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Volker Reinhardt schildert knapp und kenntnisreich die Geschichte der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom Bundesschluss der "Urkantone" bis zur Gegenwart. Sorgfältig ausgewählte Abbildungen und Karten machen diesen kompakten Überblick zu einem unentbehrlichen Standardwerk. Direkte Demokratie und außenpolitische Neutralität, der Zusammenhalt unterschiedlicher Sprachnationen, wirtschaftliche Modernität, Wohlstand, Weltoffenheit, Sauberkeit: Das sind nur einige der Tugenden, für die die Schweiz weltweit bewundert wird. Volker Reinhardt zeigt, dass sich das "Phänomen Schweiz" am besten im…mehr

Produktbeschreibung
Volker Reinhardt schildert knapp und kenntnisreich die Geschichte der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom Bundesschluss der "Urkantone" bis zur Gegenwart. Sorgfältig ausgewählte Abbildungen und Karten machen diesen kompakten Überblick zu einem unentbehrlichen Standardwerk. Direkte Demokratie und außenpolitische Neutralität, der Zusammenhalt unterschiedlicher Sprachnationen, wirtschaftliche Modernität, Wohlstand, Weltoffenheit, Sauberkeit: Das sind nur einige der Tugenden, für die die Schweiz weltweit bewundert wird. Volker Reinhardt zeigt, dass sich das "Phänomen Schweiz" am besten im historischen Rückblick verstehen lässt. Dabei fragt er immer wieder nach dem Selbstverständnis der Schweizer als wehrhafte Nation, für das der Mythos um Rütlischwur und Wilhelm Tell konstitutiv ist und das in den letzten Jahren durch die Offenlegung wirtschaftlicher Verflechtungen mit dem "Dritten Reich", die zunehmende Einwanderung und europäische Integration sowie die Anfechtung des Bankgeheimnisses kritisch hinterfragt wird.
Autorenporträt
Volker Reinhardt, geb. 1954, ist Professor für Allgemeine und Schweizer Geschichte der Neuzeit an der Universität Fribourg.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.10.2011

