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Aden Sawyer, achtzehn, hat einen Plan. Er wird sie weit vom Haus ihrer Mutter, in dem die Familienfotos zur Wand gedreht sind, und vom Einfluss ihres dominanten Vaters entfernen. Denn sie ist entschlossen, nach Peschawar in Pakistan zu reisen, um dort in einer Medrese den Islam zu studieren. Mit Hilfe eines Freundes organisiert sie die heimliche Reise. In Pakistan schlüpft sie in eine neue Identität, verkleidet sich als junger Mann. Doch bald gerät sie in größere Gefahr, als sie sich jemals vorstellen konnte. Denn der Weg zur Erlösung ist lang und gefährlich, und er führt direkt in die…mehr

Produktbeschreibung
Aden Sawyer, achtzehn, hat einen Plan. Er wird sie weit vom Haus ihrer Mutter, in dem die Familienfotos zur Wand gedreht sind, und vom Einfluss ihres dominanten Vaters entfernen. Denn sie ist entschlossen, nach Peschawar in Pakistan zu reisen, um dort in einer Medrese den Islam zu studieren. Mit Hilfe eines Freundes organisiert sie die heimliche Reise. In Pakistan schlüpft sie in eine neue Identität, verkleidet sich als junger Mann. Doch bald gerät sie in größere Gefahr, als sie sich jemals vorstellen konnte. Denn der Weg zur Erlösung ist lang und gefährlich, und er führt direkt in die Kriegswirren Afghanistans. John Wray verfolgt das Schicksal seiner jungen Heldin mit der zwingenden Logik der Paranoia und erzeugt so atemberaubende Spannung.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
John Wray wurde 1971 in Washington, D. C., als Sohn einer Österreicherin und eines Amerikaners geboren. Studium am Oberlin College, an der Columbia University und an der Universität Wien. Er lebt als freier Schriftsteller in Brooklyn und Friesach (Kärnten). 2007 wurde er von dem Literaturmagazin Granta unter die zwanzig besten jungen US-Autoren gewählt, 2017 beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt mit dem Preis des Deutschlandfunks ausgezeichnet.

Bernhard Robben, geb. 1955, lebt in Brunne/Brandenburg und übersetzt aus dem Englischen, u. a. Salman Rushdie, Peter Carey, Ian McEwan, Patricia Highsmith und Philip Roth. 2003 wurde er mit dem Übersetzerpreis der Stiftung Kunst und Kultur des Landes NRW ausgezeichnet, 2013 mit dem Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis für sein Lebenswerk geehrt.
Rezensionen
Wray verzettelt sich nicht und wird auch nicht ironisch oder moralisierend. Er nimmt seine Protagonistin ernst und versucht, zu ergründen, was besonders eine Frau zu den Taliban treiben könnte. Er will erzählen, wie sie zur Gläubigen wird und wie sie als Gläubige tickt. Mick Schulz Kölnische Rundschau 20190214

