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Sie gilt als eine der größten Filmschauspielerinnen aller Zeiten: Asta Nielsen (1881-1972). Die Dänin wurde mit ihrem ersten Film, Abgründe (1910), über Nacht zum Weltstar der Stummfilm-Ära und etablierte den Film als eine neue Kunst. Sie verkörperte die neue moderne Frau, begeisterte durch eine geniale Mischung aus Komik und Erotik.
Berlin wurde ihr zur Heimat, insgesamt 22 Jahre lebt und arbeitet sie dort, zu ihrem engen Freundeskreis gehören Joachim Ringelnatz, Heinrich George, Gret Palucca, Siegfried Kracauer. Sie feiert triumphale Erfolge auf der Leinwand und auf den deutschen
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Produktbeschreibung
Sie gilt als eine der größten Filmschauspielerinnen aller Zeiten: Asta Nielsen (1881-1972). Die Dänin wurde mit ihrem ersten Film, Abgründe (1910), über Nacht zum Weltstar der Stummfilm-Ära und etablierte den Film als eine neue Kunst. Sie verkörperte die neue moderne Frau, begeisterte durch eine geniale Mischung aus Komik und Erotik.

Berlin wurde ihr zur Heimat, insgesamt 22 Jahre lebt und arbeitet sie dort, zu ihrem engen Freundeskreis gehören Joachim Ringelnatz, Heinrich George, Gret Palucca, Siegfried Kracauer. Sie feiert triumphale Erfolge auf der Leinwand und auf den deutschen Theaterbühnen. Die Nazis werben um sie. Sie wird zum Tee mit Hitler und Goebbels geladen, doch sie lässt sich nicht vereinnahmen. Im Sommer 1939 kehrt sie Deutschland endgültig den Rücken. In ihrer Geburtsstadt Kopenhagen wagt sie nach dem Krieg einen Neuanfang als Autorin und Schöpferin großartiger Stoffcollagen. Im Alter von 88 Jahren heiratet sie zum dritten Mal - »meine einzige große underfüllte Liebe«.

In dieser ersten umfassenden Biographie von Asta Nielsen hat Barbara Beuys viele bisher unveröffentlichte Briefe und Dokumente der Künstlerin aus den Archiven in Kopenhagen und Frankfurt, in Berlin, Potsdam und dem schwedischen Lund ans Licht gebracht. Auch die Briefe von Nielsens letztem Ehemann aus den Wochen vor ihrem Tod wurden erstmals gesichtet. So leuchtet diese Biographie das breite Panorama eines faszinierenden und dramatischen Lebens aus, das in einem ärmlichen Arbeiterviertel Kopenhagens begann und in die schillernde und glamouröse Filmwelt der Goldenen Zwanziger führte.
Autorenporträt
Barbara Beuys, geboren 1943, arbeitete nach ihrer Promotion in Geschichte als Redakteurin u. a. bei Stern, Merian und Die Zeit. In ihren über 20 Büchern hat sie mehrfach Biografien und Perspektiven aus der Zeit des Nationalsozialismus neu und spannend erzählt. 2017 erhielt sie den Luise-Büchner-Preis für Publizistik. Barbara Beuys lebt als freie Autorin in Köln.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.05.2020

Unartigkeit gehörte in ihr Repertoire

Eine selbstbewusste Frau auf eigenen Wegen: Barbara Beuys über die Karriere und das Leben der Schauspielerin Asta Nielsen.

