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Deutschland in der Zukunft. Die Küsten sind überschwemmt, weite Teile des Landes sind entvölkert, und die Natur erobert sich verlassene Ortschaften zurück. Berlin ist nur noch eine Kulisse für Touristen. Regierungssitz ist Frankfurt, das mit dem gesamten Rhein-Main-Gebiet zu einer einzigen Megacity verschmolzen ist. Dort, wo es eine Infrastruktur gibt, funktioniert sie einwandfrei. Nahezu das gesamte Leben wird von Algorithmen gesteuert. Allen geht es gut - solange sie keine Fragen stellen.
Liina, Rechercheurin bei einem der letzten nichtstaatlichen Nachrichtenportale, wird in die Uckermark
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Produktbeschreibung
Deutschland in der Zukunft. Die Küsten sind überschwemmt, weite Teile des Landes sind entvölkert, und die Natur erobert sich verlassene Ortschaften zurück. Berlin ist nur noch eine Kulisse für Touristen. Regierungssitz ist Frankfurt, das mit dem gesamten Rhein-Main-Gebiet zu einer einzigen Megacity verschmolzen ist. Dort, wo es eine Infrastruktur gibt, funktioniert sie einwandfrei. Nahezu das gesamte Leben wird von Algorithmen gesteuert. Allen geht es gut - solange sie keine Fragen stellen.

Liina, Rechercheurin bei einem der letzten nichtstaatlichen Nachrichtenportale, wird in die Uckermark geschickt, um eine, wie sie glaubt, völlig banale Meldung zu überprüfen. Dabei sollte sie eigentlich eine brisante Story übernehmen. Während sie widerwillig ihren Job macht, hat ihr Chef einen höchst merkwürdigen Unfall, der ihn fast das Leben kostet, und eine Kollegin wird ermordet. Beide haben an der Story gearbeitet, die Liina versprochen war. Anfangs glaubt sie, es ginge darum, ein Projekt des Gesundheitsministeriums zu vertuschen, aber dann stößt sie auf die schaurige Wahrheit: Jemand, der ihr sehr nahesteht, hat die Macht, über Leben und Tod fast aller Menschen im Land zu entscheiden. Und diese Macht gerät nun außer Kontrolle ...
Autorenporträt
Zoë Beck, geboren 1975, ist Schriftstellerin, Übersetzerin (u. a. Amanda Lee Koe und James Grady), Verlegerin (CulturBooks) und Synchronregisseurin für Film und Fernsehen. Sie lebt und arbeitet in Berlin. Zoë Beck zählt zu den wichtigsten deutschen Krimiautor*innen und wurde mit zahlreichen Preisen, unter anderem mit dem Friedrich-Glauser-Preis, dem Radio-Bremen-Krimipreis und dem Deutschen Krimipreis, ausgezeichnet. Edvard ist ihr erstes Jugendbuch.
Autoreninterview
Interview mit Zoë Beck zu „Paradise City”

Von verheerenden Pandemien über die Impfpflicht bis zur App des Gesundheitsministeriums: Es ist derzeit unmöglich, „Paradise City“ nicht als Kommentar auf die aktuelle Situation zu lesen. Was hatten Sie im Kopf, als Sie das zukünftige Deutschland entwarfen und Ihren Plot entwickelten?


Das Exposé ist von 2018. Als ich das Buch schrieb, gab es die nächste große Pandemie nur in der Theorie von Forscher*innen und Expert*innen. Ich dachte außerdem an Masern und multiresistente Keime und, ja, irgendwelche Grippeviren. Sobald es um ansteckende Krankheiten geht, die so extrem leicht übertragbar und nicht nur für Risikogruppen potenziell tödlich sind, muss eine Regierung handeln, da müssen radikale Maßnahmen her. Diese Maßnahmen haben auch immer verheerende wirtschaftliche, soziale und psychologische Auswirkungen; da ist dann wieder die Regierung gefragt, was Lösungen angeht. Mir erschien es nur logisch, dass über kurz oder lang autoritäre Methoden eingeführt werden würden. Was die Gesundheitsapp angeht: Das Smartphone kontrolliert uns doch längst und sagt uns, wie viel wir uns bewegen und ob wir genug schlafen. Kurz…mehr
Interview mit Zoë Beck zu „Paradise City”

Von verheerenden Pandemien über die Impfpflicht bis zur App des Gesundheitsministeriums: Es ist derzeit unmöglich, „Paradise City“ nicht als Kommentar auf die aktuelle Situation zu lesen. Was hatten Sie im Kopf, als Sie das zukünftige Deutschland entwarfen und Ihren Plot entwickelten?