Nicht so langweilig, wie man gemeinhin behauptet
Alle Schokoladen-, Uhren- und Käse-Klischees liegen im Ideenreichtum eines ganz besonderen Volkes begründet:
Volker Reinhardts so lehrreiche wie unterhaltsame Geschichte der Schweiz hat das Zeug zum Standardwerk Von Wolfgang Koydl
Was wissen wir Deutsche schon über Schweizer Geschichte? Geßler-Hut, Apfelschuss, Wilhelm Tell und die Hohle Gasse. Und dann war da noch so eine Sache mit einem heiligen Schwur irgendwo auf einer Bergwiese über dem Vierwaldstätter See. Eine magere Ausbeute, wenn man sie mit dem Wissen über Österreich oder Frankreich vergleicht. Und noch magerer wird sie, wenn man bedenkt, dass Tell gar keine historische Figur und vermutlich noch nicht einmal Schweizer gewesen ist – unbeschadet der Tatsache, dass ein Standbild des vollbärtigen Freiheitskämpfers den Plenarsaal des Parlaments in Bern schmückt.
Tatsächlich dürfte der mittelalterliche Schweizer Geschichtsschreiber Aegidius Tschudi den Tell-Mythos einer dänischen Sage entliehen und für das Alpenland zurechtgemodelt haben. Popularisiert wurde der legendäre Held dann durch einen anderen Ausländer, den deutschen Dramatiker Friedrich Schiller. Deutschlands anderer klassischer Dichterfürst, Goethe, hatte ihm das Thema großzügig abgetreten, auf das er bei einer Schweiz-Reise gestoßen war.
Schiller war es auch, der mit seinem Drama ein Idealbild der Eidgenossenschaft schuf, das sich bis heute fest in den Köpfen eingenistet hat: Die Geschichte einer verschworenen Gemeinschaft freiheitsdurstiger Bauern, die sich gegen despotische Fürsten auflehnen, deren gepanzerte Ritter in offener Feldschlacht niedermetzeln und anschließend eine Art früher Volksrepublik gleichberechtigter Männer (Frauen stießen erst später, viel später hinzu) begründen, die über Jahrhunderte den Feudalherrschern rings herum in Europa tapfer die Stirn bietet.
Ganz so dramatisch verlief die Geschichte freilich nicht. Aber andererseits auch nicht so langweilig, wie gemeinhin behauptet wird, wenn man das eigene Desinteresse an helvetischer Historie rechtfertigen will. Wie es wirklich gewesen ist, hat nun auf bemerkenswert lehrreiche wie unterhaltsame Weise der Historiker Volker Reinhardt aufgeschrieben. Bisher ist der Professor für allgemeine und Schweizer Geschichte der Neuzeit an der Universität Fribourg hauptsächlich mit Werken über das Italien der Renaissance hervorgetreten; nun hat er seiner vor einigen Jahren erschienenen kleinen Geschichte der Schweiz eine umfangreiche Ausgabe nachfolgen lassen, die sich zu einem Standardwerk entwickeln könnte.
Reinhardts Buch kommt zudem zum richtigen Zeitpunkt auf den Markt. In den letzten Jahren ist das Interesse an der Eidgenossenschaft jenseits ihrer Grenzen deutlich gewachsen, eine Folge – unter anderem – der fast schon als Massenzustrom zu bezeichnenden Zuwanderung deutscher Arbeitskräfte vom Küchenpersonal bis zum Klinikchef. Unter den Deutschen ist verstärkt die Neugier geweckt, endlich hinter die Käse- und Kuckucksuhren-Klischees zu blicken.
Was es da zu entdecken gibt, ist eine faszinierende Abfolge von ebenso überraschenden wie erstaunlichen Begebenheiten und zahlreichen Aha-Erlebnissen. Mit Königsmorden, Kolonialabenteuern und Kabalen an Prinzenhöfen kann die Schweiz zwar nicht dienen; aber die mehr als 700 Jahre seit dem legendären Rütli-Schwur entbehren nicht des Dramas, der Tragik, aber auch der Triumphe. Die Schweiz mag immer, bis zum heutigen Tag, unbeirrt und manchmal stur ihren Sonderweg gegangen sein; aber Reinhardt macht deutlich, dass sie ebenso eindeutig stets Teil Europas und seiner Geschichte gewesen ist – nicht im Scheinwerferlicht, aber auf stille Weise eben oft auch bestimmend.
Reinhardt ist gewiss nicht der erste Historiker, der mit den eidgenössischen Gründungsmythen aufräumt, aber er tut es vielleicht gründlicher als andere. So vermag man beispielsweise bei einer genaueren Lektüre des „Bundesbriefes“, in dem sich die drei Ur-Kantone Uri, Schwyz und Obwalden einander gegenseitig Beistandes versichern, keine wahrhaft revolutionären Forderungen zu erkennen. „Im Gegenteil“, schreibt Volker Reinhardt, „sie zielten auf die Bewahrung der bestehenden Herrschafts- und Rechtsverhältnisse ab.“ Die Kantone verbaten sich lediglich Einmischung von außen mit der Begründung, dass die örtlichen Kräfte sehr wohl in der Lage wären, selbst Recht und Ordnung zu garantieren.
Dies aber führt zu einer erstaunlichen Schlussfolgerung: Interessiert an der Friedens-, Ordnungs- und Besitzstandwahrung im Zusammenspiel mit dem Reichsvogt als Vertreter der kaiserlichen Krone waren die lokalen Eliten und nicht das Volk – also „die Familien, die auf Alter, Besitz und Prestige pochen konnten und daher Autorität besaßen“. Diese Familien machten den örtlichen Adel aus, und daher gemahnt der Rütli-Schwur eher an die Magna Charta, in welcher der englische Adel dem Monarchen Zugeständnisse abtrotzte, als einem revolutionären Volkssturm auf die Bastille.
