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Le Corbusiers Bauten sorgten für Verwirrung. War seine 1955 im Dorf Ronchamps in Frankreich errichtete Kirche, die "Notre-Dame du Haut", ein neues Kapitel der Baugeschichte? Oder ein "nicht zu überbietendes Beispiel von Neuerungssucht, Willkür und Unordnung"? Der damals weltberühmte Architekt gilt vielen noch immer als Vertreter einer technokratisch-mechanistischen Moderne. Niklas Maak folgt ihm an den Strand, wo dieser unablässig Steine, Muscheln und anderes Strandgut studierte. Die Objekte, die immer wieder an zentralen Stellen in Le Corbusiers Werk auftauchen, beschäftigen bis heute Architekten auf der Suche nach neuen Formen.…mehr

Produktbeschreibung
Le Corbusiers Bauten sorgten für Verwirrung. War seine 1955 im Dorf Ronchamps in Frankreich errichtete Kirche, die "Notre-Dame du Haut", ein neues Kapitel der Baugeschichte? Oder ein "nicht zu überbietendes Beispiel von Neuerungssucht, Willkür und Unordnung"? Der damals weltberühmte Architekt gilt vielen noch immer als Vertreter einer technokratisch-mechanistischen Moderne. Niklas Maak folgt ihm an den Strand, wo dieser unablässig Steine, Muscheln und anderes Strandgut studierte. Die Objekte, die immer wieder an zentralen Stellen in Le Corbusiers Werk auftauchen, beschäftigen bis heute Architekten auf der Suche nach neuen Formen.
Autorenporträt
Niklas Maak, geboren 1972 in Hamburg, ist Redakteur im Feuilleton der FAZ und und lehrt Architekturtheorie in Frankfurt und Harvard. Er lebt in Berlin. Für seine Arbeit erhielt er viele Preise, darunter den Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essay 2022. Bei Hanser erschienen zuletzt: Durch Manhattan (2017, mit Leanne Shapton), Technophoria (Roman, 2020) und Eine Frau und ein Mann (2023, mit Leanne Shapton).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.03.2010