Das Exposé ist von 2018. Als ich das Buch schrieb, gab es die nächste große Pandemie nur in der Theorie von Forscher*innen und Expert*innen. Ich dachte außerdem an Masern und multiresistente Keime und, ja, irgendwelche Grippeviren. Sobald es um ansteckende Krankheiten geht, die so extrem leicht übertragbar und nicht nur für Risikogruppen potenziell tödlich sind, muss eine Regierung handeln, da müssen radikale Maßnahmen her. Diese Maßnahmen haben auch immer verheerende wirtschaftliche, soziale und psychologische Auswirkungen; da ist dann wieder die Regierung gefragt, was Lösungen angeht. Mir erschien es nur logisch, dass über kurz oder lang autoritäre Methoden eingeführt werden würden. Was die Gesundheitsapp angeht: Das Smartphone kontrolliert uns doch längst und sagt uns, wie viel wir uns bewegen und ob wir genug schlafen. Kurz gesagt: Ich fand das alles sehr naheliegend und habe nur die Schraube etwas weitergedreht.

Haben Sie das Buch im letzten Moment noch überarbeitet – oder waren Sie gerade froh, dass Ihr Buch schon vor der Krise fertig war?

Ich war sehr froh, dass es da schon fertig war! Ich webe meine Geschichten immer recht eng, da kann ich dann schlecht mal eben noch andere Elemente mit reinnehmen, nur weil sie gerade aktuell sind. Während ich es schrieb, hatte ich außerdem eine ganz andere Krise zu bewältigen, einen familiären Todesfall. Den Tod empfinde ich immer als etwas, das Raum und Zeit extrem verzerrt. Ich stand noch völlig unter diesem Eindruck, als der Lockdown kam.

Der Klimawandel ist das andere große Grundthema des Buchs. Die Erderwärmung hat die Welt stark verändert, aber auch viele Maßnahmen selbstverständlich gemacht, zum Beispiel ein konsequentes Verkehrskonzept. Hat Ihr Buch damit eine utopische, also optimistische Seite?

Selbstverständlich, ja! Ich wollte irgendwie die Welt retten. Einiges ließ sich nicht mehr aufhalten, die Meere habe ich um zwei Meter ansteigen lassen, aber ich wollte und will daran glauben, dass irgendwann ein ökologisches Umdenken kommt, und zwar ganz radikal. Gleichzeitig stellte ich mir für den Roman vor, dass so etwas nur mit einer sehr strikten, autoritären politischen Führung machbar ist. Was das Verkehrskonzept angeht: Da habe ich meinen Wunschträumen freien Lauf gelassen. Genau so möchte ich das bitte haben.

Ihre Protagonistin Liina hat jahrelang in einem finnischen Spielemuseum als Testerin gearbeitet: sicher ein Traumjob für viele. Was ist Ihr wildester Berufswunsch? – Ist da noch etwas offen?

Nein, da ist nichts offen. Irgendwie war es bei mir oft so, dass sich Dinge ergeben haben, die ich vorher gar nicht so auf dem Schirm hatte. So gesehen bleibe ich eher gespannt, was wohl noch so alles im Leben passiert.

Bestimmt auch ein Traumjob: Sie führen zusammen mit Jan Karsten den CulturBooks Verlag. Warum haben Sie sich damals für einen eVerlag entschieden und wie ging es weiter?

