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Der in fünf Sprachen übersetzte Klassiker in überarbeiteter und erweiterter Taschenbuchausgabe. Zu den Eigenheiten der Nationalsozialisten gehörte auch der »deutsche Gruß«. Es gibt keine Geste in der Geschichte, die so sehr für ein Regime steht wie dieser Gruß. In seiner mittlerweile klassischen Studie untersucht Tilman Allert, wie diese Geste erfunden und dann verbreitet wurde, wie sie zur Unterscheidung von Anhängern und Gegnern diente, aber auch Gegenstand der Belustigung war und wie es nach dem verlorenen Krieg um sie stand. Die Neuausgabe ist aktualisiert und um ein Kapitel über die Geschichte des Grußes in der DDR erweitert. …mehr

Produktbeschreibung
Der in fünf Sprachen übersetzte Klassiker in überarbeiteter und erweiterter Taschenbuchausgabe.
Zu den Eigenheiten der Nationalsozialisten gehörte auch der »deutsche Gruß«. Es gibt keine Geste in der Geschichte, die so sehr für ein Regime steht wie dieser Gruß. In seiner mittlerweile klassischen Studie untersucht Tilman Allert, wie diese Geste erfunden und dann verbreitet wurde, wie sie zur Unterscheidung von Anhängern und Gegnern diente, aber auch Gegenstand der Belustigung war und wie es nach dem verlorenen Krieg um sie stand.
Die Neuausgabe ist aktualisiert und um ein Kapitel über die Geschichte des Grußes in der DDR erweitert.
Autorenporträt
Allert, TilmanTilman Allert, geboren 1947, studierte Soziologie an den Universitäten Freiburg, Tübingen und Frankfurt am Main. Nach seiner Promotion 1981 wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Tübingen und habilitierte sich 1994. Seit 2000 ist er Professor für Soziologie und Sozialpsychologie an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main und lehrt als Gastdozent an den Universitäten von Tiflis und Eriwan sowie an der International Psychoanalytical University in Berlin. Er schreibt regelmäßig u.a. für die »Frankfurter Allgemeine Zeitung«, die »Neue Zürcher Zeitung«, »Brand Eins« und »Die Welt«.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.05.2017

Pervertierte
Humanität
Tilman Allert seziert den
unheilvollen „Deutschen Gruß“
„Volksgenosse, trittst Du ein, soll Dein Gruß ,Heil Hitler‘ sein!“ Solche Türschilder gab es in NS-Deutschland und nicht nur beim Eintreten in die Privatsphäre war der „Deutsche Gruß“ von Partei und Staat dekretiert worden, auch in der Schule, im Schriftverkehr, in der Öffentlichkeit. Und die Deutschen machten mit. Die Grußgemeinschaft als eine Gesinnungsgemeinschaft – so wird das im Allgemeinen gedeutet, wenn es um das millionenfache, tägliche Emporstrecken des rechten Armes bei flach geöffneter Hand bis in Augenhöhe im NS-Staat geht. Oder als erzwungene Routine, da jede Abweichung vom Sommer 1933 an mit scharfen Sanktionen belegt war. Dass man es hier jedoch mit sehr viel mehr als mit einem krassen Fall von politischer Sprach- und Gestenlenkung zu tun hat, lehrt die oft gelobte Studie von Tilman Allert über die „Geschichte einer unheilvollen Geste“ aus dem Jahr 2005, die nun in einer aktualisierten (und um ein Kapitel des Grußes in der DDR erweiterten) Taschenbuchausgabe vorliegt.
Der Frankfurter Soziologe Allert hat sich in der Tradition von Georg Simmel auf den Weg gemacht, „an jeder Einzelheit des Lebens die Ganzheit seines Sinns zu finden“. Sein Ziel war es, den Hitlergruß analytisch zu isolieren und auf diese Weise den Schlüssel zu liefern für den Sinn und das Funktionieren der NS-Diktatur. Das ist Allert auf beeindruckende Weise gelungen.
Die Bedeutung des Grußes als Urform des Sozialen für das Zusammenleben einer Gesellschaft, das Eindringen der Politik ins Private, das Zerlegen der Geste und der Sprachformel „Heil Hitler“ in seine Einzelteile, die Einbindung der Grüßenden in die „Volksgemeinschaft“ durch einen stets wiederholten Schwur auf einen charismatischen Führer – es lohnt, sich das immer wieder zu vergegenwärtigen, auch wenn das Soziologendeutsch hohe Konzentration verlangt.
Doch die Essenz dieses Essays ist klar verständlich – und verstörend. Hitler habe das Grüßen konfisziert und damit die Grundlagen menschlicher Kommunikation verformt beziehungsweise pervertiert, schreibt Allert. Das geht weit über die Konformitätstheorie hinaus. Die „veralltäglichte Huldigung Hitlers“ habe zur „Gegenwartsblindheit“ geführt; erzeugt wurde eine „Kultur der Teilnahmslosigkeit“ und das Absinken in die „zivilisatorische Regression“, die letztlich – verkürzt gesagt – zu den Massenverbrechen im Dritten Reich geführt habe. Diese Schlussthese ist gewagt, sie blieb auch schon zur Erstveröffentlichung nicht ohne Widerspruch. Und dem Historiker fehlt natürlich die kaum beizubringende Quellenbasis für Zuspruch und Reichweite des Hitlergrußes.
Bestürzend genug bleibt, wie die humanste aller Gesten so kollektiv und gründlich ins Inhumane und Richtung Barbarei gelenkt werden konnte.
ROBERT PROBST
Tilman Allert:
Der deutsche Gruß.
Geschichte einer unheilvollen Geste. S. Fischer Verlag, Frankfurt 2017, aktualisierte und erweiterte Neuauflage, 160 Seiten, 9,99 Euro.
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