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Frankreich ist die fünftgrößte Volkswirtschaft, Atommacht und eines der wichtigsten Länder der Erde. Nun steht das Land vor einem epochalen Einschnitt. Seit Marine Le Pen von ihrem Vater, dem Antisemiten Jean-Marie Le Pen, die Führung des ausländerfeindlichen, antiislamischen, rechtsextremistischen Front National (FN) übernommen hat, eilt die Partei von Erfolg zu Erfolg. Bei den Europawahlen erhielt sie die meisten Stimmen. Wird Le Pen im Mai 2017 die nächste französische Präsidentin? Tanja Kuchenbecker hat den beispiellosen Aufstieg Marine Le Pens über viele Jahre hautnah verfolgt, auch in…mehr

Produktbeschreibung
Frankreich ist die fünftgrößte Volkswirtschaft, Atommacht und eines der wichtigsten Länder der Erde. Nun steht das Land vor einem epochalen Einschnitt. Seit Marine Le Pen von ihrem Vater, dem Antisemiten Jean-Marie Le Pen, die Führung des ausländerfeindlichen, antiislamischen, rechtsextremistischen Front National (FN) übernommen hat, eilt die Partei von Erfolg zu Erfolg. Bei den Europawahlen erhielt sie die meisten Stimmen. Wird Le Pen im Mai 2017 die nächste französische Präsidentin? Tanja Kuchenbecker hat den beispiellosen Aufstieg Marine Le Pens über viele Jahre hautnah verfolgt, auch in persönlichen Begegnungen. Anschaulich und voller spannender unbekannter Details beschreibt sie ihre Motive, ihre Strategie und ihre Vernetzungen in ganz Europa. Und sie zeigt, wie die gefährlichen Ziele und Werte Le Pens und des FN bis in die breite Gesellschaft hinein salonfähig wurden. Marine Le Pens Weg könnte sich zur Blaupause auch für ihre Partner in Deutschland, Österreich und ganz Europa entwickeln.
Autorenporträt
Kuchenbecker, Tanja§Tanja Kuchenbecker lebt seit 1991 als Journalistin in Paris, sie schreibt unter anderem für Focus, Bunte, Handelsblatt, Tagesspiegel und NZZ und kommentiert Ereignisse aus Frankreich für N24. Sie berichtet über Politik, Wirtschaft und soziale Themen. Der Zustand der französischen Gesellschaft, die ökonomische Entwicklung, Frankreichs Elitesystem und wie Frankreichs Politiker ticken sind immer wieder wichtige Themen. Sie schreibt auch über Lifestyle, verfolgt seit über 20 Jahren die Pariser Modenschauen, geht zum Filmfestival in Cannes, berichtet über Frankreichs schöne Seite von Champagner bis zur Küche. Und natürlich geht es auch immer wieder um Frankreichs Frauen, von den Politikerinnen Ségolène Royal, Christine Lagarde und Anne Hidalgo, Schauspielerin Marion Cotillard, Sängerin Vanessa Paradis bis zu Carla Bruni und Julie Gayet, aber auch Marine Le Pen und ihre Nichte Marion Maréchal-Le Pen. Nicht zu vergessen die Männer, Nicolas Sarkozy, Karl Lagerfeld, Fra

nçois Hollande oder Emmanuel Macron. Tanja Kuchenbecker, Mutter von zwei Kindern im Alter von 13 und 16 Jahren, hat bereits zwei Bücher geschrieben, über das Mutterdasein in Frankreich im Vergleich zu Deutschland und Lebensart in Frankreich. Sie stammt aus Lüneburg, hat in Göttingen und den USA Deutsch und Englisch studiert, kam nach der Journalistenschule des Axel Springer Verlags in Berlin, Hamburg und Paris als Korrespondentin für diesen nach Paris.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.04.2017