Wir sind seit einigen Jahren ein ganz „normaler“ Verlag mit Print, Auslieferung, Vertrieb und allem. Wir haben aber 2013 rein digital angefangen, weil es einfach in der Luft lag. Da hatten wir noch die Vorstellung, dass sich der digitale Buchmarkt deutlich besser entwickelt. In bestimmten Genrebereichen läuft es auch hervorragend, aber das, was wir machen, richtet sich an ein Publikum, das eben doch das gedruckte Buch schätzt und dem rein digitalen Text wenig abgewinnen kann. Uns aber erst einmal digital aufzustellen und eine Grundstruktur zu schaffen, war definitiv der richtige Ansatz. So konnten wir uns langsam zu dem entwickeln, was wir jetzt machen und in Zukunft noch weiter ausbauen werden.

Im Botanischen Garten in Dahlem trägt ein Baum Ihren Namen. Leisten Sie als Baumpatin einen Beitrag dazu, Berlin als potenzielle „Paradise City“ zu gestalten?

Die Papierbirke meinen Sie? Ja, und CulturBooks ist die Patin der Rotbuche. Ich habe außerdem noch die Draculapflanze, den Ingwer und die Salbeiwiese als Patenpflanzen. Ich liebe den Botanischen Garten sehr, und da ich selbst alles, nur keinen grünen Daumen habe, versuche ich, auf diese Art meinen Beitrag zu leisten.

Interview: Literaturtest, 2020
Krimi des Monats July 2020
Zoë Beck: Paradise City

Die perfekte Stadt der Zukunft – sie sähe für jede und jeden von uns wohl ein wenig anders aus. Verzichten wir für saubere Luft auf den Individualverkehr? Erlauben wir die totale Überwachung zugunsten von Sicherheit und Gesundheit? Wen lassen wir bevorzugt in begehrten Stadtvierteln wohnen? – Solche häufig diskutierten Fragen hat Zoë Beck konsequent weitergedacht, ohne sich dabei für eine Dystopie oder Utopie zu entscheiden. In „Paradise City“ entwirft sie ein unheimlich glaubwürdiges Szenario von Europa im kommenden Jahrhundert. Ihr Trick ist es, die Welt von in etwa 100 Jahren so erzählen, als lebten wir bereits mittendrin. Das Science-Fiction-Setting ihres Thrillers, der wie ein Kriminalroman beginnt, erschließt sich erst nach und nach.

Der voranschreitende Klimawandel hat globale Veränderungen verursacht, und Deutschland hat seine Konsequenzen gezogen. Die Megacitys um Frankfurt und im Ruhrgebiet sind von einem ökologischen Verkehrskonzept und klaren Regeln geprägt. Der Staat ist hart, aber gerecht. Die Überwachung reicht bis in die Körperfunktionen und Gesundheitsdaten. Ein soziales Punktesystem entscheidet über die Lebensverhältnisse des Einzelnen. Wer angepasst ist, führt ein gesichertes, gesundes, langes Leben. Was in dieser rationalen Welt immer weniger Menschen interessiert, ist dagegen die Presse- und Redefreiheit. Die öffentlich-rechtlichen Medien sind quasi verstaatlicht. Kaum etwas kann noch für Aufsehen sorgen; nur wenige interessieren sich noch für Fakten und Enthüllungen. Eine von ihnen ist die Journalistin Liina.

„Du kannst die Zukunft mitgestalten, warum machst du damit nicht weiter?“, wird Liina von Yassin gefragt, als beide noch zusammen Stadtplanung studieren. Bald darauf werden sie privat und beruflich ein Team. Erst arbeiten sie an brisanten Beiträgen für den Unifunk, dann in der Agentur Gallus im Zeichen des investigativen Journalismus. Schon als Yassin das Unternehmen mit Özlem gründet, steht es schlecht um unabhängige Nachrichten. Inzwischen ist Liina Anfang dreißig, von Yassin getrennt und beruflich nur noch Fake News auf der Spur. Während sie der zweifelhaften Meldung von tödlichen Schakalbissen in der Uckermark nachgeht, stürzt Yassin vor einen Zug. Weder Liina noch Özlem wollen an einen Unfall oder gar Selbstmord glauben. Kaum liegt Yassin im Koma, wird auch noch eine freie Reporterin der Agentur tot aufgefunden. Beide haben an einer großen Story gearbeitet, deren Fäden Liina und Özlem nun aufnehmen.

