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Es ist Sommer, und während die Temperaturen draussen Rekordwerte erreichen, nimmt der Alltag in einem Seniorenzentrum einer deutschen Kleinstadt seinen gewohnten Lauf. Da ist die frisch verwitwete alte Dame, die sich mit ihrer Lebenssituation nicht abfinden kann, eine Pflegerin, deren Mutter auf den Philippinen im Sterben liegt, während sie weiterhin ihrer Arbeit nachgeht. Und da ist ihre kleine Tochter, die sie während der Sommerferien mit zur Arbeit nehmen muss, während alle anderen Kinder in den Urlaub fahren können.

Produktbeschreibung
Es ist Sommer, und während die Temperaturen draussen Rekordwerte erreichen, nimmt der Alltag in einem Seniorenzentrum einer deutschen Kleinstadt seinen gewohnten Lauf. Da ist die frisch verwitwete alte Dame, die sich mit ihrer Lebenssituation nicht abfinden kann, eine Pflegerin, deren Mutter auf den Philippinen im Sterben liegt, während sie weiterhin ihrer Arbeit nachgeht. Und da ist ihre kleine Tochter, die sie während der Sommerferien mit zur Arbeit nehmen muss, während alle anderen Kinder in den Urlaub fahren können.
Autorenporträt
*1989 in Böblingen. Sie studierte an der Kunsthochschule in Kassel und an der Luca School of Arts in Brüssel. Als Zeichnerin arbeitet und lebt sie in Berlin. Finalistin des Comicbuchpreises der Berftold Leibinger Stiftung 2016. www.shereedomingo.com
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.10.2019

Das Pflegebett
im Sand
„Ferngespräch“: Ein Comic
über Migration
Wie sanft das Meer aussieht, dessen Wellen als blassblaue Farbwolken vor sich hindümpeln. Zwischen ihnen ein himbeerroter Schwimmreifen mit einem Mädchen darin, es treibt zum Strand. In der Ferne winkt eine alte Frau. „Oma?“ fragt das Mädchen. Und entdeckt im Näherkommen ein Pflegebett im Sand, in dem die Oma als wässrigrote Strichzeichnung liegt. Eine einzige Berührung ihrer Hand genügt, dass sich die Strichfrau auflöst und zu einer Pfütze zerfließt.
Es sind Bilder wie dieses, die Sheree Domingos Graphic Novel so besonders machen. Wenn der Comic Wirklichkeit halluziniert, ist er ganz bei sich. „Ferngespräch“ ist Domingos Abschlussarbeit an der Kunsthochschule in Kassel. Darin erzählt sie die Geschichte ihrer Familie, die von den Philippinen stammt. 1982 kamen ihre Mutter und ihre Tante nach Schwaben, wo die Mutter als Altenpflegerin arbeitete.
Die Erzählerin ist ein Mädchen von acht oder zehn Jahren, es träumt vom Meer und vom Strand, das ist ihr Bild der Philippinen. Wann sie wohl das letzte Mal dort war? Vorbild für ihre Traumbilder ist ein Fächer, der wie ein Urlaubsmitbringsel in ihrer Wohnung in Deutschland an der Wand hängt und ein exotisches Inselparadies zeigt. Darunter steht das Telefon der Familie, das den Traum des Kindes stört: RING, RING klingelt es bedrohlich, in Großbuchstaben. Die Oma auf den Philippinen stirbt. Und weil die Mutter im Pflegeheim, wo sie arbeitet, keinen Urlaub bekommt, kann sie die Sterbende nicht einmal besuchen, nur am Telefon ist sie ihr nah. Immer wieder taucht die Großmutter als roter Schatten oder als Strichzeichnung im Meer auf. Fast hätte sie die Mutter zu sich hinunter gezogen.
Es ist ein aktuelles Thema, das Sheree Domingo in ihrer Graphic Novel behandelt: Menschen aus den ärmeren Teilen der Welt lassen ihre eigenen Familien zurück, um die Angehörigen der Menschen in den reicheren Weltgegenden zu pflegen. Jeder im Buch fühlt sich fehl am Platz: Weil niemand da ist, um auf es aufzupassen, muss das Mädchen in den Sommerferien mit ins Altenheim, wo es gleich mal feststellt: „Da stinkt’s.“ Außerdem gruselt sich das Kind vor den Runzelgestalten im Rollstuhl, die am helllichten Tag vor sich hinschnarchen. Aber auch eine greise Bewohnerin des Heims träumt sich weg. Sie führt ebenfalls „Ferngespräche“ – mit ihrem verstorbenen Mann.
Domingo zeichnet ihre Geschichte in Aquarellfarben, die eine verführerische Leuchtkraft haben, wie eine Fata Morgana. Die Technik garantiert Durchlässigkeit: Ein heller Hintergrund kann die Farben zum Strahlen bringen, den Traumstrand beispielsweise in einem satten Gelb. Wo die Farben einander überlagern, können aber auch toxisch wirkende Mischungen entstehen. Ein krankes Grün, dazu Senfgelb und Braun kennzeichnet das Pflegeheim; und das deutsche Zuhause der Familie leuchtet in einem intensiv düsteren Violett. Im Wässerigen des Aquarells verschwimmt schließlich jede Eindeutigkeit. Was zu einer Geschichte passt, in der jeder subjektiv „richtig“ handelt, sich aber immer am falschen Ort fühlt.
MARTINA KNOBEN
Sheree Domingo: Ferngespräch. Edition Moderne, Zürich 2019. 96 Seiten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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