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Ist die Woche vorbei, kann sich Wattenhofer sagen: »Jetzt ist schon wieder nichts passiert«, und das ist gut so. Zwei mal zwei Kilometer misst der Flecken Idylle in der Provinz, wo er die Obrigkeit verkörpert und als Polizeiwachtmeister darüber wacht, dass nichts passiert. Doch eines Tages, just vorm Wochenende, erhält er einen Hinweis, under geht ihm nach. Gründlich. Und entdeckt einen Schlüssel zu einem Garderobenschrank im örtlichen Schwimmbad. Dieser Schlüssel führt ihn zu einer Sporttasche, und in dieser Sporttasche findet er ein Foto, zerrissen, und auf dem Foto erkennt er seinen Sohn.…mehr

Produktbeschreibung
Ist die Woche vorbei, kann sich Wattenhofer sagen: »Jetzt ist schon wieder nichts passiert«, und das ist gut so. Zwei mal zwei Kilometer misst der Flecken Idylle in der Provinz, wo er die Obrigkeit verkörpert und als Polizeiwachtmeister darüber wacht, dass nichts passiert. Doch eines Tages, just vorm Wochenende, erhält er einen Hinweis, under geht ihm nach. Gründlich. Und entdeckt einen Schlüssel zu einem Garderobenschrank im örtlichen Schwimmbad. Dieser Schlüssel führt ihn zu einer Sporttasche, und in dieser Sporttasche findet er ein Foto, zerrissen, und auf dem Foto erkennt er seinen Sohn. Auf einmal ist nichts mehr, wie es war, nicht in seinem Hoheitsgebiet und nicht in seinem Leben. Wie aus heiterem Himmel ist da ein Fall, der größer und größer wird, und plötzlich geht es um alles.
Autorenporträt
Langenegger, Lorenzgeboren 1980 in Gattikon, Schweiz, lebt als Schriftsteller in Zürich und Wien. Verschiedene Arbeiten fürs Fernsehen und das Theater mit Uraufführungen in Zürich, Mannheim und Berlin.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Max Wattenhofer ist Polizeiwachtmeister einer Seegemeinde, um die das Böse einen Bogen macht. Nebenbei trainiert er den Fußballnachwuchs oder gibt den privaten Ordnungshüter für die reiche, mächtige Witwe Ramsauer. Eigentlich ist er stolz auf das biedere Leben, auch auf die harmonische Ehe und den Sohn, der eben das Nest verließ. Und sieht er auf Kontrolltour, wie akkurat die Dinge rundum laufen, "dann ist er überzeugt, in der besten aller Welten zu leben". Dennoch hadert er manchmal mit dieser Windstille, die ihn neben den souveränen TV-Kommissaren recht alt aussehen lässt. Warum tut ihm der Autor das an? Lorenz Langenegger ist u.a. Drehbuchautor für den helvetischen "Tatort", dramaturgisch also ein Fuchs. Und so weiß er den "Dorffrieden" subtil zu unterminieren: Witwe Ramsauer hat Unregelmäßigkeiten vor der Schule beobachtet, Wattenhofer ermittelt. Er stößt auf einen Sportsack samt zerrissenem Foto seines Sohnes. Der entpuppt sich als kiffender Hausbesetzer, und Ehefrau Helen als vormals freie Gesetzesinterpretin. Spielen diese delikaten Fakten gar in seinen Fall hinein? Wattenhofers Welt gerät aus den Fugen. Ist er dem großen Verbrechen auf der Spur? Darf er endlich zum Format der coolen TV- und Roman-Kommissare auflaufen? Die Lösung hat es in sich.

© BÜCHERmagazin, Ingeborg Waldinger (wal)

