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»Unter den jungen deutschen Komponisten ist er derfreundliche, offene, heitere. Wer zu seiner Musik keinenZugang finden sollte - die Person muss man mögen.« Sowurde Wolfgang Rihm 1986 der Leserschaft der NeuenZürcher Zeitung vorgestellt, aber auch gleich klargestellt:Seine Musik sei zwar nicht »eingängig«, der »Eindruckder Übereinstimmung zwischen Klangwelt und Ausdrucksgebärde« aber nicht zu übersehen: »Gross, hünenhaft,massig«.Mit der immensen Produktivität des Komponisten, dersich in allen Gattungen erprobt und bewährt hat, geht esallenthalben um Wirkung und Größe. Nicht anders bei…mehr

Produktbeschreibung
»Unter den jungen deutschen Komponisten ist er derfreundliche, offene, heitere. Wer zu seiner Musik keinenZugang finden sollte - die Person muss man mögen.« Sowurde Wolfgang Rihm 1986 der Leserschaft der NeuenZürcher Zeitung vorgestellt, aber auch gleich klargestellt:Seine Musik sei zwar nicht »eingängig«, der »Eindruckder Übereinstimmung zwischen Klangwelt und Ausdrucksgebärde« aber nicht zu übersehen: »Gross, hünenhaft,massig«.Mit der immensen Produktivität des Komponisten, dersich in allen Gattungen erprobt und bewährt hat, geht esallenthalben um Wirkung und Größe. Nicht anders bei derPerson. Er ist Homme de lettre und virtuoser Kommentatorder eigenen Arbeiten, der auf die Freiheit des »unentfremdetarbeitenden« Solo-Selbständigen pocht. Fragengroßen Formats ergeben sich auch aus dem Blick auf denNetzwerker in den Institutionen des Musikbetriebs, aufden erfolgreichen Geschäftsmann und Genießer.Rihms Biografie und sein imposantes OEuvre mit bemerkenswerterEntwicklungs- bzw. Wandlungsfähigkeit isteine einzigartige Erfolgsgeschichte: vom Aufstieg eines begabtenLaienchorsängers aus der südwestdeutschen Provinzzum Parnass der Schöpfer neuer Musik.
Autorenporträt
Frieder Reininghaus, geboren 1949 in Korntal, ist einer der renommiertesten Musikkritiker im deutschsprachigen Raum, außerdem Lehrbeauftragter an Universitäten in Europa, zuletzt in Wien und Salzburg, in den 1970/80er Jahren Klavierbegleiter. Plattenaufnahmen und Filmmusiken, Autor zahlreicher Bücher, Herausgeber u.a. der Österreichischen Musikzeitschrift (2011-2018). Bei K&N ist zuletzt erschienen Musik und Gesellschaft. Marktplätze - Kampfzonen - Elysium (2020).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.03.2022

Der Unantastbare
Er wurde von Anfang an als Sonderfall eingestuft. Das macht seine Einordnung des Wolfgang Rihm so schwierig. Zwei Bücher versuchen es trotzdem
Wolfgang Rihms Musikdenken ist intellektuell geschärft und seine Musik hochexpressiv, emotional aufgeladen. Deshalb ist es überhaupt kein Wunder, dass gleich zwei ehrgeizige und sehr ungleiche Rihm-Monografien zu seinem Geburtstag erschienen sind.
Wie beschaffen ist scheinbar grenzenlose Kreativität? Wie dicht Rihms Ausdrucksvielfalt in Oper und symphonischem Schwergewicht, Kammermusik, Lied? Eleonore Büning und Frieder Reininghaus, beide lange schon als Musikkritiker tätig, spürten genügend Lust, die imposante physische und geistige Statur des Wolfgang Rihm zu erkunden, seinen künstlerischen Radius auszumessen, das Prestige und „Erfolgsgeheimnis“ dieses Mannes. Für Kritiker eher schwierig ist eine Tatsache: Die künstlerische Erscheinung dieses Komponisten gilt heute als quasi unantastbar. Eine Biografie in üblicher Art käme also einem Denkmal gleich, als Chronik seines Lebens und Schaffens.
