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Bestsellerautor Stephen Greenblatt über die größte Erzählung der Menschheit
Warum fasziniert uns die Geschichte von Adam und Eva noch heute? Unsere Vorstellungen vom Paradies, von Scham und Sünde, unsere Ideen von Gut und Böse und unser Frauenbild - wie sehr wurden sie von dieser Urerzählung geprägt? Bestsellerautor und Pulitzer-Preisträger Stephen Greenblatt widmet sich diesem mächtigsten aller Menschheitsmythen, der unsere abendländische Kultur beeinflusst hat wie keine zweite Erzählung. In vielen Geschichten schildert er nicht nur das Erbe von Adam und Eva in der christlichen Kultur seit…mehr

Produktbeschreibung
Bestsellerautor Stephen Greenblatt über die größte Erzählung der Menschheit

Warum fasziniert uns die Geschichte von Adam und Eva noch heute? Unsere Vorstellungen vom Paradies, von Scham und Sünde, unsere Ideen von Gut und Böse und unser Frauenbild - wie sehr wurden sie von dieser Urerzählung geprägt? Bestsellerautor und Pulitzer-Preisträger Stephen Greenblatt widmet sich diesem mächtigsten aller Menschheitsmythen, der unsere abendländische Kultur beeinflusst hat wie keine zweite Erzählung. In vielen Geschichten schildert er nicht nur das Erbe von Adam und Eva in der christlichen Kultur seit Augustinus und Dürer. Er zeigt uns auch, dass dieser Mythos eine existenzielle Frage berührt, die auch die moderne Wissenschaft nicht beantworten kann - was es nämlich heißt, ein Mensch zu sein.

Autorenporträt
Greenblatt, Stephen
Stephen Greenblatt, geboren 1943 in Boston, ist Professor für Englische und Amerikanische Literatur und Sprache an der Harvard Universität. Er ist einer der weltweit bedeutendsten Forscher zu Shakespeares Werk sowie zur Kultur und Literatur in der Renaissance. Greenblatt ist Autor mehrerer Bücher, darunter die hochgelobte Shakespeare-Biographie »Will in der Welt« (2004). Für seine Arbeit wurde er mit zahlreichen Preisen geehrt, u.a. mit dem National Book Award und dem Pulitzerpreis für sein Werk »Die Wende« (Siedler 2012).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.03.2018

Worüber Engel erröten

Ehegeschichten und Sündenfälle: Stephen Greenblatt folgt der Geschichte von Adam und Eva quer durch die Jahrhunderte.

Von Bernhard Lang

Im Zentrum von Stephen Greenblatts Buch über die Geschichte von Adam und Eva stehen zwei gleichermaßen realistische Wiedergaben der biblischen Erzählung: Albrecht Dürers Stich von 1504 und John Miltons Epos "Das verlorene Paradies" von 1667. Dürers Verismus, zeigt der in Harvard unterrichtende Literaturwissenschaftler, hat in Miltons Epos eine Entsprechung. In der Schilderung der geradezu romantischen Beziehung von Adam und Eva lässt Milton kein Detail aus. Bereits im Garten Eden, und nicht erst nach dessen Verlust, lässt er sie miteinander reden und singen und sogar eine Liebesnacht verbringen. Selbst Engel, sonst als reine Geistwesen aufgefasst, kennten so etwas wie Liebkosung, gesteht ein Engel im Gespräch mit Adam, und errötet.

Greenblatt widmet sich Miltons Werk mit großer Ausführlichkeit. Zur Erklärung der detailreichen Schilderung der Liebe im Paradies zieht er die Biographie Miltons heran, der unter seiner ersten, unglücklichen Ehe lebenslang litt. Der biblischen Erzählung vom ersten Menschenpaar entnahm er vor allem die Einsicht, dass es nicht gut sei, dass der Mensch allein sei. Die Frau sei dazu bestimmt, die Einsamkeit des Mannes aufzuheben, das ist für Milton der Sinn der Ehe, nicht Sexualität oder Zeugung von Nachkommenschaft.

