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"Einen Wunsch trage ich seit langem mit mir herum, ich wollte immer einmal eine Liebesgeschichte schreiben, funkelnd und hell wie jener Traum meiner Kindheit, der jedes Mal mein kleines Herz klopfen ließ, wenn ich ganz alleine die fernen Sternbilder betrachtete, die mit ihrem verlockenden Licht den Nachthimmel überzogen. Dieser Roman ist gewissermaßeneine bescheidene Zusammenstellung solcher Erinnerungen. Man könnte ihn auch als eine kleine Geschichte der Liebe unter ganz gewöhnlichen, anonymen Menschen betrachten - doch wichtig sind sie nur in meinen Augen. Für mich haben sie eine große…mehr

Produktbeschreibung
"Einen Wunsch trage ich seit langem mit mir herum, ich wollte immer einmal eine Liebesgeschichte schreiben, funkelnd und hell wie jener Traum meiner Kindheit, der jedes Mal mein kleines Herz klopfen ließ, wenn ich ganz alleine die fernen Sternbilder betrachtete, die mit ihrem verlockenden Licht den Nachthimmel überzogen. Dieser Roman ist gewissermaßeneine bescheidene Zusammenstellung solcher Erinnerungen. Man könnte ihn auch als eine kleine Geschichte der Liebe unter ganz gewöhnlichen, anonymen Menschen betrachten - doch wichtig sind sie nur in meinen Augen. Für mich haben sie eine große Bedeutung, und ich habe sie sehr gern."So schreibt Lim Chul Woo in seinem Vorwort. Durch die Augen eines Kindes, des Jungen Cheol, nähert sich der Autor den Erinnerungen seiner Kindheit auf einer kleinen Insel. Es ist eine Liebeserklärung an das Leben in all seinen Facetten: Geburt und Tod, Liebe, Hass und Wahnsinn werden durch den kindlichen Blick ein wenig ihrer Schwere beraubt. Es ist eine glückliche Kindheit, die der Junge, zusammen mit zwei älteren Geschwistern bei seinen Großeltern verbringt, bis er 10 Jahre alt ist und mit der Familie auf das Festland umziehen muss, wo seine Eltern schon länger wohnen. Der Glaube an die Beseeltheit aller Dinge, auch der Sterne, droht mit dem Erwachsenwerden und dem Verlust der kleinen Inselwelt verlorenzugehen.
Autorenporträt
Lim Chul Woo wurde 1954 auf Wando geboren, einer kleinen Insel vor der Südspitze Koreas in der Provinz Jeolla-Süd. Auch für seine spätere Arbeit als Schriftsteller war die im Jahre 1980 von der Militärdiktatur niedergeschlagene Revolte von Gwangju, die er als Student erlebt hat, bestimmend, und er schrieb später darüber einen Roman in fünf Bänden mit dem Titel Bomnal (etwa: Ein Tag im Frühling, Seoul 1997, nicht übersetzt). Er hat mehrere Literaturpreise erhalten, seine Bücher wurden auch ins Englische, Französische und Spanische sowie ins Japanische und Chinesische übersetzt. Lim hat mehrere Jahrzehnte als Professor für Creative Writing an der Hanshin-Universität in Seoul gelehrt und lebt heute auf der subtropischen Insel Jeju im Süden der koreanischen Halbinsel.Im IUDICIUM Verlag sind erschienen: "Abschiedstal" (2015) und "Das Viertel der Clowns" (2018).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Steffen Gnam liest den Roman des koreanischen Schriftstellers Lim Chul Woo als Allegorie auf eine verzauberte Kindheit auf einer südkoreanischen Insel. Wie der Autor vom Leben im Dorf, von den Großeltern, vom Krieg, von Legenden und Schamanismus erzählt, burlesk, atmosphärisch und mit viel Empathie für die eigensinnigen Insulaner, findet Gnam lesenswert. Das laut Gnam typisch koreanische leicht bittere Bedauern über den Verlust des Kindheitszaubers prägt den Text.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.12.2020

Wir sind alle Sterne
Lim Chul Woo über seine Inselkindheit

"Alle Menschen sind eigentlich Sterne." Der 1954 geborene koreanische Schriftsteller Lim Chul Woo entwirft luzide Allegorien im Resonanzraum dunkler Vergangenheit und in der Echokammer von Krieg, Teilung, familiären Verwerfungen und totalitären Ideologien. Nicht nur in Korea bekannte Werke von ihm sind "Das rote Zimmer" als kafkaeskes Kammerspiel über Folter und Gewalt, "Gerade Linie und Giftgas" über einen ins Visier der Autoritäten geratenen Cartoonisten oder "Frühlingstag" als Chronik des Gwangju-Aufstands von 1980.

