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Seit Beginn der Neuzeit werden Informationen und Meinungen durch eine große Anzahl verschiedener Medien in die Öffentlichkeit transportiert. Jutta Schumann untersucht in ihrem Buch die medienpolitischen Bemühungen der Habsburger im Reich während der Kriege gegen Ludwig XIV. Dafür hat sie einen neuen Ansatz gewählt, der die einzelnen Medien als Untersuchungskategorie in den Vordergrund stellt, ohne dabei das sich aus dem Zusammenspiel aller Medien ergebende Gesamtbild außer Acht zu lassen. Zentrale Fragestellungen sind Inhalte und Formen herrscherlicher Imagepolitik: Welches Bild vermittelte…mehr

Produktbeschreibung
Seit Beginn der Neuzeit werden Informationen und Meinungen durch eine große Anzahl verschiedener Medien in die Öffentlichkeit transportiert. Jutta Schumann untersucht in ihrem Buch die medienpolitischen Bemühungen der Habsburger im Reich während der Kriege gegen Ludwig XIV. Dafür hat sie einen neuen Ansatz gewählt, der die einzelnen Medien als Untersuchungskategorie in den Vordergrund stellt, ohne dabei das sich aus dem Zusammenspiel aller Medien ergebende Gesamtbild außer Acht zu lassen. Zentrale Fragestellungen sind Inhalte und Formen herrscherlicher Imagepolitik: Welches Bild vermittelte Kaiser Leopold I. seinen Untertanen von sich? Welche Kommunikationsmittel wurden dafür eingesetzt, und welche Adressatenkreise konnten damit erreicht werden? Dem mediengeschichtlichen Ansatz wird durch eine mehrgleisige Darstellung Rechnung getragen: Medien der Tagespublizistik (Flugschrift, Zeitung, illustrierter Einblattdruck, historisches Lied), klar vom Wiener Hof initiierte Öffentlichkeitsarbeit (höfisches Fest, Kunst, Architektur, Historiographie) und das Phänomen der "multiplizierenden Imagepflege" (beispielhaft gezeigt an den Medien Theater, Medaille, Predigt und Thesenblatt) bilden den Gegenstand der Analyse. Deutlich wird in der Untersuchung, daß die unterschiedlichen Medien stark differenziert vom Kaiserhof genutzt wurden. Insgesamt ist der Aufwand des Wiener Hofes zur Imagegestaltung und Propaganda für Kaiser Leopold I. als eher zurückhaltend zu bezeichnen; erklärt werden kann das durch die vielfach für ihn betriebene "multiplizierende Imagepflege". Ein abschließender Ausblick zeigt, warum das zeitgenössisch erfolgreiche Zusammenspiel zwischen kaiserlicher Imagepolitik und "multiplizierender Imagepflege" im Laufe der folgenden Jahrhunderte eher zur Zementierung eines Negativbildes beitrug.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.06.2004

