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Shortlist 10. Internationaler Literaturpreis (Preis für übersetzte Gegenwartsliteratur)ORF-Bestenliste im August 2018Mit dem kühlen Blick seiner Berufsgenossen Tschechow und Bulgakow beobachtet der Arzt und Schriftsteller Maxim Ossipow seine postsowjetischen Zeitgenossen: fliegende Händler, tadschikische Gastarbeiter, neureiche Emigranten, ehemalige Geheimdienstler und ihre tüchtigen, in der neuen Zeit angekommenen Kinder, aber auch passionierte Theaterleute und jüdische Musiker. Die meisten seiner Erzählungen spielen in Tarussa, einer hundert Kilometer von Moskau entfernten Provinzstadt. Doch…mehr

Produktbeschreibung
Shortlist 10. Internationaler Literaturpreis (Preis für übersetzte Gegenwartsliteratur)ORF-Bestenliste im August 2018Mit dem kühlen Blick seiner Berufsgenossen Tschechow und Bulgakow beobachtet der Arzt und Schriftsteller Maxim Ossipow seine postsowjetischen Zeitgenossen: fliegende Händler, tadschikische Gastarbeiter, neureiche Emigranten, ehemalige Geheimdienstler und ihre tüchtigen, in der neuen Zeit angekommenen Kinder, aber auch passionierte Theaterleute und jüdische Musiker. Die meisten seiner Erzählungen spielen in Tarussa, einer hundert Kilometer von Moskau entfernten Provinzstadt. Doch wir lernen auch Moskau kennen, begleiten den Autor auf einer Bahnfahrt im Inneren Russlands, folgen ihm zum Cape Cod oder nach Berlin.Ossipow gibt einen tiefen Einblick in die uns gänzlich unbekannte russische Provinz: in ein Leben voller Extreme, wo Haltlosigkeit, abgrundtiefe Scheußlichkeit und Herzlichkeit unvermittelt nebeneinander wohnen.
Autorenporträt
Maxim Alexandrowitsch Ossipow, geboren in Moskau, ist Kardiologe und Schriftsteller. Für seine Erzählungen und Essays wurde er vielfach ausgezeichnet: Kawakow-Preis, Bunin-Preis, Belkin-Preis u.a. Er verfasste auch Dramen, die von mehreren russischen Theatern aufgeführt werden. Ossipows Werke sind inzwischen in 12 Sprachen übersetzt. "Nach der Ewigkeit" ist seine erste deutschsprachige Publikation.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.04.2018

Die falsche
Flasche
Grandios: Maxim Ossipows
Erzählungen „Nach der Ewigkeit“
Birgit Veit, die Übersetzerin des bemerkenswerten Erzählungsbandes „Nach der Ewigkeit“ von Maxim Ossipow, hat, um mit dem Lokalkolorit vertraut zu werden, einige Zeit in Tarussa verbracht, einem kleinen Ort gut hundert Kilometer südlich von Moskau. Tarussa hat heute keine zehntausend Einwohner, und das war Mitte des letzten Jahrhunderts nicht anders, als Marina Zwetajewa und Andrei Tarkowski hier eine Zeit lang lebten.
Dass es so berühmte Künstler in einen derartigen Provinzort verschlagen hat, lag weniger an der schönen Natur (Tarussa liegt malerisch am Flüsschen Oka), sondern an eben jenen hundert Kilometern: Näher durften missliebige Künstler der Hauptstadt des Sowjetreichs nicht kommen. Heute freilich gibt es keine expliziten Bannkreise mehr, und man könnte meinen, es liegt nun eher an der Natur denn an der relativen Abgeschiedenheit, dass zumindest eine der zehn Erzählungen in „Nach der Ewigkeit“ namentlich in Tarussa, der Heimat des Autors, spielt. Wobei auch die Schönheit der Natur relativ ist: „Nimmt man die triste Schönheit Mittelrusslands, ist es hier schön. Beachtet man nicht, was der Mensch so macht, sogar sehr schön.“
Und doch hat es dieses Mittelrussland dem 1963 geborenen und in Russland vielfach ausgezeichneten Maxim Ossipow, der im Hauptberuf als Arzt arbeitet, angetan. Keine seiner nun erstmals übersetzten Erzählungen spielt in Moskau oder Sankt Petersburg, eine dafür immerhin in der Hauptstadt der Bundesrepublik: Eine junge Russin reist von Moskau an die Spree, weil ihr Vater, ein ehemaliger KGB-Agent, ihr offenbart, dass sie in Berlin noch Verwandtschaft hat. Eigentlich heißt die Moskowiterin Lisa, aber alle nennen sie Betty, denn Betty klingt energisch und fröhlich: „Eine schöne, erwachsene Frau, nüchtern, gebildet. Betty ist Projektleiterin, die Nummer zwei eines sehr bekannten Unternehmens. Sie ist stolz auf sich, gut, das schon, aber wer wäre das an ihrer Stelle nicht?“
In Berlin läuft es mit der überrumpelten Verwandtschaft dann nicht ganz so rund, wie eine erfolgreiche Projektleiterin sich das vorstellt, was Bettys Vater daheim allerdings nur mit den Achseln zucken lässt: „Im Grunde habe ich diese Deutschen nie verstanden.“
Das Achselzucken ist nicht nur in Moskau, es ist auch in Mittelrussland sehr verbreitet. „Gefühle hat man alle möglichen“, heißt es einmal, „was soll man darüber sagen.“ Man lebt halt vor sich hin, und manchmal passiert eben das eine oder andere: Die Tadschikin, die gegen Kost und Logis im Pelmeni-Imbiss arbeitet, ersticht den Kunden, der versucht hat, sie zu vergewaltigen, eine Wehrhaftigkeit, die die knauserige Imbissbesitzerin, die heimliche Dorfobere Xenia, so sehr bewundert, dass sie beschließt, ebenfalls Muslima zu werden und eine Moschee im Ort zu errichten.
