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Die Studie stellt einen ganzheitlichen, langfristig orientierten Entwurf zum Umbau der sozialen Sicherungssysteme vor. Sie ist Teil der Gemeinschaftsinitiative Soziale Marktwirtschaft, die von Bertelsmann Stiftung, Heinz Nixdorf Stiftung und Ludwig-Erhard-Stiftung getragen wird. Aus vertragstheoretischer Sicht werden ordnungspolitische Leitlinien begründet, denen ein System der sozialen Sicherung folgen sollte. Für jeden Teil des sozialen Sicherungssystems untersucht die Studie, welche institutionellen Arrangements mit diesen Leitlinien am meisten in Einklang stehen und quantifiziert die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen. …mehr

Produktbeschreibung
Die Studie stellt einen ganzheitlichen, langfristig orientierten Entwurf zum Umbau der sozialen Sicherungssysteme vor. Sie ist Teil der Gemeinschaftsinitiative Soziale Marktwirtschaft, die von Bertelsmann Stiftung, Heinz Nixdorf Stiftung und Ludwig-Erhard-Stiftung getragen wird. Aus vertragstheoretischer Sicht werden ordnungspolitische Leitlinien begründet, denen ein System der sozialen Sicherung folgen sollte. Für jeden Teil des sozialen Sicherungssystems untersucht die Studie, welche institutionellen Arrangements mit diesen Leitlinien am meisten in Einklang stehen und quantifiziert die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen.
Autorenporträt
Friedrich Breyer, geboren 1950, Dr. rer. pol. 1978, Habilitation 1983 in Heidelberg, 1986-92 Professor FernUni Hagen, seit 1992 Ordinarius für Volkswirtschaftslehre an der Universität Konstanz, Forschungsprofessor am DIW Berlin, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.03.2004

Kompromiß zur Bürgerversicherung
Fünf Ökonomen legen einen radikalen Reformentwurf vor

Friedrich Breyer/Wolfgang Franz/Stefan Homburg/Reinhold Schnabel/Eberhard Wille: Reform der sozialen Sicherung. Springer-Verlag, Berlin 2004, 169 Seiten, 29,95 Euro.

An der sozialen Sicherung in Deutschland wird reformiert, was das Zeug hält. Jede Bundesregierung bringt inzwischen im Jahrestakt mal mehr, mal weniger umfangreiche Reparaturarbeiten auf den Weg, um die Sicherung bezahlbar zu halten - nur um stets kurz darauf festzustellen, daß die Wirklichkeit unverzüglich alle Prognosen schlägt. Auch in diesen Wochen entstehen schon wieder Gesetze, die auf eine Rücknahme von Leistungen in der Rentenversicherung und auf eine Neugestaltung der Pflegebeiträge zielen. Gemacht wird, was die politischen Mehrheiten jeweils hergeben. Das Ergebnis ist Flickwerk. Eine der Folgen: Es kommt zu einer unerwarteten Kulmination von Belastungen wie jetzt bei den Betriebsrentnern.

Langsam reift aber auch in der Politik die Erkenntnis, daß es Zeit wird, die Sozialversicherungen als Ganzes in den Blick zu nehmen. Beide Volksparteien haben Reformkommissionen (Rürup, Herzog) mit entsprechenden Großaufträgen ausgestattet. Herausgekommen sind durchaus respektable Reformentwürfe, die (Stichwort Kopfpauschale oder Privatisierung der Pflegeversicherung) teilweise sogar Systemwechsel vorsichtig in den Blick nehmen, ohne dabei allerdings die politischen Mehrheiten der Auftraggeber aus den Augen zu verlieren. Der stets mitgedachte politische Kompromiß verhinderte in beiden Fällen letztlich Konzepte aus einem Guß, nach einheitlichen Prinzipien und theoretisch begründet.

