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Der populärste Roman Chinas - erstmals in deutscher Übersetzung Preis der Leipziger Buchmesse 2017 in der Kategorie Übersetzung
Xiyouji, Die Reise in den Westen, ist einer der vier klassischen Romane Chinas. Erzählt wird darin von vier Pilgern, die sich auf Geheiß des Kaisers auf den langen und gefahrvollen Weg in den Westen machen, um Buddha zu huldigen und heilige Schriften zu holen: der fromme Priester Tripitaka und seine Begleiter, Affenkönig Sun Wukong, Eber Bajie und der grässlich anzuschauende Sandmönch. Die drei haben einst im Himmel Missfallen erregt und wurden auf die Erde…mehr

Produktbeschreibung
Der populärste Roman Chinas - erstmals in deutscher Übersetzung
Preis der Leipziger Buchmesse 2017 in der Kategorie Übersetzung

Xiyouji, Die Reise in den Westen, ist einer der vier klassischen Romane Chinas. Erzählt wird darin von vier Pilgern, die sich auf Geheiß des Kaisers auf den langen und gefahrvollen Weg in den Westen machen, um Buddha zu huldigen und heilige Schriften zu holen: der fromme Priester Tripitaka und seine Begleiter, Affenkönig Sun Wukong, Eber Bajie und der grässlich anzuschauende Sandmönch. Die drei haben einst im Himmel Missfallen erregt und wurden auf die Erde verbannt, um sich dort zu bewähren.
Diese Geschichte um die beliebten chinesischen Legenden und Mythen kennt in ihrem Ursprungsland jedes Kind, doch wurde der Roman noch nie vollständig ins Deutsche übersetzt.

Dieses Werk der chinesischen Literatur ist nicht nur in China, sondern auch in seinen Nachbarländern ungeheuer populär und wird dank zahlreicher Verfilmungen auch bei uns immer bekannter und prägt das chinesische Weltbild; zur Zeit plant der chinesische Erfolgsproduzent Zhang Jizhong eine Verfilmung als Trilogie in Zusammenarbeit mit James Cameron. Neben den Filmen gibt es zahllose (Kinder-)Bücher, Comics, TV-Serien und Videospiele, die den Stoff aufgreifen. Auch die bekannte Manga-Serie »Dragonball« basiert darauf, und 2007 wurde die Oper »Monkey: Journey to the West« in Manchester uraufgeführt.
Autorenporträt
Eva Lüdi Kong lebt seit 25 Jahren in China. Ein frühes Selbststudium der chinesischen Sprache führte sie zur Fachrichtung Sinologie an der Universität Zürich, darauf folgten ein Studium der Kalligraphie und Druckgraphik an der China Academy of Art (BA) und ein Nachdiplomstudium der Klassischen Chinesischen Literatur an der Zhejiang University (MA) in Hangzhou. Eva Lüdi Kong arbeitete als Übersetzerin, Dolmetscherin und Forschungsassistentin sowie als Dozentin an Universitäten und Hochschulen in China und in der Schweiz. Heute ist sie als freischaffende Literaturübersetzerin und Kulturvermittlerin im Bereich der chinesischen Literatur und Philosophie tätig.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Mark Siemons ist geradezu überwältigt von diesem chinesischen Klassiker, der alle gängigen Klischees über den Haufen wirft, die man sich vom reich der Mitte gemeinhin macht: Nichts ist hier betuliche Chinoiserie, versichert Siemons, dafür alles Ironie. Eigentlich beschreibt der Rezensent den Roman als einen Mix aus "Comedy-Soap, Fantasy-Movie mit starkem Splatter-Einschlag, satirischer Parabel und anarchistischem Manifest": Ein karnevalesker Trupp aus Mönch, Affenkönig, Schwein und Wassergeist macht sich auf den Weg nach Indien, um dem Geheimnis der Schöpfung auf die Spur zu kommen. Doch weder buddhistische noch konfuzianische oder taoistische Weisheiten werden hier in Ehren gehalten, sondern vielmehr der sinnfreie Nonsens, die Veralberung von Autoritäten und moralisierender Didaktik, wobei schon Mao die Fähigkeit des Affenkönigs bewunderte, die Welt auf den Kopf zu stellen, wie der Rezensent weiß: So wie der Dichter Wu Cheng'en im 16 Jahrhundert mit diesem Roman viele Überlieferungen und Volksmärchen zusammenbrachte, so wirke "Die Reise in den Westen" bis heute in alle Formen der chinesischen Populärkultur nach. Last but not least feiert Siemons auch die "heroische" Leistung der Übersetzerin Eva Lüdi Kong, die das Mammutwerk in zehnjähriger Arbeit klar, unprätentiös und komisch ins Deutsche übertragen habe