Vom Nutzen des Strandguts
So etwas geschieht nur einem edlen Wilden: Niklas Maak enthüllt Le Corbusiers Geheimnis der Seeschnecke
Nur die Brille blieb gleich. Da gibt es einmal die Fotos des Architekten in Anzug und Fliege, neben sich ein Entwurfsmodell, so klinisch weiß wie sein Hemd, und um sich eine Schar von Bewunderern oder auch nur die kühle Ausstrahlung des rationalistischen Baumeisters einer modernen Welt. Und dann sind da diese Bilder eines Mannes am Strand, einen seltsamen Veitstanz aufführend, vor sich nur das Meer und ein paar Spuren im Sand, bekleidet allein mit einer Badehose und eben dieser schwarzen Brille mit den runden Gläsern – dem Markenzeichen von Le Corbusier.
Eine scharfe Grenze trennte bislang die beiden Darstellungsweisen des Architekten und unterteilte damit auch die Bauten, die Le Corbusier im Stil der Fotos schuf: Hier der Vater der „Wohnmaschine”, technikverliebt, seine Glas- und Stahlbetonarchitektur auf den rechten Winkel trimmend, dort der esoterische Naturmensch am Strand, fern der Zivilisation, die er mit seltsamen Baukörpern wie der Kirche von Ronchamp verstörte. Dass es diesen Bruch zwischen Früh- und Spätwerk tatsächlich so nie gegeben hat, davon erzählt jetzt das kluge Buch des FAZ-Kritikers Niklas Maak. Indem der Autor die gegensätzlichen Haltungen des Architekten ineinander blendet, kristallisiert sich nicht nur ein stimmiges Porträt Le Corbusiers heraus, sondern wird auch sichtbar, wie dieser mit einer neuen Art des Entwerfens seine Nachfolger bis heute beeinflusst.
Ausgangspunkt für die quellenintensive Studie, die auf Maaks Doktorarbeit über Le Corbusier basiert, ist die Wallfahrtskirche von Ronchamp. Denn was der Schweizer Architekt, geboren 1887 als Charles-Edouard Jeanneret-Gris, am Fuße der französischen Vogesen 1955 da hinstellte, erzürnte Kirchenvertreter wie Architekturkritiker: Der wogende Bau folgte so gar nicht den Regeln der klassischen Kirchenbaukunst, genauso wenig wie er sich in Linie bringen ließ mit den aufgeräumten weißen Villen à la Savoye. Eine Erklärung für diesen Sinneswandel lieferte der Architekt gleich selbst: Ein Krebspanzer, gefunden am Strand von Long Island, habe ihn zu der Dachform inspiriert. Obwohl neue Konstruktionstechniken von Flugzeugtragflächen mindestens so wichtig im Entwurfsprozess gewesen sein müssen wie der Strandfund, wollte Le Corbusier die Baugeschichte also am Meer beginnen lassen und sich, wie Maak schreibt, als „edler Wilder” inszenieren, der „fern der verkommenen Zivilisation, im Angesicht des Meeres und seiner Formgeburten, eine neue Architektur erfindet, die sich direkt aus den Formen der Natur speist”. Dass Le Corbusier die Muschelanekdote nicht nur wählte, um seine früheren Bauten – die als „seelenlose Maschinenarchitektur” damals heftig unter Kritik standen – mit einem Naturbezug aus der Schusslinie zu bringen, sondern dabei auch eine Architekturtheorie entwickelte, die zu neuen Bauformen führte, das belegt Niklas Maak in „Der Architekt am Strand” äußerst unterhaltsam. Seine Sammlung der Indizien im Leben und Werk von Le Corbusier, immerhin ein Meister der Selbstinszenierung, liest sich streckenweise wie ein Krimi.
Besonders fündig wird der Autor, geboren 1972 in Hamburg, dabei in der surrealistisch kubistischen Kunst von Le Corbusier, die bislang meist nur als bunte Fußnote im Werk des Jahrhundertarchitekten behandelt wurde. Zu Unrecht, wie Maak mit Bildanalysen belegt: Denn gleichen die Zeichnungen „dem Abbild eines Denkprozesses”, gerät die Malerei zum Versuchslabor für neue Formen: „In den Gemälden tastet sich Le Corbusier an eine offenere Raumvorstellung heran, die so bisher nicht denk-, geschweige denn baubar war.” Gerade daraus sollte sich ein Raumdenken entwickeln, das Architekten wie Rem Koolhaas und Ryue Nishizawa heute noch anwenden, wenn sie in ihren Entwürfen die üblichen Grenzen zwischen Innen und Außen, öffentlichem und privaten Raum überwinden.
Was in der Kunst dabei wie ein geheimes Symbol auftauchte, bevor es sich Jahre später in Architekturentwürfen manifestierte, ist die Seeschnecke – für Le Corbusier die vollkommenste Verkörperung der Naturgesetze. Auch wenn der Architekt leidenschaftlicher Muschelsammler war, muss wohl ein Text seine spezielle Seeschneckenverehrung ausgelöst haben: der Dialog „Eupalinos oder Der Architekt”. Darin ließ Paul Valéry Sokrates und Phaidros über Architektur philosophieren und Sokrates am Strand ein „Objet ambigu” finden – offensichtlich das Vorbild für Le Corbusiers geliebtes Strandgut. Indem Maak den Text des Lyrikers aus den zwanziger Jahren, den der Architekt kannte und bewunderte, mit dessen Arbeit und Leben in Beziehung setzt, gerät der Dialog zum Dechiffriercode. So gestaltete Le Corbusier nicht nur seinen Entwurfsprozess, sondern auch sein reales Architektenleben nach dem literarischen Vorbild des idealen Architekten Eupalinos.
Dass der Essay des verehrten Valéry dabei nicht sonderlich gut zu der Begeisterung des Architekten für theosophische Schriften passte, störte ihn wenig: „(...) es ist charakteristisch für Le Corbusier, dass er sich um solche logischen Brüche nicht kümmert. Seine Theorie ist kein konzises Programm, sondern selbst eine Art intellektueller Strandgutsammlung, in der die unterschiedlichsten zerborstenen Fundstücke in wildem Durcheinander über- und ineinanderrollen.”
Eine ganz ähnliche Haltung offenbart schließlich die Wallfahrtskirche von Ronchamp, wo der Architekt es schafft, „das starre Gebäude wie eine architektonische Wendejacke herumzukrempeln, das Innen zum Außen und das Äußere zum Innenraum zu machen”. Die präzise Geometrie Le Corbusiers früherer Bauten trifft hier auf amorph wuchernde Naturformen: „Ronchamp ist der Versuch, mathematische Ordnungsprinzipien und Naturerscheinungen in eine Form zu synthetisieren; es geht Le Corbusier um eine Überwindung des Denkens in Gegensatzpaaren wie Natur-Kunst oder Innen-Außen (...).” Nicht nur die schwarze Brille blieb bei Le Corbusier also die Jahre über gleich. LAURA WEISSMÜLLER
NIKLAS MAAK: Der Architekt am Strand. Le Corbusier und das Geheimnis der Seeschnecke. Carl Hanser Verlag, München 2010, 240 Seiten, 17,90 Euro.
Er schaffte es, das Innen zum Außen und das Äußere zum Innenraum zu machen.
Vom Anzug tragenden Repräsentanten einer technokratischen Moderne zum halbnackten Naturmenschen: Nach 1945 lässt sich Le Corbusier, wie hier von Lucien Hervé, vermehrt am Strand fotografiert. Doch die Formensprache der Wallfahrtskirche Chapelle Notre-Dame du-Haut, die 1950-55 in Ronchamp entsteht, kündigt sich schon deutlich früher an. Abbildung aus dem besprochenen Band (oben), AKG/Schütze/Rodemann, FLC/VG Bild-Kunst, Bonn 2010
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.04.2010

