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Es ist heute fast vergessen, dass die CSU nicht immer die bayerische Staats- und Mehrheitspartei gewesen ist, als die sie in der Rückschau oft erscheint. Vor allem in den ersten Nachkriegsjahren stand die Partei auf tönernen Füßen und hatte mit erbitterten inneren Auseinandersetzungen zu kämpfen - und auch mit dem politischen Gegner. Die hier erstmals veröffentlichten Dokumente lassen einen Blick hinter die Kulissen der Parteiführung zu. Sie machen die Flügelkämpfe zwischen Josef Müller, Fritz Schäffer und Alois Hundhammer nachvollziehbar, den Aufstieg von Franz Josef Strauß, das Ringen mit…mehr

Produktbeschreibung
Es ist heute fast vergessen, dass die CSU nicht immer die bayerische Staats- und Mehrheitspartei gewesen ist, als die sie in der Rückschau oft erscheint. Vor allem in den ersten Nachkriegsjahren stand die Partei auf tönernen Füßen und hatte mit erbitterten inneren Auseinandersetzungen zu kämpfen - und auch mit dem politischen Gegner. Die hier erstmals veröffentlichten Dokumente lassen einen Blick hinter die Kulissen der Parteiführung zu. Sie machen die Flügelkämpfe zwischen Josef Müller, Fritz Schäffer und Alois Hundhammer nachvollziehbar, den Aufstieg von Franz Josef Strauß, das Ringen mit der Bayernpartei oder den Umgang mit Skandalen wie der Affäre um das bayerische Landesentschädigungsamt und seinen Präsidenten Philipp Auerbach. Diese Edition ist unverzichtbar für alle, die mehr über die Lehr- und Krisenjahre der CSU in Erfahrung bringen wollen.
Autorenporträt
Dr. phil. Jaromír Balcar, geboren 1966, war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte München-Berlin sowie an den Universitäten München, Bremen und Erlangen-Nürnberg. Er arbeitet zur Zeit an einem DFG-finanzierten Forschungsprojekt zur Wirtschaftslenkung in Böhmen und Mähren 1938-1951 an der Universität München.
Thomas Schlemmer, geboren 1967, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte München-Berlin, von 2001- 2005 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut in Rom.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.06.2007

Schock des Machtverlusts
Sitzungen der CSU-Führungsgremien in den Jahren 1946 bis 1955

Durch ihre Verankerung in der Gesellschaft gilt die CSU als die bayerische "Staats- und Ordnungspartei". In aktuellen Umfragen liegt sie bei 53 Prozent. Ihre einzigartige Stellung im deutschen Parteiensystem lässt leicht vergessen, dass dies nicht von Anfang an so war. Zwar erreichte die 1945 neugegründete interkonfessionelle Volkspartei bei der ersten Landtagswahl 1946 auf Anhieb die absolute Mehrheit, doch vier Jahre später stürzte sie auf 27,4 Prozent ab. Immerhin konnte sie aber mit Ministerpräsident Hans Ehard in einer Koalition von SPD und BHE weiterregieren. Von diesem Absturz erholte sie sich nur langsam. Von 1954 bis 1957 war sie gar zur Opposition verurteilt. Erst seit 1966 stellt sie wieder Alleinregierungen.

Wie krisenhaft ihre Frühgeschichte nach dem fulminanten Anfangserfolg verlief, ist in 70 Dokumenten nachzulesen, die das Institut für Zeitgeschichte in dieser dritten Edition zur Geschichte der CSU veröffentlicht hat. Die in mühsamer Kleinarbeit zusammengetragenen, in ihrem Aussagewert unterschiedlichen Beschluss-, Ergebnis-, Verlaufs- und Wortprotokolle der Sitzungen der CSU-Führungsgremien, die teils aus Stenogrammen zu transkribieren waren, werden ergänzt durch Berichte aus der "CSU-Correspondenz". Im Anhang finden sich das Programm für die Landtagswahl 1954 und die Satzung von 1952 sowie fast 90 Kurzbiographien der Vorstandsmitglieder und Sitzungsteilnehmer.

Die Protokolle des geschäftsführenden Landesvorstands, der anfangs in der Rechtsanwaltskanzlei des Vorsitzenden Josef Müller tagte, und des Landesvorstands, an dessen Sitzungen verschiedentlich Vertreter der Landtagsfraktion und ab 1950 der CSU-Landesgruppe im Bundestag teilnahmen, offenbaren nicht nur die Konfliktlinien, Führungs- und Flügelkämpfe zwischen liberal-konservativen, christlich-interkonfessionellen, katholisch-konservativen, gemäßigt föderalistischen und partikularistischen Kräften, sondern auch die tiefen persönlichen Zerwürfnisse zwischen den Protagonisten Josef Müller, Fritz Schäffer, Alois Hundhammer und Martin Horlacher. Ende der vierziger Jahre lag der Parteiapparat am Boden, der Mitgliederschwund galoppierte, die Partei mutierte zur Honoratiorenpartei, die Parteifinanzen waren zerrüttet. Zentrifugal wirkte auch der Dualismus zwischen Partei und Fraktion. Die Quittung für diese in aller Öffentlichkeit ausgetragenen Zwistigkeiten erhielt die Partei bei den Bundestags- beziehungsweise Landtagswahlen 1949 und 1950, die die 1948 lizenzierte Bayernpartei als wählbare Alternative zur drittstärksten Kraft machten.