Zur Unterstützung holen sie die Hackerin Olga dazu. Liina kennt sie noch aus Finnland, wo sie einige Jahre vom Mindestlohn lebte und in einem Spielemuseum jobbte. Ihr vertraut Liina schließlich ihre Krankengeschichte an: Nachdem ein Spenderherz nur wenige Jahre durchgehalten hatte, wurde Liina erfolgreich ein aus ihren eigenen Stammzellen gezüchtetes Herz implantiert. Sie ist also ebenso Versuchskaninchen wie Nutznießerin eines Geheimprojekts des Gesundheitsministeriums. Langsam kommt sie dahinter, was die Ministerin – ausgerechnet eine Freundin aus Kindheitstagen – verbirgt. Und es wird nicht die letzte Begegnung sein, bei der Liina von den Schatten ihrer Vergangenheit eingeholt wird …

Je mehr wir über die Figuren und Systeme erfahren, desto klarer wird, dass es hier kein Gut und Böse gibt, sondern jede Medaille zwei Seite hat. Auch Liina ist keine strahlende Heldin, ebenso wenig ihre Kolleginnen. Hinter dem beschriebenen Machtsystem stecken komplexe Entscheidungen, die das Gemeinschaftswohl im Sinn haben. Die Welt von „Paradise City“ ist sauber und durchdacht; hier ist Diversity selbstverständlich, sind Gefängnisse einer „Integrationsunterbringung“ gewichen und viele Krankheiten nur noch Geschichte. Gleichzeitig ist ein Kontrollstaat entstanden, der seine Tabus mit allen Mitteln vertuscht. Diesen sind Liina und ihr Team auf den Fersen – bis an die Grenzen des Systems und darüber hinaus. Alles zum Krimi des Monats
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Ein Zusatzgerät steuert und organisiert das Leben: Ohne das Smartcase und die App KOS gibt es keine Gesundheitsfürsorge in den Megacitys des neuen Europa, dessen Ränder längst im Meer versunken sind. Liina, eine junge Frau mit einem Geheimnis, recherchiert für die letzte nichtstaatliche Nachrichtenagentur über den Fund einer Toten. Doch die Leiche verschwindet, auf Liinas Chef und Geliebten wird ein Anschlag verübt, eine Kollegin ermordet. Zoë Beck entwirft das Zukunftsbild einer Ökodiktatur zwischen Frankfurt, Rostock und der Uckermark, die die Menschen mit Sicherheit und Gesundheit ködert und keine Abweichungen duldet. Am Beispiel von Liina und ihren Mitstreiterinnen setzt sich die Autorin differenziert und plausibel damit auseinander, welcher Preis dafür gezahlt werden muss. Menschenversuche und geheime Forschungsprojekte sollen eine perfekte Gesellschaft absichern und die Möglichkeiten zum Widerstand werden geringer. Was Verbrechen in einem Staat auslösen, der alles unter Kontrolle zu haben scheint, ist die Frage, die den Roman vorantreibt. Dass die unsichere und verstörte Liina sich dabei vor allem mit ihrer eigenen Geschichte abplagt, ist für die Thrillerhandlung eher hinderlich.

…mehr© BÜCHERmagazin, Margarete von Schwarzkopf (mvs)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.07.2020

Es geht ihnen gut

Nach der Pandemie: Zoë Beck blickt in eine Zukunft, die ganz nah scheint.

Ein mutiertes Masernvirus hat in den dreißiger Jahren des einundzwanzigsten Jahrhunderts ein Massensterben ausgelöst, als "Seuchenzeit" ist diese Katastrophe ins kollektive Gedächtnis eingegangen. In den Plattenbauten war die Ansteckungsrate besonders hoch, der Enge wegen. Schon in ihrem 2017 erschienenen Buch "Die Lieferantin" hat Zoë Beck - Schriftstellerin, Übersetzerin, Verlegerin, Synchronregisseurin - bewiesen, dass sie bestehende Situationen so weiterdenken kann, dass es einem dabei kalt den Rücken hinunterläuft.