Sein nun auf Deutsch erschienener halbfiktionaler Kindheitsroman "Die kleine Insel" kam in Korea bereits 1991 heraus und war damit Vorgänger von "Das Viertel der Clowns", der schon länger hierzulande erhältlich ist. In dem älteren Buch findet Lim zu einem lockeren, scheinbar unpolitischen Ton. Lim Chul Woo, der wie sein literarisches Alter Ego Cheol im Buch von einer kleinen Insel vor der Südküste Koreas stammt, schrieb das Buch als "Liebesgeschichte" und Ode an die geborgene Inselkindheit.

In jeweils neu betitelten Episoden wird vom Leben in einem Hundert-Familien-Dorf aus Sicht des siebenjährigen, mit zwei Geschwistern bei den Großeltern lebenden Cheol erzählt, bevor sie alle, als er zehn ist, dem Rest der Familie nach Gwangju nachfolgen. Leitmotiv des Romans ist die Legende der geliebten Großmutter, wonach alle Menschen herabgestiegene Sterne waren und nach der Zwischenstation auf dem Blauen Planeten zum Firmament zurückkehren.

Cheols tragikomische Lehrjahre sind Initiationsgeschichten über gefallene Sterne und Intrigen. Im Stil der Burleske gibt es Bucklige, Liederliche, die dumme Tante und böse Schwiegermütter. Die Episoden bieten Einblicke in Alltag und Volksreligiosität des alten Koreas wie Vollmondfeiern und Lichterprozessionen oder eine atmosphärische Geschichte der Emanzipation durch Schamanismus: In "Gut gemacht, Eopsunne!" lässt sich die vom Ehemann unterdrückte Titelheldin zur Dorfschamanin ausbilden, um in einem öffentlichen Beschwörungsritual als Medium in die Geister von Unterprivilegierten zu schlüpfen und ihrem Gatten die Leviten zu lesen.

Sprachmächtig evoziert Lim Eigensinn und Gelassenheit der Insulaner. Maritimen Charme versprühen Jahreszeitenbilder von deren Arbeit auf Seetang-Plantagen im Winter oder das Bild der Geburtswehen des koreanischen Südmeers: "Nachdem sich der riesige Bauch des Ozeans den ganzen Winter über langsam hin und her gewälzt hat, beginnt er zu stöhnen wie ein mächtiges Reptil, das den Frühling in seinem tiefen Bauch auszutragen im Begriffe ist."

Themen wie Tod, Kolonialherrschaft und Folgen des Korea-Kriegs erscheinen vermittelt in Großmutters Märchen oder als Marginalien, die aber im Kinderkosmos Cheols bereits auf größere Weltmechanismen verweisen. Bei einem Ringerwettkampf tritt ein arroganter japanischer Geschäftsmann mit koreanischen Wurzeln als Sponsor auf. Die Episode "Adieu, Chilseong" zeigt Macht und Willkür des Militärs, wenn die Kinder am Waldrand einen Korporal mit dem Aschekasten des militärdienstleistenden Dorfbewohners Chilseong sehen, dessen angeblicher Selbstmord plötzlich Fragen aufwirft.

Buddhistisches Mitgefühl als Schule der Achtsamkeit für in diesem Leben zu kurz Gekommene, für Hausierer, Hinkende, Aussätzige, Verrückte, prägt Lims Prosa. Aus der Warte der Sterne jedoch sind auch Stillleben der Armut wie der Dampf von kochendem Reis über den Strohdächern oder die irrlichternde Halbwelt der Bardamen letztlich nur "verschiedene Ausprägungen der eigentlichen, alles durchdringenden Liebe".

Der Epilog des Romans zeigt den nun erwachsenen desillusionierten Helden Cheol in einer himmelverbauten Großstadt. Eine Prise Bitterkeit (han) als typischer Kulturzug Koreas umspielt das Buch: im Bedauern darüber, dass wir den "Namen und den Standort" unseres Sterns vergessen und unseren Kinderglauben verloren haben.

STEFFEN GNAM

Lim Chul Woo: "Die kleine Insel". Roman.

Aus dem Koreanischen von Jung Youngsun und Herbert Jaumann. Iudicium Verlag, München 2020. 187 S., geb., 19,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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