Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 48,11 €
  • Gebundenes Buch

1 Kundenbewertung

Im Herbst 1956 besuchten BND-Mitarbeiter auf Einladung der CIA die USA. Über mehrere Wochen bereisten sie das Land, um die amerikanische Kultur besser kennenzulernen. Doch in der Reisegruppe befand sich unerkannt auch ein KGB-Spion: Heinz Felfe. Er entdeckte Amerika im Auftrag Moskaus. Seit Anfang der fünfziger Jahre organisierte die CIA für handverlesene westdeutsche Geheimdienstmitarbeiter Rundreisen durch die USA. Hinter dem Programm stand die Überlegung, den Teilnehmern die Größe und Vielfalt, vor allem aber die Überlegenheit des Landes vor Augen zu führen. Erstmalig zeichnet der Autor…mehr

Produktbeschreibung
Im Herbst 1956 besuchten BND-Mitarbeiter auf Einladung der CIA die USA. Über mehrere Wochen bereisten sie das Land, um die amerikanische Kultur besser kennenzulernen. Doch in der Reisegruppe befand sich unerkannt auch ein KGB-Spion: Heinz Felfe. Er entdeckte Amerika im Auftrag Moskaus. Seit Anfang der fünfziger Jahre organisierte die CIA für handverlesene westdeutsche Geheimdienstmitarbeiter Rundreisen durch die USA. Hinter dem Programm stand die Überlegung, den Teilnehmern die Größe und Vielfalt, vor allem aber die Überlegenheit des Landes vor Augen zu führen. Erstmalig zeichnet der Autor anhand von bislang unveröffentlichten Originalfotos, Reisenotizen und Dokumenten detailliert eine dieser Reisen nach. Die Lektüre der Dokumentation ist deshalb so spannend, weil wir mit unserem heutigen Wissen dem KGB-Spion Felfe über die Schulter schauen können. Jahre später wurde er als Spion im BND enttarnt, was den wohl größten Geheimdienst-Skandal in der Geschichte des BND auslöste. SeineAmerika-Reise sollte dabei eine entscheidende Rolle spielen. Das Buch beschreibt ein noch nicht erzähltes Kapitel deutsch-amerikanischer Geheimdienstgeschichte und zeigt am Ende auf, welche Geheimnisse über die USA-Reise bis heute noch bestehen.
Autorenporträt
Bodo V. Hechelhammer ist promovierter Historiker, hauptamtlicher Mitarbeiter und Chef-Historiker des BND.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.09.2017