Vor hundert Jahren, als das Kino jung war, wurde viel über den Kunstanspruch des neuen Mediums gestritten. Der Kritiker Béla Balázs bemühte das Bild von den Musen im Olymp, um das Kino als "würdig" zu erweisen, die zehnte unter diesen göttlichen Schirmherrinnen des Schöpferischen zu werden, und er verwies auf eine Schauspielerin, die dieser Würde die vollendete Gestalt gab - "wenn man zu zweifeln anfängt, dann ist es doch nur Asta Nielsen, die einem Glauben und Überzeugung wiedergibt". In einer längeren Passage über den Film "Der Absturz" (1922) gibt Balázs dem Charisma von Asta Nielsen beinahe ein Längenmaß: "Und jetzt kommen über hundert Meter Großaufnahme von Asta Nielsens Gesicht! Ein bebendes Hoffen, tödlicher Schreck, Augen, die um Hilfe schreien, dass es einem in den Ohren gellt, dann stürzen die Tränen ... und wir sehen eine Seele sterben - premier plan, auf dem Gesicht Asta Nielsens." Diese Beschreibung einer Szene aus einem Film, der nicht gerade für die Ewigkeit gemacht wurde, kommt einer Formulierung nahe, mit der Asta Nielsen selbst ihre Arbeit als Schauspielerin einmal auf den Punkt brachte: "die einfache, blutdurchströmte, tief verinnerlichte Gestaltung eines erschütternden Menschenschicksals".

Für gut drei Jahrzehnte war die dänische Schauspielerin der Inbegriff dieser Kunst der Menschendarstellung vor der Kamera. Mit ihr begann das Kino, sich aus den Beschränkungen der kurzen Attraktionen zu lösen, mit denen es sich zuerst vor allem ausprobierte. Mit ihrem ersten Mann, dem Regisseur und Autor Urban Gad, begannen die Filme zu erzählen, so dass schon 1917 ein dänischer Autor in einem ersten Buch über Asta Nielsen schreiben konnte, sie schaffe das "grundlegende Repertoire für den dramatischen Film". Da war ihre Kinokarriere gerade sieben Jahre alt, und als Dänin mit Produktionsstandort Berlin war sie durch den Ersten Weltkrieg nur unwesentlich getroffen worden. Sie musste Deutschland zwar verlassen, ihr neutrales Heimatland bot ihr aber eine ideale Rückzugsmöglichkeit, und als 1919 das Leben wie von neuem begann, konnte Asta Nielsen bruchlos an ihren frühen Ruhm anschließen.

Der erste Regisseur, mit dem sie es bei ihrem Comeback zu tun bekam, war gleich ein (künftig) ganz Großer: Mit Ernst Lubitsch drehte sie "Rausch" (1919). Barbara Beuys schildert die Begegnung in ihrer Biographie so, dass man daraus auf einen Konflikt über künstlerische Kreativität schließen müsste: Asta Nielsen hatte zahlreiche Änderungsvorschläge für das Drehbuch, sie begriff sich auch als Sachwalterin von Strindberg, von dem die Vorlage stammte. Lubitsch aber machte alles so, wie es ihm vorschwebte - und setzte sich durch. In der Folge achtete Asta Nielsen auf ihre künstlerische Autonomie. 1921 spielte sie in einem "Hamlet" die Hauptrolle, den sie mit einer eigenen Produktionsfirma gedreht hatte. Asta Nielsen fügte ihrem Repertoire damit aber nicht einfach eine weitere Figur hinzu, sondern ein zweites Geschlecht.

Nicht nur an dieser Stelle wird die 1881 geborene Schauspielerin für Barbara Beuys zu einem Paradefall einer "neuen Frau". Asta Nielsen war ein Sexsymbol (in der damaligen Sprache: Sie verstand sich auf den "Ausdruck von Unartigkeit"), aber sie war kein Sexualobjekt. Ihre Starpersönlichkeit war geprägt von Facetten der Autonomie. In diesem Sinne schildert Barbara Beuys auch die Filmkarriere und das private Leben: eine Frau, die früh Mutter wurde, den Vater ihrer Tochter aber niemals nannte; eine Frau, die nach allem, was diese Biographie erkennen lässt, eher zur Freundschaft als zur großen Liebe begabt war; eine Frau, die zwischen Unabhängigkeit und Pragmatismus immer ihren eigenen Weg suchte, auch dann, als sie schließlich Hitler und Goebbels gegenübersaß. Sie ließ sich nicht vereinnahmen, war von der Begegnung offensichtlich aber doch beeindruckt. Sie hätte 1933 auch Gründe gehabt, sich mit dem neuen Regime zu arrangieren. Ihre Filmkarriere war ins Stocken geraten. "Sie versäumt ihre Jahre", schrieb ihr Freund Joachim Ringelnatz, und Siegfried Kracauer bemühte einmal mehr den Topos von der anspruchsvollen Künstlerin: "Sie verlangt die Manuskripte zu lesen."