Diese Lücke suchen die Autoren die Studie der Gemeinschaftsinitiative Soziale Marktwirtschaft zu schließen. Zu dieser haben sich vor mehr als zehn Jahren die Bertelsmann-Stiftung, die Ludwig-Erhard-Stiftung und die Heinz-Nixdorf-Stiftung zusammengefunden, um den ordnungspolitischen Grundlagen der sozialen Marktwirtschaft Gehör zu verschaffen. Fünf renommierte Ökonomen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Institutionen haben in ihrem Auftrag den ehrgeizigen Versuch unternommen, einen Fuß im Elfenbeinturm zu halten und mit dem anderen auf dem Boden der Wirklichkeit deutscher Sozialpolitik zu stehen, ohne die Balance zu verlieren.

Ihre Studie stellt den durchaus gelungenen Versuch dar, eine theoretisch fundierte umfassende Reformperspektive aufzuzeigen, der auch praktische Relevanz zukommen könnte. Denn die teils radikalen Empfehlungen werden durch Übergangsregelungen ergänzt, ohne die sie nicht zu verwirklichen wären. Zugleich werden begleitend die erforderlichen Eingriffe in die Steuer- und Finanzpolitik erläutert und die Verteilungswirkungen mittelfristig abgeschätzt.

Als Lohn dieser Reformmühe versprechen die Autoren nichts weniger, als "so gut wie alle Mitglieder der Gesellschaft besserzustellen". Das sollte gerade die Volksparteien vorurteilslos neugierig machen, die bei jedem Reformanlauf vor allem mit der Abwägung befaßt sind, ob die unweigerlichen Nachteile mehr Klientel verprellen als dazugewinnen. Auch als Beitrag zur Gerechtigkeitsdebatte in der SPD ist die Studie lesenswert.

Ausgangspunkt des Reformentwurfs der fünf Ökonomen ist der vertragstheoretische Ansatz des Sozialphilosophen John Rawls. Welche Leitlinien für die soziale Sicherung würden sich Menschen geben, wenn sie nicht wüßten, welche Stellung sie in der Gesellschaft einnehmen werden, ob sie später arm oder reich, gesund oder krank werden? Nach Einschätzung der Ökonomen würden sich Individuen in einem unter dem "Schleier der Ungewißheit" zustande gekommenen Gesellschaftsvertrag größtmögliche Souveränität und Eigenverantwortung ausbedingen, die Absicherung dieser Freiheit sowie existentieller Risiken aber dort dem Staat überlassen, wo kein privater (Versicherungs-)Schutz zu erwarten ist. Die Wissenschaftler nehmen auch an, daß sich die Individuen nicht für gleiche Verteilung wirtschaftlicher Güter aussprechen würden, weil dies extreme staatliche Eingriffe in die Eigentumsrechte notwendig mache und Leistungsanreize zerstöre.

Wer diese Prämissen - das Menschenbild der sozialen Marktwirtschaft und der offenen Gesellschaft - akzeptiert, wird die Reformvorschläge auch dann noch mit Gewinn lesen, wenn er sie nicht teilen sollte. Denn alle wichtigen Argumente der deutschen Reformdebatte werden aufgegriffen und auf ihre Stichhaltigkeit untersucht. Das allein hilft, klarer zu sehen und Maßstäbe für gelungene Reformen zu bilden.

Die meiste Aufmerksamkeit wird die Studie vielleicht für ihren Beitrag zur Debatte um die "Bürgerversicherung" finden. Denn die Autoren zeigen, wie linke und rechte Positionen zusammenkommen könnten. Grüne und Sozialdemokraten finden hier Anwälte für ihr Plädoyer, die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung in einheitliche Systeme für alle Bürger umzubauen. Nach dem Modell der Autoren verlieren Beamte, Freiberufler, Selbständige - nach Übergangsfristen - ihre Sonderregelungen. Alle leisten Beiträge für eine gesetzliche Mindestsicherung bei Krankheit und im Alter, finanziert wie bisher im Umlageverfahren.

