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In Bildern, die zwischen Realität, Magie und Fantasy angesiedelt sind, illustriert Henrik Schrat alle Märchen der Brüder Grimm neu. Auf diese Weise entfaltet sich eine aktuelle, heutige Motivwelt - Prinzessinnen tragen Turnschuhe! Schrat: »Kaum zu glauben. Die durchgehende Bebilderung aller Märchen ist eine Premiere nach 200 Jahren Illustrationsgeschichte.« Schrats Zeichnungen verflechten die Grimmschen Texte mit zeitgenössischen Situationen, mit Orten der Gegenwart und Figuren der Zeitgeschichte oder der Fantasy-Welt. Die fünf Bände werden eine Momentaufnahme der frühen 2020er Jahre sein -…mehr

Produktbeschreibung
In Bildern, die zwischen Realität, Magie und Fantasy angesiedelt sind, illustriert Henrik Schrat alle Märchen der Brüder Grimm neu. Auf diese Weise entfaltet sich eine aktuelle, heutige Motivwelt - Prinzessinnen tragen Turnschuhe! Schrat: »Kaum zu glauben. Die durchgehende Bebilderung aller Märchen ist eine Premiere nach 200 Jahren Illustrationsgeschichte.« Schrats Zeichnungen verflechten die Grimmschen Texte mit zeitgenössischen Situationen, mit Orten der Gegenwart und Figuren der Zeitgeschichte oder der Fantasy-Welt. Die fünf Bände werden eine Momentaufnahme der frühen 2020er Jahre sein - auf Dauer angelegt. Die originalen Märchen werden bildnerisch aktualisiert, Romantik und Tiefe der historischen Texte einbezogen. Vorbilder sind zum Beispiel die Grimm-Illustrationen Otto Ubbelohdes (1867-1922), der Motive im damaligen Hessen ansiedelte, oder »Die göttliche Komödie« des italienischen Dichters Dante Alighieri (1265-1321), der Gestalten der damaligen Zeitgeschichte in Himmel und Hölle auftreten ließ. Band 1 »Schneefall. - Himmel & Hölle -« enthält die folgenden Märchen: Von dem Machandelboom, Marienkind, Frau Holle, Das Bürle im Himmel, Der wunderliche Spielmann, Des Herrn und des Teufels Getier, Der Dreschflegel vom Himmel, Der Schneider im Himmel, Das junggeglühte Männlein, Die zwölf Apostel, Die ungleichen Kinder Evas, Die Kinder in Hungersnot, Gottes Speise, Der Herr Gevatter, Fitchers Vogel, Der Gevatter Tod, Die drei grünen Zweige, Muttergottesgläschen, Das alte Mütterchen, Die Boten des Todes, Die himmlische Hochzeit, Die Haselrute, Der heilige Joseph im Walde, Die drei Männlein im Walde, Der Räuberbräutigam, Die Sterntaler, Das Mädchen ohne Hände, Der Grabhügel, Die Stiefel von Büffelleder, Simeliberg, Der Räuber und seine Söhne, Des Schneiders Daumerling Wanderschaft, Die Kornähre, Vom Fischer und seiner Frau, Der Bauer und der Teufel, Die Rübe, Die Geschenke des kleinen Volkes, Hurlburlebutz, Der treue Johannes, Armut und Demut führen zum Himmel, Der Tod und der Gänsehirt, Die wahre Braut, Jungfrau Maleen, Die Kristallkugel, Der Teufel mit den drei goldenen Haaren, Die sieben Raben, Die drei Brüder, Die drei Handwerksburschen, Der Arme und der Reiche, Des Teufels rußiger Bruder, Hans im Glück
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Tilman Spreckelsen findet die Illustrationen von Henrik Schrat für die Ausgabe von Jacob und Wilhelm Grimms Märchen schön zeitgenössisch, was Orte und Stil betrifft. Der vorliegende erste Band führt laut Spreckelsen ins Jenseits, bei Schrat entsprechend über eine Berliner Dönerbude, wo der Teufel persönlich ansteht. So ein grotesker Schwenk scheint Spreckelsen nicht eben dezent, aber doch fein gezeichnet, was eine Spannung ergibt, die Spreckelsen mitzieht. Verklärung aber ist nicht zu erwarten, warnt der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.12.2020

Im Rücken das Schreckenshaus

Machandelboom, Gevatter Tod und die drei goldenen Haare des Teufels: Der Künstler Henrik Schrat will sämtliche Märchen der Brüder Grimm illustrieren und sieht sich dafür in den Metropolen unserer Zeit um. Jetzt ist der erste Band erschienen.

Wer eine Ausgabe der Grimmschen Märchen mit dem Märchen "Von dem Machandelboom" eröffnet, der traut sich was. Denn der geradezu einlullende Anfang vom reichen Mann mit seiner schönen Frau, von gegenseitiger Liebe der Eheleute, all das auch noch angesiedelt in der beruhigenden historischen Ferne ("das ist nun lange her, wohl an die zweitausend Jahre"), mündet schon bald in eine der finstersten Mordgeschichten der deutschen Literatur: Die schöne Frau wird schwanger, bekommt ihr Kind und stirbt buchstäblich vor Freude, der Mann heiratet wieder und wird Vater einer Tochter, die böse Stiefmutter aber bringt den Jungen um, als der den Kopf in eine Apfelkiste steckt ("bratsch! schlug sie den Deckel zu, dass der Kopf flog und unter die roten Äpfel fiel"), dann lässt sie ihre Tochter Marlene glauben, den Jungen getötet zu haben, und verarbeitet den Leichnam zu einem Eintopf, um den Mord zu vertuschen. "Marlenchen aber stand dabei und weinte und weinte, und die Tränen fielen alle in den Topf, und sie brauchten kein Salz." Dem heimgekehrten Vater aber schmeckt das Gericht dann so gut, dass er niemandem etwas davon abgibt.