Maulwurf „Paul“ im Herzen des Feindes
Bodo V. Hechelhammer blättert ein spezielles – und beinahe bizarres – Kapitel des Krimis um den BND-Doppelagenten Heinz Felfe auf
Es war die größte Schmach in der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes: Am 6. November 1961 wurde Heinz Felfe, der Leiter des BND-Referats Gegenspionage Sowjetunion, als KGB-Maulwurf verhaftet. Er hatte, wie die Ermittlungen ergaben, 15 000 geheime Dokumente in den Osten geschafft, die gesamte Logistik und das Spionagenetz des BND in Bezug auf die Sowjetunion verraten. 94 BND-Agenten wurden enttarnt, der BND musste seinen gesamten Aufklärungsdienst neu organisieren.
Der Doppelagent Felfe hätte indes schon Jahre früher entlarvt werden können. Eine USA-Reise, an der er im September 1956 auf Einladung der CIA mit einer achtköpfigen BND-Delegation teilnahm, spielte dabei eine bedeutsame Rolle. Bodo V. Hechelhammer, der Chefhistoriker des BND, rekonstruiert nun aus amerikanischen sowie west- und ostdeutschen Geheimdienstakten, privaten Briefen und Tagebuchnotizen sowie einer Vielzahl von Fotos der Reiseteilnehmer die bis heute weitgehend unbeachtete USA-Visite der BND-Mitarbeiter sowie die Verdachtsmomente, die frühzeitig gegen Felfe aufkamen. Der Leser erlebt mit, wie ein sowjetischer Spion, ohne Argwohn zu erregen, einen gegnerischen Dienst ausspäht. Erst im Rückblick wird klar, wie nah Felfe seiner Enttarnung war. Die Fülle seines Materials verleitet Hechelhammer bisweilen allerdings auch dazu, ziemlich nebensächliche Einzelheiten auszubreiten.
Der 1918 in Dresden geborene Felfe, ehemals Sturmführer im Sicherheitsdienst der SS, hatte sich nach dem Krieg vom britischen Geheimdienst MI 6 als Vertrauensmann anwerben lassen. Ein früherer SD-Kamerad, Hans Clemens, führte ihn im September 1951 dem KGB zu. Auf dessen Geheiß trat Felfe zwei Monate später in die „Organisation Gehlen“, den Vorläufer des BND, ein. Mithilfe seiner sowjetischen Auftraggeber, die ihn gezielt mit Informationen als „Spielmaterial“ versorgten, gewann Felfe das Vertrauen des Geheimdienstchefs Reinhard Gehlen und machte rasch Karriere. Zwar fiel Felfes Kollegen auf, dass dessen nachrichtendienstliche Operationen allzu reibungslos verliefen und sein Lebensstil nicht seinem Einkommen entsprach. Aber Gehlen, geblendet von den scheinbaren Erfolgen, hielt seine schützende Hand über ihn.
Seit 1951 lud die CIA Mitarbeiter der Organisation Gehlen, die sie als ihre westdeutsche Filiale betrachtete, zu Studienzwecken in die USA ein. Die Reise im September 1956 war die siebte, aber die erste nach der Gründung des seit April 1956 selbständigen BND. Die Teilnehmer waren handverlesen. Gerade von Felfe erwartete die CIA, dass er künftig zum Schlüsselpersonal des deutschen Auslandsgeheimdiensts gehören würde. Er habe sich, notierte die CIA in ihrer Felfe-Akte, „dafür entschieden, die kommunistischen Ideologien und Praktiken im Rahmen seiner Möglichkeiten zu bekämpfen“.
Felfe fieberte dem USA-Aufenthalt entgegen. Auffällig suchte er im März 1956 in Erfahrung zu bringen, was in amerikanischen Akten über ihn stand. „Vielleicht sorgte er sich, dass er von einer erfreulichen Reise ausgeschlossen würde“, vermutete die CIA. Tatsächlich fürchtete Felfe, dass die CIA negative Informationen über ihn haben könnte.
Offenbar um seine Teilnahme nicht zu gefährden, wagte Felfe eineinhalb Jahre lang keinen persönlichen Treff mit seinem KGB-Verbindungsoffizier. Nach einer Begegnung im Frühjahr 1955 in Österreich kam es erst im November 1956, zwei Monate nach Abschluss der USA-Reise, wieder zu einem Treffen, diesmal in Ost-Berlin.
Im CIA-Hauptquartier, das sich damals mitten in Washington befand, führten die westdeutschen Geheimdienstler vier Tage lang jeweils von 10 bis 18 Uhr ausgiebige Fachgespräche. Der KGB-Spion Felfe erfuhr so aus erster Hand den Organisationsaufbau und lernte die Arbeitsmethoden der CIA kennen. In seinem Taschenkalender notierte er sorgsam alle Namen und Zuständigkeiten der amerikanischen Gesprächspartner. Aus einem CIA-Schadensbericht ging später hervor, dass Felfe rund 100 CIA-Mitarbeiter an den KGB verraten hatte, unter ihnen 21 mit Klarnamen, die er bei der USA-Reise kennengelernt hatte.