Was sich hier andeutet, läuft auf eine der zentralen Debatten um das Kino als Kunst hinaus: In welchem Maß kann es mehr sein als industrielle Fertigung? Asta Nielsen hat manchmal acht Filme in einem Jahr gedreht, das geht ohne ein gewisses Maß an Routine und Standardisierung nicht. Barbara Beuys verzichtet darauf, sich in diesen Fragen ein eigenes Urteil zu bilden. Wenn es eine Merkwürdigkeit an dieser ansonsten gut gearbeiteten und plastisch erzählten Lebensdarstellung gibt, dann liegt sie darin, dass Asta Nielsen als Schauspielerin seltsam blass bleibt. Zwar gibt es zahlreiche Zitate aus zeitgenössischen Kritiken, die sich schon Mitte der zwanziger Jahre dazu aufschwangen, sie als "Mutter des Films" zu bezeichnen. Barbara Beuys lässt aber selbst bei zentralen Werken wie "Die freudlose Gasse" (1925) nicht erkennen, ob sie sich selbst einen Eindruck von der Darstellungskunst gemacht hat und wie sie Asta Nielsen unabhängig von den zahllosen Zitaten und Briefstellen sieht, die sie zusammenträgt.

Ein filmhistorisch interessierter Blick hätte an "Asta Nielsen. Filmgenie und neue Frau" auch den ersten Begriff im Untertitel ein wenig stärker erhellen können. So aber bleibt vor allem eine Starbiographie, die letztlich doch nach einem herkömmlichen Schema das Leben gegenüber dem Werk privilegiert. Asta Nielsen starb 1972 mit fast neunzig Jahren. Sie hatte ihren Ruhm so weit überlebt, dass sie in vielen Fragen selbst die einzige Auskunftsperson geworden war. Barbara Beuys hat alles getan, diesen Mythos Asta Nielsen durch Recherche lebendig und nuanciert werden zu lassen. Aber auf die Möglichkeit, ihr Bild für heute neu zu sehen, hat sie verzichtet.

BERT REBHANDL

Barbara Beuys:

"Asta Nielsen". Filmgenie und neue Frau.

Insel Verlag, Berlin 2020. 450 S., Abb., geb., 25,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Bert Rebhandl folgt mit Interesse dem Aufstieg der dänischen Schauspielerin Asta Nielsen zum Star des frühen deutschen Kinos. Bei Barbara Beuys erfährt er, dass der Film, der sich bis dahin auf kurze Attraktionen beschränkte, erst Asta Nielsen das umfassende schauspielerische Repertoire verdanken hat, über das er heute verfügt, inklusive "Ausdruck von Unartigkeit", das heißt Sex-Appeal. Auch über ihre Kämpfe um Autonomie gegenüber Regisseuren, ihre privaten Lebensumstände und ihr heikles Verhältnis zu den Nationalsozialisten lernt er einiges. Allerdings vermisst er von der Biografin auch einen "filmhistorisch interessierten Blick", eine eigene Einordnung von Asta Nielsens Filmgenie, das über die - durchaus eindrucksvolle - Zitatsammlung einer Starbiografie hinausgehe.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Beuys erzählt spannend und elegant ...« Thomas Borchert Hessische Niedersächsische Allgemeine 20200703