Während ihrer ganzen Geschichte stellten sich Schweizer und Nicht-Schweizer die Frage, wie solch ein Staatswesen wie die Alpen-Konföderation eigentlich funktionieren, ja existieren kann. Zum einen waren die Kantone untereinander immer uneins: Stadt gegen Land, Katholiken gegen Protestanten, Patriziergeschlechter gegen Bauern, romanische Schweizer gegen deutsche. Ihren letzten Bürgerkrieg fochten die Eidgenossen erst 1847 aus. Doch schon im Jahr darauf gaben sie sich, in enger Anlehnung an das amerikanische Vorbild, jene demokratische Verfassung, die bis heute Bestand hat und die politische Stabilität und wirtschaftlichen Welterfolg der kleinen Nation mit begründete.
Risiken für den Zusammenhalt drohten aber nicht nur von innen. Diese kleine Insel im Herzen Europas mit ihren anderswo als höchst suspekt betrachteten basisdemokratischen Elementen war umgeben von ebenso mächtigen wie machthungrigen Staaten: Frankreich, Deutschland, Habsburg, Mailand und Savoyen. Die einzelnen Kantone selbst verfolgten teils gegensätzliche außenpolitische Interessen: Zürich blickte nach Norden über den Bodensee hinweg; Bern nach Westen Richtung Frankreich; und die Zentralschweiz hatte Oberitalien jenseits der Pässe fest im Visier.
Doch im Angesicht äußerer Bedrohungen schlossen sich die Schweizer meist zusammen, derweil die bedrohliche Außenwelt sich gegenseitig neutralisierte: Begehrenswert war die Schweiz in erster Linie aus geostrategischen Gründen, weil sie die Nord-Süd-Achse Europas über die Alpenpässe kontrollierte. Da keine Großmacht der anderen diesen Preis vergönnte, hielten sie einander gegenseitig in Schach. Das schmälert nicht die kriegerischen Leistungen der Schweizer selbst: Ihre Söldner gehörten jahrhundertelang zu den besten ihres Fachs, und da sie unterschiedslos an jeden Potentaten ausgeliehen wurden, der sie sich leisten konnte, hatte niemand ein Interesse daran, dass diese Quelle der Kampfkraft versiegte.
Seit 1515, als sie in der Schlacht von Marignano einem französischen Heer unterlagen, führten die Eidgenossen nicht mehr auf eigene Regie Krieg. Die Niederlage war die Geburtsstunde der bewaffneten Neutralität. Aber dank der fetten Gebühren, die ausländische Mächte für Schweizer Söldner zahlten, verdienten die Schweizer Eliten an jedem Waffengang auf dem Kontinent mit. Es war aber nicht nur dieses Kapital, das die Grundlage legte für den wirtschaftlichen Erfolg der Schweiz. Sehr viel wichtiger waren der Ideenreichtum und der Fleiß eines Volkes, das nicht wohlfeil irgendwelche Rohstoffe und Ressourcen ausbeuten und verkaufen konnte. Ob Käse, Schokolade, Uhren oder Kreditgeschäfte – Schweizer mussten schon immer Produkte mit deutlichem Mehrwert anbieten.
Sehr früh schon führte dies dazu, dass breite Schichten der Bevölkerung verhältnismäßig viel Wohlstand aufbauen konnten. Dies wiederum bildete eine zusätzliche Grundlage für sozialen Konsens. Diese gesellschaftliche Homogenität hatte sich allmählich aufgebaut.
Gerade wegen der Verschiedenartigkeit ihrer Landesteile und Einwohner war den Eidgenossen früh bewusst geworden, wie notwendig die Fähigkeiten zu Kompromiss, Kommunikation und Kontakten waren. Dass Schweizer Politik oft vorsichtig, ja betulich wirkt, ist ein Ergebnis dieser Entwicklung.
Wird die Schweiz auch in Zukunft ihren Sonderweg beschreiten, ihre Eigenart behalten können? Reinhardt weist auf zwei gegensätzliche Entwicklungen hin, die Europa in den letzten zwanzig Jahren seit dem Ende des Kommunismus geprägt haben: die Aufgabe eigener Souveränität an die supranationale Europäische Union auf der einen Seite, und die zum Teil kriegerisch durchgesetzte Maxime „ein Volk, eine Sprache, ein Staat“ in Osteuropa auf der anderen Seite. Beides widerspricht diametral der Schweizer Realität und der Schweizer Identität von einer aus vier Kulturen und Sprachen gebildeten Nation mit dezidiert eigenständigen Gepflogenheiten.
Dennoch kann sich die Schweiz weltweiten Entwicklungen nicht entziehen. Und auch wenn die EU derzeit wenig Attraktivität ausübt, so schafft sie dennoch einen Sog, in den die Eidgenossenschaft mit ihren bilateralen Verträgen mit Brüssel längst geraten ist.
Volker Reinhardt, ein Deutscher, ist aber zuversichtlich für sein Gastland. Gerade wegen ihrer unterschiedlichen Sprachen und Kulturen, meint er, verfüge die Schweiz „wie kein anderes Land Europas über die Fähigkeit, sich neu zu denken, zu erfinden und zu positionieren, ohne ihre Vergangenheit zu verleugnen“. Sein Fazit: „In dieser Hinsicht kann Europa von der Schweiz nur lernen.“ Und alte Mythen braucht man dazu nicht.
Volker Reinhardt
Die Geschichte der Schweiz
Von den Anfängen bis heute.
Verlag C. H. Beck, München 2011.
512 Seiten, 34,95 Euro.
Gründungsmythen sind
hartnäckig: Der Rütli-Schwur
war eine Elitenveranstaltung
Tatkräftig und geübt im
Kompromiss: Europa kann
von der Schweiz nur lernen
So begehrenswert wie die Toblerone-Gipfel war die Schweiz immer auch aus geostrategischen Gründen – weil sie die Alpenpässe kontrollierte. Doch den Eidgenossen gelang es, ihre Neutralität dauerhaft zu verteidigen.
Foto: Studio/
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.04.2011

