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Für Band 46 der Reihe Frankfurter Buntbücher hat Klaus Völker den Titel Mephistos Landhaus gewählt, weil hier von 1934 bis 1946 Gustaf Gründgens residierte, der von Hermann Göring berufene Leiter des Preußischen Staatstheaters in Berlin. Seine erfolgreichste Rolle war damals die des "Mephisto" in beiden Teilen von Goethes Faust. Hausherrin war zunächst die 1935 verstorbene Mutter von Gründgens. Ihr folgte Marianne Hoppe, die Gründgens in seinem Film Capriolen in einem von ihr in einen Misthaufen gesteuerten Flugzeug ihr Jawort gegeben hatte. Zur Hochzeit schenkte ihr Gründgens die Rolle der…mehr

Produktbeschreibung
Für Band 46 der Reihe Frankfurter Buntbücher hat Klaus Völker den Titel Mephistos Landhaus gewählt, weil hier von 1934 bis 1946 Gustaf Gründgens residierte, der von Hermann Göring berufene Leiter des Preußischen Staatstheaters in Berlin. Seine erfolgreichste Rolle war damals die des "Mephisto" in beiden Teilen von Goethes Faust. Hausherrin war zunächst die 1935 verstorbene Mutter von Gründgens. Ihr folgte Marianne Hoppe, die Gründgens in seinem Film Capriolen in einem von ihr in einen Misthaufen gesteuerten Flugzeug ihr Jawort gegeben hatte. Zur Hochzeit schenkte ihr Gründgens die Rolle der "Effi Briest" in dem nach Fontanes Roman geplanten Film, den er dann teilweise auch auf seinem Landsitz drehte. Die Einwohner von Zeesen bezeichneten das 1690 von Danckelmann erbaute barocke Herrenhaus, das später in königlich preußischen Besitz überging, als Schloss. Um 1900 erwarb der Bankier Gutmann das ländliche Idyll, der nach Umbauten den Berliner Finanzadel und Wirtschaftsbosse zu rauschenden Festen in lauen Sommernächten in die Schlossvilla am Zeesener See lud. 1925 wurde der jüdische Bankier Ernst Goldschmidt Besitzer des Anwesens, ein Theaternarr und Freund der Künste. Seine ersten Gäste waren die Schauspielerin Carola Neher und der Dichter Klabund, der zum Dank an die hier 1926 verbrachten Sommerwochen dem Hausherrn eine "Ode an Zeesen" überreichte. Staatsrat Gründgens wurde 1945 verhaftet, durfte aber bald wieder am Deutschen Theater spielen und inszenieren. In seinem Spruchkammerverfahren kam der "günstige" Kauf des Landguts zur Sprache, ein Urteilsspruch wurde nicht gefällt, denn Gründgens verließ Berlin und wurde Intendant in Düsseldorf.Bis zum Ende der DDR gab es die verschiedensten Nutzer der Gebäude und des Parkgrundstücks. 1998 wurde der Streit um die Rückgabeansprüche der Erben Goldschmidts und des Adoptivsohns von Gründgens zugunsten der ersteren entschieden. Alle Versuche, das Landgut zu sanieren, scheiterten. Nun gibt es einen Lichtblick. Der derzeitige Besitzer hat in Absprache mit den örtlichen Behörden ein Sanierungsprojekt entwickelt. Der Park ist in seiner Schönheit wiederzuerkennen. Hoffentlich wird in letzter Minute auch die Rettung des zentralen Gutshauses gelingen. Klaus Völker und der Buchgestalter und Fotograf Günter Karl Bose legen nun eine erheblich erweiterte und mit vielen neuen Fotos bebilderte Ausgabe von "Mephistos Landhaus" vor.
Autorenporträt
Prof. Klaus Völker, geboren 1938, ist Theater- und Literaturkritiker. Nach Studium in Frankfurt a. M. und Berlin von 1969 bis 1985 leitender Dramaturg in Zürich, Basel, Bremen und am Schiller-Theater Berlin. 1992 Berufung zum Professor für Theatergeschichte und Dramaturgie an die Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch", Berlin, deren Rektor er von 1993 bis 2005 war. Übersetzer, Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen. Er ist Vorsitzender der Johannes-Bobrowski-Gesellschaft e.V.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Lothar Müller interessiert sich für das Schloss Zeesen bei Berlin und für seine Bewohner. Klaus Völkers Buch bietet ihm Einblicke in die wechselvolle Geschichte des Schlosses, von der Nutzung durch Klabund, die Sowjets und die DDR bis zur Hausbesetzerszene, weiter ins Treiben des illustren Hausherrn Gründgens und seiner Gäste, "chronologisch knapp", aber informativ, wie Müller erklärt. Auch die Bebilderung im Band, die der Gestalter Günter Bose beisteuert, scheint ihm gut zu gefallen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.01.2021

Nackt auf der Veranda
Gustaf Gründgens kauft sich ein Sommerhaus
Überhaupt nicht feierlich ist die „Ode an Zeesen“, die Klabund, mit bürgerlichem Namen Alfred Henschke, 1926 verfasste: „Und ich sitze nackt auf der Veranda / Wie des Sommers Gott / Sitz ich nackt und faul auf der Veranda / Violett umblühen mich Bethulien...“.