Den Kapiteln über Dürer und Milton stellt Greenblatt Abschnitte über die Entstehung der biblischen Paradieserzählung, ihre weit zurückreichende Vorgeschichte im alten Orient sowie die im Werk von Augustinus gipfelnde Auslegungsgeschichte voran. Auf den Bischof von Hippo geht nicht nur die Lehre von der Erbsünde als Folge des Sündenfalls von Adam und Eva zurück, sondern auch das Beharren auf der wörtlichen Zuverlässigkeit des biblischen Berichts. In Miltons Jahrhundert wird die wörtliche Auffassung der Paradieserzählung allerdings immer weniger plausibel, besonders durch Schriften von Isaac de La Peyrère und Pierre Bayle, aber auch durch Debatten über die "Wilden" in der Neuen Welt. Zuletzt bricht sie unter dem Druck von Darwins Evolutionslehre zusammen. Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts hat Mark Twain für Adam und Eva nur noch Spott übrig.

Greenblatt, bekannt insbesondere durch seine Studien zu Shakespeare und den von ihm vertretenen "New Historicism", legt seinem neuen Buch ein Prinzip, eine Theorie und ein Bekenntnis zugrunde. Das Prinzip lautet: Ein literarisches Werk kann ohne ausführliche Berücksichtigung der Biographie des Autors nicht wirklich verstanden werden. Greenblatts Prinzip, von den Gegnern des New Historicism geschmäht, hatte bereits François-René de Chateaubriand in seinem "Geist des Christentums" (1802) mit Bezug auf Milton formuliert: "Nach unserer Überzeugung haben die großen Schriftsteller ihre eigene Biographie in ihren Werken niedergelegt. Man schildert nur sein eigenes Herz richtig."

Greenblatts Theorie bezieht sich auf die Kulturgeschichte des von ihm behandelten mythischen Stoffes: Gerade die zugespitzt veristische Auffassung der biblischen Erzählung durch Dürer und Milton habe deren Autorität ungewollt untergraben und zu deren Prestigeverlust beigetragen. Je realistischer man sich Adam und Eva und das mit ihnen verbundene Geschehen vorstelle, um so unwahrscheinlicher müsse der Bericht erscheinen.

Und das Bekenntnis? Greenblatt bekennt sich nachdrücklich zur modernen Naturwissenschaft einschließlich der Evolutionslehre Darwins. Das eigens hervorzuheben ist dem amerikanischen Autor in einer Zeit fundamentalistischer Kritik an der Evolutionsbiologie und dem Versuch einer Rückkehr zur Historizität der biblischen Erzählung offensichtlich ein Anliegen. Bereits Greenblatts früheres Buch "Der Wandel. Wie die Renaissance begann", in dem es um die Wiederentdeckung von Lukrez' Lehrgedicht "De Natura" geht, war solcher Parteinahme verpflichtet. Aber auch unabhängig von einschlägigen amerikanischen Auseinandersetzungen gilt, dass er mit seinem Buch ein Stück abendländischer Kulturgeschichte in brillanter Weise erschließt.

Stephen Greenblatt: "Die Geschichte von Adam und Eva". Der mächtigste Mythos der Menschheit.

Aus dem Englischen von Klaus Binder. Siedler Verlag, München 2018.

