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Inspektor Dieuswalwe Azémar hat keine Wahl: Will er nicht aus dem Polizeidienst entlassen werden, muss er sich der Entziehungskur unterziehen, die sein neuer Vorgesetzter ihm verordnet hat. Sie wird zu einem Gang durch die Hölle. Ausgerechnet in diesem geschwächten Zustand wird er in ein Komplott hineingezogen, das sein Leben und das seiner Tochter bedroht. Die Spuren führen zum UN-Militärkontingent in Haiti. Was steckt hinter dem angeblichen Selbstmord eines Generals? Warum wurde der Sohn einer einflussreichen Unternehmerfamilie entführt? Welche Rolle spielt der Bandenchef mit dem seltsamen…mehr

Produktbeschreibung
Inspektor Dieuswalwe Azémar hat keine Wahl: Will er nicht aus dem Polizeidienst entlassen werden, muss er sich der Entziehungskur unterziehen, die sein neuer Vorgesetzter ihm verordnet hat. Sie wird zu einem Gang durch die Hölle. Ausgerechnet in diesem geschwächten Zustand wird er in ein Komplott hineingezogen, das sein Leben und das seiner Tochter bedroht. Die Spuren führen zum UN-Militärkontingent in Haiti. Was steckt hinter dem angeblichen Selbstmord eines Generals? Warum wurde der Sohn einer einflussreichen Unternehmerfamilie entführt? Welche Rolle spielt der Bandenchef mit dem seltsamen Namen Raskolnikow bei alldem? Als der Inspektor begreift, wie alles zusammenhängt, ist er ein weiteres Mal auf seine Beretta und seine Reflexe angewiesen.
Autorenporträt
Gary Victor, geboren 1958 in Port-au-Prince, Haiti, gehört zu den meistgelesenen Autoren seines Landes. Seine Gestalten bilden mittlerweile eine feststehende Typologie der haitianischen Gesellschaft. Außer Romanen, Erzählungen und Dramen schreibt er auch Beiträge für Radio und Fernsehen, die in Haiti regelmäßig für Aufregung sorgen.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Inspektor Dieuswalwe Azémar muss sich einer Entziehungskur vom Soro unterziehen, einem Zuckerrohrschnaps. Dem Rausch zu entsagen verursacht Halluzinationen, gewaltige Taranteln haben es auf Dieuswalwes Körper abgesehen. Doch die Frau, die in sein Elendsquartier tritt, um Rache zu üben, ist real und dann tot. In der Folge ihres Besuches flieht Dieuswalwe durch Port-au-Prince, verfolgt von brasilianischen Meuchelmördern, der Polizei und seinen eigenen Dämonen. Als seine Ziehtochter entführt wird, holt er Hilfe bei einem Bòkò, der Magier soll seine körperliche und mentale Kraft mithilfe eines unter die Haut genähten Amuletts wieder herstellen. Dies ist der dritte Roman des Haitianers Gary Victor um Inspektor Azémar, lesenswert allein schon wegen seiner sinnlich packenden, von surrealen Räuschen vergifteten Atmosphäre. Beschreibungen voller Leuchtkraft ergänzen den atemlosen Satzbau, das Stakkato des Getriebenen verkürzt die Handlung zu einem Dauerlauf, an dessen Ziel keine Versöhnung liegt. Das gebeutelte Land scheint, im wahrsten Sinne des Wortes, von allen guten Geistern verlassen, wenn ausgerechnet jemand wie Dieuswalwe die letzte Bastion der Gerechtigkeit bildet.

© BÜCHERmagazin, Meike Dannenberg (md)

