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Susanne Popp, Autorin des Reger-Werkverzeichnisses und langjährige Leiterin des Max-Reger-Instituts ist wie keine andere prädestiniert, einen der faszinierendsten Komponisten der vorletzten Jahrhundertwende zu porträtieren. Zur rechten Zeit? Im Mai 2016 jährt sich zum 100. Mal der Todestag Regers - und die Musikwelt wird in zahlreichen Veranstaltungsreihen den großen "Unzeitgemäßen" zwischen Tradition und Avantgarde neu verorten wollen. Die umfassende Biografie Susanne Popps leistet dazu Orientierungshilfe. Sie präsentiert Reger auf der Grundlage teils wenig bekannter Briefe und Dokumente, die…mehr

Produktbeschreibung
Susanne Popp, Autorin des Reger-Werkverzeichnisses und langjährige Leiterin des Max-Reger-Instituts ist wie keine andere prädestiniert, einen der faszinierendsten Komponisten der vorletzten Jahrhundertwende zu porträtieren. Zur rechten Zeit? Im Mai 2016 jährt sich zum 100. Mal der Todestag Regers - und die Musikwelt wird in zahlreichen Veranstaltungsreihen den großen "Unzeitgemäßen" zwischen Tradition und Avantgarde neu verorten wollen. Die umfassende Biografie Susanne Popps leistet dazu Orientierungshilfe. Sie präsentiert Reger auf der Grundlage teils wenig bekannter Briefe und Dokumente, die das ruhelose Leben des Workaholics anschaulich illustrieren. Außerdem ist vorgesehen, die biographische Darstellung multimedial durch Hörbeispiele und Bilddokumente auf der Homepage des Reger-Instituts zu ergänzen.
Autorenporträt
Susanne Popp studierte ab 1963 Musikwissenschaft, Mathematik und Pädagogik an der Universität Bonn und wurde 1971 mit Untersuchungen zu Robert Schumanns Chorwerken promoviert. 1973 wurde sie freie Mitarbeiterin, 1981 Leiterin des Max-Reger-Instituts, anfangs in Bonn, seit 1996 in Karlsruhe. Neben Brief-Ausgaben, Bildbänden und Aufsätzen zu Reger und seinem Werk veröffentlichte sie 2010 das Verzeichnis der Werke Max Regers und ihrer Quellen. Seit 2003 Honorarprofessorin an der Musikhochschule Karlsruhe, verbindet sie ihre Forschungstätigkeit, stets in engem Austausch mit Interpreten, mit der Musikvermittlung in Gesprächskonzerten und Ausstellungen
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Nach einer ausschweifenden Huldigung des Komponisten Max Reger verliert Jens Malte Fischer doch noch einige Worte über Susanne Popps Biografie. Dabei sieht er darin ein Standardwerk, denn Popp beschreibt Leben und Werk Regers zwar mit großer Zuneigung, aber zugleich auch mit scharfem Blick für die Problematik des religiösen Leistungsethikers. Mit ebenso viel Nüchternheit wie Gelassenheit, sorgfältiger Recherche und kompetenter Sichtung aller Materialien sei der Autorin ein Buch gelungen, das nicht nur als brillante Einführung dienen könne, sondern auch alle bisherigen Reger-Biografien hinter sich lasse und Maßstäbe setze, schwärmt der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.05.2016

Der Akkord-Arbeiter
Zum 100. Todestag des gewaltigen Komponisten Max Reger ist eine neue, vorzüglich gelungene Biografie erschienen:
„Werk statt Leben“ von Susanne Popp
VON JENS MALTE FISCHER
Als Max Reger sich wieder einmal über eine Kritik ärgern musste, und er musste sich oft ärgern, schrieb er an den Verfasser: „Ich sitze im kleinsten Raum meines Hauses und habe Ihre Kritik vor mir. Bald werde ich sie hinter mir haben.“ Reger war einer der wort- und witzmächtigsten Komponisten, ein ganzes Büchlein mit Reger-Anekdoten zeugt davon. In Hotels gab er als Berufsbezeichnung gern „Akkord-Arbeiter“ an, eine füllige Sängerin bezeichnete er als „Venus von Kilo“, und als er selbst ziemlich umfangreich geworden war, unterzeichnete er Briefe gern mit „Rex Mager“; selten vergaß er darauf hinzuweisen, dass er der einzige Komponist sei, der von vorne wie von hinten gleich laute. Sein Witzrepertoire war gigantisch.
