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Es gibt Dinge im Leben, auf die kann man sich nicht vorbereiten. Vater werden ist so etwas. Was braucht es, um eine guter Vater sein zu können? Wo lernt man das, Vatersein?Diese Fragen stellt sich auch der natürlich restlos fiktionale Erzähler in »Die Reise zum Mittelpunkt des Waldes«. Um Antworten zu finden, macht er sich eines Nachts, Hals über Kopf und ohne seinen Liebsten Bescheid zu geben, auf den Weg in einen riesigen, mythischen Wald. In diesem soll der sagenumwobene »Reuber« leben. Ihn, den keiner kennt und den seit Jahren niemand mehr gesehen hat, will er ausfindig machen und von ihm…mehr

Produktbeschreibung
Es gibt Dinge im Leben, auf die kann man sich nicht vorbereiten. Vater werden ist so etwas. Was braucht es, um eine guter Vater sein zu können? Wo lernt man das, Vatersein?Diese Fragen stellt sich auch der natürlich restlos fiktionale Erzähler in »Die Reise zum Mittelpunkt des Waldes«. Um Antworten zu finden, macht er sich eines Nachts, Hals über Kopf und ohne seinen Liebsten Bescheid zu geben, auf den Weg in einen riesigen, mythischen Wald. In diesem soll der sagenumwobene »Reuber« leben. Ihn, den keiner kennt und den seit Jahren niemand mehr gesehen hat, will er ausfindig machen und von ihm lernen. Bei ihm will er die vielleicht wichtigste Ausbildung absolvieren - nicht im Leuteausrauben natürlich, sondern darin, wie man ein Vater wird, der sein Kind in jeder Lebenslage zu beschützen weiß. Tatsächlich findet er den Reuber auch, oder besser gesagt: der Reuber findet ihn. Nach deutlichen Annäherungsschwierigkeiten erkennen sie, was sie voneinander lernen können. Das hat mit Feuermachen zu tun, mit Atmen, mit durch die Bäume jagen und damit, wie man sich im Wald ernährt. Und es hat mit Mut zu tun - dem Mut, mindestens so laut zu grölen wie der Reuber, aber vor allem auch dem Mut, irgendwann aus dem Wald zur Familie zurückzukehren, um endlich das sein zu können, was man geworden ist: Ein richtiger Vater. Die Zeichnerin Rán Flygenring, die schon mehrfach und preisgekrönt mit Finn-Ole Heinrich zusammengearbeitet hat, vervollständigt diesen Text mit ihren wunderbaren, traumwaldhaften Illustrationen und zahlreichen hilfreichen Tutorials. Entstanden ist eine Hommage an die Wucht des Waldes und ein liebevoller Brief an das eigene Kind, der von einem der letzten großen Abenteuer in einer »entabenteuerten Welt« erzählt. Ein Vorlese-Reuberroman für Töchter, Söhne, Mütter und Väter - und für alle, die mal eines davon werden wollen.
Autorenporträt
Finn-Ole Heinrich, *1982, ist vielfach ausgezeichneter Autor von Erzählbänden, Romanen ("Räuberhände"), und Kinderbüchern ("Maulina Schmitt" / "Frerk, du Zwerg" / "Trecker kommt mit"). Für seine Kinderbücher erhielt er u.a. den Deutschen Jugendliteraturpreis 2012, das Hamburger Tüddelband 2014, den Deutsch-Französischen Jugendliteraturpreis 2014 und den LUCHS 2015. www.finnoleheinrich.de Rán Flygenring, *1987, stammt aus Reykjavik und hat dort, in Basel und in Berlin studiert und ist Absolventin der Iceland Academy of the Arts. Sie arbeitet als Grafikdesignerin und Illustratorin und pendelt zwischen verschiedenen Ländern in Europa. Für ihre Illustrationen wurde sie mehrfach ausgezeichnet. www.ranflygenring.com "Finn-Ole Heinrich lässt wie gewohnt seiner Fantasie und Lust an der Wortfantasterei freien Lauf. Und weil Rán Flygenring diese Vaterwerdung ebenso lustvoll, bizarr und liebevoll illustriert hat, ist sie auch optisch ein großes Vergnügen." (Barbara Weitzel, Berliner Zeitung) "Finn-Ole Heinrichs ¿Die Reise zum Mittelpunkt des Waldes¿ ... ist die Geschichte einer Entgrenzung, Befreiung und Wandlung. Insofern ist es eine große Geschichte. Und sie ist großartig erzählt. Das Buch ¿ witzig illustriert von Rán Flygenring ¿ eignet sich auch hervorragend zum Vorlesen. Nicht nur wegen der lustigen Synonyme für sagen, sondern auch, weil man an manchen Stellen richtig laut werden kann." (Ronald Meyer-Arlt, HAZ) "Illustriert hat Finn-Ole Heinrichs köstliches Buch die geniale Rán Flygenring." (WELT am Sonntag) "Eine tolle Geschichte, verpackt in einem wundervoll illustrierten Buch! Die Story um unseren Protagonisten, der ohne Vater aufwuchs, nun selbst Vater wird und sich Unterstützung (und vielleicht auch eine eigene Vaterfigur) sucht beim gefährlichsten Waldbewohner, ist perfekt zum Vorlesen, für alle ¿Selbstleser¿ ab zwölf Jahren und natürlich auch für die ¿Großen¿ geeignet, die sich im Protagonisten vielleicht selbst ein kleines bisschen wiederfinden." (killmonotony.de) "Es ist sprachlich virtuos, sprachlich eine Wucht ¿ Und hat man die ersten hohen Hürden genommen, so bekommt man außerdem eine sympathisch unkonventionelle Geschichte aufgetischt. Wer als Jugendlicher wissen will, wie man kreativ mit Sprache umgehen kann, der ist hier richtig ¿ und jede/r, der/die sich für die grafische Gestaltung von Büchern interessiert, ebenso." (Ulf Cronenberg, Jugendbuchtipps.de)
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.01.2019