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.04.2017

Zwischen Soro und Tarantel
Gary Victor lotst Inspektor Azémar durch „Suff und Sühne“ in Haiti
Es ist ein Horrortrip, auf dem Inspektor Dieuswalwe Azémar dahinschwankt, sich hochrappelt, weiterstolpert nach Wahrheit, Ehrlichkeit, Unbestechlichkeit in ihm: „Er fand sich in einer Hölle wieder, die er frenetisch wie ein Gestörter von ihrem Schlamm und ihrem Dreck zu reinigen versuchte.“ Dieses Vorhaben hat im von Erdbeben und Elend ramponierten und von Hyperkorruption verseuchten Haiti etwas Aussichtsloses. Das erzählt Gary Victor, 1958 in Port-au-Prince geboren, auch im dritten seiner Krimis um den Alkoholiker-Inspektor Azémar, atemlos und so nah am Helden, dass man (auch in der Übersetzung von Peter Trier) den Alkohol zu riechen, Keuchen und Schreien zu hören meint.
Es beginnt mit den Schrecken des Entzugs, den Azémar seiner kleinen Tochter Mireya versprochen hat. Seine Wahnbilder unterscheiden sich kaum von den lemurenartigen Gestalten, die aus den heißen Nächten im Chaos von Port-au-Prince auftauchen und ihn mit Worten und Waffen bedrohen. Die große Tarantel, Trugbild für die Qualen der erzwungenen Abstinenz, erscheint Azémar nicht weniger wirklich als die schöne Brasilianerin, die ihm mit vorgehaltener Pistole die fotografischen Beweise zeigt, dass er ihren Vater, den UN-General Racelba erschossen haben muss. Der General war einem verbrecherischen Netzwerk zwischen UN-Truppen und den Mächtigen auf der Spur. Doch Azémar kann sich an nichts dergleichen erinnern, die Akte über diesen Fall ist geschlossen, der General beging Selbstmord. Bevor die racheglühende Schöne ihn erledigen kann, entschlüpft er, hört aber noch, wie brasilianische UN-Soldaten in sein Haus eindringen und die Generalstochter erschießen.
Rasch gerät Azémar tief in einen Strom aus Lügen, Halluzinationen, Lichtblicken und Gewalt, der ihn lange einfach mitreißt auf der Flucht vor jenen, die den hartnäckig auf eigene Faust und Gefahr ermittelnden Trunkenbold eliminieren wollen. Gary Victor überdreht die marode Welt seines Inspektors in bittere Ironie, die einen manchmal auflachen lässt, obwohl „Suff und Sühne“ nichts anderes sein kann als der rasende Albtraum eines Trinkers auf Entzug. Soro heißt der Zuckerrohrschnaps,, mit Blättern der Bittermelone versetzt, nach dem Azémar giert und dem er sich doch so lange verweigert, bis er seine Tochter im Flugzeug nach Amerika sicher weiß.
Victor verleiht den Bösen eine nahezu surrealistisch infernalische Aura, dem mörderischen UN-Hauptmann Nelson Arantes mit der schweren Narbe auf der Stirn, dem kahlköpfigen Gangster Srareko, dem verbrecherischen jähzornigen Unternehmer Ennberg. Am Ende taucht der Banditenboss Raskolnikow auf – Azémars alter Dichterfreund Michel Quartier, ein Dostojewski-Fan, der sich in den gefürchteten Desperado verwandelt hat aus Rache an den Mächtigen: „Der Hass war das Tor zur Freiheit. Der Hass hat die Ketten gesprengt, die diese Moral mir an den Hals, die Handgelenke und die Füße geschmiedet hatte.“ Doch Inspektor Azémar ist entsetzt über die Metamorphose seines Freundes in einen Banditen…
Sein Vielfrontenkampf gegen die inneren und äußeren Gespenster, die Zombies und Killer kennt kaum Ruhepunkte. Das einoperierte Amulett eines Bòkò, eines Schwarzmagiers, muss helfen, damit der dürre, schielende, torkelnde Held wenigstens für die wichtigen Momente einen klaren Kopf behält.
HARALD EGGEBRECHT
Gary Victor: Suff und Sühne. Aus dem Französischen von Peter Trier. Litradukt, Trier 2017. 153 Seiten, 11,90 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.06.2017

Voodoo, Suff und Wiener Blut
Krimis in Kürze: Alex Beer, Gary Victor und Candice Fox

In den letzten Jahren hat das Verbrechen sich ausgebreitet wie eine unaufhaltsame Pandemie, die nicht mal vor der Vergangenheit haltmacht - zumindest in der Kriminalliteratur. Es gibt kaum noch einen Winkel auf dieser Welt und kaum eine Epoche, in der nicht gemordet, geraubt oder betrogen wurde - auch wenn diese Ubiquität oft nur schwere Misshandlungen von Sprache und Geschichte zur Folge gehabt hat. Umso erstaunlicher ist es, dass das Wien unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg, nach dem Untergang der Habsburgermonarchie, bisher ein weißer Fleck geblieben ist, nachdem die Stadt des Jahres 1945 schon so eine grandiose Kulisse für Graham Greenes "Dritten Mann" geboten hatte.

Alex Beer hat diese Vakanz jetzt beendet mit ihrem Roman "Der zweite Reiter" (Limes, 384 S., geb., 19,99 [Euro]). Beer, die eigentlich Daniela Larchner heißt und unter diesem Namen auch schon Kriminalromane veröffentlicht hat, lässt ihre Geschichte Ende 1919 beginnen. Es ist kalt, es fehlt an Heizmaterial wie auch an allen anderen lebenswichtigen Dingen, es sei denn, man hat das Geld und die Beziehungen, um sich auf dem Schwarzmarkt, bei den "Schleichhändlern", wie sie hier heißen, zu versorgen.

