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Erstmals auf deutsch!
Liebe hin, Liebe her, ohne finanzielles Fundament führt kein Weg in die Ehe: Das ist viktorianischer common sense - und Ursache so mancher Nöte in Anthony Trollopes hinreißend charmantem Familienroman. Von sämtlichen Schriftstellern aller Länder sei Trollope derjenige, der die Rolle des Geldes am besten verstehe, schreibt W. H. Auden: »Verglichen mit ihm ist selbst Balzac ein Romantiker.«

Produktbeschreibung
Erstmals auf deutsch!

Liebe hin, Liebe her, ohne finanzielles Fundament führt kein Weg in die Ehe: Das ist viktorianischer common sense - und Ursache so mancher Nöte in Anthony Trollopes hinreißend charmantem Familienroman. Von sämtlichen Schriftstellern aller Länder sei Trollope derjenige, der die Rolle des Geldes am besten verstehe, schreibt W. H. Auden: »Verglichen mit ihm ist selbst Balzac ein Romantiker.«
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.11.2007

Wir glauben an Trollope wie an unsere Rechnungen
"Die Claverings", erstmals übersetzt / Von Paul Ingendaay

Gleich in der ersten Szene dieses Romans, in der sich die schöne Julia Brabazon im Park eines Landgutes endgültig von ihrem Freund Harry Clavering trennt, weil sie beschlossen hat, den reichen, deutlich älteren Lord Ongar zu heiraten, fällt ein Schlüsselsatz für das Gesamtwerk des englischen Schriftstellers Anthony Trollope (1815 bis 1882): "Schauen Sie mich an, so wie ich bin, und dann sich selbst", sagt die lebhafte, charmante, doch leider auch sehr berechnende Julia ihrem naiven Freund, "und sagen Sie mir, ob aus einer Ehe zwischen uns etwas anderes als Unglück erwüchse." Das ist, in einer Nussschale, die Trollope-Frage. Was braucht es, um eine glückliche Ehe zu führen? Doch sicherlich Geld, eine ordentliche Mitgift, ein Haus? Und wenn noch etwas anderes, was wäre das? Und wie erwirbt man es?

Um in seinem Roman "Die Claverings" die vollständige Antwort darauf zu geben - Trollope hat das Thema kaum weniger besessen in den Mittelpunkt seiner Bücher gestellt als Jane Austen -, entrollt der produktivste Schriftsteller der viktorianischen Ära ein Sittenbild des niederen Landadels und des aufstrebenden Bürgertums, beleuchtet das Zusammenleben mehrerer Familien und beschreibt ein gesellschaftliches Gewebe zwischen London und der Provinz, in dem materielle Faktoren wie Vermögen oder Stand den einzelnen Menschen zu ersticken drohen. W. H. Auden fand, kein Schriftsteller der Welt habe die Rolle des Geldes besser verstanden als Trollope, und auch der berühmte Satz von Virginia Woolf - "Wir glauben genauso an (die fiktive Grafschaft) Barsetshire wie an die Wirklichkeit unserer wöchentlichen Rechnungen" - verknüpft den Echtheitseindruck seiner erfundenen Welt wohl nicht zufällig mit den finanziellen Verpflichtungen des Alltags. Trollopes Figuren reden geradezu zwanghaft vom Geld. Das verwundert nicht, denn ihr Autor pflegte seine geschriebenen Wörter pro Viertelstunde zu zählen (zweihundertfünfzig) und sich als englischer Ein-Mann-Literaturindustriebetrieb zu betrachten. Ständig werden in den Romanen präzise Summen genannt, die vor allem die Einkünfte betreffen, und ein Großteil der Handlung entwickelt sich aus den Manövern und Intrigen, die um des Geldes willen ins Werk gesetzt werden.

Doch das sind nur die Rahmenbedingungen. Auch gute Menschen müssen ja sehen, wo sie bleiben. Also reden auch gute Menschen, um nicht einfältig zu wirken, ständig vom Geld. Eine ganz andere Frage ist, ob sie sich so kaufen ließen wie Julia Brabazon, die für ihre Gier büßen muss. Zwar gewinnt sie durch die Heirat mit dem verkommenen Lord Ongar einen Titel, Geld und Güter, doch all das wirkt nach dem frühen Tod ihres Mannes eher erschlichen. Sie ist gesellschaftlich unmöglich geworden und wird selbst von der eigenen Schwester und deren Mann, dem gefühllosen Sir Hugh Clavering, verstoßen. Harry Clavering, ihr ehemaliger Freund, hat inzwischen die Laufbahn seines Vaters, eines Landgeistlichen, ausgeschlagen und widmet sich dem Ingenieurwesen. In wenigen Zeilen wickelt Trollope ab, was Harry dort tut. Unter anderem verliebt er sich in die Tochter seines Seniorchefs, die kluge, warmherzige, aber nur mäßig hübsche und mit bescheidener Mitgift ausgestattete Florence Burton. Verlobt sich mit ihr. Wird von seiner Liebsten gebeten, noch etwas Geduld zu haben. Und gerät auf schreckliche Abwege, als seine erste Liebe, die schöne Julia, als tröstungsbedürftige Witwe aus Italien heimkehrt.