Die Welt ist kein Fußfönverein

Toxisch sind hier in jedem Fall die Pilze: Finn-Ole Heinrich lässt einen Mann zu sich selbst finden.

Also, ich wäre jetzt der Vater, und du wärst die Mutter, und das da wäre das Baby: So spielen Kinder. Vor allem Mädchen tun das gern. Und was ist mit den Jungs? Oder: Wie hätten wir sie denn gern? Das ist derzeit eine der gesellschaftlichen Großfragen. Mitten hinein in die Debatte plumpsen da zwei Figuren.

Vermutlich haben sie sich von Tannenwipfel zu Tannenwipfel geschwungen und sind dann einfach mal so geflogen - "im Randbereich des Springens", wie er sagen würde. Überhaupt hat er es mit den nerdigen Floskeln, sogar dann, wenn sein Leben am seidenen Faden hängt. Und das tut es oft in dieser Geschichte. Er, das ist ein etwas übergewichtiges und in jeder Hinsicht Konflikten abgeneigtes Ich, "Bürger und Steuerzahler. Humanist und Vegetarier". Nun wird er aber bald Vater. Und weiß, vaterlos aufgewachsen, gar nicht recht, was das denn sein soll, als Mensch, als Rolle, als Gegenstück zur starken, schönen Mutter des gemeinsamen Kindes. Weil die Welt kein "Fußfönverein" ist, sondern gefährlich, will er lernen, mit dem Leben umzugehen.

Also zieht dieses Ich in den Wald. Und sucht ihn, den Reuber. Der Reuber denkt nicht, er frisst, wenn er kann, schläft wenig und traut niemandem. Er hat schon Leute umgebracht. Der Ich-Erzähler kennt ihn nur aus Geschichten, plötzlich steht er da: Riesig, haarig, wild, stinkend, grunzend ist der Reuber definitiv einer, der nur nach seinen eigenen Regeln lebt. So liest man sie auch, riesig und grün, als Graffito geschrieben in "Die Reise zum Mittelpunkt des Waldes". Regel Nummer vier etwa: "Im Wald hat einer immer recht und du bist es nicht." Und natürlich Regel Nummer zehn: "Ein Reuber gefühlt nicht in der Welt herum." Das Ich hingegen ist ganz groß im "Gefühlen" und Nachdenken, im Tun eher weniger. Das lernt er nun.

Finn-Ole Heinrich ist ein Experte darin, Worte zu finden für das, was an Abgründen und Potentialen in den Menschen schlummert. In seinem Debüt "Frerk, du Zwerg" schlüpfen seltsame Zwerge in Frerks Leben und machen aus einem unterdrückten Kind ein irgendwie freies. Mit der erfolgreichen Trilogie "Maulina Schmitt" hat Heinrich ein Mädchen in den Schock einer zerbröselnden Welt voll Trennung, Leid und Tod geschickt, humorvoll und surreal. Dort ist es der innere "Maul", der Maulina bis zur Weißglut wütend werden lässt. Ein fast Dämon gewordener Zustand ihrer Seele.

