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Wie die rasante Beschleunigung der Politik unsere Gesellschaft spaltetWarum unser politisches System in Gefahr ist und wie wir es retten könnenIn Zeiten von Trump, Brexit, AfD und Gelbwesten ein hochaktuelles Buch Die Welt ist aus den Fugen geraten. Innerhalb der westlichen Demokratien findet eine Polarisierung und Radikalisierung statt, die noch vor wenigen Jahren undenkbar erschien. Henrik Müller sucht in diesem Buch nach Ursachen und Folgen der globalen Verunsicherung. Anhand aktueller politischer Debatten macht er deutlich, dass Entscheidungen zunehmend öffentlich und unter großem Druck…mehr

Produktbeschreibung
Wie die rasante Beschleunigung der Politik unsere Gesellschaft spaltetWarum unser politisches System in Gefahr ist und wie wir es retten könnenIn Zeiten von Trump, Brexit, AfD und Gelbwesten ein hochaktuelles Buch
Die Welt ist aus den Fugen geraten. Innerhalb der westlichen Demokratien findet eine Polarisierung und Radikalisierung statt, die noch vor wenigen Jahren undenkbar erschien. Henrik Müller sucht in diesem Buch nach Ursachen und Folgen der globalen Verunsicherung. Anhand aktueller politischer Debatten macht er deutlich, dass Entscheidungen zunehmend öffentlich und unter großem Druck fallen. Und dass die rasante Beschleunigung politischer Prozesse eine Gefahr für Wirtschaft und Gesellschaft ist. Dabei greift er auf eigene Forschungsergebnisse zurück und bietet auch Lösungen an. Denn schließlich geht es darum, die Empörungsspirale zu durchbrechen und gleichzeitig die Freiheit des öffentlichen Wortes zu retten.
Autorenporträt
Müller, HenrikHenrik Müller, geboren 1965 in Rinteln/Weserbergland, studierte Volkswirtschaft in Kiel, absolvierte die Deutsche Journalistenschule in München und promovierte in Hamburg. Nach einer Karriere im Journalismus, zuletzt als stellvertretender Chefredakteur der Zeitschrift manager magazin, ist er heute Professor für Wirtschaftspolitischen Journalismus an der TU Dortmund. Seine wöchentliche Spiegel-Online-Kolumne "Müllers Memo" erreicht eine große Leserschaft. 2002 wurde er mit dem Holtzbrinck-Preis für Wirtschaftspublizistik ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.04.2020

Von der Realität überholt
Ein missglückter Versuch, gedankliche Ordnung in die neue Unordnung zu bringen

Politische Bücher, die vor der Corona-Krise geschrieben wurden, durch die Brille dieser Krise zu betrachten, mag unfair sein, lässt sich aber nicht umgehen. Eine der Prämissen des hier zu besprechenden Titels lautet, dass zwischen dem tatsächlichen Ausmaß der Probleme und deren öffentlicher Wahrnehmung in den demokratisch verfassten politischen Systemen eine eigentümliche Diskrepanz bestehe. "In vielerlei Hinsicht ist das Leben heute so risikoarm wie wohl noch nie zuvor in der Menschheitsgeschichte", heißt es gleich zu Beginn. Die Corona-Pandemie, deren rasche Ausbreitung auch eine Folge der Vernetzung der Welt und beschleunigten Globalisierung ist, widerlegt diese Feststellung grausam.

Damit konterkariert sie zugleich die zentrale These des Buches, wonach die Ursache der vielbeschworenen Krise der Demokratie weniger in den vermeintlichen Fehlentwicklungen des "superkapitalistischen" Wirtschaftssystems zu suchen sei als in den Strukturen der Demokratie selbst, genauer: in den Veränderungen der Medienlandschaft durch den Siegeszug der sozialen Netzwerke und dem damit einhergehenden Zerfall der demokratischen Öffentlichkeit.

Selbst ein Grenzgänger zwischen Journalismus und Wissenschaft, möchte Hendrik Müller beschreiben und verstehen, wie der Strukturwandel der Öffentlichkeit die auf faktenbasierten Überlegungen, politischem Interessenausgleich und einem identitätsstiftenden gemeinsamen Narrativ gründenden Funktions- und Stabilitätsbedingungen der Demokratie unterminiert. Datengestützte Analysen, die auch auf eigene wissenschaftliche Studien Bezug nehmen, und anekdotische Evidenz halten sich in der Darstellung die Waage.