Das ist nun, zugegeben, schon gar nicht mehr zum Achselzucken, sondern recht spektakulär, ja „Schere, Stein, Papier“ ist wohl die irrsinnigste unter den Erzählungen Maxim Ossipows, der mit Michail Bulgakow nicht nur den Arztberuf, sondern auch den teuflisch-clownesken Erzählfuror teilt. In anderen Geschichten geht es um den Tod eines Hundes, um einen erfundenen polnischen Freund, oder, in „Bergarbeitersiedlung Ewigkeit“, um ein Theater jenseits des Polarkreises.
So bemerkenswert sind denn auch gar nicht die Gegenstände dieser Erzählungen, bemerkenswert ist die Sprache, in der sie geschrieben sind, die ungeheure Lebhaftigkeit dieser Prosa, ihre Beweglichkeit, die schnellen Tempowechsel. Jede der Erzählungen hat ihren eigenen Ton, und all diese verschiedenen Tonfälle ins Deutsche übertragen zu haben, dafür gebührt Birgit Veit größte Anerkennung.
Das heutige Russland, wie es einem in den Medien begegnet, kommt in „Nach der Ewigkeit“ nur am Rande vor. In „Ein Mann der Renaissance“ etwa geht es um einen Provinzoligarchen, der einen kleinen Jungen adoptieren will und dafür den Vater beseitigen lässt. Und in „An der Spree“ hört Betty, „wie ein Genosse ihres Vaters um ein Haar den Arzt umgebracht habe, der ihn erfolgreich operiert hatte. Er schenkte ihm einen superteuren Whiskey oder Cognac, aber in der Flasche war eine hohe Konzentration irgendeines giftigen Stoffes: eine Verwechslung, er hatte die Flasche aus dem falschen Safe genommen.“
Nun ja, so etwas passiert halt in Moskau oder London, nicht aber im Pappkombinat Liebkechtzk oder gar in Petrosawodsk: „Das ist der Arsch der Welt hier, wie überall sonst auch.“ Und das tut zumindest der Literatur manchmal sehr gut.
TOBIAS LEHMKUHL
Maxim Ossipow: Nach der Ewigkeit. Übersetzt von Birgit Veit. Hollitzer Verlag, Wien 2018. 336 Seiten, 25 Euro.
„Gefühle hat man
alle möglichen, was soll
man darüber sagen.“
„Das ist der
Arsch der Welt hier, wie
überall sonst auch.“
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Rezension in der Süddeutschen Zeitung (06.04.2018): "... Erzählungen in einer grandiosen Prosa: ungeheuer lebhaft, sehr beweglich, mit schnellen Tempowechseln." Rezension in der Moskauer Deutsche Zeitung (April 2018): "Ossipow, der als Kardiologe in einer Klinik in Tarussa, hundert Kilometer südlich von Moskau, arbeitet, beschreibt die Welt präzise und schonungslos. Wie ein Arzt, der nach Krankheiten sucht. Bei der Diagnose bleibt er nicht stehen, er zückt auch das Skalpell.""... sehr empfohlen." D. Trottenberg, ekz-Informationsdienst Buch"Maxim Ossipows Prosa sollte man lieber nicht vergleichen - sie ist eigenartig und selbstständig. Seine Sprache ist schnörkellos und dynamisch, sie zieht den Leser sofort in ihren Sog und lässt ihn nicht wieder los. Jede der Erzählungen hat ihr eigenes Tempo und ihren eigenen Ton, die die Übersetzerin Birgit Veit kongenial ins Deutsche übertragen hat." Das interkulturelle Magazin, BR 5, 16.05.2018