© Perlentaucher Medien GmbH…mehr

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.12.2016

Die Lehren des Affenkönigs
Der Roman „Die Reise in den Westen“ gilt als Hauptwerk der klassischen chinesischen Literatur. Nun ist diese an märchenhafter Fantastik
überbordende Monumentalerzählung aus dem 16. Jahrhundert erstmals in einer vollständigen deutschen Übersetzung zu entdecken
VON REINHARD J. BREMBECK
Affenkönig. Mit diesem Spottnamen ruft die Lieblingskonkubine des chinesischen Kaisers kichernd und gleich zweimal den Gast aus dem fernen Westen. Der westliche Leser wird diesem leicht rätselhaften Moment in Christoph Ransmayrs neuem Roman „Cox oder Der Lauf der Zeit“ nicht viel Aufmerksamkeit schenken. Wer aber nur ein wenig mit China vertraut ist, wird aus dem Lesefluss gerissen und an einen anderen, in jeder Hinsicht sehr viel größeren Roman denken: an jene vor über vierhundert Jahren erschienene „Reise in den Westen“, das dank Affenkönig und einer unerschöpflichen Fantastik unterhaltsamste, tiefsinnigste und komischste aller Bücher.
Der Affenkönig, mit bürgerlichem Namen Sun Wukong, ist der charmanteste Rebell, den die Weltliteratur und heute noch jedes Kind in Asien kennt. Seine Geburt ist mythisch, komisch, tollkühn. Einst lag auf dem Blumen-Früchte-Berg ein himmlischer Stein. Die Wahrheit des Himmels, die Schönheit der Erde, die Kraft der Sonne und der Glanz des Mondes lassen in diesem Urstein eine Frucht heranreifen, die als Ei entspringt und aus dem, voilà, der steinerne Affenkönig schlüpft.
Dieser herrscht und prasst auf dem Blumen-Früchte-Berg. Bald schon rüpelt und prügelt er sich wie ein vergnügungssüchtiger Rambo durch den Himmel, verwüstet die Haushaltung des Jadekaisers und ärgert den daoistischen Religionsgründer Laozi. Nur mit Müh und Not kann er von Buddha persönlich gebändigt werden: Er steckt ihn einfach unter den Berg der fünf Wandlungsphasen.
Auf dem Schreibtisch liegt also ein überdimensioniertes Reclam-Heft. Mit 1300 Seiten fast so dick wie ein Standardheft dieses Verlags breit wiegt es 1,675 Kilogramm. Das Gelb des umschlaglosen Hardcovereinbands, Ransmayr-Leser werden sich erinnern, ist die dem chinesischen Kaiser vorbehaltene Farbe. Schließlich darf „Die Reise in den Westen“ als Kaiser der chinesischen Romanliteratur gelten.
Allerdings ist die Zahl der von Bedeutung wie Umfang her großen Romane Chinas überschaubar. Im Westen am bekanntesten wurde die vor Erotik überquellende Don-Giovanni-Paraphrase „Jin Ping Mei“, von Kennern besonders geschätzt wird „Der Traum der roten Kammer“, eine psychologisch raffinierte Verfallsgeschichte eines Adelshauses. Und dann gibt es die zu Weltdeutungen ausufernden Abenteuerromane „Die Räuber vom Liang Schan Moor“ und „Die drei Reiche“, in denen historische Ereignisse weitergesponnen werden. „Die Reise in den Westen“ ist die Summe dieser Meisterstücke, die sie in puncto Vielfalt, Lebensweisheit, Spannung und Komik übertrifft.
Zudem ist ihr Held der Affenkönig. Allein mit dessen wüster Jugendgeschichte könnte schon Schluss sein. Doch da haben erst sieben der einhundert Kapitel dieses Buches den Leser verzaubert. Und die im Titel versprochene Reise in den Westen, womit nicht Europa, sondern Indien gemeint ist, hat noch gar nicht begonnen.
Es wird eine vierzehnjährige Reise werden, von Chinas alter Hauptstadt Chang’an über 108 000 Meilen hinweg zu Buddha in seinem Tempel des Donnergrollens auf dem Seelenberg. Dorthin schickt der Kaiser von China – solche Expeditionen sind historisch belegt – den Mönch Tripitaka, damit er buddhistische Schriften ins mit solchen unterversorgte China holt. Es ist eine religiös-humanitäre Mission. Denn die Chinesen, so erklärt Buddha, seien „gierig, lüstern und schadenfroh“, China gleiche einer moralischen Ödnis: „Es gibt überall Mord und Hader; es ist ein wahres Schlachtfeld übler Rede, ein grausames Meer der Zwietracht.“