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.01.2019

Immer
noch Leere
Zu Besuch bei John Wray, der in „Gotteskind“ von
einer amerikanischen Taliban-Kämpferin erzählt
VON CHRISTIAN ZASCHKE
Seit zehn Tagen, erzählt der Schriftsteller John Wray, war er im Jahr 2015 für das Magazin Esquire in Afghanistan unterwegs, um eine Geschichte über das Land zu schreiben, aus dem die amerikanischen Truppen laut einer Ankündigung des damaligen Präsidenten Barack Obama bald abgezogen werden sollten. Die Idee war, eine Reportage aus verschiedenen Winkeln zu schreiben, die erzählt, was passiert war seit dem Einmarsch der Amerikaner, und wie die Zukunft aussehen könnte. Allerdings kam Wray mit der Recherche nicht voran, weil die wichtigsten Straßen gesperrt waren oder sein Fahrer und Übersetzer ihm erklärte, dass manche Routen zu gefährlich seien. Wie sollte er eine umfassende Reportage schreiben, wenn er die wichtigsten Orte nicht besuchen und mit den wichtigsten Menschen nicht sprechen konnte? Wrays Antwort lautete: gar nicht.
Da er nun aber schon mal im Land war, beschloss er, sich einer anderen Geschichte zuzuwenden. Er begab sich auf die Spuren von John Walker Lindh, der 2001 als der „amerikanische Taliban“ bekannt wurde. Der aus den USA stammende Lindh war zum Islam konvertiert, 1998 hatte er in Jemen Arabisch gelernt, um den Koran im Original lesen zu können. Im Jahr 2000 kehrte er, nach kurzem Aufenthalt in Kalifornien, nach Jemen zurück, zog dann weiter nach Pakistan, um an einer Medrese zu lernen, einer religiösen Schule, und wurde dort wohl radikalisiert. Im Frühjahr 2001 ging er nach Afghanistan und schloss sich den Taliban an. Ende 2001 wurde er festgenommen und nach Amerika gebracht, wo er eine Haftstrafe verbüßt. In diesem Frühjahr könnte er freigelassen werden. Vielleicht, dachte Wray, könnte in dieser Geschichte ein Sachbuch stecken, in dem sich viel über das Verhältnis des Westens zum Islam erklären ließe. Doch auch diese Recherche verlief schleppend, bis Wray und sein Übersetzer in einem Dorf nördlich von Kabul mit einem älteren Mann ins Gespräch kamen, der sagte, natürlich erinnere er sich an den amerikanischen Jungen. Und an das amerikanische Mädchen.
Wray bat den Übersetzer, noch einmal nachzufragen. Wirklich, ein amerikanisches Mädchen? Aber ja, habe der alte Mann gesagt, auch sie habe für die Taliban gekämpft. Wray war elektrisiert.
Er erzählt von diesem Moment, der die Grundlage seines Romans „Gotteskind“ werden sollte, in seinem Haus in Brooklyn, einem Brownstone, das er 2011 als Ruine gekauft und ganz allmählich renoviert hat. Da ein ganzes Haus für einen einzelnen Mann doch etwas zu groß ist, vermietete Wray einige Räume als Schreibzimmer an andere Schriftsteller. Im vierten Stock schreibt Marlon James, der für den Roman „Eine kurze Geschichte von sieben Morden“ mit dem Booker-Preis und dem American Book Award ausgezeichnet wurde. Nebenan arbeiten Nathan Englander und Alice Sola Kim. Akhil Sharma schreibt im dritten Stock, Isaac Fitzgerald verfasst im ersten Stock Kinderbücher. Wray selbst schreibt im Keller auf einer elektrischen Schreibmaschine aus den 1980er-Jahren, wobei James vermutet, dass Wray meistens Schlagzeug spielt. Gegen diese These spricht, dass Wray sehr viel Zeit damit verbringt, gegen Englander Tischtennis zu spielen, unter Zuhilfenahme von brettharten Schlägern mit dünnstem Noppenbelag auf einer Platte, deren Oberfläche man nur mit sehr viel Wohlwollen als eben bezeichnen kann. Wenn er weder Schlagzeug noch Tischtennis spielt oder gar schreibt, fliegt Wray nach Österreich (er ist Sohn eines Amerikaners und einer Österreicherin und spricht fließend Deutsch), oder nach Mexiko, wo seine Freundin lebt.
Es herrscht in diesem Haus eine heitere Atmosphäre, und es ist ein Wunder, dass dort überhaupt jemand zum Schreiben kommt. Im Wohnzimmer steht ein Tischkicker, an dem großen Tisch in der Wohnküche kommen alle zum Essen und Trinken und Reden zusammen. Eine höhere Dichte von talentierten Schreibern auf derart engem Raum dürfte es jedenfalls in ganz New York nicht geben, vielleicht sogar nirgends.