Im Frühjahr 1949 löste Hans Ehard den glücklosen Vorsitzenden Josef Müller ab. Obwohl es ihm gelang, die Partei in ruhigeres Fahrwasser zu führen, gingen Impulse für ihre Entwicklung von ihm nicht aus, zumal er zwischen Juni 1949 und Juni 1950 weder den Landesvorstand noch zwischen April 1951 und Oktober 1952 den Landesausschuss einberief. 1952 bezeichnete Bundeskanzler Konrad Adenauer im CDU-Vorstand die Verhältnisse in der CSU und die Zusammenarbeit der auf ihre Probleme fixierten Schwesterpartei als schwierig. Abhilfe versprach er sich durch die Einladung des CSU-Generalsekretärs und späteren Landesgruppenvorsitzenden Franz Josef Strauß zu den Sitzungen des CDU-Vorstands. Zu einer vergleichbaren Maßnahme konnte sich die CSU nicht durchringen, weil sie sich vom Bundeskanzleramt nicht als "Kreisverband der CDU" disziplinieren lassen wollte. Nur einmal, am 2. Juli 1954, war CDU-Bundesgeschäftsführer Bruno Heck zu einem Bericht über die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen zu einer Vorstandssitzung geladen.

Selbst nach Gründung der Bundesrepublik bestimmten zunächst noch landespolitische Themen die Sitzungen: Finanzfragen, Ringen mit der Bayernpartei, Kandidatenaufstellungen, Skandale und nicht zuletzt das Verhältnis zur CDU. Erst mit der Verstärkung des Einflusses der CSU-Landesgruppe gewann die Bundespolitik an Gewicht. Ausführungen von Strauß zur Außenpolitik wurden allerdings auf seinen ausdrücklichen Wunsch nicht protokolliert. Der Schock des Regierungsverlustes 1954 setzte endgültig neue Kräfte frei; die Phase der Stagnation und Sklerose wurde überwunden. Es kam zu einem Elitenwechsel, der die verkrusteten Strukturen aufbrach und auch zur Neutralisierung des katholisch-konservativen Flügels führte. Verantwortlich dafür waren die Landtagsfraktion und die CSU-Landesgruppe unter ihrem aufstrebenden Vorsitzenden Strauß. Zum neuen Parteivorsitzenden wurde aber nicht er, sondern Hanns Seidel auf der Landesversammlung am 22. Januar 1955 mit 380 zu 329 Stimmen gewählt. Vorausgegangen war eine langwierige Diskussion über eine Kandidatur von Fritz Schäffer. Strauß' Argument, dass der Bundesfinanzminister als CSU-Repräsentant im Bonner Kabinett unverzichtbar sei und deshalb nicht gleichzeitig Parteivorsitzender in München sein könne, zählte 1961 bei seiner eigenen Wahl zum Vorsitzenden nicht mehr. Für den teils dramatischen Wandlungsprozess der CSU zur dominanten bayerischen Hegemonialpartei mit bundesweiter Wirkkraft bietet diese vorzüglich editierte Quellensammlung unverzichtbares Anschauungsmaterial.

GÜNTER BUCHSTAB

Jaromír Balcar/Thomas Schlemmer (Herausgeber): An der Spitze der CSU. Die Führungsgremien der Christlich-Sozialen Union 1946 bis 1955. Oldenbourg Verlag, München 2007. 679 S., 69,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Günter Buchstab begrüßt diese vom Institut für Zeitgeschichte herausgegebene Edition, die siebzig Dokumente zur Geschichte der CSU in den Jahren 1946 bis 1955 versammelt. Die Sitzungsprotokolle der CSU-Führungsgremien sowie die Berichte aus der CSU-Korrespondenz vermitteln seines Erachtens einen ausgezeichneten Einblick in die Konflikte, Führungs- und Flügelkämpfe jener Jahre zwischen den verschiedenen Kräften und Protagonisten innerhalb der Partei, die zu einem Absturz in der Wählergunst führten. Die "dramatischen Wandlungsprozesse" der CSU zur bayerischen Hegemonialpartei werden für Buchstab in vorliegender Edition höchst anschaulich. Lobend äußert er sich auch über den Anhang des Bands, der das Programm der Landtagswahl 1954, die Satzung von 1952 und fast neunzig Kurzbiografien der Vorstandsmitglieder und Sitzungsteilnehmer bietet.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Für den teils dramatischen Wandlungsprozess der CSU zur dominanten bayerischen Hegemonialpartei mit bundesweiter Wirkkraft bietet diese vorzügliche Quellensammlung unverzichtbares Anschauungsmaterial." Günter Buchstab in: FAZ, 19.6.2007 "Fazit: Die Quellenedition schließt eine Forschungslücke zur Frühgeschichte der CSU. Editorisch setzt sie Maßstäbe." Manfred Hanisch in: sehepunkte 7/2007, Nr. 6