464 S., geb., 28,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.03.2018

Vor uns die Welt
Liebe, Sünde, Arbeit, Tod: Der Literaturwissenschaftler
Stephen Greenblatt folgt Adam und Eva durch die Jahrhunderte
VON JENS BISKY
Hatte Adam einen Nabel? Der lockere Ältervater, von dem die Menschen abstammen, wurde erschaffen, nicht geboren, ein Nabel war also nicht vonnöten. Aber schwer fällt es, einen vollkommenen Menschen ohne diese markante Stelle auf der Mitte des Bauches zu imaginieren. Der Text, der über Adam und Eva berichtet, über ihren Aufenthalt im Paradies, die folgenreiche Entscheidung, vom Baum der Erkenntnis zu essen, und die Vertreibung des ersten Paares ins menschliche Dasein, schweigt über das Nabel-Problem.
Vielleicht war dieses Detail zu unwichtig, bedenkt man, welche großen Themen die kurze Erzählung berührt. Sie handele, schreibt der Literaturwissenschaftler Stephen Greenblatt, davon, „wer wir sind, woher wir kommen, warum wir lieben, warum wir leiden“. Es geht um Arbeit, Sprache, Sex und Tod und einiges mehr. Wer da etwas aufdringlich nach dem Bauchnabel fragt, hat sich für eine bestimmte Art des Lesens und Verstehens entschieden, wahrscheinlich will er Adam und Eva so deutlich vor sich sehen wie Kevin und Manuela aus der Nachbarschaft. Der Wunsch ist berechtigt, er hat über die Jahrhunderte zur Wirkmächtigkeit der Geschichte Entscheidendes beigetragen. Wie Adam und Eva in Literatur und Kunst „wirklich“ geworden sind, stellt Stephen Greenblatt dar. „The Rise and Fall of Adam and Eve“ heißt sein Buch im Original. Wenn man ihm eine These abgewinnen wollte, würde sie etwa so lauten: Je „wirklicher“ Adam und Eva imaginiert wurden, je mehr sie Fleisch und Licht und Tag gewannen, desto weniger ließ sich die Frage beantworten, warum Gott die Versündigung der Menschen zuließ.
Aber der an der Harvard University lehrende Autor hat viel zu viel Freude am Erzählen, als dass er eine These aufstellen, prüfen, entfalten und anmerkungsreich differenzieren würde. Er nimmt die Leser an der Hand und zeigt ihnen, so gelehrt und unbefangen, als wäre darüber noch nie geschrieben worden, was sich entdecken lässt, wenn man Adam und Eva vom 1. Buch Mose über apokryphe Schriften hin zum Kirchenvater Augustinus, dann vor die Bilder von Masaccio und Dürer, in die Verse John Miltons und die Fußnoten Pierre Bayles folgt. In Geschichten verdeutlicht Greenblatt, warum der Mensch das erzählende Tier ist, ein Wesen, das ohne Erzählungen nicht leben kann – und wie die Geschichten um Adam und Eva Kultur und Selbstbild geprägt haben.
Also rekapituliert Greenblatt, was man über den polemischen Ursprung der hebräischen Schöpfungserzählung im Exil weiß, über den gelungenen Versuch, die babylonischen Mythen zu überbieten und auf diese Weise die Allmacht und Allgegenwart Jahwehs herauszustellen. Der hatte die ersten Menschen geschaffen, „so wie er die Zerstörung Jerusalems gewollt haben muss und auch das Exil seines auserwählten Volkes, als Strafe nämlich für dessen Ungehorsam“.
Den Kern des Buches bilden zwei biografische Versuche, einer über Augustinus und die Ursünde, einer über John Milton und sein episches Gedicht vom verlorenen Paradies, „Paradise Lost“. Das 1667 erschienene Werk sei, heißt es hier, „eines der großartigsten Gedichte der Welt“, sein Schöpfer könne es mit Homer und Vergil aufnehmen, stehe auf einem Gipfel mit Shakespeare. Dass Greenblatt eine heftige Affäre mit dem Superlativ und den großen rhetorischen Gesten pflegt, weiß man spätestens seit seinem Buch über Lukrez-Lektüren und den Beginn der Renaissance, „Die Wende“.
Und dennoch folgt man ihm gern in die Thermen von Thagaste, wo der 16-jährige Augustinus im Jahr 370 eine unwillkürliche Erektion hatte. Der Vater berichtete davon, wie in den „Bekenntnissen“ Augustins nachzulesen, voller Freude der Mutter, die in frommer Angst erzitterte und für ihren Sohn fürchtete. Aus dem spätantiken Familienkonflikt und dessen weiteren Verwicklungen erklärt Greenblatt einige theologische Überzeugungen des Augustinus, etwa die, dass schon Kleinkinder nicht frei von Sünde seien, dass im Menschen etwas von Geburt an moralisch falsch sei. Ein Zeichen dafür sei es, dass Menschen zwar Zunge und Füße frei bewegen können, aber keine Macht über das Fleisch haben. Sobald der Trieb ins Spiel kommt, ruhelos und unwillkürlich, erleben wir einen Zwiespalt zwischen Willen und Körper. Warum das so ist, lässt sich der Erzählung von Adam und Eva entnehmen. Diese sei, so Augustinus, nicht allegorisch zu verstehen, sondern wörtlich, als „unverfälschte Darstellung einer historischen Realität“.