Als Wray damals die Geschichte von der amerikanischen Taliban-Kämpferin hörte, bemühte er sich, mehr in Erfahrung zu bringen. „Aber je mehr Leute wir befragten, desto unklarer wurde alles“, erzählt er, „war es vielleicht eine Britin, hat es sie überhaupt gegeben? Es gab keinen Durchbruch. Und dann fiel mir beinahe plötzlich wieder ein, dass ich Schriftsteller bin. Wenn ich diese Geschichte erzählen will, dachte ich, dann kann ich das ja.“
Das Ergebnis ist ein ebenso beängstigender wie beklemmender Roman, ein Buch, in dem es zumindest in der zweiten Hälfte unter der stillen Oberfläche permanent so sehr brodelt, dass man stets eine Explosion erwartet, obwohl der Erzählton so ruhig ist, so klar, was übrigens auch in der gelungenen deutschen Übersetzung der Fall ist.
Erzählt wird die Geschichte der 18 Jahre alten Aden Grace Sawyer aus Kalifornien, die sich mit ihrem Freund Decker Yousafzai aufmacht nach Pakistan, um an einer Medrese zu lernen. Wie ihr historisches Vorbild John Walker Lindh spricht sie Arabisch, und wie Lindh sucht sie spirituelle Erfüllung. Ihr Abschied aus den USA vollzieht sich so: „Der Terminal war das Letzte, was sie von Amerika sehen würde, und Aden gab sich Mühe, aufmerksam zu sein. Die Laufbänder, die Akustikplatten, die Sterilität, die Ähnlichkeit aller Orte, aller Details. Kein Ort war so amerikanisch wie dieser. Eine leuchtend helle Leere.“
Was klingt, wie der Auftakt eines klassischen Bildungsromans entwickelt sich zu einer Mischung aus Abenteuer- und durchaus Horrorroman. Um an der Medrese lernen zu können, muss Aden sich als Junge ausgeben. Sie rasiert ihre Haare kurz, ihre Brüste bindet sie mit einer Bandage ab, sie spricht mit tieferer Stimme. Als Namen wählt sie Suleyman (wie übrigens auch Lindh, mit dessen Vater John Wray zur Vorbereitung des Buches ein Gespräch führte). Sie ist ein eifriger Schüler, und zunächst findet sie tatsächlich die Erfüllung, nach der sie sich gesehnt hatte, vor allem beim gemeinsamen Gebet: „Die Taliban schaukelten im Rhythmus der Koranverse vor und zurück. In den besten Momenten schien sich Adens Blick ebenfalls zu trüben, und sie meinte, die Worte zwischen den Zähnen vibrieren zu spüren; das war, was sie wollte, mehr hatte sie sich nie gewünscht.“
Natürlich entwickelt sie den Wunsch nach mehr, den Wunsch, in den bewaffneten Kampf zu ziehen, und inwieweit das ein Kampf für oder gegen etwas ist, und wogegen und wofür, ist ein Thema, das Wray so subtil verhandelt, wie er die Anschläge vom 11. September in die Handlung webt. Die Taliban in den Bergen, denen Aden sich angeschlossen hat, erfahren über ein rauschendes Radio davon, und sind nicht sonderlich beeindruckt, weil es keine Paschtunen waren, die den Anschlag verübt haben.
Als sie Aden sagen, was sich zugetragen hat, denkt sie an ihre alte Heimat und an sich selbst: „Sie stand auf der Erde, und sie saß in den Flugzeugen. Sie war ans andere Ende der Welt gegangen, zu einem leeren Flecken auf der Landkarte, aber Amerika hatte sie gefunden.“ Ein Entkommen wäre vielleicht möglich gewesen, aber wie so viele Wanderer zwischen den Welten stellt Aden fest, dass es nicht nur ums Entkommen geht, sondern auch darum, eine neue Heimat zu finden. Wer die nicht gefunden hat, bleibt einsam, haltlos, auf der Flucht. Mit anderen Worten: immer noch leer.
„Gotteskind“ ist John Wrays fünfter Roman. Eine Seite pro Tag schreibt er auf einer surrenden Brother-Schreibmaschine in seinem Keller in Brooklyn. Später tippt er die Seite in den Computer – oder auch nicht. Er tut alles dafür, langsam zu sein. Als er trotzdem einmal richtig schnell war, hatte er mit dieser Methode ein Buch nach viereinhalb Jahren fertig. Für sein vorletztes, „Das Geheimnis der verlorenen Zeit“ (2016) hat er sieben Jahre gebraucht, „Gotteskind“ hat er in zweieinhalb Jahren hingeschrieben. Vielleicht hat diese, man möchte fast sagen, Rasanz, dem Buch zu seiner stillen Brutalität verholfen.
Eine höhere Dichte von
talentierten Schreibern dürfte es
in ganz New York nicht geben
Aber je mehr
Leute wir befragten,
desto unklarer
wurde alles.“
John Wray: Gotteskind. Roman. Aus dem
Englischen von Bernhard Robbens. Rowohlt Verlag, Reinbek 2019. 343 Seiten,
23 Euro.
John Wray lebt
in Brooklyn, verbringt
aber auch viel
Zeit in Österreich.
Foto: Christopher Ho
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.03.2019