Der riesige Rest des Romans wirkt dann so, als hätten sich die großen europäischen Reiseschriftsteller Homer, Cervantes, Chaucer und Dante zusammengetan für eine Melange aus „Odyssee“, „Don Quijote“, den „Canterbury Tales“ und der „Göttlichen Komödie“. Komik und Erhabenheit, Verfressenheit und Frömmigkeit, Heimtücke und Großherzigkeit drängeln sich auf jeder Seite, frech, bilderstürmerisch und immer antihierarchisch.
„Die Reise in den Westen“, über deren Autor in der Forschung zunehmend Unklarheit herrscht, war bisher auf Deutsch nur in stark gekürzten Fassungen greifbar. Jetzt aber liegt sie erstmals vollständig, im unverkrampft heutigen Deutsch von Eva Lüdi Kong vor. Sparsam gesetzte Fußnoten zeigen an, dass selbst der fantastischste Unsinn immer auch eine kosmische und religiöse Bedeutung hat.
Der vom Kaiser ausgesandte Chef-Schriftenholer Tripitaka, zu dem sich bald schon der Affenkönig als Sicherheitschef gesellt, ist, was Alkohol und Sex betrifft, abstinent. Er ist zudem humorlos, manchmal kleinkariert und eine Memme sondergleichen. Damit ist er das völlige Gegenteil vom Affenkönig. Der ist vorlaut, witzig, großherzig, aggressiv-impulsiv, kennt keine Angst und ist nie um einen Einfall verlegen, wenn er seine Dämonen-Gegner kämpfend und zaubernd erledigen muss.
Solch ein ungleiches Paar zusammenzuspannen ist literarisch höchst dankbar, nie kommt Langeweile auf. Zudem ist die Paarung von Gegensätzen ein zentrales Anliegen dieses Buches, in dem sich Buddhismus, Daoismus und Konfuzianismus so zwanglos zusammenfügen wie Menschen- und Götterwelt, Erlösungssehnsucht und Verbrechertum, Vegetarismus und Menschenfresserei. In dem Gedicht zu Beginn des 96. Kapitels heißt es: „Form ist formhaft, doch ist Form / Im Grunde ohne Form; / Ebenso ist Leerheit leer, / Und doch nicht wirklich leer.“ Die Dialektik des Affenkönigs ist verständlicher: „Mit dem Daoismus gewinnt man die Gebildeten, mit dem Buddhismus die Einfältigen.“
Trotz aller Gefährdungen und Grässlichkeiten dringt dieser von einer heiteren Heilserwartung getragene Roman tief ein in Chinas Kultur. Den buddhistischen Erlösungsgedanken führt er bruchlos mit den unglaublichsten Kämpfen gegen Dämonen zusammen, mit aberwitzigen Verfolgungsjagden zu Wasser, zu Lande und in der Luft, garniert mit haarsträubenden Zaubereien und seltsamen Fabelwesen.
Einst war Mönch Tripitaka der Priester Goldzikade, der zweite Schüler Buddhas. Als er bei einer Predigt des Meisters unaufmerksam abschweifte, wurde er zu Strafe nach Osten, nach China verbannt. Allerdings mit der Aussicht, dereinst wieder in den Westen, nach Indien kommen zu dürfen, um Erlösung zu finden. In China hat er sich „seit zehn Wiedergeburten der Vervollkommnung gewidmet“, und „noch keinen Tropfen seiner ursprünglichen Yan-Energie verloren“. Das macht ihn zum begehrten Leckerbissen für all die Dämonen, die ihm mit regelmäßiger, stets überraschend neuer Heimtücke auflauern. Einer wird geradezu poetisch: „Ich habe doch schon oft sagen hören, dass einem vom Fleisch des chinesischen Priesters die weißen Haare wieder schwarz werden und ausgefallene Zähne neu wachsen.“