Doch auch die Anhänger von Kopfpauschalen, Kapitaldeckung und Wettbewerb unter den Kassen sehen ihre Argumente aufgegriffen. In der Krankenversicherung werden die vom Einkommen abhängigen Beiträge zugunsten pauschaler Prämien abgeschafft, die unabhängig von Gesundheitsrisiken gestaltet sind. Versichern kann man sich nicht nur bei gesetzlichen Kassen, sondern auch privat, sofern der Mindestkatalog abgedeckt ist. Diesen Katalog definieren die fünf Ökonomen allerdings recht breit: Er enthält alle Leistungen zu Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit, allein sozialpolitisch motivierte Leistungen (Krankengeld, Mutterschaftsgeld) werden ausgegliedert. Die Prämie kann zwischen den Kassen durch den Wettbewerb etwas variieren. Wer die Prämie nicht zahlen kann, erhält einen Zuschuß aus Steuermitteln.

Nach ähnlichem Muster wird nach dem Modell von Breyer, Franz, Homburg, Schnabel und Wille die gesetzliche Rentenversicherung reformiert. Auch hier wird das Umlageverfahren für einen Grundschutz beibehalten, der die gesamte Wohnbevölkerung integriert. Beiträge und Leistung bleiben in gewissem Umfang abhängig vom Einkommen. Der Arbeitgeberanteil wird ausgezahlt, der Beitragssatz gedeckelt, der Bundeszuschuß entfällt, das Rentenalter wird frei wählbar. Kapitalgedeckte Zusatzvorsorge bleibt - ob bei Gesundheit oder Rente - allein der freiwilligen Entscheidung vorbehalten und wird auch nicht staatlich gefördert.

Damit sind wichtige Anforderungen an eine tragfähige Reform beider Systeme erfüllt. Ihre Finanzierung belastet die Beschäftigung nicht mehr, gleichwohl scheinen akzeptable Leistungsniveaus gesichert. Doch auch Zweifel bleiben: Ist es vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung wirklich sinnvoll, in den staatlich organisierten Sicherungssystemen ganz auf die Einführung von Kapitaldeckung zu verzichten? Lassen sich Finanzierungsrisiken mit Hilfe des Kapitalmarktes nicht doch besser streuen? Und schließlich vermindert sich durch den Aufbau echter Sparreserven zudem der dem Umlageverfahren immanente starke Anreiz, Lasten auf die nächste Generation zu verschieben. Dennoch: Es ist zu wünschen, daß die Politik eine ernsthafte Auseinandersetzung mit diesem Entwurf wagt.

HEIKE GÖBEL

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ein Reformkonzept, das unabhängig von politischen Kompromissen argumentiert, haben die fünf Ökonomen Friedrich Breyer, Wolfgang Franz, Stefan Homburg, Reinhold Schnabel und Eberhard Wille von der Gemeinschaftsinitiative soziale Marktwirtschaft vorgelegt, lobt Heike Göbel. Die Autoren gingen im Anschluss an den vertragstheoretischen Ansatz John Rawls von der Frage aus, welche soziale Verfassung sich die Bürger geben würden, wenn sie nicht wüssten, welchen Status sie in der Gesellschaft einnehmen werden, so die Rezensentin. Die Antwort der Ökonomen laute: "größtmögliche Souveränität und Eigenverantwortung" in Verbindung mit einer staatlichen Absicherung an jenen Punkten, "wo kein privater (Versicherungs-) Schutz zu erwarten ist". Ausgehend von diesem angenommenen Grundkonsens diskutieren die Autoren die derzeitigen Reformmodelle und entwerfen durchaus schlüssige Varianten zur Bürger- und Rentenversicherung, versichert Göbel, die trotz einiger Zweifel der Politik eine Beschäftigung mit diesem Reformkonzept nachdrücklich anrät.

© Perlentaucher Medien GmbH