Bei beiden Büchern verhält es sich aber anders. Die Musikautorin Eleonore Büning bekennt in ihrer kategorisch „Die Biographie“ genannten Darstellung gleich eingangs die persönliche Nähe zum Komponisten und gibt so einen affirmativen Ton an: „Rihm und ich, wir kennen uns seit dreiunddreißig Jahren, wir sind befreundet.“ Sie habe ihn früher in der Berliner taz einmal „einen Epigonen“ genannt und er sie daraufhin als „plemplem“ eingestuft. Rihm nun, heute gesehen, sei in vielerlei Hinsicht „ein Sonderfall“. Ein Unzeitgemäßer? Gewiss wohl, so Eleonore Büning, er schreibe die Noten strikt mit der Hand auf Papier, er verzichte auf den Computer, er meide Experimente wie grafische Notation oder elektronische Abenteuer, er entsage den modischen Klanginstallationen. „Das ist wahrlich old fashioned“, launig die Autorin. Und dementsprechend freundlich, skeptisch gelassen zwischen viel Pflanzengrün sitzend, blickt Wolfgang Rihm als Coverheld dem Buchkäufer ins Gesicht.
Der Musikwissenschaftler und Publizisten Frieder Reininghaus, lange auch bei der taz und dem Deutschlandfunk tätig, will hingegen mit einer Rihm-Biographie nichts zu tun haben, er versteht seine Expertise und die Abhandlung grundlegend als gesellschaftspolitisch fundiert.
Schon der Covertitel verrät entschieden eine konkrete Zielvorstellung: „Rihm. Der Repräsentative“. Das Foto dazu zielt punktgenau darauf und ist durchaus halbironischzu verstehen: Ein bitterernst, fast verdrossen wirkender Mensch wird da zum Staatskünstler seiner theatralischen Innenschau stilisiert, beethovenähnlich. Erst der komplette Untertitel, im Buch angezeigt, spricht dann Klartext: „Neue Musik in der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland“. Musiksoziologie plus Geschichtsschreibung als Rihm-Monografie, kein Denkmal.
Es gilt auch hier die Grundüberzeugung des Autors Reininghaus, Musik sei „nicht zu denken ohne ihre gesellschaftlichen Funktionen“. Solche Herangehensweise hatte er schon kürzlich in dem
zweibändigen Handbuch „Musik und
Gesellschaft“ mit Hunderten Essays vieler Autoren erprobt. Sein Rihm-Buch
folgt mithin keiner linearen „Erzählung“, sondern bietet eine Art Kaleidoskop
aus insgesamt 36 lose gestaffelten,
nicht der Chronologie folgenden
Essays zu Rihms Karriere, ihren Antriebskräften, ihren klingenden Resultaten,
ihrer Breitenwirkung. Mehr „wieso“ als „was“.
Sieben „Zeitfenster“ gliedern die drei Dutzend Essays, mit bissigen Titeln wie „Gourmand, Gourmet und Revoluzzer“ oder „Aufbruch zum Innersten, allemal entäußert“ oder gar „Dionysisch, höllisch, himmlisch“. Da verbinden sich biografische Einblicke mit zeithistorischen Ausblicken der Fünfzigerjahre bis heute, Werkporträts, hauptsächlich des Rihm’schen Operntheaters, mit prägnant, oft polemisch zugespitzter Gesellschaftskritik. Nicht vergessen hat der Autor persönliche Begegnungen mit Rihm wie die in einem Feinschmeckerlokal, wo der Hochpreis für eine von Rihm georderte Flasche Wein seine Gegenwehr provozierte. Den Kritiker Reininghaus interessieren die Beweg- und Hintergründe von Rihms beispiellosem Aufstieg nicht nur in den Zirkeln der zeitgenössischen Musik, sondern auf den Bühnen und Podien des bürgerlichen Musikbetriebs.
Der Komponist selbst und sein Lebenswerk werden durchaus klug beschrieben, sogar bewundert, und doch vergisst der Autor bei seiner Sicht auf Rihms souverän großzügige Figur nicht das irritierende Merkmal des im Titel benannten „Repräsentativen“, situiert im „Kulturbetrieb der alten Bundesrepublik“. Die historische „Bezugsgröße“ für Rihm sei doch wohl, bei all seiner Freundschaft mit den politikwachen Kollegen Luigi Nono oder Helmut Lachenmann, der Großbürger Richard Strauß, „die repräsentativste deutsche Musikerpersönlichkeit“ in der ersten Jahrhunderthälfte.
Darüber, wie über manches andere in dem Buch, lässt sich allerdings streiten. Tatsache ist, dass Rihm, auch musikverbandspolitisch der hellwache Geist, sich den Gremien des Musiklebens nie verweigert hat: Er „wollte entschieden mitmischen unter dem von ihm früh sehr klar formulierten Motto: ‚Ich will bewegen und bewegt sein‘“.