Willkommen bei den Le Pens
Tanja Kuchenbecker hat die Familiengeschichte der Präsidentschaftskandidatin nachgezeichnet – und hinter die Fassade geblickt
Wer erwägt, im nahenden Sommer Urlaub in der Bretagne zu machen, kann sich zur Vorbereitung im Internet durch Reiseberichte wühlen, oder einfach direkt den aktuellen Wahlkampfspot von Marine Le Pen anschauen. Bei beiden Recherchemethoden wird deutlich: Es ist mit durchwachsenem Wetter zu rechnen, für Strandspaziergänge sollte man immer eine Jacke dabei haben, und erst wer segeln kann, erfasst die ganze Schönheit der Region.
Während man sich die Parteichefin des Front National bei ihren bretonischen Tätigkeiten anschaut, wie sie am Strand schlendert, von Klippen aus das Meer betrachtet und am Steuerrad eines Schiffes steht, lohnt es sich, ihren Namen einfach mal stumpf deutsch auszusprechen. Marine. Die Frau heißt also wie Schiffe, U-Boote und Matrosen. Als Papa Le Pen seine Tochter nach einer Teilstreitkraft der Armee benannte, hatte er nicht nur eine originelle Idee, er lieferte ihr auch den Grundstock, den eine politische Kampagne heutzutage braucht. Eine wiedererkennbare Farbe und eine naheliegende Idee für jede Plakat-Aktion. Marine Le Pen absolviert ihre Auftritte am liebsten in Marineblau. Das passt nicht nur zu ihrem Namen, sondern auch zu ihrer politischen Strategie: bloß nicht zu schrill und grell wirken. Unter Marine Le Pen ist rechtsradikales Gedankengut in Frankreich von der geächteten Einzelmeinung zu einer tolerierten bürgerlichen Ansicht geworden.
Man könnte das als eine logische Folge von Globalisierung, sozialer Ungerechtigkeit und islamistischem Terror begreifen. Das wäre dann allerdings recht nah an der Logik von Le Pen und ihrem Front National: Die Welt ist verkommen, unsere Lösungen mögen radikal sein, aber sie haben keine Alternative mehr. Wer sich dieser selbstgerechten Weltinterpretation nicht anschließen möchte, findet in Tanja Kuchenbeckers dicht recherchiertem Marine-Le-Pen-Buch eine Anregung, den Erfolg des Front National nicht als Automatismus wahrzunehmen, sondern als Folge einer ausgefeilten Strategie und als Folge des extremen Machtwillens der Familie Le Pen.
Was Marine Le Pen mit anderen rechten Kräften eint, die alarmistisch Abendland und liberale Demokratie für untergehend erklären, ist die riesige Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität. Dazu kommt: Le Pens gesamte Biografie steht in bemerkenswertem Gegensatz zu ihrer Fassade von kleinbürgerlicher Bescheidenheit. Die spannendsten Passagen von Kuchenbeckers Buch sind die, in denen sie Detail für Detail entwirrt, wie aus der Tochter des Faschisten Jean-Marie Le Pen die erfolgreiche Politikerin Marine wurde. Und wie absolut undurchschnittlich dieses Heranwachsen verlief.
Angenommen, Jean-Marie Le Pen wäre nicht Politiker, sondern Autor von Erziehungsratgebern geworden, seine Ideen wären nicht weniger radikal gewesen. Zunächst zu den gesellschaftspolitischen Analysen von Papa Le Pen, die Kuchenbecker in einem Zitate-Medley des Grauens noch einmal in Erinnerung ruft: „In der Partei gerieten alle Minderheiten ins Visier: egal, ob es Homosexuelle waren (,Die Aidskranken dünsten das Virus über die Poren aus‘) oder Frauen (,Die Behauptung, dass ihr Körper ihnen gehört, ist läppisch. Der Körper gehört zum Teil auch der Nation‘) oder Farbige (,Ich konstatiere, dass die Rassen ungleich sind. Das ist eine Banalität‘) oder Andersgläubige (,An dem Tag, an dem wir in Frankreich 25 Millionen Muslime haben, sind sie es, die kommandieren. Und die Franzosen schleichen an der Mauer entlang und gehen mit gesenkten Augen über die Bürgersteige‘).“
Bevor Le Pen 1972 die Partei gründete, die zu seinen Ansichten passte, den Front National, zeugte er in den 1960er-Jahren drei Töchter. Marie-Caroline (1960), Yann (1963) und schließlich Marine (1968). Dass er diese Töchter auch erzog, wäre möglicherweise zu viel gesagt. Kuchenbecker fasst sein Familienverständnis so zusammen: „Der Vater war mehr Häuptling als Vater.“ Das Ehepaar Jean-Marie und Pierrette Le Pen mietete für seine Töchter eine eigene Wohnung an, in der sie mit einem Kindermädchen lebten. Die Eltern selbst feierten viel, gern auch mit Prominenten wie dem Schauspieler Alain Delon, der nicht nur gut aussehend, sondern früh überzeugt rechtsnational war. Als Mutter Pierrette 1984 die Familie verließ, erreichte die Dekadenz der Le Pens eine neue Stufe. Jean-Marie ließ seiner Ex-Frau via Interview mitteilen, dass sie doch putzen gehen könne, wenn ihr Geld fehle. Pierrette reagierte, indem sie sich nackt und mit kleinem Schürzchen für den Playboy beim Feudeln fotografieren ließ. Es ist durchaus erstaunlich, dass es ausgerechnet die Le Pens sind, die bis heute ihr politisches Kapital daraus schlagen, dass sie die französische Familie zum Vorbild an Fürsorge, Solidarität und Volksgesundheit idealisieren.
Kuchenbecker beschreibt nicht nur ausführlich, wie der dominante Vater seine Tochter Marine prägt. Sie zeichnet auch den „Vatermord“ nach: Schon 2011 beginnt Marine Le Pen sich von ihrem Vorbild zu distanzieren, drei Jahre vor dem offenen Bruch und dem Parteiausschluss Jean-
Maries 2015. Was Kuchenbeckers Analyse wertvoll macht, ist, dass sie offenlegt, wie oberflächlich diese Distanzierung ist. Mit dem offenen Antisemitismus des Vaters will Marine nichts mehr zu tun haben, an seinen alten Parteifreunden, an den gewachsenen FN-Strukturen und an dem Millionenerbe der Familie hält sie jedoch fest. Der Titel des Buches, „Tochter des Teufels“, ist zwar eher brachial als subtil, und doch zeigt er die Stärke von Kuchenbeckers Recherche: Sie durchleuchtet ein politisches Familienunternehmen, das auf Hass, Abgrenzung und Selbstgerechtigkeit aufgebaut ist.
NADIA PANTEL
Jean-Maries Ex-Frau trat einst
fast nackt im „Playboy“ auf – um
sich am Parteigründer zu rächen
Tanja Kuchenbecker:
Marine Le Pen. Tochter
des Teufels. Vom Aufstieg einer gefährlichen
Frau und dem Rechtsruck
in Europa. Herder-Verlag
Freiburg 2017,
224 Seiten, 22,99 Euro.
E-Book: 18,99 Euro.
Marineblaue Hoffnung: Die erste Wahlrunde findet am 23. April statt.
Foto: imago
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Nadia Pantel hält sich in ihrer sehr positiven Besprechung des Buchs mehr am knackigen Familienklatsch der Le Pens als mit einer eingehenden Erörterung von Tanja Kuchenbeckers Darlegungen auf. Man erfährt, wie lieblos die Töchter Jean-Marie Le Pens aufwuchsen, wie skandalös seine Trennung von ihrer Mutter verlief und dass Marine Le Pen irgendwann ihren Vater abservierte. Vom Politischen ist jenseits des Bekannten wenig die Rede: Sie hat den Antisemitismus des Vaters abgelegt, aber sonst bleibt alles beim Alten. Mag sein, dass die Substanz des Buchs damit erschöpft ist - die Rezensentin hat sich jedenfalls offenbar recht gut unterhalten.

© Perlentaucher Medien GmbH
Nadia Pantel hält sich in ihrer sehr positiven Besprechung des Buchs mehr am knackigen Familienklatsch der Le Pens als mit einer eingehenden Erörterung von Tanja Kuchenbeckers Darlegungen auf. Man erfährt, wie lieblos die Töchter Jean-Marie Le Pens aufwuchsen, wie skandalös seine Trennung von ihrer Mutter verlief und dass Marine Le Pen irgendwann ihren Vater abservierte. Vom Politischen ist jenseits des Bekannten wenig die Rede: Sie hat den Antisemitismus des Vaters abgelegt, aber sonst bleibt alles beim Alten. Mag sein, dass die Substanz des Buchs damit erschöpft ist - die Rezensentin hat sich jedenfalls offenbar recht gut unterhalten.

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