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Buchstadt Leipzig - Lehmstedt, Mark
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Wenige Städte haben in der Geschichte des Buchwesens seit dem Ausgang des Mittelalters eine so bedeutende Rolle gespielt wie Leipzig. Aufs Ganze gesehen ist die "Buchstadt" nur mit den Weltmetropolen Paris und London vergleichbar. Doch so unstrittig die Bedeutung Leipzigs für die Entwicklung des deutschen und europäischen Buchwesens ist, so unbefriedigend ist der Stand der Erforschung der Leipziger Buchgeschichte. Das Lexikon bietet erstmals in der Gestalt eines biografischen Nachschlagewerkes einen Gesamtüberblick über das Leipziger Buchgewerbe von den Anfängen im 15. Jahrhundert bis zum…mehr

Produktbeschreibung
Wenige Städte haben in der Geschichte des Buchwesens seit dem Ausgang des Mittelalters eine so bedeutende Rolle gespielt wie Leipzig. Aufs Ganze gesehen ist die "Buchstadt" nur mit den Weltmetropolen Paris und London vergleichbar. Doch so unstrittig die Bedeutung Leipzigs für die Entwicklung des deutschen und europäischen Buchwesens ist, so unbefriedigend ist der Stand der Erforschung der Leipziger Buchgeschichte. Das Lexikon bietet erstmals in der Gestalt eines biografischen Nachschlagewerkes einen Gesamtüberblick über das Leipziger Buchgewerbe von den Anfängen im 15. Jahrhundert bis zum Beginn der Industriellen Revolution im Jahr 1826. Der erste Band führt zurück in die ungewissen Anfänge zu Beginn des 15. Jahrhundert, zeichnet die sich langsam entwickelnden Gewerbe der Buchbinder (ab 1420), Buchmaler (ab 1455), Buchhändler (ab 1470) und schließlich der Buchdrucker (ab 1478/80) nach und führt bis zur Einführung der Reformation im Herzogtum Sachsen (1539), einer der großen Zäsuren der Leipziger Buchgeschichte.
Autorenporträt
Mark Lehmstedt (geb. 1961), Verleger und Buchwissenschaftler, seit 2019 Privatdozent für Medien- und Kommunikationsgeschichte am Historischen Seminar der Universität Leipzig
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.12.2020

Sterben in Leipzig genügt noch nicht
Ein Mythos wird eindrucksvoll belebt: Mark Lehmstedt startet ein aufwendiges Nachschlagewerk zur Personalgeschichte des Buchgewerbes in der Messestadt

"Buchstadt" - das ist ein ebenso gängiges Synonym für Leipzig wie "Messestadt". Aber schon 2011 hat Thomas Keiderling in "Aufstieg und Niedergang der Buchstadt Leipzig" nachgewiesen, dass die Bezeichnung gar nicht zu halten ist: Fast immer in den letzten fünfhundert Jahren waren andere deutsche Städte bedeutender fürs Buchgewerbe, und heute ist von der ehedem in Leipzig denn doch reich vertretenen Verlagsszene und deren Zulieferbetrieben kaum noch etwas Nennenswertes übrig. Aber der Nimbus strahlt weiter: dank der jährlichen Buchmesse und buchgeschichtlichen Büchern, die sich mit Leipzig in einer Intensität beschäftigt haben wie mit keinem anderen europäischen Verlagsstandort. Keiderlings relativierende Studie selbst war ein Beispiel dafür. Und das jüngste Exempel heißt sogar "Buchstadt Leipzig" - und ist gerade einmal der erste von sechs angekündigten Bänden.

Verfasser ist Mark Lehmstedt, seines Zeichens selbst Leipziger Verleger, in dieser Rolle auch jüngst mit dem Sächsischen Verlagspreis gekürt und einer der besten Kenner nicht nur der lokalen Buchgeschichte; Lehmstedt lehrt das Fach an der Gutenberg-Universität von Mainz. Sein nun begonnenes Mammutwerk zum Verlagsort Leipzig bündelt ein in bald sechzig Lebensjahren erworbenes Wissen, und es tut das so konzentriert wie möglich, nämlich als "Biografisches Lexikon des Leipziger Buchgewerbes". Heißt im Klartext: In den nach historischen Zeitabschnitten eingeteilten Bänden werden jeweils einzeln die Akteure vorgestellt. Im vorliegenden ersten Teil, der die Jahre von 1420 bis 1538 abdeckt, reicht das berufliche Spektrum dabei von Verlegern über Papierhändler, Drucker, Buchbinder und Buchmaler bis zu Buchhändlern. Und das alphabetische von Arnold von Köln bis zu Benedict Zschederich.