Also versuchen alle, Tripitaka zu fangen, um ihn gedünstet zum Schnaps zu verspeisen. Das mögen zartbesaitete Westler als degoutant empfinden, als pubertär, derb, inhuman. Für das Konzept des Romans aber ist die schnapsselige Menschfresserei zentral. Markiert sie doch den Gegenpol zu Tripitakas Abstinenz und Vegetarismus. Die Hoffnung der Dämonen ist ein gefährlicher Humbug. Doch sind sie uneinsichtig, und so haben der unverwundbare Affenkönig und die beiden anderen ebenso hässlichen Begleiter Tripitakas („Wir sind halt geborene Leichen“) alle Hände voll zu tun, um den Meister vor dem Kochtopf zu bewahren. Der im Prestissimo erzählte Roman verblüfft durch immer neue Kampftechniken, Verwandlungskunststücke oder miese Tricks wie das „Auszupfen der Pflaumenblüte“.
So lernt der Leser die Windstill-Pille, den Unsterblichkeitspilz und die Schlafkäferchen kennen, das Horchtier Diting und das goldäugige Wasserwehrtier. Der Himmel wird eingepackt, Heiliges Wasser durch Pisse ersetzt, ein Floß aus Schädeln kommt daher, Kinder werden gegen Regen getauscht. Und der jadeklare Trunk der Wiedergeburt verschafft einen veritablen Drei-Tage-Rausch. In einem Land, in dem Priester verfolgt werden, sorgt der Affenkönig dafür, dass alle Menschen plötzlich mit Tonsur erwachen. Im Gefängnis lernen die Pilger Schädelschnüre und Folterpritsche kennen. Im Land der Frauen trinken der Meister und sein zweiter Begleiter vom falschen Wasser und werden schwanger. Zuletzt hilft nur die Abtreibungsquelle. Einmal stirbt der unsterbliche Affenkönig, doch kommt es schnell zur Auferstehung, und immer wieder überwirft er sich mit dem naiven Tritipaka.
An jeder Station aber wird der Reisepass fein säuberlich abgestempelt, was dem Autor genauso wichtig zu sein scheint wie dem Kaiser von China, der den Pass zuletzt gründlicher prüft als die mitgebrachten heiligen Schriften. Nach 80 Abenteuern, die der Roman akribisch in Listenform rekapituliert, erreichen die vier Pilger ihr Ziel im Buddha-Land. Da setzt der Autor zu einem hymnischen Jubel an, ähnlich wie Dante bei der Beschreibung des „Paradiso“. Doch noch einmal wird die Szene apokalyptisch surreal.
Bei der finalen Flussüberquerung in einer bodenlosen Barke begegnet Tripitaka seiner eigenen Wasserleiche. Der alte Mensch ist dahin, die Vervollkommnung gesichert. Aber selbst im höchsten Heiligtum wird betrogen. Die Archivare tricksen und geben Tripitaka leere Schriftrollen mit. Der Affenkönig beklagt sich lautstark bei Buddha, doch der meint weltweise: „Eigentlich sind leere Schriften die ,Wahre Schrift ohne Worte‘, das ist auch sehr gut. Doch für die Menschen bei euch im Osten, die so unwissend und so verblendet sind kann man nur die anderen geben.“
Für die Unwissenden im Westen hat die Übersetzerin Eva Lüdi Kong die Rolle der Schriftenhohlerin gespielt. Jetzt kann sich jeder in Buddhismus üben. Dabei sollte er aber aufpassen, dass kein Dämon als hübsche Frau verkleidet daherkommt. Der Affenkönig würde ihn/sie sofort erkennen und mit „Du Sündenbiest“ angreifen – um dem arglosen Leser in Menschenöl gebratenes Menschenfleisch anzubieten, „so lange gesotten, dass es ganz dunkel war und aussah wie weiche Teigbällchen, dazu gedünstetes Menschenhirn, wie Tofu in Stücke geschnitten“.
Die Reise in den Westen. Aus dem Chinesischen von Eva Lüdi Kong. Mit 100 Holzschnitten nach alten Ausgaben. Reclam Verlag, 2016. 1320 Seiten. 88 Euro. E-Book 74,99 Euro.
Unter den nicht vielen großen
Romanen aus dem alten China
ist dieser der virtuoseste
Mit dem Westen, in den die
Reise führt, ist hier nicht
Europa gemeint, sondern Indien
Auch die Archivare tricksen.
Sie geben einem
leere Schriftrollen mit
Zeitgenössische Holzschnitte illustrieren die
Geschichte der abenteuerlichen Reise.
Foto: Verlag
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.12.2016

Vergesst Chinoiserie, hier geht es deftig zu

Erstmals liegt der chinesische Klassiker "Die Reise in den Westen" in vollständiger Übersetzung vor. Sie arbeitet vor allem die philosophisch-religiösen Exkurse dieser Fantasy-Geschichte aus dem sechzehnten Jahrhundert heraus.

Man sagt, China kenne keine Ironie. Aber was ist dann das hier? Mehr als 1200 Seiten lang verfolgt man im chinesischsten aller chinesischen Klassiker, der "Reise in den Westen", eine eigenartige Pilgertruppe aus Mönch, Affe, Schwein und Wassergeist auf ihrer von Buddha persönlich angeordneten Tour nach Indien, damit sie für ihre leichtlebigen chinesischen Landsleute dort heilige Schriften in Empfang nehmen, in denen nichts Geringeres als das Geheimnis der Schöpfung enthalten sein soll. Doch nachdem man diese Gesellen Kapitel um Kapitel Kämpfe mit schrecklichsten Monstern aller Art hat bestehen sehen, werden sie, als sie dann erschöpft im innersten Zentrum der Weisheit angekommen sind, von den Hütern der Schriften nur gefragt, was sie denn für Gastgeschenke mitgebracht hätten; schließlich müssten ja auch sie, die Schriftenhüter, an ihre Nachfahren denken. Die Pilger können nur eingestehen, dass sie daran nicht gedacht hätten, und dann bekommen sie Hunderte Schriftrollen mit auf den Weg nach Hause, die vollkommen leer sind, ohne ein einziges Schriftzeichen.

Die Ironie dieser Konstellation ist so schräg und umfassend, dass einem im fernen Westen die Kategorien dafür ausgehen. In unserem Sprachraum wäre diese Art Blick auf die Welt sogar unbekannt geblieben, wenn die Schweizer Übersetzerin Eva Lüdi Kong nicht in mehr als zehn Jahre langer Arbeit das Mammutwerk vom Ende des sechzehnten Jahrhunderts zum ersten Mal vollständig ins Deutsche übertragen hätte. Bisher war unter dem Titel "Monkeys Pilgerfahrt" vor allem eine Fassung des Romans bekannt, die sich an Arthur Waleys eleganter, aber stark gekürzter englischer Übersetzung von 1942 orientierte.

