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Ekkehard Eickhoff läßt die Venezianer und ihr europäisches Publikum noch einmal auf ihrer »großen Bühne von Marmor und Wasser, schattigen Gassen und lichten Plätzen« tanzen.
Unbeeinflußt von den politischen Wirren einer kriegerischen Zeit vergnügen sich im Venedig des 18. Jahrhunderts die schillernd sten Persönlichkeiten Europas. Vivaldi, Goethe, Casanova und Montesquieu geben sich auf dem venezianischen Karneval, bei prunkvollen Regatten und in den Salons der schönsten Damen Italiens ein Stelldichein.
In diesem späten »Feuerwerk« bewundert das Europa der Aufklärung den Glanz eines
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Produktbeschreibung
Ekkehard Eickhoff läßt die Venezianer und ihr europäisches Publikum noch einmal auf ihrer »großen Bühne von Marmor und Wasser, schattigen Gassen und lichten Plätzen« tanzen.

Unbeeinflußt von den politischen Wirren einer kriegerischen Zeit vergnügen sich im Venedig des 18. Jahrhunderts die schillernd sten Persönlichkeiten Europas. Vivaldi, Goethe, Casanova und Montesquieu geben sich auf dem venezianischen Karneval, bei prunkvollen Regatten und in den Salons der schönsten Damen Italiens ein Stelldichein.

In diesem späten »Feuerwerk« bewundert das Europa der Aufklärung den Glanz eines unvergleichlichen kulturellen und gesellschaftlichen Lebens. Abwechslungsreich spielt es sich in den unzähligen Theatern und Opernhäusern, Konzerten, Konservatorien und Kaffeehäusern ab. Da wird in kleinem, elegantem Kreise das Gespräch mit Dichtern und Literaten gepflegt und in den Casinos leichtfertig über Schicksale entschieden. Und wenn den deutschen Prinzen und englischen Gentlemen das Geld nicht ausgeht, nehmen sie die Stadt mit nach Hause: in Gemälden gefeierter Künstler, dem neuesten Stück eines berüchtigten Autors oder den kostbaren Produktionen venezianischer Verlagsdruckereien. Das scheinbar immerwährende Fest findet erst 1797 durch den großen General Bonaparte sein jähes Ende.
Autorenporträt
Ekkehard Eickhoff, geboren 1927 in Berlin, habilitierte sich 1973 für mittelalterliche und neuere Geschichte an der Universität Stuttgart. Seit 1953 gehörte er dem Auswärtigen Dienst an, arbeitete an den Botschaften in Kairo, Bern und Ankara sowie in der Ostabteilung des Auswärtigen Amtes. Er war Botschafter in Südafrika, Irland und in der Türkei und leitete die KSZE-Delegation der Bundesrepublik Deutschland in Wien. In seinen Büchern und Aufsätzen behandelt er Themen der mittelmeerischen und südosteuropäischen Geschichte und deren Bedeutung für die Geschichte Deutschlands und Mitteleuropas.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.12.2006

Der ferne Spiegel der Gegenwart
Spätes Feuerwerk: Ekkehard Eickhoff rehabilitiert das Venedig des achtzehnten Jahrhunderts / Von Dirk Schümer

Angesichts des glänzenden Untergangs Venedigs, wie ihn Ekkehard Eickhoffs eindringlich schildert, stellt sich die Frage, ob wir nicht derzeit Zeugen eines politischen Untergangs auf höchstem kulturellem Niveau sind.

Die letzten hundert Jahre der Republik Venedig vor ihrer Aufhebung durch Napoleon im Jahr 1797 waren eine Zeit des Niedergangs. Die Serenissima - eine geschminkte, alte Kokotte, die den Glanz vergangener Tage nicht einmal mehr vorzutäuschen vermochte. Der Ruhm des einstigen Seereiches - zu besichtigen in den halb verfallenen Docks des Arsenals. Die freie Adelsrepublik - zur Tyrannei verkommen in der Hand des sinistren Geheimgerichts "Consiglio dei Dieci", dessen Sbirren jede Opposition mitleidlos in den schwarzen Tiefen der Kanäle ertränkten. Angesichts von jährlich fünfzehn Millionen Besuchern, die sich heute am überkommenen Stadtbild des achtzehnten Jahrhunderts weiden, angesichts von globalen Kulturgrößen wie Goldoni, Tiepolo, Canova, Vivaldi, Casanova wirkt das letzte Jahrhundert der Serenissima allerdings überaus krekel. Einen Nieder- und Untergang auf solchem Niveau kennt keine andere Kultur.