Im Fall von "Paradise City" kommt noch Timing hinzu: Zwar entstand das Exposé schon vor zwei Jahren, doch der Lockdown kommt, als sich das Buch "längst im Lektorat" befindet, wie Beck dem "Spiegel" verriet. Der Roman spielt in einem Deutschland, das Pandemien und Klimakatastrophen hinter sich hat: Weite Teile des Nordens hat das Meer verschluckt, und Frankfurt am Main, inzwischen eine Megacity mit zehn Millionen Einwohnern, firmiert als neue Hauptstadt. Alle Museen wurden nach Bad Vilbel ausgelagert.

Sämtliche Fäden laufen bei einer totalitären Regierung mit freundlichem Gesicht zusammen, die die Grenzen abschottet, im Namen der inneren Sicherheit die Medien gleichschaltet und die Bevölkerung rund um die Uhr kontrolliert. Eine Gesundheits-App namens KOS analysiert über einen implantierten Chip unentwegt alle Körperwerte, ordnet Medikamenteinnahme an. Die Leute sind darüber bequem geworden. Wogegen sollten sie auch demonstrieren, es geht ihnen ja gut.

Es drängt sich geradezu auf, "Paradise City" im Tandem mit Becks Vorgängerroman zu lesen: Auch "Die Lieferantin" spielt in der Zukunft, dreht aktuelle Entwicklungen weiter in Richtung Dystopie, dazu ein Schuss Hightech und eine schwer zu greifende Protagonistin. Selbst das Coverdesign suggeriert eine Geistesverwandtschaft der Bücher. Beide arbeiten mit urbanen Motiven, mit Symmetrien und - ähnlich der Farbpalette vieler jüngerer Kino-Blockbuster - dem Kontrast zwischen kaltem Blau und warmem Orange. Aber während sich "Die Lieferantin" als engagiertes Statement für Eigenverantwortung und gegen den Brexit las, lässt Beck in "Paradise City" deutlich mehr Zweifel zu, arbeitet das Dilemma all jener heraus, die in ihrer Welt noch zwischen Freiheit und dem Weg des geringsten Widerstands unterscheiden wollen. Selbst die wenigen verbliebenen Systemkritiker in "Paradise City" loben schließlich die hervorragende Gesundheitsversorgung.

Unter diesem Druck ächzen die letzten Bollwerke des unabhängigen Journalismus, von der Öffentlichkeit verächtlich "Wahrheitspresse" genannt, die mit einem Bein im Untergrund und mit dem anderen im Gefängnis agieren. Zu so einer Redaktion gehört auch Liina, die in die Uckermark geschickt wird, um dort eine Geschichte zu recherchieren, die sie für sterbenslangweilig hält: Ein Schakal soll eine Frau getötet haben. Doch während sie durch den gottverlassenen Landstrich streift, stirbt eine Kollegin und ihr Chef hat einen ausgesprochen merkwürdigen Unfall.

Während sie also den Plot als Hybrid aus Kriminalroman und Science-Fiction vorantreibt, nutzt Beck parallel dazu Rückblenden, um die Geschichte einer politischen Wesensbildung zu erzählen. Zur psychologisch vieldimensionalen Persönlichkeit wird Liina dabei nicht, vielmehr fungiert sie als Gefäß, als Repräsentationsvehikel. Als Frauenfigur, die in aller Ausführlichkeit darlegt, wieso sie sich nicht für Kinder interessiert, gehört sie zu einer seltenen Spezies. Detailliert beschreibt Beck später eine Fehlgeburt, nennt ihre Figuren, ohne viel Aufhebens darum zu machen, Yassin, Özlem und Dr. Mahjoub, lässt sie homosexuelle Partnerschaften führen oder binäre Geschlechterzuordnungen unterlaufen. Ihre Entwürfe von Dystopie und Utopie liegen nah beieinander; dass viele garstige Versäumnisse unserer heutigen Gesellschaft in der Welt von "Paradise City" überwunden scheinen, spricht dafür. Den Text hebt das auf die Höhe der Zeit, er schrammt aber mit all seinen knapp umrissenen Figurenskizzen auch gelegentlich am Klischee vorbei: Selbst hier existiert der Stereotyp der schwarzgekleideten Hackerin mit Tattoos und Undercut.