Die Musterschülerin des Dschihads

In John Wrays Roman "Gotteskind" zieht eine junge Amerikanerin als Mann verkleidet in den "Heiligen Krieg".

Von Hubert Spiegel

Gott hat seltsame Kinder. Mit Aden Grace Sawyer, einer jungen Amerikanerin aus Kalifornien, Professorentochter, achtzehn Jahre alt, eigensinnig, intelligent, gelangweilt, angewidert von der Verlogenheit ihres Elternhauses wie dem oberflächlichen Alltagsleben ihres Heimatlandes, hat John Wray in "Gotteskind" eine Romanfigur geschaffen, wie es sie bislang noch nicht gegeben hat: eine Musterschülerin des Dschihads, Klassenbeste in den Ausbildungslagern der Mudschahedin zwischen Kundus und Kandahar, eine androgyne Kindfrau, sehnsuchtsvoll, korankundig, kaltblütig.

Kann das gutgehen? Der westliche Reisende, der als Muslim verkleidet die exotische Welt des Orients erkundet und sogar bis nach Mekka gelangt, das ist seit Richard Francis Burton (1821 bis 1890) ein Topos der Reise- und Abenteuerliteratur des neunzehnten Jahrhunderts, der sich aus historischen Vorbildern speist. Auch reisende Frauen in Männerkleidung hat es gegeben, aber eine junge Amerikanerin, die im 21.Jahrhundert als Jüngling verkleidet in den "Heiligen Krieg" zieht? Eine Achtzehnjährige aus Kalifornien als junger Krieger im Traumland orientalisierender Homoerotik, zwischen bärtigen, sanftmütigen und grausamen Kämpfern, die ihre Waffen in Chintz hüllen, die Augen mit Kajal umranden, Rosenblätter zwischen den Lippen, wie es Bruce Chatwin und vor ihm Robert Byron idealisierend ausgemalt haben?

John Wray, Jahrgang 1971 und als Sohn eines amerikanischen Vaters und einer österreichischen Mutter seit je ein Grenzgänger zwischen den Welten, muss mit Romanen wie "Die rechte Hand des Schlafes" und "Das Geheimnis der verlorenen Zeit" zu den interessantesten amerikanischen Autoren seiner Generation gezählt werden. In "Gotteskind" wagt er viel und erzählt eine extreme Variante der klassischen Geschichte vom runaway kid: Junge Außenseiterin wird zur Ausreißerin, besteht manches Abenteuer und muss unter Schmerzen lernen, dass sie die Prägungen ihrer Herkunft nicht abstreifen kann wie eine Schlangenhaut, mag sie sich noch so sehr winden. Wray bürstet das Genre gleich mehrfach gegen den Strich, denn Adens Freiheitsdrang führt aus dem hedonistisch-liberalen Kalifornien in den islamistischen Käfig - einen Käfig aus Traditionen, Normen und religiösen Geboten.

"Gotteskind" ist ein Roman, ein Werk der Fiktion, das seinen Ursprung gleichwohl in der Wirklichkeit haben könnte. Ob die Amerikanerin an der Seite der Gotteskrieger, von der John Wray während einer Recherchereise in Afghanistan hörte, tatsächlich existiert hat, muss ebenso offen bleiben wie die Frage, ob sie den als "amerikanischen Taliban" 2001 festgenommenen John Walker Lindh auf dessen Reise in den Dschihad begleitete.