Beinahe wäre Felfe bereits damals aufgeflogen. Bei einem Abstecher zum FBI wollten die amerikanischen Kriminalisten ausgerechnet an ihm die Funktionsweise des Lügendetektors demonstrieren. Felfe wehrte sich vehement und konnte sich der Gefahr einer möglichen Enttarnung mit knapper Not entziehen. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland interessierte er sich auffällig für die Wirkungsweise des Apparats, bat amerikanische Bekannte um Fachbücher und setzte sich bei Gehlen sogar für eine operative Verwendung des Lügendetektors im BND ein. Ironischerweise führte schließlich der Verratsfall Felfe selbst dazu, dass der deutsche Auslandsnachrichtendienst einige Jahre lang Mitarbeiter einem Lügendetektortest unterzog.
Nach dem offiziellen Programm in Washington durften fünf Mitglieder der BND-Delegation, unter ihnen Felfe, eine touristische Rundreise durch die USA unternehmen. Etwas zu detailverliebt schildert Hechelhammer alle Stationen der Sightseeingtour von der Ost- an die Westküste und zurück.
Auf die Schiffspassage zurück nach Europa, die seine Kollegen genossen, musste Felfe verzichten, weil er an einer Gesichtsallergie erkrankte; er reiste deshalb mit dem Flugzeug. In den USA mochte er keinen Arzt konsultieren. Zu groß war seine Sorge, dass er etwa unter Medikamenteneinfluss seinen sowjetischen Spionageauftrag verraten könnte. Das war keine Paranoia; vielmehr hatte ihn sein KGB-Agentenführer wenige Monate zuvor angewiesen, aus eben diesem Grund eine Mandeloperation ohne Narkose vornehmen zu lassen. Die Symptome der Nesselsucht, die bei Felfe auftraten, erklärt Hechelhammer mit dessen „erhöhter psychischer Belastung“, verstärkt durch die ungewohnte Hitze in Amerika.
Der Delegationsleiter Kurt Kohler, Sicherheitschef des BND, fertigte für Präsident Gehlen einen zwölfseitigen Bericht über den Aufenthalt in Washington, über die Gesprächspartner und vor allem über den Inhalt der Fachgespräche. Nach Kohlers Erinnerung hat Felfe nie sonderlich Interesse an dem Bericht gezeigt. Dennoch fand man nach Felfes Verhaftung eine Kopie eben dieses Berichts sowie Felfes eigene Notizen über die CIA-Vorträge in seinem Panzerschrank.
Schon 1954 hatte ein sowjetischer Überläufer der CIA den Hinweis gegeben, dass in der Organisation Gehlen zwei Spione mit den Decknamen „Peter“ und „Paul“ tätig seien. Im März 1959 erfuhr die CIA durch einen polnischen Doppelagenten, dass sich nach einer Äußerung des KGB-Spionageabwehrchefs in der Reisegruppe sogar zwei sowjetische Spione befunden hätten. Es dauerte jedoch noch zweieinhalb Jahre, bis Felfe überführt werden konnte.
Felfe war „Paul“ – aber wer war „Peter“? Darüber wird seither gerätselt. Felfes Kollege Clemens, der einst die Verbindung zum KGB hergestellt hatte und nun mit ihm verhaftet wurde, kann nicht gemeint gewesen sein, denn er hatte an der USA-Reise nicht teilgenommen. Untersuchungen gegen Felfes Reisegefährten verliefen ergebnislos, soweit sie überhaupt eingeleitet wurden. Der BND, folgert Hechelhammer, „wollte offenbar nicht ohne Not noch einen weiteren mutmaßlichen KGB-Spion in seinen Reihen aufspüren müssen“.
Der Bundesgerichtshof verurteilte Felfe im Juli 1963 wegen schweren Landesverrats zu 14 Jahren Zuchthaus. Nach langwierigen Verhandlungen, in deren Verlauf die DDR mit einem Abbruch des Häftlingsfreikaufs, der Familienzusammenführungen und des Agentenaustauschs drohte, kam Felfe im Februar 1969 im Gegenzug für 21 politische Häftlinge in der DDR frei. Der ehemalige Doppelagent studierte und promovierte an der Ost-Berliner Humboldt-Universität und wurde dort zum Kriminalistik-Professor berufen. Er starb 2008 kurz nach seinem 90. Geburtstag. Eine Biografie Hechelhammers über Felfe soll im nächsten Jahr zu dessen 100. Geburtstag erscheinen.
NORBERT F. PÖTZL
Norbert F. Pötzl ist Journalist und hat in zwei Büchern über den DDR-Rechtsanwalt Wolfgang Vogel auch dessen Austauschverhandlungen im Fall Felfe geschildert. Mit Felfe hat er mehrere Gespräche geführt.
1956 lud die CIA deutsche
Agenten nach Washington ein.
Mit dabei: Moskaus Spitzel Felfe
14 Jahre Zuchthaus lautete
das Urteil; 1969 durfte der
Ex-Agent in die DDR ausreisen
Bodo V. Hechelhammer:
Doppelagent Heinz Felfe entdeckt Amerika.
Der BND, die CIA und eine geheime Reise im Jahr 1956. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2017,
256 Seiten, 39,90 Euro.
Memoiren eines Meisterspions: Heinz Felfe 1986 in Ost-Berlin.
Foto: A. Schoelzel/AP
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.06.2018