  Aber nicht wegen seiner Witze ist er berühmt geworden, sondern wegen seiner Kompositionen und seiner Auftritte als Dirigent und Pianist. Ist Max Reger heute ein berühmter Komponist (der er zu Lebzeiten durchaus war)? Zweifel sind erlaubt. Das einzige Feld, auf dem er wirklich präsent ist, ist die enorm umfangreiche von ihm komponierte Orgelmusik. Die Organisten in aller Welt halten ihm die Treue und sehen ihn als einzigen legitimen Nachfolger Bachs. Aber das Publikum für Orgelmusik außerhalb des Kirchenjahres ist begrenzt. In einer in ihrem Umfang bestürzenden kompositorischen Produktion kam er bis zu seinem Tod mit 43 Jahren auf die Opuszahl 146 und dies keineswegs mit Bagatellen. Nur zwei Bereiche der Musik hat er umgangen: die Symphonie und die Oper. Stefan Zweig wollte ihn einmal zu einer Oper animieren, und Reger-Verehrer trauen sich kaum, sich vorzustellen, was Reger in seiner ungeheuren Vielseitigkeit auf diesem Gebiet hätte leisten können, aber diese Kunstform stand ihm zu fern.
  Die Symphonie wäre ihm durchaus erreichbar gewesen, und auch hier kann man der Fantasie freien Lauf lassen, was da hätte entstehen können. Immerhin gibt es eine Sinfonietta, also eine kleine Symphonie, die aber auch schon 50 Minuten dauert. Es sieht aber so aus, als habe Max Reger ähnlich empfunden wie Johannes Brahms, der sein langes Zögern vor seiner 1. Symphonie mit den Schritten jenes Riesen – er meinte Beethoven – begründete, den er hinter sich marschieren hörte. Reger hatte das Problem, gleich zwei Riesen, nämlich Beethoven und Brahms, hinter sich zu hören. Dass er, ohne eine Symphonie zu hinterlassen, in dem Alter starb, in dem Brahms seine 1. Symphonie uraufführen ließ, ist vielsagend.
  Nochmals gefragt: Ist die Musik Max Regers wirklich populär, bekannt, gespielt? Die Konzertprogramme sprechen dazu ein deutliches Nein, was wiederum in einem merkwürdigen Missverhältnis zu seiner Präsenz auf dem CD-Markt steht: Das Orgelwerk gibt es gleich in zwei Gesamtaufnahmen, die Kammermusik, die manchen als das Zentrum seines Œuvres erscheint, wie auch die Klaviermusik sind komplett zugänglich, die Orchestermusik in einer breiten Auswahl, nur mit den Liedern, wo der Zugang nicht so einfach ist, sieht es nicht so rosig aus. Große Interpreten haben sich immer wieder leidenschaftlich für ihn eingesetzt, so die Dirigenten Fritz Busch, Joseph Keilberth, Horst Stein, Gerd Albrecht und Herbert Blomstedt, die Pianisten Rudolf Serkin, Eduard Erdmann, Gerhard Oppitz, Markus Becker, Marc-André Hamelin und das Klavierduo Yaara Tal und Andreas Groethuysen, und schließlich hat Dietrich Fischer-Dieskau sich auch seinen Liedern gewidmet.
  Reger hat es seinen Interpreten nicht leicht gemacht. Seine Werke haben höchste technische Ansprüche und sind oft von erheblichem Umfang. Das großartige Violinkonzert dauert fast eine Stunde, das nicht minder bedeutende Klavierkonzert 50 Minuten. Auch die schiere Fülle kann einschüchtern. Regers Vorliebe für Fugen, mit denen er gerade seine Variationen-Werke oft beschloss, stand quer zum Geschmack seiner Zeit; Kritiker und Hörer störten sich oft an einer angeblich allzu dicken Instrumentation, aber dieser Vorwurf wurde auch gegen Strauss und Mahler erhoben, und unser heutiges Ohr wird ihn nur in seltenen Fällen berechtigt finden. Lässt man sich einmal auf Max Reger ein, wird man durch eine Fülle bedeutender Musik belohnt. Die Telemann- und Bach-Variationen für Klavier sind, wie auch die Beethoven-Variationen für zwei Klaviere, Werke obersten Ranges; das Streichsextett Opus 118, das Klarinettenquintett Opus 146 (sein letztes Werk), die zwei Klavierquartette, die zwei Streichtrios – all das ist so unbekannt wie großartig. Im orchestralen Bereich hört man gelegentlich die Mozart- und Hiller-Variationen, wogegen nichts zu sagen ist, aber die Sinfonietta, die Böcklin-Suite und der Symphonische Prolog zu einer Tragödie wären noch wichtiger.
  Die letzte große Reger-Biografie stammt aus dem Jahr 1939, der Verfasser war der Reger-Schüler Fritz Stein. Seither gab es nur eine Rowohlt-Monografie aus den frühen Siebzigerjahren, die schon lange vergriffen ist. Nun legt die langjährige Leiterin des Karlsruher Reger-Instituts, Susanne Popp, eine gewichtige, umfangreiche, insgesamt vorzüglich gelungene Biografie vor. Der Begriff des Standardwerks ist kleine Münze geworden, hier ist er in vollem Umfang angebracht. Der Untertitel „Werk statt Leben“ deutet die Konturen dieser Komponistenbiografie an.
