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Gustave Flaubert war zeit seines Lebens ein extensiver Briefeschreiber. Cornelia Hasting, seit Jahrzehnten intensiv mit dem Werk Flauberts befasst, hat eine kluge Auswahl getroffen, dank der wir Flaubert in den wichtigsten Momenten seines Lebens über die Schulter schauen dürfen. Flauberts Briefe erzählen vom Tod der geliebten Schwester, von seinen Krankheiten, von den Reisen nach Ägypten und Karthago, vom Skandal um Madame Bovary; sie zeugen von der Freundschaft zwischen Flaubert und Turgenjew, George Sand und Guy de Maupassant, an den er den letzten Briefvier Tage vor seinem Tod am 8. Mai 1880 schreibt.…mehr

Produktbeschreibung
Gustave Flaubert war zeit seines Lebens ein extensiver Briefeschreiber. Cornelia Hasting, seit Jahrzehnten intensiv mit dem Werk Flauberts befasst, hat eine kluge Auswahl getroffen, dank der wir Flaubert in den wichtigsten Momenten seines Lebens über die Schulter schauen dürfen. Flauberts Briefe erzählen vom Tod der geliebten Schwester, von seinen Krankheiten, von den Reisen nach Ägypten und Karthago, vom Skandal um Madame Bovary; sie zeugen von der Freundschaft zwischen Flaubert und Turgenjew, George Sand und Guy de Maupassant, an den er den letzten Briefvier Tage vor seinem Tod am 8. Mai 1880 schreibt.
Autorenporträt
GUSTAVE FLAUBERT, geboren am 12.12.1821 in Rouen, studierte zunächst Jura, gab das Studium jedoch krankheitsbedingt 1843 auf und unternahm 1847 seine erste große Reise in die Bretagne mit seinem Freund, dem Literaten Maxime Du Camp. Er zog sich auf den Familiensitz in Croisset zurück, pflegte intensiven Briefkontakt zu Freunden und anderen Autoren und verfasste u. a. den Roman Madame Bovary, der bei seinem Erscheinen 1857 einen literarischen Skandal auslöste. Er starb 1880. Im Dörlemann Verlag erschienen: Gustave Flaubert/ Maxime Du Camp. Über Felder und Strände. Eine Reise in die Bretagne. Deutsch von Cornelia Hasting (2016).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Gustav Seibt lernt in dieser von Cornelia Hasting übersetzten Briefauswahl vor allem Gustav Flauberts Hass als "sehr bewegliches Geschütz" kennen. So teilt der Autor in seinen Briefen nach allen Seiten aus, schimpft während des Deutsch-Französischen Krieges 1870-1871 zuerst ausgiebig auf seine Landsleute und deren Begeisterungsfähigkeit für den Krieg, später ebenso auf die Blödheit der Preußen und verwirft dabei auch mal eben die Demokratie oder die Kultur, resümiert der Kritiker leicht resigniert. Viel Neues bietet ihm Hastings Jubiläumsausgabe im Vergleich zu Helmut Scheffels "umfangreicheren" Zusammenstellung von 1964 dabei leider auch nicht, hält Seibt fest.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.12.2021

Was für
eine Wut!
Flaubert wettert gegen den
Deutsch-Französischen Krieg
Gustave Flaubert war ein kraftvoller Briefeschreiber, dem neben der Zärtlichkeit vor allem die stilbildenden Affekte von Hass und Sarkasmus zu Gebote standen. Für sie gab es in den Monaten des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71 viele Anlässe. Für Flaubert ist es vor allem ein preußisch-französischer Krieg, die eigenen Rollen der anderen deutschen Staaten und ihrer Truppen – die Bayern waren von berüchtigter Grausamkeit – kommen in seiner Wahrnehmung nicht vor.
