem amerikanische Science Fiction ist.
Im Chrom des Toasters vor sich sieht Brian sein Gesicht, breitgedrückt, mit der braven schwarzen Eisenherz-Frisur, die Nase wulstig. Eine schaurige Gleichgültigkeit, fasziniert von der eigenen Deformation, ein selbstgerechter Narzissmus, den die amerikanische Jugend mit grotesker Einsamkeit bezahlt. „Ich könnte ewig den Toaster anstarren, mich darin verlieren.“
Natürlich darf man bei Charles Burns keine Eindeutigkeit erwarten, seine Bücher leben, nicht verwunderlich beim Thema Pubertät und frühe Sexualität, davon, wie Formen unaufhörlich im Wandel sind: wallendes tiefrotes Frauenhaar – an diversen Körperteilen! –, am Himmel schwebende Polypen, ein Kokon, eine riesige Schote, „sie ist dünn und zerreißt wie Zellstoff“, und darin steckt Laurie …
Laurie ist das Mädchen, das zum zeichnenden Brian in die Küche kommt, man hatte sie gewarnt vor all dem kranken Zeug, das sich in Brians Hirn abspielt. Der Freund Jimmy führt dann an seinem Geburtstag Super-8-Versionen von Horrorfilmen vor, jede zehn Minuten lang, kultigen Trash, Z-Movies. Und einen echten Klassiker, „The Creeping Flesh“, Drehbuch, Regie, Schnitt, Hauptrolle: Jimmy. Ein Film nach der Parole: Nette Jungs hässliche Sachen machen lassen vor der Kamera, mit der Frühstücksgabel einem anderen das Auge ausstechen. Und die Mädchen zu drängeln mit nervendem „Passt auf, schaut hin“. Toxische Jungenhaftigkeit.
Dass sie kein Ende zu finden scheint, ist das Trauma der Jugend in den Büchern von Charles Burns („Black Hole“, „X“). Die Übergänge sind fließend, zwischen Wirklichkeit, Drehbuch, Vision, Traum, die Illusion wird immer wieder gebrochen – ein leises Surren, „wie das Geräusch einer laufenden Filmkamera“. Gleich darauf die Ermahnung „Schau nicht in die Kamera“.
Am Ende gehen Laurie und Brian ins Kino, das ist für sie wie eine Expedition auf fremdes Terrain, sie sehen „Invasion of the Body Snatchers“ von Don Siegel. Mysteriöse Aliens, die in einer amerikanischen Kleinstadt eine Menge großer Schoten deponieren, und immer wenn einer der Städter einschläft, schält sich sein Doppelgänger heraus und tritt an seine Stelle. Eine Welt ohne Gefühl entsteht.
Nach dem Kino gehen die zwei in eine Kneipe in Brooklyn – deren Wände haben das gleiche schwarze Muster wie die Küche, in der sie sich erstmals trafen. Laurie schaut sich Brians Bilder an und findet sich darauf … Die „Daidalos“-Bände sollen einzeln erst nur in Europa erscheinen, in den USA wird es erst die komplette Geschichte geben. Wird es dann um die große Leerstelle von Don Siegels Film gehen, die Existenz der Aliens? Hineinkriechen in die Schoten?
FRITZ GÖTTLER
Charles Burns:
Daidalos 1.
Graphic Novel. Aus dem Englischen von Heinrich Anders. Reprodukt
Verlag, Berlin 2020. 64 Seiten, 20 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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