"Maulwurf" auf Luxusreise
Geschichte und Geschichten aus der Frühzeit von Bundesnachrichtendienst und CIA

Am 8. September 1956 machte sich eine achtköpfige Gruppe aus München auf den Weg in die Vereinigten Staaten von Amerika. Das war zu dieser Zeit, elf Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, schon eine kleine Sensation, zumal die Herren an Bord einer PanAm-Maschine vom Typ Boeing 377 "Stratocruiser" Erster Klasse reisten.

Das wirklich Sensationelle an dieser Reisegruppe war allerdings ihr beruflicher Hintergrund. Denn sie gehörten dem erst am 1. April 1956 legalisierten, aus der sogenannten Organisation Gehlen hervorgegangenen Bundesnachrichtendienst (BND) an und waren allesamt Spezialisten für die Spionageabwehr. Es war die siebte Reise dieser Art, welche die Central Intelligence Agency (CIA) seit 1951 für ihre deutschen Kollegen organisierte.

Damit nicht genug, befand sich unter den Fernreisenden auch ein "gut plazierter sowjetischer Top-Spion": Heinz Felfe, Jahrgang 1918, seit 1936 Mitglied der SS, hatte eine Ausbildung zum Feinmechaniker absolviert, als er mit Kriegsbeginn im September 1939 zur Wehrmacht eingezogen, aber nach einer schweren Erkrankung schon im Februar 1940 wieder entlassen wurde. Wenig später begann seine eigentliche Karriere als Kriminalkommissar, die ihn nach der Ausbildung im August 1943 in den Auslandsnachrichtendienst des Reichssicherheitshauptamtes führte, wo er zuletzt im Rang eines Obersturmführers tätig war.

Die Briten wussten, wen sie sich holten, als sie Felfe im Juli 1947 als "Vertrauensmann" auf die Kommunisten in ihrer Besatzungszone ansetzten. Und sie wussten auch, warum sie ihn knapp drei Jahre später wieder abschalteten: Nicht zum letzten Mal in seiner Karriere als Geheimagent tauchte der Verdacht auf, dass Felfe mit anderen Geheimdiensten in Verbindung stehe. Auch auf seinem nächsten Posten, den er am 1. November 1951 bei der Organisation Gehlen bezog, gab es bald diese Gerüchte.

Dass man Felfe gleichwohl jahrelang nicht auf die Schliche kam, lag entscheidend an Reinhard Gehlen, dem Leiter der nach ihm benannten, damals noch der CIA unterstehenden Organisation. Gehlen war von den Informationen, die Felfe aus der Sowjetunion lieferte, "geblendet". Heute wissen wir, warum der liefern konnte. Denn als Felfe bei der Organisation anfing, tat er das als Mitarbeiter des sowjetischen Geheimdienstes KGB, war also von Anfang an als "sowjetischer Maulwurf" tätig, seit Anfang Oktober 1953 sogar in der Pullacher Zentrale des BND und dort bei der Spionageabwehr, also "im Herzen des westdeutschen Auslandsnachrichtendienstes". Als er im Sommer 1956 in die Vereinigten Staaten reiste, spionierte er folglich, mit einer "umfangreichen Kameraausstattung" ausgerüstet, für den weltpolitischen Gegner seiner Gastgeber.

Das alles ist jetzt bei Bodo Hechelhammer nachzulesen. Der Historiker kam 2002 zum BND, leitet dort seit 2010 die Forschungsgruppe, die sich mit der Aufarbeitung der frühen Geschichte des Nachrichtendienstes beschäftigt, und firmiert als dessen "Chef-Historiker". Ihm kam zugute, dass inzwischen nicht nur die entsprechenden Akten des BND zugänglich sind, sondern dass auch die CIA ihre Akten zur "Organisation Gehlen" sowie zum frühen BND deklassifiziert hat und dass zudem Felfes Stasi-Akte einsehbar ist. Und dann machte Hechelhammer bei einigen Hinterbliebenen der Amerika-Reisenden aufschlussreiches Material ausfindig, darunter vor allem ein Fotoalbum. Es bildet das Rückgrat der üppigen Bebilderung.