An diesen beiden Namen kann man die Forschungsleistung Lehmstedts ermessen. Der Buchbinder Zschederich wurde bislang nur ein einziges Mal im gesamten Schrifttum erwähnt, und auch da nur in einer Anmerkung, die ein Dokument zitiert, das ihn 1525 als Schuldner von zehn Groschen für gelieferte Buchbeschläge auswies. Mehr weiß man nicht über Zschederich, aber das Faktum zeigt die vertikale Organisation der Buchproduktion in Leipzig. Der Gläubiger, ein gewisser Georg Henel oder Henne, taucht bei Lehmstedt übrigens noch sechs weitere Male auf, ohne dass er einen eigenen Eintrag bekäme. Als Klausurmacher war er zwar mit Buchproduktionszulieferung befasst, aber nicht hauptgewerblich.

Arnold von Köln wiederum erwarb 1492 das Leipziger Bürgerrecht und trat in der Stadt als einer der ersten Buchdrucker auf. Den großen Aufschwung dieses Zweigs erlebte Leipzig etwas später durch die Reformation, die zwar dort erst 1538 offiziell eingeführt wurde, aber schon vorher hatten sich zahlreiche Drucker an die Herstellung von lutherischen Schriften gemacht. 1527 wurde auf dem Marktplatz deswegen Hans Hergot enthauptet - das erste gegen einen Vertreter des Buchgewerbes vollstreckte Todesurteil in Deutschland -, aber Hergot hatte seine Offizin in Nürnberg und bekommt deshalb bei Lehmstedt keinen Eintrag. Sterben für Bücher in Leipzig genügt noch nicht.

Für derartige Episoden ist Lehmstedts Projekt eine Fundgrube. Aber natürlich ist es kein erzählendes Sachbuch; es versteht sich als Nachschlagewerk, und wenn man dann etwa versteckt den Nachweis findet, dass einer der ersten Illustratoren der Gutenberg-Bibel in Leipzig saß, muss man als Leser die Konsequenzen für die Buchgeschichtsschreibung selbst ziehen. Lehmstedt weiß das alles selbstverständlich auch, aber er leistet die mühselige Arbeit eines Dokumentars, nicht eines Interpreten. Dafür liefert er auf Farbtafeln reiches Anschauungsmaterial, und wenn nicht alles täuscht (und der Autor bei der Stange bleibt; der zweite Band wird dem Vernehmen nach frühestens in zwei Jahren erscheinen), entsteht hier zum letzten Mal ein Grundlagenwerk über die Buchstadt Leipzig als klassisches Buch. Das ist zudem wunderbar gestaltet und gedruckt - allerdings in Berlin respektive Memmingen. Die Buchstadt mag es nie gegeben haben, und auch die Buchstätten sind leider längst anderswo.

ANDREAS PLATTHAUS

Mark Lehmstedt: "Buchstadt Leipzig". Biografisches Lexikon des Leipziger Buchgewerbes. Band 1: 1420-1538.

Lehmstedt Verlag, Leipzig 2020. 298 S., Abb., geb., 78,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Dass es längst bedeutendere Buchstädte als Leipzig gibt, konnte dem Rezensenten Andreas Platthaus schon Thomas Keiderling in seiner Studie "Aufstieg und Niedergang der Buchstadt Leipzig" von 2011 nachweisen. Und dennoch stürzt sich der Kritiker fasziniert auf den ersten Band eines geplanten "Mammutwerks" zum Thema, das der Leipziger Verleger Mark Lehmberg nun begonnen hat. Schon in diesem die Jahre 1420 bis 1538 umfassenden Band erkennt der Rezensent Lehmstedts geballtes Wissen, etwa wenn er ihn in alphabetischer Ordnung von einem der ersten Leipziger Buchdrucker, Arnold von Köln oder von Benedict Zschederich informiert. Die Ausgabe ist zwar mehr Nachschlagewerk als Sachbuch und infolge eher dokumentarisch als erzählerisch, räumt Platthaus ein. Aber schon wegen der Bilderfülle empfiehlt er dieses kenntnisreiche "Grundlagenwerk" gern.

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