20,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Sofort lieferbar
payback
0 °P sammeln
  • Gebundenes Buch

15 Jahre nach ihrem letzten Gedichtband, Love after love, bringt sich Ilma Rakusa wieder als Lyrikerin in Erinnerung. Impressum: Langsames Licht ist ein in mehrere Abteilungen gegliederter Band mit rund 90 kürzeren und längeren, z.T. auch mehrteiligen Gedichten, die die Themen und poetischen Verfahren ihres gesamten Werks exemplarisch vorführen.Ihr Ort ist die ganze Welt, bevorzugt aber der ehemalige Osten Europas. Ilma Rakusa ist eine Schauende, eine Zeitgenossin, die die unerwarteten Anblicke im Gewohnten und Alltäglichen ebenso wie in der Fremde mit den Verfahren der Moderne bewältigt. Und…mehr

Produktbeschreibung
15 Jahre nach ihrem letzten Gedichtband, Love after love, bringt sich Ilma Rakusa wieder als Lyrikerin in Erinnerung. Impressum: Langsames Licht ist ein in mehrere Abteilungen gegliederter Band mit rund 90 kürzeren und längeren, z.T. auch mehrteiligen Gedichten, die die Themen und poetischen Verfahren ihres gesamten Werks exemplarisch vorführen.Ihr Ort ist die ganze Welt, bevorzugt aber der ehemalige Osten Europas. Ilma Rakusa ist eine Schauende, eine Zeitgenossin, die die unerwarteten Anblicke im Gewohnten und Alltäglichen ebenso wie in der Fremde mit den Verfahren der Moderne bewältigt. Und mit einer unerhört geschmeidigen und hochmusikalischen Sprache, die sich - trotz knapper Schnitte und schneller Assoziationen - nie allzu weit von der Alltagssprache entfernt und diese dadurch zu unglaublicher Dichte komprimiert.Die kleinen Bewegungen der Erinnerung, das sensible Registrieren vergehender Zeit, der genaue Blick: daraus entsteht in diesen Gedichten eine andere, eine ungewohnteSchönheit, die die klassischen Topoi (Natur, Vergänglichkeit, Sehnsucht) auf selbstverständliche Weise mit aktuellsten gesellschaftlichen Fragen verbindet.
Autorenporträt
Ilma Rakusa, geboren 1946 in der Slowakei, ist Schriftstellerin, Publizistin, promovierte Literaturwissenschaftlerin und Übersetzerin zahlreicher Werke aus dem Russischen, Französischen, Ungarischen und Serbokroatischen. Auszeichnungen: u.a. 1991 mit dem Petrarca-Übersetzerpreis, 1998 mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung und 2003 mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis. Die Autorin lebt in Zürich, seit 1977 Lehrbeauftragte an der dortigen Universität.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.02.2017