Das Buch ist mithin nicht nur eine Geschichte der frühen Jahre des BND, sondern auch ein Porträt der CIA. Und es ist ein Bericht über Amerika und die Amerikaner. Denn fünf der acht Geheimdienstreisenden durften sich auf Kosten des amerikanischen Steuerzahlers noch zwei weitere Wochen als Touristen umsehen.

Am 9. September 1956 kamen die acht - nach Zwischenstopps in Frankfurt, London, Gander (Neufundland), New York, Philadelphia - in Washington an. An den offiziellen Teil mit seinem Informations- und Schulungsprogramm schloss sich für jene fünf eine "kulturelle Entdeckungsreise" über Detroit, Denver, San Francisco, Los Angeles, Tucson, New Orleans und New York an, von wo sich Felfe wegen einer schweren Gesichtsallergie vorzeitig auf den Rückweg machte. Was sie auf ihrer Reise sahen, hält Hechelhammer im Hauptteil seines Buches fest. Dass es sich wie das Tagebuch einer Touristengruppe liest, ist kein Zufall, denn die täglichen Briefe eines der Teilnehmer an seine Frau, das Fotoalbum eines anderen und nicht zuletzt Felfes Kalendereinträge ("Fahrt üb. Golden Gate Br., Redwood Wälder, Chinatown") sind die Hauptquellen. Das ist anschaulich, aber austauschbar und, so gesehen, belanglos.

Für Heinz Felfe bedeutete die Reise in die Vereinigten Staaten den Anfang vom Ende seiner Karriere als Doppelagent. Denn der Aufenthalt "sollte ihn zur Strecke bringen". Ein leitender Mitarbeiter der polnischen Spionageabwehr, der später zur CIA überlief, brachte den Stein ins Rollen. Im November 1961 wurde Felfe verhaftet, im Juli 1963 durch den Bundesgerichtshof zu 14 Jahren Haft verurteilt, aber im Februar 1969 im Rahmen eines Häftlingsaustausches mit der DDR wieder auf freien Fuß gesetzt. Bis zu seinem Tod im Mai 2008 lebte er im Osten Berlins, verdiente seinen Lebensunterhalt zeitweilig als außerordentlicher Professor im Fachbereich Kriminalistik der Humboldt-Universität und unterrichtete dort Stasi-Mitarbeiter.

Für den BND und nicht zuletzt für die CIA war der Fall Felfe einer der schwersten Unfälle ihrer Geschichte. Dem seinerzeit aufgenommenen Schadensreport des amerikanischen Geheimdienstes ist zu entnehmen, "dass er insgesamt rund 100 CIA-Mitarbeiter an den KGB verraten" hat, "darunter von 25 Mitarbeitern alleine 21 mit ihrer klaren Identität im Rahmen seiner USA-Reise".

Damit gehörte Felfe zu den erfolgreichsten Doppelagenten des KGB seit 1945. Wie erfolgreich er war, zeigt ein Vergleich mit dem 1994 enttarnten Aldrich Ames. Wie Felfe im BND war Ames im CIA für die Gegenspionage verantwortlich. Insgesamt hat der Amerikaner "seit 1982 wohl dreißig Mitarbeiter der Agency an den KGB verraten". So steht es bei Bernd Stöver zu lesen, der "Geschichte, Organisation, Skandale" der CIA auf denkbar knappem Raum dargestellt hat.

Wer dem Potsdamer Historiker auf diesem Parforceritt folgen will, muss hoch konzentriert zu Werke gehen, denn die Darstellung ist eine dichte Sammlung von Daten, Fakten und vor allem: Abkürzungen. Leserfreundlich ist das nicht unbedingt. Allerdings werden die relevanten Themen umfassend und im Einzelnen informativ abgehandelt und das erstaunlich häufige Versagen des seit 1945 mächtigsten Geheimdienstes der Welt plausibel erklärt: Neben "institutioneller Überheblichkeit" fällt vor allem "mangelnde Kompetenz ... für viele Einsatzgebiete" ins Gewicht. Das gilt bis in unsere Tage.

GREGOR SCHÖLLGEN.

Bodo V. Hechelhammer: Doppelagent Heinz Felfe entdeckt Amerika. Der BND, die CIA und eine geheime Reise im Jahr 1956.

Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2017. 256 S., 39,90 [Euro].

Bernd Stöver: CIA. Geschichte, Organisation, Skandale.

C. H. Beck Verlag, München 2017. 128 S., 8,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr