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Er prägte das von Walter Gropius gegründete Bauhaus, dem er als einziger Meister vom ersten bis zum letzten Tag angehörte - von 1919 bis zur Auflösung durch die Nationalsozialisten 1933 -, wie kaum ein Zweiter. Mit seinen Freunden Paul Klee und Wassily Kandinsky revolutionierte er die Kunst. Später wurde er so populär und von der Alltagskultur eingemeindet, dass man Bilder von ihm als Plakate bei einem großen schwedischen Möbelhaus kaufen konnte: Lyonel Feininger. 1871 in New York geboren, hielt er sich von seinem siebzehnten Lebensjahr an fast ein halbes Jahrhundert lang in Deutschland auf.…mehr

Produktbeschreibung
Er prägte das von Walter Gropius gegründete Bauhaus, dem er als einziger Meister vom ersten bis zum letzten Tag angehörte - von 1919 bis zur Auflösung durch die Nationalsozialisten 1933 -, wie kaum ein Zweiter. Mit seinen Freunden Paul Klee und Wassily Kandinsky revolutionierte er die Kunst. Später wurde er so populär und von der Alltagskultur eingemeindet, dass man Bilder von ihm als Plakate bei einem großen schwedischen Möbelhaus kaufen konnte: Lyonel Feininger. 1871 in New York geboren, hielt er sich von seinem siebzehnten Lebensjahr an fast ein halbes Jahrhundert lang in Deutschland auf. Den Großteil dieser Zeit verbrachte er in Berlin, wo sich auch die rätselhaftesten Episoden seines Lebens abspielten. Warum blieb er, obwohl als «feindlicher Ausländer» registriert, während des Ersten Weltkriegs? Und warum verließ er, obwohl mit einer Jüdin verheiratet und Vater dreier Söhne, Nazi-Deutschland erst 1937? In der Persönlichkeit des Malers spiegelt sich das Dilemma einer doppelten Exil-Existenz im 20. Jahrhundert.
Andreas Platthaus, der für dieses Buch zahlreiche Archivbestände auswerten konnte, erzählt das Leben eines Mannes, der sich im steten Zwiespalt zwischen amerikanischem und deutschem Selbstverständnis befand.

Autorenporträt
Platthaus, AndreasAndreas Platthaus, geboren 1966 in Aachen, hat Philosophie, Rhetorik und Geschichte studiert. Er leitet das Ressort «Literatur und literarisches Leben» der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung», für die er seit 1992 schreibt, und ist Autor zahlreicher Bücher, darunter die große Darstellung der Völkerschlacht bei Leipzig, «1813», die lange auf der «Spiegel»-Bestsellerliste stand, und das Amerika-Porträt «Auf den Palisaden». Andreas Platthaus lebt in Leipzig und Frankfurt am Main.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Harald Eggebrecht lernt mit Andreas Platthaus' Feininger-Biografie einen großen Künstler und einen scheinbar eher kleinen Menschen kennen. Wie sich der Maler und Bauhäusler von thüringischen Dörfern und im US-Exil von Manhattans Hochhäusern inspirieren ließ, erfährt Eggebrecht bei Platthaus ebenso wie er Feiningers Hitler-Begeisterung kennenlernt und vom Versäumnis des Künstlers liest, seiner ersten, jüdischen Frau zu helfen. So sorgfältig der Autor seinen Gegenstand auch bearbeitet, so ungreifbar bleibt Feininger letztlich für den Rezensenten.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.09.2021

Spione tragen keine Schnauzer
Andreas Platthaus’ Biografie erzählt auch von der dunklen, egomanen Seite des Grafikers und Bauhaus-Meisters Lyonel Feininger
Lyonel Feininger, eine der großen Figuren der bildenden Kunst des 20. Jahrhunderts, wurde 1871 in New York geboren und starb dort auch 1956. Die längste Zeit seines Lebens hat er jedoch in Deutschland gelebt und gearbeitet. Er stammte von deutsch-amerikanischen Musikereltern ab, mit denen er in jungen Jahren nach Deutschland ging. Als Jugendlicher wollte er erst Geiger werden. Während die Eltern in die USA zurückkehrten, blieb Lyonel mit ihrer Erlaubnis zurück und widmete sich bald dem Zeichnen und Malen.