Der lustig-grimmige Wahlkölner Reininghaus denkt dabei gern an „die Kölsche Generalformel für erfolgreiches Netzwerken: ‚Von nix kütt nix‘“. Alle Ebenen in seinem Buch, von der Lektüre Hunderter Zeitschriften- und Zeitungstexte, den Rihm’schen Kommentaren und Essays, zu einer wahren Zitatflut angefeuert, greifen ineinander. Resultat ist eine anregende, oft spannende, auch zum Widerspruch reizende Lektüre.
Viel näher an der Norm biografischer Ausgewogenheit geht Eleonore Büning das Wagnis ein, Leben und Wirken, dazu den Materialreichtum des weit verzweigten, kaum mehr fassbaren Werkkatalogs ihres Freundes Wolfgang Rihm ausbalanciert abbilden zu wollen. Wobei es ihr aber gelingt, auf mehr als 150 der Musikwerke kurz oder detailliert einzugehen, sodann die immens angewachsene Rihm-Diskografie exakt darzubieten. Ein komplettes Werkverzeichnis hätte ihr Buch womöglich gesprengt.
Auch Eleonore Büning, die mit aller Geduld die intellektuellen wie musikalischen Impulse in Rihms Klangkosmos untersucht, stützt sich auf die Flut der jahrzehntelang medial ausgebreiteten Rezensionen, Kommentare und Interviews. Eigene Erinnerungen an die zahllosen Festivals und Konzerte mit Rihms Musik sind das Pfund, mit dem sie wuchert, mit bilanzierenden Beschreibungen von Aufführungen, deren Bedeutungen, deren Hintergründen.
Schließlich fügt sie ein Paket selbst geführter Gespräche mit Rihm hinzu: „25 Fragen und Antworten zum Alltag des Komponierens“ unter dem Titel „Gezielte Verdunkelung“. Erste Frage, ein Befund: „Du bist der Inbegriff krisenfesten Komponierens. Das hat man dir schon vor Jahren auf den Kopf zugesagt.“
Die Anspielung auf einen kolportierten Anstoß Luigi Nonos: „Wolfgang, du brauchst eine Krise.“ Rihm denkt weiter: Ja, Krisen der Arbeit empfinde „jeder Künstler sowieso als einen integralen Bestandteil des Arbeitsprozesses“. Krisen seien „Durchgangsphänomene. Phasen, in denen sich etwas entscheidet“.
Ein Fazit? Rihm ist Dialektiker, er weiß: „Scheitern ist immer Gewissheit. Aus diesem Grund besteht keine Furcht davor.“ Die Darstellung einer derart ausgreifenden, in Werk, Substanz, Wirkung schwer zu fassenden Figur wie die seine benötigt Sammlerfleiß und Geistesgegenwart, vor allem Empathie. Dafür stehen beide Porträtbücher.
WOLFGANG SCHREIBER
Der Komponist selbst und
sein Lebenswerk werden
durchaus klug beschrieben
„Scheitern ist immer Gewissheit.
Aus diesem Grund besteht
keine Furcht davor.“
Frieder Reininghaus: Rihm. Der Repräsentative. Königshausen & Neumann, Würzburg 2021. 307 Seiten, 34 Euro
Eleonore Büning: Wolfgang Rihm. Über die Linie. Benevento Verlag, München-Salzburg 2022. 344 Seiten, 24 Euro
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Da bespricht Kritiker Volker Hagedorn zwei Bücher der Kritikerkollegen Elonore Büning und Frieder Reininghaus über den Großkomponisten Wolfgang Rihm, der gerade siebzig wird, das Buch der einen freundlich, das Buch des anderen kritisch. Er findet Reininghaus ein bisschen insiderhaft,es nerven ihn nicht benannte Anspielungen auf Kollegen. Manches scheint auf tagesaktuelle Publikationen aus der Zeit zurückzugehen, "als jede größere Regionalzeitung noch alljährlich jemanden zu den Donaueschinger Musiktagen für Neue Musik schickte". Am meisten stört Hagedorn, dass Reininghaus Erfolg immer nur aus Kompatibilität mit dem Zeitgeist zu erklären vermöge. Dennoch gibt es auch Punkte, die Hagedorns Interesse wecken, etwa die zeitgeschichtliche Verortung Rihms, die Reininghaus anders als Büning zu leisten schein

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