Der primäre Hass gilt ohnehin dem eigenen Lager: „Die Dummheit meiner Landsleute ekelt mich an“, so am 20. Juli 1870, am Tag nach der Kriegserklärung in einem Brief an George Sand. Es gab viel chauvinistischen Furor auf den Straßen, aber Flaubert hielt fest: „Die Begeisterung, die keine Idee als Motiv hat, macht mir Lust zu krepieren. (...) Der gute Franzose will kämpfen: 1. weil er sich von Preußen herausgefordert glaubt; 2. weil der natürliche Zustand der Menschheit die Wildheit ist; 3. weil der Krieg in sich ein mystisches Element enthält, das die Massen fortreißt.“
Zwei Wochen später, 3. August, kommen ihm Ahnungen von einem künftigen Weltkrieg: „Wird man noch vor Ablauf des Jahrhunderts erleben, dass sich mehrere Millionen Menschen in einem einzigen Waffengang gegenseitig umbringen?“ Gerade war in Rom die Unfehlbarkeit des Papstes verkündet worden, aber Flaubert erklärt: „Der Respekt, der Fetischismus, den man dem allgemeinen Wahlrecht entgegenbringt, empört mich mehr als die Unfehlbarkeit des Papstes (...). Glauben Sie, es wäre so weit mit uns gekommen, wenn Frankreich, statt letztlich von der Menge regiert, unter der Herrschaft von Mandarinen stünde?“ Das ist seine Absage an den Bonapartismus – eine legitime Aristokratie von Wissenden (Mandarinen) schien Flaubert auch später die wünschenswerteste Staatsform. Demokratie, als Herrschaft der Massen, und Krieg, das waren für ihn Geschwister.
Mitte August verbrachte Flaubert ein paar Tage in Paris – noch war die entscheidende Schlacht von Sedan nicht geschlagen –, und der Furor der Hauptstädter erfüllte ihn mit Abscheu: „Welche Dummheit! welche Unwissenheit! welche Anmaßung! Meine Landsleute machen mir Lust, mich zu übergeben.“ Jetzt verstehe er die grausamen Politiker von 1793 – Flaubert, der Terreur-Versteher aus Aristokratismus. Dann kommt Sedan, und Flaubert blickt „in die Tiefe des Abgrunds“. Die Zerstörung von Paris scheint in greifbarer Nähe, auf jeden Fall die Verwüstung des umliegenden Landes. Flaubert befürchtet „wahnsinnig zu werden“. Nun dreht sich sein Hass – ein sehr bewegliches Geschütz! – auch gegen die Preußen: „Der Gedanke, jetzt Frieden zu schließen“, heißt es am 10. September aus Croisset, „bringt mich auf, und mir wäre lieber, man steckte Paris in Brand (wie Moskau), als die Preußen dort einmarschieren zu sehen.“
Viele, nicht alle dieser Ausbrüche kann man in einer zierlichen Briefauswahl nachlesen, übersetzt von Cornelia Hasting, die der Dörlemann-Verlag zum Jubiläum herausgebracht hat. Sie ersetzt allerdings nicht die umfangreichere Ausgabe Helmut Scheffels von 1964, die seither immer wieder aufgelegt wurde. Hastings hat immerhin ein Schreiben vom 28. Oktober, das bei Scheffel fehlt, in dem Flaubert seine Wut zu einer Gesamtdiagnose der Kultur bündelt: „Ich bin überzeugt, dass wir in eine grässliche Welt eintreten, wo Menschen wie wir keinen Daseinsgrund mehr haben werden. Man wird materialistisch und militaristisch, haushälterisch, kleinlich, armselig, niederträchtig sein.“ Alles, was die Niedertracht des Lebens erleichtern könne, werde verschwinden, also doch wohl die Kunst.
Frankreich werde „sehr katholisch“ werden, befürchtet Flaubert. Inzwischen sind Mecklenburgische Truppen in Croisset eingerückt, Flaubert muss Quartier geben, und obwohl die deutschen Truppen nur Kleinigkeiten stibitzen, auch sein Arbeitszimmer respektieren, widert ihn der Anblick preußischer Helme auf seinem Bett an. „Was für eine Wut!“ „Das Unglück lässt einen verblöden.“ Die Landsleute Hegels, so nannte Flaubert sie schon im September, und es war kein Lob, hassen Kunstwerke und Luxusgegenstände, glaubt er zu beobachten – ein Motiv, das auch bei Maupassant und Zola auftaucht.
Aber was will Flaubert? In Paris herrscht die Kommune: „Es ärgert mich, dass Paris nicht bis aufs letzte Haus niedergebrannt ist, damit an seiner Stelle nur noch ein großer schwarzer Fleck wäre.“ So am 1. Februar 1871. Vernunftrepublikanismus sieht anders aus. „Oh welch ein Hass, welch ein Hass! Er erstickt mich!“
GUSTAV SEIBT
Nun dreht sich sein Hass – ein
sehr bewegliches Geschütz –
auch gegen die Preußen
Gustave Flaubert: „Ich schreibe gerade eine kleine Albernheit“. Ausgewählte Briefe 1832 – 1880. Aus dem Französischen von Cornelia Hasting. Dörlemann, Zürich 2021. 320 Seiten, 27 Euro.
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