NIKLAS MAAK, Redakteur im Feuilleton dieser Zeitung, hat ein Buch über Le Corbusier und dessen Bemühung geschrieben, sich nach 1945 ein neues Image zu geben. Statt in Anzug und Fliege ließ der Architekt sich vermehrt am Strand fotografieren. Der Ursprung seiner Architektur, erklärte er nun, liege in den Gesetzen der Natur. Ein wichtiges Vorbild für diesen Rollen- und Formwandel war eine literarische Figur: Le Corbusier las Paul Valérys "Der Mensch und die Muschel" und "Eupalinos" und inszenierte sich im Geist der Valéryschen Architektenfiguren. Der Philosoph, Essayist und manische Muschelsammler prägte das Denken Le Corbusiers stark; er sammelte wie der Philosoph unablässig Steine, Muscheln und anderes Strandgut. Diese Objekte und Valérys Objekttheorie entpuppen sich als ein neuer Schlüssel zu Le Corbusiers Architektur. (Niklas Maak: "Der Architekt am Strand". Le Corbusier oder das Geheimnis der Seeschnecke. Hanser Verlag, München 2010. 240 S., br., 17,90 [Euro].)

F.A.Z.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

In der aus seiner Doktorarbeit hervorgegangenen Arbeit über den Architekten Le Corbusier gelingt es Niklas Maak, den kühlen Konstrukteur der "Wohnmaschine" und den "esoterischen Naturmensch" des späteren Werks miteinander zu versöhnen, stellt Laura Weißmüller begeistert fest. Dabei entsteht ein plastisches Porträt Le Corbusiers, und es liest sich auch noch außerordentlich packend und kurzweilig, so die Rezensentin hocherfreut. Der Autor kann in seiner materialreichen Studie nicht nur schlüssig nachweisen, dass die bislang zumeist als farbenfrohes Beiwerk betrachtete Malerei des Architekten bereits Ideen und Konstruktionsprinzipien Le Corbusiers ausprobiert und so als "Versuchslabor" für seine architektonischen Entwürfe gelten kann. Er macht zudem einen Schlüsseltext von Paul Valery ausfindig, der in einem fiktiven Dialog zwischen Sokrates und Phaidros über Architektur die für Le Corbusier so wichtige Seeschnecke als Symbol der "vollkommensten Verkörperung der Naturgesetze" einführt, erklärt die Rezensentin. Daraus habe der Architekt dann seine ganz eigene Synthese von mathematischen Ordnungsprinzipien und Natur konstruiert, die, wie der Autor nachweist, sein Früh- wie sein Spätwerk gleichermaßen prägt, so Weißmüller fasziniert.

© Perlentaucher Medien GmbH
"'Der Architekt am Strand' nimmt uns mit auf eine ästhetische Reise ins vielschichtige Reich des großen Le Corbusier. Von der Krümmung einer Muschel zum Dach einer Kapelle, vom Goldenen Schnitt zur Architektur selbst gelingt es diesem wunderbaren Buch, die Poesie vor Augen zu führen, die im Einfachen und Erhabenen liegt." Patti Smith

"Dass es einen Bruch zwischen Früh- und Spätwerk tatsächlich so nie gegeben hat, davon erzählt jetzt das kluge Buch des FAZ-Kritikers Niklas Maak. Indem der Autor die gegensätzlichen Haltungen des Architekten ineinander blendet, kristallisiert sich nicht nur ein stimmiges Porträt Le Corbusiers heraus, sondern wird auch sichtbar, wie dieser mit einer neuen Art des Entwerfens seine Nachfolger bis heute beeinflusst." Laura Weissmüller, Süddeutsche Zeitung, 09.03.2010

"Ein ebenso amüsantes wie aufschlussreiches Vergnügen." Gerhard Mack, Neue Zürcher Zeitung am Sonntag, 30.05.10

"...eine ideale Ferienlektüre." Patricia Grzonka, Neue Zürcher Zeitung, 14.07.10

"Niklas Maak zählt zu den wenigen, die mitreißend über Architektur schreiben." Monopol, Silke Hohmann, 05.2010

"Dass dieses Buch über den legendären Architekten Le Corbusier nicht nur für Bauhaus-Jünger aufschlussreich ist, verdankt sich der Anschaulichkeit und Kurzweiligkeit, mir der Niklas Maak seine Thesen darlegt und so viel Lebensnähe versprüht." Christoph Schreiner, Saarbrücker Zeitung, 03.09.10