Aus diesen Abwegen (und ihren Verzweigungen sowie Unterverzweigungen) bestehen die knapp neunhundert kleinen Manesse-Seiten der "Claverings", die Andrea Ott in schönes, bewegliches Deutsch gebracht hat. Bei insgesamt siebenundvierzig Romanen wird man Anthony Trollope verzeihen, dass er manche Themen mehrfach bearbeitet hat, darunter das des jungen, brillanten, aber moralisch nicht ganz gefestigten Mannes, der sein Verlobungsversprechen bricht. In "Framley Parsonage" und "The Small House of Allington", zwei unerklärlicherweise immer noch nicht übersetzten Romanen aus der Barsetshire-Serie, avanciert das Verlobungsproblem zur Charakterfrage. Es war legitim in Trollopes Augen, verführbar und anfällig zu sein, vor allem als Mann. Unverzeihlich aber war es, am Ende dem Geld über das Herz die Oberhand zu lassen.

Vor hundert Jahren geriet Anthony Trollope etwas außer Mode, weil man ihn für bieder, umständlich und allzu viktorianisch hielt. Heute ist er nicht nur ein ewiger englischer Bestsellerautor, es steht auch fest, dass er eine der wenigen epischen Naturgewalten des neunzehnten Jahrhunderts war. In manchen Jahren arbeitete er an drei Romanen, und wenn er in Schwierigkeiten geriet, dann allenfalls durch den selbstverursachten Werkstau. "Die Claverings", geschrieben in vier Monaten und sieben Tagen (Schlusspunkt: 31. Dezember 1864), musste deshalb vierzehn Monate auf die Magazinpublikation und mehr als zwei Jahre auf die Buchausgabe warten.

Aus Trollopes Erzählerkommentaren spricht das Wertesystem eines teilnahmsvollen konservativen Zeitbeobachters. "Wer kennt nicht das Gefühl, wenn schlechte Nachrichten durch einen übertrieben zärtlichen Kuss angedeutet werden?", heißt es da. Wer das für onkelhaft hält, täuscht sich über die psychologischen Absichten dieses Erzählers. Unter Trollopes Blick werden Gute wie Böse zu Trägern ihrer Gesellschaftsmasken, die sie nur in gewissen Augenblicken ablegen können. Die stoffliche Fülle der täglich gelebten Existenz ist so überwältigend, dass der Autor uns ständig ihre Komplexität vor Augen hält, übrigens auch als Entschuldigung, wenn seine Figuren einmal versagen. Niemand in der englischen Literatur hat ein vollständigeres Inventar der tatsächlich bewohnten Welt hinterlassen als Trollope, mit Wetter, Möbeln, Moden, Essgepflogenheiten, Billardräumen, Pferdedroschken und Briefzustellung (Trollope hat lange für die Post gearbeitet, und die Dichterplakette in "Poet's Corner" ehrt ihn auch als Erfinder des Briefkastens).

Seine größte Leistung aber sind seine Frauenfiguren, um derentwillen man je nach Lebenserwartung fünfzehn bis dreißig seiner Romane lesen sollte. Hier, in den "Claverings", zeigt er uns in Julia Brabazon eines seiner charaktervollsten gebrochenen Geschöpfe und mit ihrer Schwester Hermione Clavering eine Frau, die wohl die schlimmste Ehe in Trollopes Gesamtwerk ertragen muss. Und weil sich wie bei Shakespeare die hohen Konflikte in niedrigen spiegeln, gibt es eine Figur wie das verarmte Klatschmaul Sophie Gordeloup. Nichts an der Frau ist sympathisch, aber irgendwann hat man dieser zähen, durchtriebenen kleinen Seele so lange zugehört, dass doch so etwas wie Respekt entsteht, und sei es nur vor ihrem Überlebenswillen. Die Belohnung ereilt sie kurz vor Schluss und nach Trollope-Manier: Auch Sophie darf heiraten.

Anthony Trollope: "Die Claverings". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Andrea Ott. Mit einem Nachwort von Manfred Pfister. Manesse Verlag, Zürich 2007. 896 S., geb., 26,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Man kann wohl behaupten, dass Paul Ingendaay Anthony Trollope sehr schätzt. "Je nach Lebenserwartung" empfiehlt er jedenfalls den Konsum von fünfzehn bis dreißig Werken des unermüdlichen Schriftstellers der viktorianischen Zeit. Vor allem der weiblichen Figuren wegen, von denen sich in den erstmals auf Deutsch übersetzten "Claverings" einige besonders herausragende Exemplare tummeln. Julia Brabazon jedenfalls ist nach Meinung des Rezensenten eines der "charaktervollsten gebrochenen Geschöpfe" von Trollope, und ihre Schwester Hermione Clavering müsse die wohl schrecklichste Trollope-Ehe überhaupt erleiden. Lauter Superlative also, aber auch ein Porträt des Landadels und des Bürgertums, dazu der gewohnte Detailreichtum und die genau beobachteten psychologischen Prozesse. Gekrönt von Andrea Otts Übertragung in "schönes, bewegliches Deutsch".

© Perlentaucher Medien GmbH
»Nicht nur Fans viktorianischer Romane werden die "Claverings" mögen: ein herrlicher Schmöker, voll von Geist und Witz, dick und unterhaltsam genug für viele Winterabende.« Martin Ebel, Tages-Anzeiger