Diese Übertragung konzentrierte sich auf die muntere Aktion des Romans und ließ ihn dadurch bloß als humorvolle Fantasy-Geschichte erscheinen. Doch durch den Verzicht auf die philosophisch-religiösen Exkurse und Gedichtzyklen, die die Handlung durchsetzen, ging nicht nur schmückendes Beiwerk verloren, sondern der notwendige Gegenpol zur grotesk turbulenten Handlung, der dem Roman erst sein Rückgrat, seine innere Spannung gibt: Nur wenn man die taoistischen, buddhistischen und konfuzianischen Motive, die die Geschichte dieser Reise antreiben, erst einmal ganz ernst nimmt, wird man durch deren fortlaufende karnevaleske Dekonstruktion auf jene zweite Ebene gehoben, die den eigentlichen Sinn des Buchs ausmacht. So verschafft einem Lüdi Kongs heroische Übersetzungsleistung ein sehr ungewohntes Lektüreerlebnis, dessen Entschlüsselung nicht weniger Spaß macht als die witzig-absurden Abenteuer und Dialoge selbst.

Bei dem frappierenden Empfang, den die Pilger am Ziel ihrer Reise erhalten, fühlt man sich erst einmal an Kafka erinnert und an die höhnische Abfuhr, die der Türhüter dem Mann vom Lande erteilt, der zum "Gesetz" will: Alle Hoffnung auf Sinn ist vergeblich. Aber die Geschichte geht noch weiter, und dann merkt man, dass sie sich um etwas ganz anderes dreht. Die Pilger beschweren sich bei Buddha, dass sie um schnöder materieller Hintergedanken willen betrogen worden seien. Aber Buddha zeigt Verständnis für die so menschlichen Konventionen des Gastgeschenks und der Sorge für die Nachfahren und verbindet dieses Verständnis zugleich mit der höchsten Geistigkeit seiner Lehre: "Eigentlich sind leere Schriften die ,Wahre Schrift ohne Worte', das ist auch sehr gut. Doch für die Menschen bei euch im Osten, die so unwissend und verblendet sind, kann man nur die anderen geben." So können die Pilger dem Kaiser von China am Ende doch noch Schriften mit Worten überreichen. Aber die eigentliche Lektion, die sie von Buddha und die Leser von der Lektüre dieses überbordenden Romans mitnehmen, ist eine andere: Gerade in der Leere, die sich in der Brechung der hochgeistigen überlieferten Texte an den Kleinlichkeiten des ganz realen Menschenlebens auftut, steckt der Sinn. Das Leben mag zwar tatsächlich ein Scherz sein, aber das ist weiter kein Problem.

Von ihrer Form her ist die "Die Reise in den Westen" so ziemlich das genaue Gegenteil von filigran chinoiseriehafter Betulichkeit, die man einem chinesischen Klassiker unterstellen mag. In heutigen Begriffen könnte man sie eher als Mischung aus Comedy-Soap, Fantasy-Movie mit starkem Splatter-Einschlag, satirischer Parabel und anarchistischem Manifest beschreiben. Die running gags und grotesken Effekte verdanken sich schon der Ausgangssituation: Diese Pilger sind mit Ausnahme des Mönchs Tripitaka (ein Ehrentitel auf Sanskrit), der sich als ziemlich ängstliche und selbstmitleidige Figur herausstellt, keine frommen, braven Gesellen, sondern ehemalige Dämonen auf Bewährung, die die extremen Charakterzüge ihres Vorlebens mit auf die Reise nehmen. Als der Blick des Kaisers bei der Begrüßung auf diese seltsamen Erscheinungen fällt, fragt er vorsichtig den Mönch: "Sind Eure werten Schüler Ausländer?" Die Antwort bringt das Anti-Offiziöse des ganzen Romans auf den Punkt: "Meine geringen Schüler stammen aus der Wildnis und waren vormals Ungeheuer; mit der Etikette am heiligen chinesischen Kaiserhof sind sie nicht vertraut."