Sonnenfinsternis
Jutta Schumann möchte Leopold I. zu mehr Licht verhelfen
Im Titel „Die andere Sonne. Kaiserbild und Medienstrategien im Zeitalter Leopolds I.” ist eigentlich schon alles gesagt. Es geht in der Dissertation von Jutta Schumann um den Habsburger Kaiser Leopold I., zu dessen Herrscherattributen, wie damals üblich, die Sonne gehörte. Gegen den Sonnenkönig Ludwig XIV., Leopolds Gegenspieler, hat er sich als Sonne freilich nicht durchsetzen können - zu Lebzeiten nicht und schon gar nicht postum. Das lag unter anderem daran, wie Jutta Schumann meint, dass er ganz anders, viel bescheidener als Ludwig XIV. auftrat und auf eine aufwändige Selbstinszenierung verzichtete. Da er politisch sehr viel defensiver, vorsichtiger handelte, zumeist nur die Grenzen seines Reichs gegen die vorrückenden Truppen der Franzosen im Westen und gegen die der Osmanen im Osten zu verteidigen suchte, möchte Jutta Schumann ihm endlich als „andere”, womit gemeint ist: bessere Sonne gerecht werden und dem so lange vernachlässigten Leopoldus wieder zu etwas Glanz verhelfen.
Schumann konzentriert sich zum einen, eher konventionell, auf das Kaiserbild. Deshalb untersucht sie mit großem Fleiß und Akribie die Flugschriften, Zeitungen, historischen Lieder sowie Theaterstücke zu Leopold I. - manche Bildquelle ist im Anhang abgedruckt. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die Attribute Leopolds I. zum Großteil aus der Tradition der Habsburger stammen, zu einem geringeren Teil ergaben sie sich aus zeithistorischen Umständen, wie der ständigen Gefährdung durch die Osmanen. Ohne dass der Kaiser sonderlich viel hätte dazutun müssen, erschien er sowohl in der Not als auch später im Triumph als Retter, dem Volk und Adlige spontan huldigten. Leopold I. selbst ließ sich dagegen, getreu der Habsburger Tradition, keineswegs als Sieger feiern, sondern in frommer, bescheidener Pose abbilden, um die Gnade Gottes bittend, die seinem Hause schon so häufig zuteil geworden war.
Zum anderen beschäftigt sich Schumann mit dem, was sie - der immer noch grassierenden Mode der Medien- und Kommunikationswissenschaften folgend - die „Medienstrategien im Zeitalter Leopolds I.” nennt. Dabei kommt sie natürlich nicht darum herum, die meisten Begriffe neu zu definieren, da sich etwa der der „Propaganda” im 17. Jahrhundert nicht in dem heutigen, durch die totalitären Regime des zwanzigsten Jahrhunderts geprägten Sinne verwenden lässt. Seltsam mutet manche ihrer Formulierung an, zum Beispiel wenn sie von „Informationstransporten” durch eine „große Anzahl verschiedener Medien” schreibt, wo es schlicht um die Frage geht, wie in Flugschriften und Zeitungen die politischen Ereignisse und das Handeln des Kaisers den damaligen Lesern vermittelt wurden.
Absurd droht der Begriff der Medienstrategie schließlich zu werden, wenn sich in der Dissertation herausstellt, dass die Habsburger alles andere als Medienstrategen waren. Sie verkannten beispielsweise, wie wichtig es war, die entstehende Presse zu beeinflussen und für die eigenen Zwecke zu nutzen. Stattdessen überließen sie - auch wenn sie durch finanzielle Förderung und Amtsvergaben natürlich indirekten Einfluss ausübten - die Darstellung des Herrschers anderen, etwa Städten oder Adligen, die zu Ehren des Kaisers Feste gaben, oder auch Historikern und Schriftstellern, die sich dem Hause Habsburg genehm machen wollten, oder eben den historischen Ereignissen, die im Falle der Türkensiege dem Kaiserbild Glanz verliehen und die Schmähungen - insbesondere protestantischer - Gegner vergessen ließen. Allein auch dieses Phänomen lässt sich medientheoretisch auf einen Begriff bringen: auf „multiplizierende Imagepflege” setzten die Habsburger demnach im 17. Jahrhundert.
FRANZISKA MEIER
JUTTA SCHUMANN: Die andere Sonne. Kaiserbild und Medienstrategien im Zeitalter Leopolds I. Akademie Verlag, Berlin 2003. 588 Seiten, 74,80 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Hinter diesem strahlenden Titel steckt, wie der Untertitel vermuten lässt, eine Dissertation, verrät Franziska Meier, die genau das hält, was sie thematisch vorgibt. Jutta Schumann wolle den Habsburger Kaiser Leopold I., Gegenspieler des französischen "Sonnenkönigs" Ludwig XIV. ins "rechte Licht" rücken. Er sei politisch bescheidener aufgetreten und habe auf eine aufwändige Selbstinszenierung verzichtet. Die Sonne gehörte übrigens, informiert uns Meier, auch bei den Habsburgern zum Herrscherattribut. Schumann verfahre zweigleisig, so Meier: einmal untersuche sie das Kaiserbild, wie es Zeitungen, Flugschriften, Liedern und Theaterstücken weitergaben, zum anderen beschäftige sie sich - etwas hochtrabend so genannt, findet Meier - mit den "Medienstrategien" des Kaisers, wohinter auch nichts anderes stünde als die Frage, wie das politische Handeln des Kaisers in den damals vorhandenen Medien wie Zeitungen und Flugschriften vermittelt wurde. In der Beziehung waren die Habsburger Medienmuffel, hat Meier von Schumann erfahren. Statt die Presse zu beeinflussen, verließ man sich ganz und gar auf die traditionelle Imagepflege, weshalb des Kaisers Sonne in Österreich nicht über die Landesgrenzen hinaus strahlte.

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