Allein war er nicht, gemeinsam mit seiner Frau, der Schauspielerin Carola Neher, hatte der Schriftsteller, der an einer Lungenkrankheit litt, ab Mai gut zwei Monate auf Schloss Zeesen südöstlich von Berlin verbringen dürfen. Den Privatdruck der Ode, durch deren ersten Zeile die Züge der Bahnstrecke nach Königs Wusterhausen rollten, widmete er seinem Gastgeber, dem Bankier Ernst Goldschmidt.
Der kannte die Berliner Kultur- und vor allem Theaterszene genau so gut wie die Finanzwelt. In seiner Villa am Wannsee, dem heutigen Literarischen Colloquium Berlin, hatte Carl Zuckmayer sein Lustspiel „Der fröhliche Weinberg“ (1925) verfasst. Zuckmayer, der weitläufig mit dem Bankier verwandt war, stellte die Verbindung zwischen Goldschmidt und Klabund her.
Klaus Völker, langjähriger Dramaturg, Kenner der Theatergeschichte nicht nur Berlins, von 1993 bis 2005 Rektor der Schauspielschule Ernst Busch, erzählt die Geschichte von Schloss Zeesen im zwanzigsten Jahrhundert chronikalisch knapp, ohne ausschweifende Kommentare. Der nackte Sommergott Klabund bestreitet das Vorspiel, rasch tritt der Mäzen Goldschmidt ab, er stirbt schon 1934.
Es folgt der große Auftritt des neuen Schlossherrn Gustaf Gründgens. Sein „Mephisto“ entstammte noch der späten Weimarer Republik, im Frühjahr 1934 ist er schon der Schützling Görings. Vollständig hat sich nie klären lassen, wie viel Druck auf den jüdischen Verkäufer, den Sohn Ernst Goldschmidts, bei dem Kauf im Spiel war. Der Anwalt, der ihn für Gründgens abwickelte, war SA-Mitglied und wurde wenig später, Anfang Juli 1934 beim Röhm-Putsch ermordet. Gründgens bewohnte Schloss und Park samt zwei Kavaliershäusern, einem Gewächshaus und Bootshaus am See mit Marianne Hoppe. Als er sie 1936 heiratete, war der Hamlet seine neue Paraderolle. Es gab keine Flitterwochen, dafür den gemeinsamen Film „Capriolen“ mit Hochzeits-Happy-End. Der Volksmund verzog sich dennoch grinsend.
Klaus Völker interessiert sich zu recht nicht nur für die Schlossbewohner und die Dreharbeiten im Park für „Der Schritt vom Wege“ (1939) mit Marianne Hoppe in der Hauptrolle, sondern auch für Gäste. Bis am Himmel über Zeesen die Bomber auftauchen, die nach Berlin fliegen. Zu den Gästen gehören auch jüdische Anverwandte von Kolleginnen und Kollegen, die auf dem Anwesen des Generalintendanten der Preußischen Staatstheater, der auf der „Gottbegnadetenliste“ steht, Schutz suchen. Nach dem Krieg beschlagnahmte die Sowjetarmee das Anwesen, in der DDR wurde das Schloss zum Heim zunächst für Waisenkinder, dann für die Kinder von Diplomaten. In den frühen Neunzigerjahren kamen Hausbesetzer aus dem nahen Berlin. Die sind nun auch schon Geschichte. Eine Zukunft gibt es bisher nicht für Schloss Zeesen.
Innerhalb der Reihe „Buntbücher“ des Kleist-Museums in Frankfurt an der Oder ist dieser schmale, reich illustrierte Band erschienen, der Buchgestalter Günter Bose hat ihn zu einer Augenweide gemacht. Es gibt dazu einen noch schmaleren Vorläufer. Diese deutlich erweiterte Neuauflage reicht bis in die unmittelbare Gegenwart, in der ein Neubesitzer nach Investoren für die Errichtung einer Seniorenresidenz auf Schloss Zeesen sucht.
LOTHAR MÜLLER
Klaus Völker: Mephistos Landhaus. Klabund (1926) und Gründgens (1934-1946) in Zeesen. Frankfurter Buntbücher 46. Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin 2020. 32 Seiten, 33 Abb., 8 Euro.
Gustav Gründgens und Marianne Hoppe in ihrem Landhaus. Wie viel Druck auf den jüdischen Vorbesitzer, den Sohn des Bankiers Ernst Goldschmidt, ausgeübt wurde, hat sich nie abschließend klären lassen.
Fotos: Quintus Verlag
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