Solche Märchen haben zum bedenklichen Ruf der Sammlung der Brüder Grimm beigetragen, und der Berliner Künstler Henrik Schrat zählt im Nachwort zum ersten Band der von ihm illustrierten Edition auf, was in den Märchen "nach heutigen Vorstellungen nicht akzeptabel" ist. Eingegriffen habe man in den Text aber nur - und behutsam -, wo es der heutigen Lesbarkeit diene. Wo die Märchensprache aber auf diese Weise als Dokument einer zweihundert Jahre alten Epoche begriffen wird, da nimmt sich der Illustrator, der die Abfolge der Texte für seine fünf geplanten Bände auch ganz neu und nach Themen wie "Liebe & Kampf" oder "Tiere & Menschen" arrangiert hat, sein Recht, als Künstler des 21. Jahrhunderts in Dialog mit dem Werk der Grimms zu treten - oder zumindest mit seinen Mitteln und Erfahrungen auf die Märchen zu reagieren. "Man muss zurücktreten vom Alltagslärm, aber ihn unbedingt im Ohr behalten", beschreibt Schrat im Nachwort einleuchtend seinen Ansatz als Grimm-Illustrator. Zeitlosigkeit ist also gerade nicht das Ziel, stattdessen eine Ästhetik, die nicht nur im Stil, sondern auch in den Schauplätzen und den Figuren jederzeit erkennen lässt, dass Schrat unser Zeitgenosse ist, was er so weit treibt, dass er den Subskribenten seines entstehenden Werks verspricht: "Sie begleiten, beobachten und beeinflussen das Entstehen der Bücher." Was bis zu einem neuerlich bezahlten Cameo-Auftritt des Subskribenten geht.

Im ersten Band, "Schneefall" (oder thematisch: "Himmel & Hölle") versammelt Schrat eine Reihe von Texten, die aufs Jenseits zielen, auf Religiöses (etwa viele der "Kinderlegenden", die in der Originalsammlung üblicherweise den Anhang bilden) oder auf das Überschreiten der Grenze zu einer Sphäre, die unserer Welt entgegensteht - im "Teufel mit den drei goldenen Haaren" mag man bei der Hölle an einen Technoclub denken, markante Berliner Ansichten irrlichtern in weiteren Illustrationen des Bandes, und "Der Schneider im Himmel" ist, ausweislich des beigegebenen Porträts, niemand anders als Karl Lagerfeld. Das Verfremden des Realen geht hier gern in Richtung Groteske: Die Faszination des Teufels und anderer Unholde für Menschenfleisch findet ihren Ausdruck in einem doppelseitigen Bild einer "Dröner"-Bude, in der sich der übliche Spieß dreht. Der Angestellte bleibt im Dunkeln, ein Kunde mit Huf, Hörnern und Schweif kommt auf ihn zu, in der Hand einen Beutel. "Menschen" steht links der Bude, "Fleisch" rechts. Von anderen Kunden keine Spur.

Sonderlich dezent kommen solche Inhalte nicht daher, sie sollen es auch gar nicht, und weil Schrat auf der anderen Seite in seinen feinen, oft geradezu behutsamen einfarbigen Bildern diese Gegenwart fast beiläufig darstellt, ergibt sich daraus ein Spannungsverhältnis, das das Leserinteresse mühelos bis zur letzten Seite und - in der Erwartung kommender Bände - auch darüber hinaus wachhält. Was Armut bedeutet, zu Zeiten der Grimms und in der Gegenwart westlicher Metropolen wie Berlin, reflektieren diese Bilder mit einleuchtenden Ergebnissen, wobei das Gegenteil, der plötzliche Reichtum des Fischers (oder eher: der seiner Frau), verglichen mit der Armut unwirklich blass bleibt, was dem Text ja entspricht. Wohlstand hat in diesem Band oft etwas Suspektes, und im Grinsen des betuchten Teufels, der "die drei Handwerksburschen" dazu benutzt, einen habgierigen Gastwirt endlich an den Galgen zu bringen, liegt hier so viel Gangsterschläue, dass sich seine Werkzeuge, die sich den Pakt mit ihm gut bezahlen lassen, an diesem Punkt der Geschichte wahrscheinlich doch unbehaglich gefühlt haben müssen - dem Märchentext, der davon nichts weiß, zum Trotz.

Denn Behaglichkeit liegt Schrats Märchenbildern sehr fern, und wenn er - wie vor gut hundert Jahren Otto Ubbelohde - zur Grimm-Illustration sein Material ganz in seiner Umgebung findet, dann sind für die Diskrepanz nicht nur Zeit und Raum verantwortlich. Sein Wille, nichts zu verklären, geht einher mit der Absicht, seinen Figuren die Autonomie zu belassen, wo immer es geht. Das filmreife Schlussbild im "Machandelboom" ist ein Beispiel dafür. Wer so wie das Kind die Szenerie verlässt, hinter sich das explodierende Haus des Schreckens, um den muss man sich nicht sorgen.

TILMAN SPRECKELSEN

Jacob und Wilhelm Grimm, Henrik Schrat: "Grimms Märchen". Bd. 1: Schneefall.

Mit einem Vorwort von Nora Gomringer. Textem Verlag, Hamburg 2020. 264 S., Abb., geb., 29,- [Euro].

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