In pragmatischen Sätzen verzeichnet Zoë Beck eine aseptische Umwelt, bevölkert von properen Menschen, die ebenso auf Effizienz hin optimiert sind wie ihre am Reißbrett geplanten Retortenstädte. Nur, so richtig zum Leben erweckt sie sie nicht - und das passt einerseits, denn wie viel Leben steckt schon in einem Berlin, das nur noch als Kulisse für Pauschaltouristen auf Geschichtserlebniswoche dient?

Becks sprachlicher Minimalismus hat den Effekt einer Tilt-Shift-Fotografie, bei der satte Farben und gezielte Unschärfen selbst Frankfurter Hochhausschluchten aussehen lassen können wie eine Miniatur. Das große Ganze geht auf, schwieriger ist es gelegentlich im Detail: Nebenbei fallengelassene Dialoge drosseln angesichts ihrer Schwerfälligkeit das Tempo, das willkommen wäre, um "Paradise City" ein bisschen mehr Widerspenstigkeit zu verleihen, ein bisschen mehr Knirschen in der Handlungsmaschinerie. Ein literarisches Frankfurter Bahnhofsviertel gewissermaßen, wie damals zu besseren Zeiten, als sich dort die Systemgegner sammelten, die inzwischen, abgeschnitten von jeder staatlich organisierten Grundversorgung, außerhalb der Städte am Rand der Gesellschaft leben. Am besten liest sich "Paradise City" als zutiefst beunruhigendes Gedankenspiel.

KATRIN DOERKSEN

Zoë Beck: "Paradise City". Thriller.

Suhrkamp Verlag,

Berlin 2020.

280 S., br., 16.- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.07.2020

NEUE TASCHENBÜCHER
Die Frankfurter
Republik lebt
Lütten Klein ist die Endstation, auf die dieser Roman sich hinbewegt. Eine der Ex-DDR-Plattenbausiedlungen nahe Rostock, die sich leerten nach den Pandemien – Masern, Grippeviren – und den Überschwemmungen in den 2030-er Jahren. Irgendwann hat man aus dem leeren Lütten Klein ein Gefängnis gemacht, für jenen Teil der Bevölkerung, den man die „Parallelen“ nennt, die Nichtangepassten, Deformierten, Kranken. Zoë Beck erzählt in „Paradise City“ so lakonisch von Deutschlands naher Zukunft, dass der hysterisch gern eingesetzte Begriff Dystopie nicht passen mag. Das Land hat die lässige Wurstigkeit der Berliner Republik verloren, ist geworden, wie Attila Hildmann & Co. es sich in ihren Schauervisionen ausmalen. Mit Frankfurt am Main als der neuen Hauptstadt! Ein Chip ist allen implantiert, der die Daten der Befindlichkeit sammelt, und ein unerbittliches Überwachungssystem dirigiert (nicht nur) die Gesundheit. Liina ist, herzkrank, auf dieses System angewiesen, aber sie leistet auch versteckt mit Widerstand, in der Agentur Gallus, checkt Fakten,untersucht, was der plötzliche Tod ihres Chefs ist: Unfall, Selbsttötung, Mord? FRITZ GÖTTLER
Zoë Beck: Paradise City. Thriller. Suhrkamp
Verlag, Berlin 2020.
281 Seiten, 16 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Eine Welt, in der das Leben sich in Riesenmetropolen konzentriert und eine Gesundheits-App auf dem Smart Case beständig alle Vitalfunktionen überwacht - Rezensentin Katharina Granzin erscheint es beunruhigend, wie gut sie sich Zoë Becks Dystopie vorstellen konnte. Die Kritikerin fand Becks Schilderung dieser Zukunft sehr elegant, vor allem die geschickten Andeutungen, mit denen die Autorin sie bildlich heraufbeschwört, haben ihr gut gefallen. Dass die Handlung ihr gelegentlich überkonstruiert erschien, verzeiht Granzin Beck deshalb gern.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Für Fans von intelligenten Science-Fiction-Thrillern.« Denis Scheck WDR 20210112