Aber die spärlichen Hinweise, die Wray, wie er in Interviews erzählt hat, 2015 in Afghanistan erhielt, haben genügt, um einen Roman entstehen zu lassen, der seine ausgesprochen reißerischen Zutaten auf erstaunlich subtile Art und Weise behandelt. Mit Aden, der gläubigen Muslima aus Kalifornien, verbissen, verbiestert, verwirrt, verliebt und ungeheuer zielstrebig und halsstarrig, erschafft Wray eine widersprüchliche, aber gleichwohl überzeugende Figur.

Ein junger Mann, der aus fehlgeleitetem Idealismus nach Afghanistan geht, braucht nur sich selbst zu täuschen. Eine junge Frau, die sich als Mann verkleidet, um dasselbe zu tun, muss ihre gesamte Umgebung betrügen und ein Lügengebäude errichten, das nicht nur zum Gefängnis werden muss, sondern im Gegensatz zu allen ihren Werten und Idealen steht und sogar ihr Leben gefährdet. Denn Aden erkennt schnell, was ihr droht, wenn die Maskerade auffliegen sollte: Folter, Tod oder Versklavung.

Wray fragt nicht, warum die junge Frau ein solches Risiko eingeht, er beschreibt, wie sie es tut: mit dem Mut, der Umsicht und der selbstzerstörerischen Unbedingtheit der Fanatikerin. Aden begehrt gegen alles auf - solange es ihre alte Heimat und ihr Elternhaus betrifft. In ihrem neuen Leben zwingt sie sich zu absolutem Gehorsam. Sie befolgt eifrig alle Regeln, beugt sich weißbärtigen Patriarchen, undurchschaubaren Mullahs wie den paramilitärischen Kommandostrukturen in den Lagern und erfährt dadurch jene Art der Freiheit, die nur die Unterwerfung spendet. Die naheliegende Frage, wie frei eine Frau sein kann, die ihr Geschlecht verbergen muss, stellt sie sich nicht.

Christian Kracht schickte vor achtzehn Jahren in seinem Roman "1979" einen Dandy auf den Spuren von Robert Byron nach Iran und weiter in ein Straflager, damit er dort, erniedrigt und seiner Persönlichkeit beraubt, erstmals in seinem Leben etwas wie Heimat fände. Auch Aden ist auf der Suche nach einer Gemeinschaft, die sie als Heimat empfinden kann. Dafür ist ihr kein Preis zu hoch: Als sie einen angeblichen Verräter, einen gefesselten alten Mann, erschießen soll, zögert sie nicht, es zu tun. Sie "hatte mit dem Töten angefangen und sah nun keinen Ausweg mehr, weshalb sie ungeduldig darauf wartete, weiterzumachen zu können", heißt es danach lakonisch. Bruce Chatwin hat die islamischen Länder Zentralasiens als "schlafende Riesen" bezeichnet. John Wray erzählt davon, was passieren kann, wenn die Kinder des Westens mit dem Riesen spielen wollen.

John Wray: "Gotteskind". Roman.

Aus dem Englischen von Bernhard Robben. Rowohlt Verlag, Reinbek 2019. 352 S., geb., 23,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur FAS-Rezension

Für den Rezensenten Hubert Spiegel ist der österreichisch-amerikanische Autor John Wray ein "Grenzgänger zwischen den Welten" - bestens geeignet also, um diese Geschichte einer jungen Amerikanerin zu erzählen, die als Mann verkleidet aus dem hedonistischen Kalifornien in den islamistischen Krieg zieht und sich den religiösen Traditionen unterwirft. Angelegt wie eine klassische Ausreißergeschichte, stellt der Autor das Genre auf den Kopf, erklärt der Kritiker, der zudem staunt, wie "subtil" und überzeugend Wray seine gegen ihre Heimat rebellierende Fanatikerin zeichnet.

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