Dieses Bild, das fast jedes Geschichtsbuch abschreibt, ist falsch, geprägt von antivenezianischer Propaganda der Jesuiten und konkurrierender Großmächte, die - Österreich und Frankreich voran - daran interessiert waren, ein dekadentes Bild der Adelsrepublik zu zeichnen und damit die eigenen Verbrechen bei der Ausplünderung und Unterjochung Venetiens zu rechtfertigen. Ekkehard Eickhoff durchschaut als Historiker und einstiger Karrierediplomat solch perfide Mythenbildung nur zu gut und legt eine großartige Rehabilitation der glorreichen Endzeit Venedigs vor: "Spätes Feuerwerk" ist nicht nur ein schöner Titel, sondern sollte fortan das Schlagwort vom "Niedergang Venedigs" ersetzen.

Eickhoffs Indizien und Argumente sind erdrückend. Auf der einen Seite schildert er Venedig als intellektuelle Metropole, die mit ihren Salons und Cafés, Verlagen und schrägen Erziehungsanstalten Resteuropa über die Welt auf dem laufenden hielt und eine luzide Intelligenz vorlebte. Die prickelndsten und von tiefer Bewunderung geprägten Seiten schildern die Theaterwettkämpfe zwischen dem zynischen Genremaler Carlo Goldoni und dem märchenhaften Idealisten Carlo Gozzi, schildern die täglich druckfrischen Polemiken um den Spitzenbeamten Pierantonio Grattarol, der sich mit seiner Leidenschaft für die Primadonna Teodora Ricci und seiner Eitelkeit gegenüber Satiren in den gesellschaftlichen und ökonomischen Ruin manövrierte.

Wenig genug weiß man heute - trotz Casanova und den schneidenen Opernlibretti Lorenzo Da Pontes - vom geistigen Niveau anarchischer Köpfe im Rokoko-Venedig, vom aufrührerischen Franziskanerpater Carlo Lodoli oder dem spritzigen Aufklärer Francesco Algarotti, der Newton fürs Volk übersetzte und zum Freund Friedrichs II. von Preußen wurde. Auch gab es um 1750 in Venedig eine Nonsensakademie der Granelleschi (zu deutsch etwa: Hodenclub), die einen armen Tropf auf einem Eimer als Präsidenten vorsitzen ließ und die irrwitzigen "Akten der Akademie" als lose Blätter zur Belustigung der Mitbürger verteilte.

Doch sosehr Eickhoff auch Spötter und Pornographen wie den unvergleichlichen Gossenpoet Giorgio Baffo hochleben läßt - er verfällt nicht dem Irrtum, die souveränen Akte eines funkelnden Geisteslebens, an dem sich andere Nationen nährten, als Symptome kulturellen Verfalls zu deuten. Während die Patrizier nach dem Verlust zahlreicher Besitzungen in der Ägäis und auf dem Balkan ihre Stadt zur ersten Metropole des Tourismus umbauten, während die Vergnügungsindustrie mit Hotels und Spielhallen, Bordellen und Museen, Opern und Zeitungsredaktionen reichlich fremdes Geld in die darbenden Staatskassen spülte, war die alte Kriegermentalität der aristokratischen Elite noch lebendig.

Eickhoff - und das macht nicht zum mindesten den Reiz des Werkes aus - schildert gleichzeitig mit der Frivolität des Karnevals und des Wohllebens auch den zähen militärischen Abwehrkampf, den Venedig über viele Jahrzehnte gegen Türken und, verhüllt, gegen Habsburg führen mußte. So bezahlten 1714 bis 1718 den Krieg um Korfu nicht minder als 280 Patrizier der schwindenden Stadtelite mit ihrem Leben, indes sich die Serenissima glänzend gegen das türkische Großreich schlug.