Auch Rayonsinspektor August Emmerich geht es nicht allzu gut, den Granatsplitter im Bein muss er verschweigen, sein Hinken kaschieren, weil ihn das den Job kosten würde. Sein ganzer Ehrgeiz ist darauf gerichtet, in die Mordkommission zu gelangen, und deshalb lässt er sich nach den merkwürdigen Toden zweier ehemaliger Soldaten aus derselben Kompanie nicht von weiteren Ermittlungen abbringen. Natürlich gibt das Ärger, natürlich gerät er in Gefahr, das gehört zu den Fertigbauteilen des Krimierzählens. Interessant ist das Buch, weil es Alex Beer gelingt, Zeitgeschichte und Krimihandlung nahtlos miteinander zu verknüpfen, was in diesem Fall vor allem heißt: die sozialen und politischen Folgelasten zu beschreiben, die aus dem Ende der k.u.k. Monarchie resultieren. "Der zweite Reiter" endet mit einem Cliffhanger - aus gutem Grund, denn auserzählt wirken weder die Zeit noch der zum Zynismus neigende Rayonsinspektor.

Viel weiter entfernt von diesem Wien als in Port-au-Prince, im Haiti des Jahres 2013, kann man kaum sein. Oder ist das bloß eine zu naheliegende, zu bequeme Annahme? Wenn man in Gary Victors "Suff und Sühne" (Litradukt, 160 S., br., 11,90 [Euro]) einsteigt, empfängt einen ja nicht nur die Finsternis Dostojewskis, es umgibt einen sofort der stechende Geruch von Soro, einem billigen Zuckerrohrschnaps, dem die Blätter der Bittermelone so etwas wie Aroma verpassen. Aber vor allem kommt man in ein Land, das nach Jahrzehnten der grausamen Diktatur, nach dem großen Erdbeben von 2010 in einem chaotischen Zustand ist, weil Hilfsgelder versickern und die UN-Mission mit dem Namen Minustah eine sehr problematische Rolle spielt.

Der Zustand des Helden passt zur Lage der Nation, auch wenn sein Vorname wie ein schlechter Scherz klingt. Inspektor Dieuswalwe, also "Gott sei gelobt", Azémar ist auf Soro-Entzug, und seine Aussichten sind dabei ungefähr so vielversprechend wie seine Chancen, sich einer Mordanklage zu entziehen. Die Tat ist auf Fotos dokumentiert, doch Azémar erinnert sich an nichts. Die Tochter eines UN-Generals will ihn erschießen, seine Vorgesetzten sind korrupt, einige brasilianische Angehörige der UN-Mission treiben ein schmutziges Spiel, eine Kindesentführung gehört auch zum Programm, nicht zu vergessen eine Prise Voodoo.

Das ist reichlich Verwirrung für einen erfreulich schlanken Roman von nur 160 Seiten, zumal die Wahrnehmungen des Inspektors entzugsbedingt ziemlich unzuverlässig ausfallen. Das Ganze liest sich zwar nicht schlecht, aber am Ende sind es dann nicht nur ein paar Liter Soro, sondern auch ein paar surrealistische Schlenker und einige haarsträubende Plotdrehungen zu viel.

Ähnlich hochtourig, wenngleich nicht annähernd so hochprozentig geht es bei der Australierin Candice Fox zu. "Fall" (Suhrkamp, 470 S., br., 15,95 [Euro]) ist nach "Eden" und "Hades" der Schlussteil der Trilogie mit den markanten epischen Titeln. Ein wenig müde macht es einen inzwischen schon, diese Personalunion von Polizistin und Killerin mit dunkler Vergangenheit, wie sie Eden verkörpert, erst recht, wenn es hier um die Jagd nach einem Serienkiller geht, der (oder die?) Joggerinnen das Gesicht zertrümmert - und sich am Ende als doch eher einfallsarme Variante aus dem Psychopathenfundus erweist.

Edens Partner in der Mordkommission von Sydney, Frank Bennett, ist nicht nur als Ich-Erzähler am Rande der Überforderung, weshalb wir öfter ohne sonderlichen literarischen Gewinn die Perspektiven wechseln müssen, um einen Rest an Plausibilität zu wahren. Zum Glück sind wir jetzt aber jenseits von Eden, und Candice Fox ist schon unterwegs zu einem neuen Ermittlerduo.

PETER KÖRTE

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