Der Mythos eines kleinen Landes

Kein anderes Land besitzt eine solch heroische Gründungslegende. Der Mythos vom wackeren Wilhelm Tell wurde überdies musikalisch und literarisch geadelt - und dies sogar von zwei Ausländern. Doch ob es sich nun um die Oper von Gioacchino Rossini oder um den Tell Schillers handelt - die eigensinnigen Eidgenossen hatten noch nie etwas gegen jene Ausländer, die ihnen Kultur brachten. Großzügig sind sie auch beim Geld von Fremden. Nur bei fremden Vögten reagieren sie stets allergisch. So war es schon bei den Habsburgern, und so ist es nun auch bei den EU-Bürokraten - mit diesen wollen sie nichts zu tun haben. Wer die Aversionen und die Besonderheiten dieses kleinen Landes verstehen will, muss seine Geschichte kennen. Die ist viel komplizierter als der schöne Tell-Mythos, sie ist lange Zeit auch viel kriegerischer gewesen, als es das heutige Image suggeriert. Weil die Klischees vielen Touristen nicht genügen, kommen in regelmäßigen Abständen Bücher auf den Markt, die eine kleine, leicht lesbare Geschichte des Landes versprechen. Einige haben dieses Versprechen erfüllt, wie etwa Hanno Helbling in den sechziger Jahren oder die Autoren eines Suhrkamp-Buches im Jahr 1998. Das Buch von Volker Reinhardt, einem Historiker der Universität Fribourg, hat zwar einen hübschen Umschlag, sein Inhalt ist aber spröde. Nicht nur die Sprache ist akademisch, das Buch handelt vor allem Haupt- und Staatsaktionen. Kultur und Wirtschaft kommen kaum vor. Man erfährt somit auch nicht, warum die Deutschschweizer Alemannen so anders sind als die deutschen Alemannen, warum dieses Land so oft ein Sonderfall war, warum es bereits zur Republik wurde, als bei den Nachbarn noch die Monarchen herrschten. Diesen Mangel an feudaler Tradition muss man aber kennen, um zu verstehen, warum die Schweizer keinen staatlichen Prunk dulden, warum sie nur einmal im Jahr einen Staatsbesuch erlauben und den roten Teppich daher pfiffig und billig leihen können. Enttäuschend ist auch, dass die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg viel zu knapp abgehandelt wird. Sie prägte schließlich das jetzige Bild vom neutralen Außenseiter und Fluchtgeld-Verwalter, diese Epoche vor allem ist es, die das Land von der europäischen Integration abhält.

km.

"Kleine Geschichte der Schweiz" von Volker Reinhardt. Verlag C.H. Beck, München 2010. 176 Seiten, 27 Abbildungen und sechs Karten. Broschiert, 16,95 Euro.

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Urs Hafner hat zwei neue Geschichten der Schweiz gelesen, die ihm grundsätzlich beide als "Synthesen jüngerer Einzelstudien" und, was die Forschung betrifft, auf neustem Stand erscheinen. Er schlägt beide Bücher der "politischen Geschichtsschreibung" mit dem Fokus auf politische Verfassungen und Institutionen zu und vermisst bei beiden kulturgeschichtliche und geschlechterspezifische Aspekte sowie eine Auseinandersetzung mit früheren Geschichtsdarstellungen. Volker Reinhardt allerdings wirft er vor, dem Spätmittelalter in seiner ohnehin knapp gehaltenen "Kleinen Geschichte" nicht genügend Raum zu geben und auch das 20. und 21. Jahrhundert kommt dem Rezensenten hier entschieden zu kurz. Wenn der Autor zudem behauptet, auch heute sei ein Großteil der Schweizer vom "Tell-Rütli-Mythos" überzeugt und glaube, dass die Schweiz sich durch ihre "feste Verteidigungshaltung" vor einer Eroberung durch Nazideutschland geschützt habe, dann findet das der Rezensent schlicht "weltentrückt".

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