  Dieser Mann, den sein Hirn zu unentwegtem Schaffen drängte, wie er selbst einmal formulierte, hat sich zu Tode gearbeitet, wie man lapidar feststellen muss. Dass in „besten Zeiten“ noch rund 20 Zigarren am Tag dazukamen, die die titanische Arbeit stimulieren, und dann erhebliche Mengen Alkohol, die das Hirn befrieden sollten, hat den gesundheitlichen Ruin befördert. Seine extremen Verhaltensweisen animierten einen Freund zu der Aussage: „Entweder liegt er unter dem Tisch oder er steht auf dem Tisch.“ Wenn er mit der Familie in Urlaub fuhr, so hatte jeder Ferientag noch sechs Stunden, in denen komponiert wurde. Wenn er nicht auf Reisen war, konnten es in der häuslichen Ruhe durchaus auch zehn Stunden Schreibtischarbeit werden. Max Reger hat sich selbst immer wieder Nerven wie Schiffstaue, eine Stier-Natur und unerschütterliche Gesundheit bescheinigt, aber schon 1914 hatte er einen schweren Zusammenbruch. Das letzte Porträtfoto aus dem Todesjahr 1916 zeigt einen Mann, der 20 Jahre älter aussieht, als er in Realität ist.
  Susanne Popp schildert mit tiefer Zuneigung diesen Mann und sein Werk, aber keineswegs blind in ihrer Verehrung, sondern die Problematik dieses religiös fundierten Leistungsethikers klar umreißend, der seine Verpflichtung gegenüber einer höheren Instanz, die ihm die überragende musikalische Begabung geschenkt hatte, über alles andere stellte. Auf dem Nachttisch des Hotelzimmers, in dem er an einem Infarkt starb, lagen Korrekturfahnen für „Geistliche Gesänge“ mit den Matthias-Claudius-Zeilen: „Der Mensch lebt und bestehet nur eine kleine Zeit und alle Welt vergehet mit ihrer Herrlichkeit.“ Die Hetze in Permanenz, in der Reger lebte, war selbst gewählt. Ein neues Werk beginnend, wenn das vorhergehende noch nicht beendet war und im letzten Jahrzehnt seines Lebens als Lehrer, Dirigent und Pianist so rastlos unterwegs wie heutige Stars des Musikbetriebs, nur dass diese nicht nebenbei noch 146 Opera komponieren – so wollte er es, so musste es sein. Das Familienleben mit seiner Frau Elsa und zwei adoptierten Töchtern sowie wechselnden Dackeln war für die Frauen der Familie kein Zuckerschlecken, zumal Elsa Reger unter Störungen litt, die nach damaliger Nomenklatur wohl als Hysterie-Symptome zu deuten sind. Ähnlich wie Alma Mahler hat die immer kranke Elsa ihren angeblich urgesunden Gatten um viele Jahre überlebt.
  Susanne Popp hat die maßgebliche Reger-Biografie vorgelegt und dies nicht nur für unsere Zeit. Ihre Darstellung übertrifft die bisherigen wenigen Versuche in diese Richtung deutlich. Die große Sachkompetenz, die Auswertung aller verfügbaren biografischen Materialien, die durch das Register ermöglichte Benutzung auch als Kommentar zu den Werken und schließlich die gelassene und nüchterne, aber keineswegs ohne Empathie auskommende Charakterzeichnung prägen dieses Buch, dem es außerdem gelingt, trotz seines gewissen Umfangs, auch als eine Einführung in Leben und Werk dienen zu können.
  Dieser Max Reger ist ein gewaltiger Komponist. Nur wenige seines Ranges leiden dermaßen unter Unkenntnis, Vorurteilen und Missachtung. Im Komponistenhimmel muss er in der obersten Etage zu finden sein, nur steht sein Stuhl in einem schattenreichen Winkel, aus dem er herausgeholt werden sollte. Diese Biografie tut das Ihre dazu, jetzt müssen nur noch Interpreten, Konzertveranstalter und Hörer sich einen Ruck geben – sie würden reich beschenkt werden.
Susanne Popp: Max Reger. Werk statt Leben. Biographie. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2016. 542 S. 39,90 Euro.
„Entweder liegt er
unter dem Tisch oder er
steht auf dem Tisch.“
Im Komponistenhimmel muss er
in der obersten Etage sein, leider
in einem schattenreichen Winkel
Er lebte wie heutige Stars des Musikbetriebs, nur dass diese nicht nebenbei noch 146 Opera komponieren. Foto: imago/Leemage
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