Am besten funktioniert diese Mischung in den Kapiteln, die sich mit der Funktionslogik und Wirkungsweise der sozialen Medien befassen. Diese bildeten heute längst keine eigenständige Sphäre mehr, sondern prägten zunehmend auch das traditionelle Mediensystem, indem die Journalisten aus Facebook und Twitter zitierten, über die dort behandelten Themen berichteten und die Netzwerke selbst als Akteure zur Verbreitung ihrer eigenen Botschaften benutzten. Das Dilemma des Journalismus liege darin, dass er in diesem Aufmerksamkeitswettbewerb bestehen müsse, gleichzeitig aber weiterhin eine Plattform für "vernünftige gesellschaftliche Diskurse" bereithalten solle.

Weniger überzeugend gerät die Beweisführung, wo es um die eigentlichen politischen Folgen der "permanenten Empörung" geht, die der Autor als Gesetzmäßigkeit der neuen Öffentlichkeit ausmacht. Hier wird zum einen übersehen, dass es durchaus Bereiche des modernen Regierens gibt, die sich den Imperativen des Aufmerksamkeitswettbewerbs entziehen. Sie reichen vom Verwaltungshandeln über die Verfassungsgerichtsbarkeit bis hin zur transnationalen und europäischen Zusammenarbeit, wo eine demokratische Kontrolle nur begrenzt stattfindet oder möglich ist.

Zum anderen sind nicht alle Beispiele, die als Beleg für die vermeintlich unvernünftige Kurzschlusspolitik angeführt werden, wirklich schlüssig. Spielt das Thema Einwanderung in der Lebensrealität der meisten Bundesbürger tatsächlich nur eine untergeordnete Rolle? Oder könnte es nicht gerade umgekehrt so gewesen sein, dass die fehlende mediale und politische Aufmerksamkeit für Probleme, die mit der Migration verbunden waren und sind, zum Durchbruch des Rechtspopulismus in der Bundesrepublik mit beigetragen haben?

Noch dünner wird das Buch im letzten Teil, in dem der Autor Überlegungen anstellt, wie die Qualität des öffentlichen Diskurses, von der der Fortbestand der freiheitlichen Demokratie abhänge, unter den veränderten medialen Bedingungen wiederherzustellen sei. Hier wird zunächst in den Abgesang auf die Parteien eingestimmt und deren Schwäche als repräsentative Institutionen beklagt. Dabei beweisen doch gerade die populistischen Newcomer, dass es möglich ist, Repräsentationslücken zu schließen und den politischen Wettbewerb zu beleben - selbst wenn die Vertreter dieser Parteien keine Musterbeispiele für demokratische Gesinnung sind.

Auf der Suche nach denkbaren Alternativen zum bestehenden System zählt Müller ein Reihe von nichtdemokratischen und hyperdemokratischen Modellen auf und verwirft sie ebenso rasch, um am Ende wieder bei der klassisch-repräsentativen Demokratie zu landen, die freilich durch neue außerparlamentarische Teilhabeformen erweitert und im Bereich der öffentlichen Meinungsbildung besser reguliert werden müsste.

Die dazu am Ende in kompakter Form unterbreiteten Vorschläge, die der Autor in ein etwas manieriert klingendes "UNIFEY-Prinzip" einmünden lässt und bei dem das politologische Modethema "Losverfahren" ebenso wenig fehlen darf wie die Forderung nach einer Demokratisierung der internationalen Governance, fassen längst Bekanntes zusammen und bleiben in ihrer Gemeinplatzhaftigkeit wohlfeil. "Ziel eines freiheitlichen Diskurses sollte es sein, kooperative Lösungen hervorzubringen, die möglichst keine Verlierer produzieren. Das gilt national wie international. Denn dazu ist Politik da: Gesellschaften nach innen und nach außen zu befrieden, Konflikte einzudämmen, nationale und internationale öffentliche Güter in fairer Weise bereitzustellen." Wer wollte dem widersprechen?

FRANK DECKER

Henrik Müller: Kurzschlusspolitik. Wie permanente Empörung unsere Demokratie zerstört.

Piper Verlag, München 2020. 249 S., 22,- [Euro].

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»Eine profunde Analyse« Südwest Presse 20200225