Er begann als Karikaturist und Comic-Zeichner für deutsche und amerikanische Zeitungen und wurde ein maßstabsetzender Meister, obwohl seine Serien „The Kin-der-Kids“ und „ Wee Willie Winkie’s World“ bald wieder eingestellt wurden. Er behielt glücklicherweise immer seine amerikanische Staatsbürgerschaft, obwohl er sich im Lauf der Zeit als deutscher Künstler fühlte oder fühlen wollte. So konnte er das Land 1937 dank seines amerikanischen Passes einigermaßen selbstverständlich verlassen. Deutschland blieb für seine Kunst allerdings so unabdingbar, dass er auch in seinen späten amerikanischen Jahren immer wieder auf den Fundus an Zeichnungen und Skizzen aus seiner deutschen Zeit zurückgriff. Auch sein letztes Bild „Evening Haze“, abendlicher Dunst, aus dem Jahr 1955 zeigt eine Reihe von deutschen Kleinstadtgiebelhäusern.
Obwohl er in seinem letzten Lebensjahrzehnt auch in den USA als Patriarchengestalt der Moderne gefeiert wurde, blieb er in seiner schöpferischen Fantasie jenen thüringischen Dörfern und Städtchen um Weimar, der Ostseeküste und der mitteleuropäischen Anschaulichkeit treu. Das einzige Motiv, das ihn in Amerika wirklich faszinieren konnte, waren die Hochhäuser seiner Geburtsstadt New York. Die Jahre nach seiner Rückkehr 1937, man kann sie sogar in Feiningers Fall fast eine Art Exil nennen, wurden zum Kampf um öffentliche Aufmerksamkeit. Er war in den USA nahezu unbekannt und galt zunächst als „deutscher“ Künstler. Das änderte sich, doch er und seine zweite Frau Julia blieben im Großen und Ganzen in ihrer Wohnung nahe dem Central Park. Feininger unternahm keine Expeditionen mehr, um „Naturnotizen“ zu machen. Er hatte genug Stoff aus Deutschland mitgebracht.
Seine berühmteste Phase ist von seiner Bedeutung als Bauhaus-Mitarbeiter geprägt. Der stilprägenden Kunstschule blieb er von der Gründung 1919 in Weimar bis Ende 1933 in Berlin verpflichtet, bis 1925 leitete er die Bauhaus-Druckwerkstätten, von 1926 an hielt er keine Lehrveranstaltungen mehr, blieb aber auf Wunsch Walter Gropius’ „Meister“. Es gibt kaum eine bedeutende Galerie oder ein Museum der Moderne, in denen nicht stolz Feininger-Gemälde gezeigt werden, jene Gemälde, in denen kleine Dorfkirchen, kristallin aufgespalten, eine magische Aura und räumliche Tiefendimension suggestiv entfalten. Die Bilder Feiningers strahlen Ruhe und architektonische Spannung aus, auch und gerade in der raffinierten Variation ähnlicher Motive. So umweht diese fein konstruierten Bildwerke gerade in ihrer Klarheit und farblichen Ausgewogenheit ein unauflösbares Geheimnis.
Dass es bisher keine ausführliche Biografie über das Leben und Streben dieses Malers aus zwei Welten gab, verwundert zunächst. Aber wie sein Werk prägt auch Feininger selbst etwas, das offenbar nicht zu durchdringen ist, obwohl es einen reichen und vielfältigen Schatz an Briefen etwa mit seiner Frau Julia, mit Künstlerfreunden oder auch mit Sammlern und Mäzenen gibt. Lyonel Feininger bleibt seltsam ungreifbar, fern, sogar in manchem fremd. Das zeigt nun jedenfalls eindrücklich die sorgfältig recherchierte und aufmerksam geschriebene Biografie des FAZ-Literaturchefs Andreas Platthaus.