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.01.2017

Leere Zigarettenschachtel
Auf null entschleunigt: Lorenz Langeneggers Roman „Dorffrieden“
Am unerträglichsten sind für Max Wattenhofer die „Tatort“-Ausstrahlungen am Sonntagabend. Amerikanische und skandinavische Krimis kann Wattenhofer gerade noch schmerzfrei anschauen, denn die haben rein gar nichts mit ihm zu tun. Die Ermittler im „Tatort“ hingegen „sind so bieder und gemütlich wie er. Sie lieben ihre Frauen und trinken gerne mal ein Glas Wein. Sie bringen ihre Kinder zur Schule und ärgern sich über ihre Vorgesetzten und Kollegen.“ Die doppelte Ironie in diesen Zeilen offenbart sich, wenn man weiß, dass Lorenz Langenegger auch als Drehbuchautor arbeitet – unter anderem für den Schweizer „Tatort“.
Max Wattenhofer jedenfalls, der stille, unauffällige, wohlgesinnte Polizeiwachtmeister in Langeneggers mittlerweile drittem Roman, ist eine derart reibungslose Figur, dass sich sogar der Vergleich zu Friedrich Glausers Wachtmeister Studer verbietet. Gemeinsam haben die beiden ein heruntergedämpftes Temperament; was Wattenhofer aber völlig abgeht, ist jegliche Form sozialer Konfliktbereitschaft. Wattenhofer ist Polizist, weil er seine Ruhe haben will. Und da ist er ganz offensichtlich genau am richtigen Ort gelandet. Die so reiche wie übersichtliche Seegemeinde, in der er seinen Dienst verrichtet, ist zugleich sein Geburtsort. Mittlerweile ist Wattenhofer 50 Jahre alt, führt eine glückliche Ehe, so glaubt er zumindest, hat einen halbwegs wohlgeratenen Sohn und ist in seiner Funktion und als Person rundum anerkannt.
Lorenz Langenegger, Jahrgang 1980, gebürtiger Schweizer, der heute überwiegend in Wien lebt, ist ein demonstrativ leiser Autor mit einem Faible für unspektakuläre Charaktere, einer Gabe zur feinen Ironie und einem Blick für die mikrofeinen Risse in vermeintlich befriedeten Daseinskonstellationen.
In seinem 2009 erschienenen Debütroman „Hier im Regen“ schickte er einen Steuerverwaltungsangestellten nach dem Tod seiner Schildkröte auf eine letztlich eher unergiebige Selbstfindungsreise. 2014 ließ er in „Bei 30 Grad im Schatten“ eine Fortsetzung dieser Selbstfindungsreise folgen. Und nun, in „Dorffrieden“ hat es ein neuer Held, der Polizist Max Wattenhofer, mit einem Fall zu tun, dessen Herausforderung zumindest für den Leser in erster Linie darin besteht, überhaupt ein Verbrechen zu erkennen.
Eine schrullige Fabrikerbin, die sich Wattenhofer als Ansprechpartner auserkoren hat, will beobachtet haben, wie eine Person aus einem Mietwagen heraus eine Zigarettenschachtel geworfen hat. In der Zigarettenschachtel findet Wattenhofer einen Schlüssel. Der Schlüssel könnte zu einem Spind des örtlichen Schwimmbades passen. Als Wattenhofer daraufhin die Fundsachen des Schwimmbades durchstöbert, stößt er in einer Tasche auf die zerrissene Fotografie seines Sohnes. Das war’s. Aber was fängt man damit an?
Offensichtlich ist, dass sich hinter dem Nicht-Kriminalfall eine Reihe ganz anderer Probleme verbergen, die nun in Dominosteinmanier in Gang kommen. Allerdings in Zeitlupe. Langenegger verlässt sich ganz und gar auf sein Talent zur Entschleunigung und dekuvriert nach und nach, dass Wattenhofers Privatidylle trügerisch ist, zumal er sich noch dazu so tapsig anstellt, dass alles, was er anfängt, in Miniaturkatastrophen und kleinen, aber wirksamen Peinlichkeiten endet.
Das Verhältnis zu Frau und Sohn ist angespannt; der titelgebende Dorffrieden wird immer wieder gestört, und sei es nur dadurch, dass die jugendliche Dorfschönheit an Magersucht erkrankt ist. Nein, Langenegger hat keinen Kriminalroman geschrieben. Vielmehr bildet er ein in Selbstgenügsamkeit erstarrtes Bewusstsein ab, das so genügsam ist, dass seine Ausbruchsfantasien sich auf bloße Klischeevorstellungen beschränken. Selbst Wattenhofers Gewaltfantasien sind dezent und noch dazu jugendfrei.
Darin besteht zugleich der Charme und das Problem von Langeneggers Prosa. Es wird in diesem Roman deutlicher als in den beiden vorangegangenen: Wer einen solchen Kosmos mit der Lupe betrachtet, dem erscheint noch die harmloseste Abweichung als Sensation. Die einfachsten Erklärungen, so heißt es einmal, seien oft die besten. Auch das ist Ironie. Doch der Grat zwischen sanfter, menschenfreundlicher Pointenverweigerung und Leserverschaukelung ist, gerade gegen Ende von „Dorffrieden“, schmal.
CHRISTOPH SCHRÖDER
Lorenz Langenegger: Dorffrieden. Roman. Verlag Jung und Jung, Salzburg und Wien 2016. 186 Seiten, 19 Euro. E-Book 14,99 Euro.
In der Abbildung eines
erstarrten Bewussteins droht der
Roman selber zu erstarren
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