Das gilt vor allem für die Hauptfigur, den Affenkönig Sun Wukong (Letzteres bedeutet übersetzt: "der die Leere erkennt"). Die ersten sieben Kapitel erzählen, wie dieses Wesen mit Hilfe aller möglichen taoistischen Tricks nicht nur Unsterblichkeit erlangt, sondern auch Unbesiegbarkeit im Kampf sowie das Vermögen, in einem Wolkenüberschlag 108 000 Meilen zurückzulegen. Überall, wo er hinkommt, richtet der Affe mit solchen Fähigkeiten und seinem übergroßen Ego Chaos an, nicht zuletzt im Himmelspalast, wo er alle Feen und Geister bis hin zum Jadekaiser gegen sich aufbringt. Mao Tse-tung liebte daher diese Passagen, und während der Kulturrevolution tauchten Manifeste auf, in denen sich die Rotgardisten mit dem Affenkönig verglichen: "Wir schwingen unsere goldenen Stangen, entfalten unsere übernatürlichen Kräfte und nutzen unsere Magie, um die alte Welt auf den Kopf zu stellen."

Erst Buddha selbst gelingt es, den Affenkönig in die Schranken zu weisen und im Berg der Fünf Wandlungsphasen festzusetzen. Fünfhundert Jahre später wird er wieder freigelassen, damit er zu seiner Läuterung Tripitaka auf dessen gefahrvollen Pilgerreise begleitet. Der Affe ist immer noch unbeherrscht und respektlos, aber er ordnet seine Kräfte jetzt dem gemeinsamen Ziel unter. Sein Partner ist dabei der Eber Zhu Wuneng, eine ebenfalls wegen Fehlverhaltens degradierte Gottheit. Während der Affe für Intellekt und Ehrgeiz steht, denkt das Schwein vorwiegend an Fressen und Sex und will es ansonsten gemütlich haben. Der Gegensatz der beiden, der laut Kommentar im Anhang auch ein solcher zwischen Herz und Nieren, Yang und Yin ist, ist die Quelle endloser Situationskomik. Sandmönch, der Vierte im Bunde, bleibt da eher blass.

Zusammen wehren sie in jedem Kapitel immer neue Ungeheuer ab, die sich Unsterblichkeit dadurch sichern wollen, dass sie die Pilger entweder verschlingen oder sich geschlechtlich mit ihnen vereinigen. Mit moralisierender Didaktik haben diese stets erfolgreich bestandenen Abenteuer freilich nichts zu tun. Dazu gibt es viel zu viel Vergnügen an purer Gewalt ("Schon sauste ein Hieb auf seinen Schädel, dass die Gehirnmasse nur so spritzte und die Zähne zersplitterten"), an zweckfreiem Nonsens und an Veralberung sämtlicher Autoritäten, die im Namen der zugleich ausführlich zitierten heiligen Schriften sprechen.

Auch in einem anderen in Episoden erzählten Reiseroman, der an einem anderen Ende der Welt nur wenige Jahre später erschienen ist, werden die Texte, auf die er sich bezieht, gnadenlos auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt und zugleich in ihrem phantastischen Gehalt noch überboten und gefeiert: dem "Don Quijote". Doch die Art der Aufhebung ist im "Xiyouji", wie der chinesische Roman in der Umschrift des Originals heißt, eine andere. Während der Inhalt der einzelnen Ritterromane, die Don Quijote um den Verstand bringen, letztlich unerheblich bleibt, wird der Inhalt der chinesischen Bücherweisheit durch deren subversive Verulkung geradezu bekräftigt. Darin kommen Taoismus und Buddhismus nämlich überein: Wenn man alles gelesen und verstanden hat, muss man es durchstreichen oder einklammern, um seinem Anspruch gerecht werden zu können. So wirkt der Roman als Ganzes so ähnlich wie die Ohrfeigen, die manche Zen-Meister ihren Schülern verabreicht haben sollen, wenn diese etwa nach dem Wesen der Buddha-Natur fragten. Darauf hatte, heißt es in den lehrhaften Berichten dann regelmäßig, der Schüler eine Erleuchtung.