Er schildert den Künstler, der in Deutschland eine Welt fand, die nach seiner Auffassung nicht geprägt schien von der mechanistisch-unkünstlerischen Atmosphäre der USA. Anfangs sehnte er sich nach Amerika zurück, wollte dann aber doch ein Wahldeutscher sein. Irritierend ist, wie Feininger im Ersten Weltkrieg deutschnational Partei ergreift und sich sogar einen Schnauzbart wachsen lässt, um nicht immer als glattrasierter Amerikaner und also potenzieller Spion aufzufallen.
In den Zwanzigerjahren wächst sein Ruhm in Deutschland unaufhaltsam. Selbst 1933 kehrt er dem Nazi-Land jedoch nicht sofort den Rücken, sondern findet sogar Hitlers Rede als Reichskanzler vom 17. Mai 1933 vor dem nach dem Reichstagsbrand in der Berliner Krolloper tagenden Parlament großartig. In einem Brief an Julia Feininger vom 19. Mai schwärmt er: „Und ganz hingerissen, vollbegeistert bin ich von Hitlers Rede vor dem Reichstage – vor der Welt!“ Hitler hatte darin die Bestimmungen des Versailler Vertrags als Demütigung Deutschlands attackiert, aber den deutschen Friedenswillen betont. Das war auch Feiningers Meinung schon seit 1919.
Gegen antisemitische Pöbeleien wehrte er sich zuerst vehement, er sei kerndeutsch. Doch seine jüdische Frau Julia wusste, was die Stunde geschlagen hatte. Es gibt kein Überwintern für sie und ihren Deutschland so liebenden Gatten, dessen Bilder nun zu seinem Schock zur „Entarteten Kunst“ gezählt werden.
Platthaus belegt die eigentümlichen politischen und ästhetischen Wendungen Feiningers durch ausführliche Briefzitate. Am Ende bleibt auch ihm nur die Flucht.
Befremdend bleibt Feiningers Verhalten gegenüber seiner ersten Frau, der jüdischen Pianistin Clara Fürst, und den beiden gemeinsamen Töchtern Lore und Marianne. „Seit seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten hatte es keine nachweisbaren Bemühungen seitens Lyonel Feiningers gegeben, die Ausreise seiner in Berlin zurückgebliebenen Angehörigen zu erreichen oder auch nur anzuregen.“
Platthaus stellt fest, hier werde ein „schreckliches Versäumnis sichtbar“. Auf jeden Fall hat sich Feininger nie schriftlich dazu geäußert. Die beiden Töchter überlebten, während Clara Fürst in Auschwitz umgebracht wurde.
Am Ende zeigt sich so traurigerweise, dass offenbar auch dieser große Künstler zuallererst die eigene Bedeutung und die seiner Kunst im Visier hatte. Große Künstler sind nicht selten egoman, weil sie alles, was vom Werk ablenken könnte, meiden wollen, oft rigide. Auch das zeigt Platthaus in seinem informativen Buch über einen Schöpfer unverwechselbarer Bildwelten sehr überzeugend.
HARALD EGGEBRECHT
Deutschland erschien ihm nicht
so mechanistisch und
unkünstlerisch wie die USA
Andreas Platthaus:
Lyonel Feininger – Porträt eines Lebens.
Verlag Rowohlt
Berlin 2021.
448 Seiten, 28 Euro.
Seltsam ungreifbar: Lyonel Feininger 1941.
Foto: Mauritius Images
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Die Präzision und Spannung machen das Buch zu einem Porträt, in dem auch die Widersprüche in Leben und Werk Feiningers ausgeleuchtet und hinterfragt werden. Holger Teschke Mare 20220207