Alle Nuancen
von Licht
Ilma Rakusa vertraut der
Beschwörungswucht von Listen
In ihrem Langgedicht „alfabet“ beginnt die dänische Dichterin Inger Christensen mit der Welt noch einmal von vorne. Was auf den ersten Blick wie eine bloße Ansammlung von Begriffen aussieht, entfaltet sich bei genauerem Lesen als eine fein durchdachte Komposition. So, wie eine Pflanze sich auffächert und wächst, wachsen bei Christensen die Wörter und Sätze. Sprache und Welt durchdringen sich, laufen organisch ineinander – als würde sich das eine in das andere übersetzen.
Was die Verse Inger Christensens zusammenhält, sind mathematische und klangliche Muster. Aber in ihrem Innersten lebt die Welt des „alfabets“ noch von etwas Drittem, von etwas, das man die Idee der Liste nennen könnte. In ihrer schönen „Münchner Rede zur Poesie“ geht die Schweizer Dichterin Ilma Rakusa dieser Idee nach. „Listen“, schreibt sie, „stellen den Versuch dar, die Welt – oder einen Ausschnitt davon – zu buchstabieren, gleichsam kompakte Schöpfungsmodelle zu erstellen; oder sie verstehen sich als Inventare, Resümees und Erinnerungsspeicher.“
Mit der Liste verwandt ist die Litanei, deren „monotoner Singsang“ Rakusa an Kirchenbesuche in der Kindheit erinnert und an den sakralen Ursprung der Poesie. Vor allem aber ermöglicht die Litanei eine andere Art von Wahrnehmung, eine „schwebende Aufmerksamkeit“, in der das rein rationale Denken aufgehoben scheint. So ist es nur konsequent, wenn Ilma Rakusa in ihrer Rede keine Theorie entwirft, sondern ihrerseits listenartig vorgeht. Sie arbeitet sich von einem Beispiel zum nächsten und streut immer wieder kluge analytische Stellen ein. Hier und da hätte man sich als Leser einen Blick gewünscht, der noch stärker über die Grenzen des Poetischen hinausweist. In Listen haust ja nicht nur der Geist der Poesie, sondern auch sein ungeliebter Bruder, der Dämon der Bürokratie, ein unattraktives Wesen, dem es einzig um Verwaltung, Ordnung und Kontrolle geht.
Die Spannung, die sich aus dem Spiel mit den beiden Polen Poesie und Ordnungssucht ergeben kann, zeigt sich nicht nur in Günter Eichs berühmtem Schulbuchgedicht „Inventur“ – sie verleiht auch Ilma Rakusas eigenen Versen ihre poetische Kraft. Schon in früheren Gedichten hat sich Rakusa der Beschwörungswucht von Listen anvertraut. „Oben die Karakulschafe im Karakorum“, heißt es da einmal, „unten die Bomber und Toten“. Was folgt, ist eine Aufzählung elementaren Leids: „schreit ein Kind / schreit ein Mann eine Frau / schreit ein Esel schreit ein Baum“, bis am Ende sogar die Nacht schreit.
In ihrem neuen Gedichtband schreibt Ilma Rakusa diese Poetik der Liste fort. Immer wieder verbindet sie Wörter und Bilder zu Reihen. Darin zeigt sich ein Gespür für Rhythmus und Klang, aber eine ebenso große Lust an der Zusammenstellung des scheinbar Unvereinbaren. Noch konsequenter als in ihren bisherigen Bänden knüpft Ilma Rakusa die Gedichte an die eigene Wahrnehmung, im Rhythmus der Stunden, Tage und Jahreszeiten.
Das Listenhafte wirkt hier manchmal wie ein Katalysator für Schöpfungsvorgänge, in denen Beobachtung und Sprache zusammenfinden: „Das Licht gebiert den Turm, / den Wald, die Glocke, / den Horizont mit Fluss und / Vogelscharen, den Kran, der / Platten hisst wie Spielzeugwaren, / das Volkshaus, Universität / und Fahnen.“
Sehmomente verwandeln sich in Kindheitsbilder, Lesefunde weiten sich zu geschichtlichen Spuren. Daneben stehen Gedichte, die sich Reisen verdanken, nach Japan, China oder Iran, ohne doch bloße Reiseimpressionen zu sein. Im Gegenteil, Ilma Rakusa beschäftigt sich stets mit den Traditionen vor Ort und treibt aus dem Spiel mit Farben und literarischen Splittern intensive Miniaturen hervor. Etwa zum Fuchstempel in Kyoto: „Tunnels von Rot / und gespenstischer Dämmer / es tropft auf die Tore / die Füchse die Büsche / in denen zaghaft Grillen zirpen.“ Wie ein fernes Echo auf Inger Christensens „alfabet“, wo von den „i-lauten der zikaden“ die Rede ist, klingen diese Lautvariationen.
„den herbst gibt es; den nachgeschmack und das nachdenken / gibt es“, heißt es bei Christensen an anderer Stelle. Und auch bei Ilma Rakusa verbindet sich dichterisches Schreiben wie nebenbei mit einem Nachdenken über seine Möglichkeiten: „Vielleicht Brandung mit einer farbigen Steinreihe. / Dahinter Wasser, hell oder dunkel wie Tinte, / schäumt und atmet alle Nuancen von Licht. / Anderswo knäueln sich die Farben, bilden / weiche wollige Wesen. Oder zerfasern im Raum. / Wuselnde Tupfen in Blau, Ocker, Grau“.
In ihren stärksten Gedichten durchdringen sich Bildkraft, Lust an der Sprache und Selbstreflexion auf wundersame Art und Weise. Und mit ein wenig Glück kann es einem als Leser mit den Sprachdingen dieser Verse ergehen wie der Sprecherin eines Gedichts: „Ich lese keine Erinnerungen, / imaginiere nur Moos zwischen / den Bäumen“.
NICO BLEUTGE
Ilma Rakusa: Impressum: Langsames Licht. Mit einem Nachwort von Aleš Šteger. Literaturverlag Droschl, Graz und Wien 2016, 182 Seiten, 20 Euro.
Ilma Rakusa: Listen, Litaneien, Loops – zwischen poetischer Anrufung und Inventur. Stiftung Lyrik Kabinett, München 2016. 37 Seiten, 12 Euro.
„Das Licht gebiert den Turm, /
den Wald, die Glocke, /
den Horizont mit Fluss … “
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr
»Rakusas Gedichte zeichnet ein künstlerisches Gleichgewicht von Pathos und Beiläufigkeit aus. Das ist der Ton der Gegenwart, so klingt das Leben heute.« (Franz Schuh, WDR5) »Wir folgen der Dichterin auf ihren weiten Reisen durch Sprachen, Kontinente, Kulturen. Ilma Rakusas Gedichte sind ein Werk der Erinnnerung und Vergegenwärtigung. Im Alltäglichen entdecken sie das Wunderbare.« (Manfred Papst, NZZ am Sonntag) »Als wären in ihrem Kopf die Wörter herumgewirbelt wie Flocken in einer Schneekugel. Doch so, wie sie aufs Papier gefallen sind, steht jedes von ihnen genau auf seinem Platz.« (Ingrid Mylo, Badische Zeitung) »Gedichte, die ganz bewusst innehalten, den Atem anhalten um die Welt um sich besser wahrnehmen zu können.« (Astrid Nischkauer, Fixpoetry) »Rakusa überzeugt durch die Intensität ihrer Bilder, Farben und Klänge, die es dem Leser leicht macht, sich auf den genauen Blick und die Bedachtsamkeit dieser Autorin einzulassen.« (Manfred Bosch, ekz)