Wie die Schlange im Paradiese eröffnet auch der Druckfehlerteufel in den Augustinus-Kapiteln neue Perspektiven. Gleich zwei Mal wird Dido, die Geliebte des Aeneas, über deren Selbstmord der junge Literaturliebhaber Augustinus Tränen vergoss, „Dildo“ genannt.
Den Wunsch des Augustinus, man möge die Erzählung von Mann und Männin, von der Schlange und den Bäumen für so buchstäblich wahr nehmen wie die eigene Lebensgeschichte, sieht Greenblatt etwa in Albrecht Dürers Stich von 1504 erfüllt, der den letzten Augenblick der Unschuld festhält. Und in Miltons „Paradise Lost“.
Auch diese Dichtung wird vor allem biografisch erläutert. John Milton war ein auffallend keuscher Jüngling, seine erste Ehe scheiterte zunächst in entsetzlichen Flitterwochenszenen. In seiner berühmten Verteidigung der Pressefreiheit schrieb Milton, es sei töricht zu beklagen, dass „die Vorsehung Adams Übertretung geduldet habe“. Gott gab ihm Vernunft, also die Freiheit zu wählen. Auch deshalb warb Milton für das Recht auf Ehescheidung. All seine Erfahrungen – Einsamkeit, politische Niederlagen, Erblindung – flossen ein in sein Poem. In der Überzeugung, jeder Mensch sei Erbe von Adam und Eva, verlieh der Dichter den beiden so viel menschliche Präsenz, dass alle anderen Figuren, Gott, Satan, Engel, daneben „irgendwie an Kontur und Bedeutung“ verlieren. Sie seien so real geworden, „dass sie den gesamten theologischen Apparat aufbrechen lassen“. Diese Beobachtung, das Irgendwie, hätte man gern genauer beschrieben und entfaltet gehabt. Stattdessen kommen leider Superlative über schönste Verse – und dann eine Revue rebellischer, aufgeklärter und naturwissenschaftlicher Deutungen und Gegenthesen.
Zwei autobiografische Szenen rahmen das Buch. Dem jungen Greenblatt wurde gesagt, er solle während der Segenswünsche im Sabbatgottesdienst zu Boden blicken, denn über ihm schwebe Gott, dessen Anblick keiner überlebe. Der Knabe nimmt all seinen Mut zusammen, schaut nach oben – und fühlt sich belogen. Und am Ende erzählt Greenblatt von einem Schimpansenpaar, das er in Uganda beobachtet haben will. Sie sondern sich ab, missachten den Willen des Alphatiers, finden in Zärtlichkeit zueinander und schlagen sich durchs Dickicht ins Unbekannte: „Die Welt lag vor ihnen.“ Damit belegt Greenblatt, dass die Erzählung von Adam und Eva, wie auch immer es um ihre theologische Deutung und den Glauben an sie bestellt sein mag, für die Imagination nichts an Faszinationskraft verloren hat.
Eine kluge Antwort auf die Frage nach Adams Nabel gab im 19. Jahrhundert der englische Naturforscher Philip Gosse. Adam, geschaffen als 25 bis 30 Jahre alter Mann, musste, um vollkommen auszusehen, einen Nabel haben. Gott schuf ihn mit dem Zeichen einer Vergangenheit, die Adam nie hatte, mit der „wissenschaftlich überzeugenden Spur einer Vergangenheit, die niemals existierte“. Auf seine Weise war auch der Schöpfer ein Erzähler, der auf Fiktionen nicht verzichten konnte.
Und dann werden
Mann und Männin
bestürzend real
Stephen Greenblatt:
Die Geschichte von Adam und Eva. Der mächtigste Mythos der Menschheit. Aus dem Englischen von Klaus Binder.
Siedler Verlag, München 2018. 448 Seiten, 28 Euro.
E-Book 24,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension

Rezensent Lucas Wiegelmann lässt sich von dem amerikanischen Literaturwissenschaftler Stephen Greenblatt auf einen faszinierenden Streifzug durch die Kulturgeschichte von Adam und Eva mitnehmen. Weshalb eine Erektion des Kirchenlehrers Augustinus den Wendepunkt der abendländischen Geistesgeschichte markierte und was fünfzig numidische Hengste mit der Erbsünde zu tun haben, erfährt der Kritiker hier ebenso, wie er liest, wie die Idee der Erbsünde Welt- und Menschenbild bis heute prägt: Von den Vorstellungen der Antike über John Miltons Versepos "Paradise Lost" bis hin zu Darwins Evolutionstheorie und Mark Twains "Adamstagebuch" lässt Greenblatt nichts aus, lobt der Rezensent, der nicht fassen kann, dass fundamentalistische christliche Gemeinden noch heute an die historische Existenz von Adam und Eva glauben.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Stephen Greenblatt erzählt, erzählt, erzählt. Ganz leicht. Ganz einfach.« Deutschlandfunk Andruck