Nun also sind Wut, Mut und Angst eine Figur geworden: Der Reuber. Schon dieser eine, andere Buchstabe deutet das an. Heinrich stellt mit "Die Reise zum Mittelpunkt des Waldes" eine grundlegende Frage, unisex, gewissermaßen. Es geht um nichts geringeres als um den Mittelpunkt des Lebens. Was schlummert in uns, an Möglichkeiten und Ungeheuerem? Schon vor drei Jahren hat sich Heinrich, Jahrgang 1982 und ursprünglich Filmemacher und Poetry Slammer, mit dieser Frage befasst. Damals entstand das gleichnamige Kinderstück, gefördert im Programm "Nah dran" vom Kinder- und Jugendtheaterzentrum, uraufgeführt an den Bühnen in Esslingen und Freiburg.

Im Stück war es ein Forscher, der in den Wald eindrang, um den Reuber kennenzulernen. Nun ist es ein werdender Vater, der nicht aus Wissensdurst vom Reuber lernen will, sondern buchstäblich als Überlebenstraining. Denn es geht um Leben und Tod dieser Figur, die so nicht weitermachen kann: unbeteiligt, gedisst, gefangen in sich. Damit ist aus "Die Reise zum Mittelpunkt des Waldes" vollends eine Art Bildungsroman geworden. Aber einer, der das, was da gelehrt und gelernt werden soll, durchaus und sofort wieder in Frage stellt. Das ist bisweilen dramatisch und oft sogar gleichzeitig ungeheuer komisch. Darf ein werdender Vater einfach so in den Wald abhauen und seine schwangere Frau verlassen? Ist der Reuber Erfindung, ungezähmter Halbmensch oder im Leben des Ichs auch noch etwas ganz anderes? Ist es okay, selbst zum Verbrecher zu werden, um vom Reuber zu lernen?

Das ist wohl die kniffligste Stelle des Buchs, jene Szene, in der das nunmehr ausgebildete Ich zwei Wanderinnen überfällt, ganz so, wie der Reuber es sonst tut. Eine Szene, die bestens zum Modebegriff der "toxischen Männlichkeit" zu passen scheint. In den sozialen Medien wird der Reuberrroman als eindimensional, toxisch, erzreaktionär bezeichnet. Nicht alle, die dazu etwas sagen, haben allerdings das Buch auch gelesen.

Im Wald hingegen sind quasseln, denken und "herumgefühlen" Todesfallen. Es ist ungeheuerlich! Es ist Literatur. Heinrichs grandioses Sprachtalent zieht diese Passage wie alle anderen, in denen Anarchie und Zivilisation aufeinandertreffen, zu vieldeutigen Labyrinthen auf - jenseits von Echoräumen, hart, ironisch, in komisch gebrochenem Pathos. Nicht nur hat er dem Reuber eine ganz eigene Reubersprache erfunden, die in einer Mischung aus Radebrechen und Slang selbst viele Assoziationen freisetzt. Allein für die Beschreibung der außersprachlichen Laute des Reubers - er graucht und knörrt, rönft und gröllt - hat Heinrich ein Wortfeld geschaffen. Deutlicher als mit dem salzbetränten Abschied, sekundenkurz, und dem harten Schlag gegen den Solarplexus, mit dem der Reuber sich seinen Schmerz übertönt, als der Erzähler geht, wird Heinrich nicht - er vertraut den Lesern.

Das aufwendig gestaltete Buch macht die isländische Grafikerin Rán Flygenring, wie schon für "Frerk" und "Maulina Schmitt" zur kongenialen Bild-Autorin der Geschichte. Ihre Überlebenstricks und Tipps, die sie dazwischen gezeichnet hat, sind gewitzt und nützlich noch obendrein, auch wenn sie nicht alle funktionieren. Toxisch sind in jedem Fall die Pilze, die sie zeichnet und die der Erzähler zu essen versucht. "Lecksu eima dran und krrkss", erklärt der Reuber.

EVA-MARIA MAGEL

Finn-Ole Heinrich, Rán Flygenring: "Die Reise zum Mittelpunkt des Waldes". Reuberroman.

Mairisch Verlag, Hamburg 2018. 184 S., geb., 20,- [Euro]. Ab 10 J.

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