Während die Heldentaten der letzten venezianischen Admiräle Diedo und Flangini selbst daheim nahezu vergessen sind, ist im Arsenal immerhin das Denkmal für den Befehlshaber Mathias von der Schulenburg zu besichtigen. Dieser Norddeutsche, der sich nach dem Ende der Türkenkriege als Truppeninspektor am Canal Grande niederließ und eine großartige Kunstsammlung begründete, wird von Eickhoff mit Charakterzügen gepriesen, die man als idealtypisch für den zähen Abwehrkampf der Serenissima gegen brutalere und effizientere Staatswesen verstehen darf: Schulenburg galt und gilt als "Genie des Rückzugs", das sich mit Intelligenz aus ausweglosen Lagen zu manövrieren und das Beste aus nicht zu gewinnenden Konflikten herauszuholen verstand.

Eickhoff, der als deutscher KSZE-Botschafter den eisigen Hauch der Machtpolitik, aber sicher auch die Ödnis der Bürokratie am eigenen Leibe kennenlernte, ist das einstige Handwerk noch anzumerken, wenn er etwa die Intrigen um die ausländischen Botschafter in Venedig schildert, denen jeder Kontakt mit der Politik verboten war - und die doch gerade darüber nach Hause zu berichten hatten. Wie bei der venezianischen Erotik bestand die Kunst eben darin, sich elegant und einfallsreich über die Verbote hinwegzusetzen.

Die ganz besondere Liebe des Historikers Eickhoff gilt indes den faszinierenden Frauen des venezianischen Ancien régime. Wie auf einem prächtigen Karnevalsball die aufreizend kostümierten und maskierten Schönheiten, so ziehen in seinem Buch Halb- und Ganzweltdamen wie die Porträtmalerin Rosalba Carriera, die Theatermacherin und Publizistin Eliabetta Caminer, die Autorin Giustiniana Wynne an unserem geistigen Auge vorbei.

Vor allem die Liebesgeschichte der letzteren mit dem attraktiven, doch für sie unerreichbaren Patrizier Andrea Memmo ist für Eickhoff Gegenstand einer Detailschilderung echt venezianischer Erotik und Leidenschaft. Hier schöpft der Autor aus einem einzigartigen Konvolut von Briefen, welches Andrea de Robillant, ein Nachfahr Memmos, erst jüngst zur wundervollen Mikrohistorie einer "venezianischen Affäre" ausgeformt hat. Eickhoffs liebevoller Blick auf solche Randfiguren, seine Darlegung von Goethes prägender Affäre mit der Kultur von Venedig, seine immense Kenntnis der damals schon reichhaltigen Venedig-Fiction in Romanen von William Beckford bis Voltaire, von den Memoiren Casanovas, Goldonis, Gozzis bis zu militärgeschichtlichen Details und strenger Diplomatiehistorie macht dieses Epochenbuch zu einer Goldgrube der venezianischen Geschichte.

Inwieweit man die florierende Unterhaltungsindustrie der Serenissima, ihr atemloses Festprogramm und ihre rührende Pflege einer überkommen umständlichen Verfassungsform gegenüber dem brutalen Eiseshauch der Moderne mit dem Europa von heute vergleichen kann, das läßt Eickhoff als nüchterner Wissenschaftler im offenen. Aber angesichts der funkelnden Bilder des "späten Feuerwerks" mag die Frage erlaubt sein, ob nicht auch wir derzeit Zeuge eines politischen Niedergangs auf höchstem kulturellem Niveau sind und ob uns die Serenissma nicht gerade wegen der vielen Parallelen zum heutigen Späteuropa dermaßen fasziniert.

Ekkehard Eickhoff: "Venedig - Spätes Feuerwerk". Glanz und Untergang der Republik 1700 - 1797. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2006. 440 S., geb., 29,50 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Hingerissen zeigt sich Manfred Schwarz von dieser Kulturgeschichte Venedigs im 18. Jahrhundert, die Ekkehard Eickhoff vorgelegt hat. Das kulturelle und gesellschaftliche Leben dieser Stadt, die ihre gesamte Energien dem Wohlleben opferte und sich auf unzähligen ausschweifenden Festen selbst feierte, wird in diesem meisterhaften Werk zur Freude des Rezensenten lebendig. Eickhoffs Darstellung dieser glücklichen Periode der Stadt, die mit Napoleons Besetzung 1797 endete, würdigt er als souverän, geistreich und schwungvoll. Zudem bescheinigt er dem Autor fundierte Kenntnisse des venezianischen Kunst- und Gesellschaftslebens, prägnante Charakterisierungen schillernder Akteure wie Goldoni, Gozzi, Casanova, Admiral Schulenburg oder Konsul Smith sowie die Fähigkeit zur erzählerischen Verdichtung.

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