Das hat auch eine soziale Pointe. Den von Beamten oder Mönchen, also den damaligen Eliten, verfassten und offiziell in Ehren gehaltenen Texten stehen die Geister und Ungeheuer gegenüber, die sich in den Geschichten und Religionen des Volkes tummeln. "Die Reise in den Westen", die in China als einer der "Vier großen klassischen Romane" gilt (die anderen drei sind "Der Traum der roten Kammer", "Die Geschichte der Drei Reiche" und "Die Räuber vom Liang-Schan-Moor"), verarbeitet zahlreiche mündliche Traditionen; sie ist das Paradebeispiel einer Literatur von unten, das Muster einer alles Mögliche in sich aufnehmenden Sampling-Kultur. Außer Literarischem integriert sie auch historische Ereignisse und Dokumente. Der ursprüngliche Ausgangspunkt des Romans ist die geschichtlich verbürgte Reise des chinesischen Mönchs Chen Xuanzang, der im siebten Jahrhundert nach Indien pilgerte und sechzehn Jahre später mit den Abschriften von Hunderten buddhistischen Schriften wiederkam; die überlieferte Willkommensansprache des Tang-Kaisers Taizong ist im Roman wörtlich wiedergegeben.

Noch in der Tang-Dynastie begannen Geschichtenerzähler diesen Stoff auszuschmücken, anfangs mit dem Ziel religiöser Unterweisung. Später verloren sich solche missionarischen Absichten, und die Geschichtenerzähler in Theatern und Teehäusern konkurrierten nur noch um die phantasievollste Weiterentwicklung des Stoffes. Aber es dauerte noch bis zum sechzehnten Jahrhundert, bis ein unbekannter Autor - dafür, dass es der Schriftsteller Wu Cheng'en war, wie es heute in China gängige Meinung ist, gibt es keinen Beweis - dem Material seine gültige Ordnung und Form gab. Die Wirkung des Romans auf alle Spielarten der Populärkultur hat bis heute nicht nachgelassen.

Dieses Werk in seiner zugleich einfachen und vertrackten Struktur nun zum ersten Mal auf Deutsch zugänglich zu machen ist eine große Tat. Eva Lüdi Kong übersetzt in einer klaren, unprätentiösen Sprache, die die Komik der Dialoge auf beiläufige Weise durchsichtig macht. Und zugleich erläutert sie fortlaufend und in einem ausführlichen Anhang den philosophisch-religiösen Hintergrund. Ihre Anmerkungen erheben ausdrücklich nicht den Anspruch auf wissenschaftliche Vollständigkeit. Aber wenn es vom Affenkönig etwa einmal heißt: "Er selbst jedoch ließ nun sein Herz schweifen", dann ist es einfach sehr erhellend und stört keineswegs den Lesefluss zu erfahren, dass dieser Ausdruck, "fang xin", das Herz gehen lassen, von den alten Kommentatoren unterschiedlich verstanden wurde.

Im Anhang wird dann erläutert, dass sich alle frühen Kommentare des Romans um das "Herz" drehten und den Affen als dessen Sinnbild deuteten: einerseits eins mit dem Kosmos, dem er entsprungen ist, andererseits Typus des unbeständigen, widerspenstigen Menschen. "Ob Bodhisattva oder Dämon, das ist nicht mehr als ein Gedanke", heißt es in einer abgründigen Stelle, die der Roman der populären Gottheit Guanying in den Mund legt. "Wer die Muße dazu hat, der möge keinen Tag ohne dieses Buch verbringen", urteilte einer der allerersten Kommentatoren dieses erstaunlichen Werks.

MARK SIEMONS

"Die Reise in den Westen". Ein klassischer

chinesischer Roman. Mit 100 Holzschnitten nach alten Ausgaben.

Aus dem Chinesischen und kommentiert von Eva Lüdi Kong. Reclam, Stuttgart 2016. 1320 S., geb., 88,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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